Ehrenring der Stadt Wien
Einführung des Rings
Seit dem 16. Jahrhunderts verleiht die Stadt Wien unterschiedliche Ehrenzeichen an verdiente Bürger und Bürgerinnen der Stadt. Der Ehrenring der Stadt Wien ist eines von diesen. 1924 wurde auf Druck der sozialistischen Landesregierung die Verleihung der traditionellen Salvatormedaille eingestellt. Bürgermeister Karl Seitz wünschte sich dennoch, sichtbare Ehrzeichen verleihen zu können. Die Schaffung des Ehrenrings der Stadt Wien sollte es daher ermöglichen, weitere Ehrungen vornehmen zu können. Ein weiterer Anlass für die Schaffung eines neuen Ehrenzeichens war der Wunsch Karl Seitzs, den verdienten Kommunalberichterstatter Ludwig Basch, der nach 44-jähriger Tätigkeit aus dem Verband des "Extrablatts" schied, zu ehren. Seitz schrieb an Basch: „Ich möchte Ihnen zur Erinnerung an Ihr Wirken als Kommunalberichterstatter im Wiener Rathause auch ein sichtbares Gedenkzeichen übergeben und habe Auftrag gegeben, daß zu diesem Zwecke ein Gedenkring angefertigt werde. Sobald er hergestellt sein wird, werde ich Ihnen den Ring überreichen.“[1] Entwurf und Herstellung wurden dem Juwelier M. Hübner (1, Kohlmarkt) übertragen. Der Ring bestand aus 14 Karat Gold. Das aufgelegte Wiener Wappen besteht aus 8 Brillanten und 4 Rubinen. Die Überreichung an Basch verzögerte sich aus unbekannten Gründen, sodass in der Liste der Ehrenring-Empfänger als erster der Grillparzerforscher Univ.-Prof. Dr. August Sauer aufscheint (21. September 1925), dem Basch am 20. Oktober 1925 folgte; die erste Empfängerin war die akademische Malerin Regina Kreidl (1927). In der Ersten Republik wurde der Ehrenring von November 1928 bis November 1929 an verdiente Fürsorgeräte, in der übrigen Zeit hingegen an Kommunalpolitiker und Kulturschaffende verliehen, ebenso in der Zeit des Nationalsozialismus.
Neufassung des Rings 1941
1941 erfolgte eine gänzliche Neugestaltung des Rings. Die Kulturabteilung der Stadt Wien lud die Architekten Eugen Wörle, Oswald Haerdtl und Zeno Kosak sowie drei Goldschmiedewerkstätten – Elfriede Berbalk, Karl Siess und die Firma A.E. Köchert (1, Neuer Markt 15) – zur Teilnahme an einem „beschränkten Wettbewerb“ ein.[2] Die Vorgaben lauteten dahingehend, dass der Ring repräsentativ sein sollte und daher über die Größe eines normalen Rings hinausgehen könne. Als Ausführungsmaterial wurde Gold vorgegeben, die Verwendung von Steinen und Emailarbeit wurde ausdrücklich erlaubt, der Verkaufswert des Ringes durfte aber den Betrag von 500 Reichsmark nicht übersteigen. Der Ring sollte die Normalform des Wiener Wappens in der vom NS-Regime festgelegten Form verwenden. Für den ersten Preis waren 700, für den zweiten 600 und für den dritten 500 Reichsmark ausgeschrieben, wobei das Preisgeld zu gleichen Teilen zwischen dem Schöpfer des Entwurfs und der Goldschmiedin/dem Goldschmied aufgeteilt werden sollte. Dem Preisgericht unter Vorsitz des Beigeordneten und späteren Bürgermeister Ing. Hanns Blaschke gehörten als Sachberater die Architekten Hermann Kutschera und Johann Cech sowie Prof. Wilhelm Frass, des Weiteren als Fachleute für das Goldschmiedehandwerk der Innungsmeister Alois Ramharter und der stellvertretende Innungsmeister Karl Schwab an. Die Entwürfe würden in das Eigentum der Stadt Wien übergehen. Reichsleiter Baldur von Schirach stimmte dem erstgereihten von Haerdtl entworfenen und Köchert ausgeführten Entwurf zu. Der neue Ring wurde aus Gold und Onyx hergestellt und zeigt den doppelköpfigen Adler, überhöht von der römisch-deutschen Kaiserkrone. Auf den Seiten des Rings sind Lorbeerblätter und Hakenkreuze zu sehen. Die Ringe wurden beim Wiener Juwelier A. E Köchert bestellt. Sie waren nach dem Tod des Trägers bzw. der Trägerin an die Stadt zurück zu geben. Während dieser Zeit wurde der Ring an mehrere prominente Nationalsozialisten, unter anderem an Reichsmarschall Hermann Göring und Hauptmann Walter Nowotny verliehen. Die Verleihungen während der NS-Zeit werden heute auf der Basis eines Gutachtens des Verfassungsdienstes der Magistratsdirektion als nicht wirksame Akte betrachtet und nicht anerkannt (siehe unten: Nicht anerkannte Verleihungen).
Vergabe in der der Zweiten Republik
Die Verleihung der Ehrenringe wurde bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in alter Tradition wieder aufgenommen. Die Form der Ringe der Nachkriegszeit entsprach der zweiten Fassung. Die Firma A. E Köchert wurde jedoch beauftragt, die Symbole des Nationalsozialismus zu entfernen. Der erste Empfänger der Zweiten Republik war Raoul Aslan (1946).
Der Ehrenring ist eine der höchsten städtischen Auszeichnungen (nach Ehrenbürger und Bürger im dritten Rang), die überwiegend an Kulturschaffende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Politikerinnen und Politiker sowie ranghohe Beamte verliehen wird. In der Ersten Republik kam es zu 49, in der NS-Zeit zu 14 Verleihungen. In der Zweiten Republik gab es bis jetzt 120 Ehrungen (2016). Die Empfänger der Auszeichnung wurden alljährlich im Handbuch der Stadt Wien (eingestellt 2006) aufgelistet.
Liste der ausgezeichneten Persönlichkeiten
Liste der ausgezeichneten Persönlichkeiten (Verzicht auf Titel; in alphabetischer Reihenfolge).
Das in Klammer angefügte Verleihungsjahr kann mit den Angaben in den Artikeln zu den Personen differieren, weil die verwendeten Unterlagen oft nicht richtig zwischen Verleihungs- und Überreichungsjahr unterscheiden. Das in dieser Liste genannte Jahr ist verbindlich:
- Abbado Claudio (1994)
- Alexander Peter (1984)
- Antoine Tassilo (1965)
- Artmann Hans Carl (1996)
- Aslan Raoul (1946)
- Balser Ewald (1958)
- Bandion Josef (1990)
- Basch Ludwig Lazar (1925)
- Bernstein Leonard (1982)
- Blümml Emil Karl (1964)
- Boeckl Herbert (1964)
- Böhler Lorenz (1965)
- Böhm Karl (1964)
- Braun Felix (1955)
- Breitenecker Leopold (1977)
- Bruckner Ferdinand (1951)
- Bucher Franz (1928)
- Csokor Franz Theodor (1955)
- Denk Wolfgang (1952)
- Devrient Max (1928)
- Dirnhofer Franz (1929)
- Doderer Heimito (1966)
- Domingo Placido (1994)
- Dönch Carl (1985)
- Dopsch Alfons (1953)
- Eckhardt Fritz (1989)
- Egger Rudolf (1967)
- Eysler Edmund (1949)
- Feiler Friedrich (1929)
- Fellinger Karl (1969)
- Fiedler Anton (1929)
- Foerster Heinz (2001)
- Frankl Viktor Emil (1980)
- Freud Anna (1975)
- Frisch Karl (1956)
- Fritschek Johann (1929)
- Fuhrmann Karl (1929)
- Gamsjäger Rudolf (1976)
- Ganglberger Johann (1936)
- Gold Käthe (1982)
- Gröber Leopold (1929)
- Gruber Ludwig (1950)
- Grünhut Gustav (1926)
- Gstier Johann (1929)
- Gulda Friedrich (1989)
- Gusinde Martin (1966)
- Gütersloh Albert Paris (1957)
- Haeusserman Ernst (1981)
- Harthan Josef (1929)
- Hauser Carry (1985)
- Hayek Friedrich August (1983)
- Heesters Johannes (1999)
- Heinl Eduard (1951)
- Hennings Fred (1977)
- Henz Rudolf (1967)
- Hochwälder Fritz (1972)
- Hoffmann Paul (1987)
- Holzmeister Clemens (1955)
- Hörbiger Paul (1977)
- Hörnisch Ignaz (1928)
- Hotter Hans (1998)
- Jaray Hans (1981)
- Jeritza Maria (1967)
- Jungbluth Robert (1997)
- Junghofer Franz (1929)
- Jürgens Udo (1994)
- Kalmar Rudolf senior (1931)
- Kalmar Rudolf junior (1970; die Nennung des Ehrenrings 1931 bei diesem Stichwort bezieht sich auf Kalmar senior)
- Kalous Josef (1929)
- Karpath Ludwig (1936)
- Keldorfer Viktor (1938)
- Kelsen Hans (1966)
- Kienzl Wilhelm (1937)
- Kollek Teddy (1991)
- Krauss Werner (1959)
- Krauss Clemens (1932)
- Kreidl Regina (1927)
- Kreisler Fritz (1935)
- Krenek Ernst (1970)
- Krips Josef (1962)
- Kunz Hubert (1965)
- Langer Leopold (1931)
- Lehmann Lotte (1963)
- Lesky Albin (1971)
- Ligeti György (1987)
- Ludwig Peter (1989)
- Lux Hugo (1928)
- Medelsky Lotte (1937)
- Meinrad Josef (1983)
- Meister Richard (1956)
- Merten Karl (1929)
- Messner Johannes (1972)
- Moser Hans (1950)
- Muliar Fritz (1999)
- Navratil Johann (1979)
- Neßwetha Alois (1929)
- Neutra Richard (1967)
- Nowak Leopold (1929)
- Ohrfandl Heinrich Karl (1930)
- Pabst Georg Wilhelm (1948)
- Pillat Arnold (1961)
- Popper Sir Karl Raimund (1983)
- Prawy Marcel (1986)
- Prosl Robert Maria (1948),
- Rabenlechner Michael (1948)
- Rainer Roland (1985)
- Reidinger Franz (1929)
- Rohrhofer Anton (1958)
- Rollett Edwin (1949)
- Rommel Otto (1960)
- Rysanek-Gausmann Leonie (1986)
- Salkind Leo (1928)
- Salmhofer Franz (1970)
- Sauer August (1925)
- Schaffer Josef (1929)
- Schebesta P. Paul Joachim (1957)
- Schedl Heinrich (1948)
- Schenk Otto (1997)
- Schmid Erich (1971)
- Schmid Hans (1986)
- Schmid Julius (1929)
- Schmidt Anton (1929)
- Schönbauer Leopold (1958)
- Schrack Eduard (1975)
- Schubert Wilhelm (1929)
- Schulteis Johann (1933)
- Schütte-Lihotzky Grete (1997)
- Seefehlner Egon (1982)
- Seidl Alois (1928)
- Seyfried Josef (1931)
- Sieczynski Rudolf (1948)
- Sperber Manes (1983)
- Sperl Hans (1936)
- Spiel Walter (1990)
- Spitzy Hans (1952)
- Stemolak Karl (1950)
- Stern Josef Luitpold (1956),
- Stoß Franz (1984)
- Straus Oscar (1950)
- Swarowsky Hans (1974)
- Szokoll Carl (1995)
- Thimig Hans (1981)
- Thimig (Thimig-Reinhardt) Helene (1969)
- Thimig Hermann (1981)
- Thirring Hans (1963)
- Toscanini Arturo (1935)
- Tressler Otto (1937; Ersatzring wegen Kriegsverlustes 1951)
- Tschermak-Seysenegg Erich (1951)
- Türkel Siegfried Carl (1936)
- Tyroler Armin (1933)
- Verdroß-Droßberg Alfred (1960)
- Voltelini Hans (1937)
- Walter Bruno (1956)
- Weigel Hans (1982)
- Weinzierl Erika (2001)
- Welzig Werner (2002)
- Wessely Paula (1982)
- Wielander Hans (1928)
- Witzmann Johann (1948)
- Wolff Karl (1960)
- Zawinul Joe (2002)
- Zelman Leon (2001)
- Zeska Carl (1937)
- Zohn Harry (1999)
- Zuckmayer Carl (1971)
- Zuleger Josef (1929)
Nicht anerkannte Verleihungen
Ein 2003 erstelltes Gutachten der Magistratsdirektion der Stadt Wien (MD-VD - 1547/03) hat festgestellt, dass ein individueller Rechtsakt eines Organwalters des Deutschen Reiches - und als solche ist die Zuerkennung des Ehrenringes in der NS-Zeit zu qualifizieren - einer gesonderten Überleitung bedürfte, um dem Bestand der österreichischen Rechtsordnung anzugehören. Da keine explizite Überleitung erfolgte, sind die Verleihungen während der NS-Zeit folglich ungültig.
- Andri Ferdinand (1941)
- Bacher Rudolf (1942)
- Bleibtreu Hedwig (1943)
- Funk Walther (1944)
- Ginzkey Franz Karl (1941)
- Göring Hermann (1943)
- Hauptmann Gerhart (1942)
- Horn Kamillo Andreas (1940)
- Kaltenbrunner Ernst (1943)
- Lehár Franz (1940)
- Ley Robert (1942)
- Marx Joseph (1942)
- Mell Max (1942)
- Millenkovich Max (1941)
- Neubacher Hermann (1943)
- Nowotny Walter (1944)
- Pfitzner Hans (1944)
- Reiter Josef (1938)
- Thimig Hugo (1944)
- Waldemar Richard (1939)
- Weinheber Josef (1942)
Da Auszeichnungen bei den Biografien nur exemplarisch erwähnt sind, kann dort die Nennung fehlen: die vorliegende Liste ist hingegen vollständig.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 350, A1 - Allgemeine Registratur, 304/1941; 389/1941; 1203/1941; 1705/1941; 1771/1946; 4121/1947.
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 350, K4/1 - Geschäftsprotokoll allgmein (B 1): Indexkartei | 1939-1965, insbesondere die Karteikarte zu 304/1941, welche alle zugehörigen Aktenzahlen auflistet.
- Architekturzentrum Wien, Dok N09-354-001-Dok.
- Architekturzentrum Wien, N01 – 167-001-Dok; N01 – 167-001-F; N01 – 167-001-P.
- Archiv der Firma A.E. Köchert: Fotos und Schreiben.
Literatur
- Handbuch der Stadt Wien. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1935-2005
- Robert Linke: Der Ehrenring der Stadt Wien. In: Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Ordenskunde, 102 (2016), S. 1-20
- Walter Weinzettl: Der Ehrenring der Stadt Wien. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 52/53. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1967/1968, S. 386
- Deutsche Goldschmiedezeitung. Fachzeitung für Juweliere, Gold- und Silberschmiede. Offizielles Organ des Zentralverbandes für das Juwelier-, Gold- und Silberschmiede-Handwerk 44 (1941), Heft 31
Einzelnachweise
- ↑ Handbuch der Stadt Wien 67/68 (1952/53), S. 386
- ↑ Das Wiener Stadt- und Landesarchiv hat im Auftrag der MDP - Ehrenzeichenkanzlei 2015 ein Gutachten zur Entstehung der Neufassung des Rings 1941 bzw. 1946 erstellt. Darin findet sich eine ausführliche Darstellung des Wettbewerbs (MA 8 – GU-555210/2015).