Karl Seitz

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Karl Seitz, 1928
Daten zur Person
Personenname Seitz, Karl
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 16179
GND 119184745
Wikidata Q84254
Geburtsdatum 4. September 1869
Geburtsort Wien
Sterbedatum 3. Februar 1950
Sterbeort Wien
Beruf Lehrer, Politiker
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), Sozialdemokratische Partei Österreichs, Sozialistische Partei Österreichs
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wiener Stadt- und Landesarchiv, VGA
Objektbezug Zwischenkriegszeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, POLAR
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Letzte Änderung am 19.04.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Begräbnisdatum 12. November 1950
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 24, Reihe 5, Nummer 2
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab
Bildname Karl Seitz.jpg
Bildunterschrift Karl Seitz, 1928
  • 19., Himmelstraße 43 (Wohnadresse)
  • 1., Rathausstraße 13 (Wohnadresse)
  • 5., Schönbrunner Straße 119 (Wohnadresse)
  • 7., Burggasse 117 (Wohnadresse)
  • 16., Thaliastraße 4 (Wohnadresse)
  • 19., Himmelstraße 43 (Sterbeadresse)
  • 9., Nußdorfer Straße 18 (Geburtsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Bürgermeister (30.11.1923 bis 12.02.1934)
  • Reichsratsabgeordneter (1901 bis 1918)
  • Zweiter Präsident des Nationalrates (15.12.1920 bis 20.11.1923)
  • Parteivorsitzender der SDAP (1920 bis 1934)
  • Präsident der Provisorischen Nationalversammlung (21.10.1918 bis 16.02.1919)
  • Abgeordneter zum Nationalrat (10.11.1920 bis 1.10.1930)
  • Abgeordneter zum Nationalrat (19.12.1945 bis 03.02.1950)
  • Ehrenvorsitzender der SPÖ auf Lebenszeit (1945)
  • Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag (1902)
  • Vizepräsident des Abgeordnetenhauses (1918)
  • Obmann der SDAP (1918)
  • Mitglied der Provisorischen und der Konstituierenden Nationalversammlung (21.10.1918 bis 9.11.1920)
  • Präsident der Konstituierenden Nationalversammlung (5.3.1919 bis 9.11.1920)
  • Abgeordneter zum Nationalrat (2.12.1930 bis 17.2.1934)
  • Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (13.11.1923 bis 12.2.1934)
  • Vorsitzender des Gemeinderates der Stadt Wien (13.11.1923 bis 12.2.1934)

  • Ehrenbürger der Stadt Wien (Verleihung: 6. September 1929)

Karl Seitz, * 4. September 1869 Wien, † 3. Februar 1950 Wien, Lehrer, Politiker, Bürgermeister der Stadt Wien.

Biografie

Karl Seitz war eines von sieben Kindern des Brennholzhändlers Karl Borromäus Seitz (1826−1875) und seiner Frau, der Gastwirtstochter Barbara (Betty), geborene Kaiser. Nach dem Tod des Vaters 1876 versuchte die Mutter, das Einkommen der Familie als Näherin zu sichern, musste die beiden jüngsten Kinder Karl und Josef jedoch schließlich im städtischen Waisenhaus in Wien-Alsergrund, Galileigasse 8, unterbringen. Der liberale Gemeinderat Wilhelm Bächer verschaffte Karl einen Freiplatz im Lehrerseminar in St. Pölten, wo er seine Ausbildung 1888 abschloss. Bereits als Sprecher des Absolventenjahrgangs 1888 setzte sich Seitz in Gegensatz zur konservativen Schulbehörde und wurde auch während seiner Tätigkeit an verschiedenen Wiener Volksschulen mehrmals wegen seines politischen Engagments mit Verweisen bedacht.

Städtisches Waisenhaus (9., Galileigasse 6-8), 1928

1895/1896 fungierte Seitz als Herausgeber der "Freien Lehrerstimme". 1896 initiierte er die Gründung des sozialdemokratischen Zentralvereins der Wiener Lehrerschaft, zu dessen Obmann er 1897 gewählt wurde. Im selben Jahr wurde er zunächst Vertreter der Lehrerschaft im Bezirksschulrat und später schlussendlich aufgrund seiner politischen Betätigung aus dem Schuldienst entlassen. In der Folge war er in der Bildungsarbeit der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei tätig. In den "Elementarkursen der Arbeiterschaft" sprach er über zentrale Probleme von Staat, Arbeiterschaft und Schule, was seinen Ruf als hervorragender Redner begründete. Er schloss sich der radikaldemokratischen Lehrervereinigung "Klub der Jungen" an und arbeitete am ersten sozialdemokratischen Bildungsprogramm mit.

1901 wurde Seitz in den Reichsrat gewählt und ein Jahr später zog er auch in den Niederösterreichischen Landtag ein. 1907 wurde er Führer der sozialdemokratischen Fraktion im Reichsrat und engster parlamentarischer Mitarbeiter Victor Adlers. Im Privatleben heiratete er am 12. November 1900 die Lehrerin Emilie Heindl (* 19. November 1868 Wien, † 21. Juni 1943 Wien).

1918 war Karl Seitz als Nachfolger von Engelbert Pernerstorfer zunächst Vizepräsident des Abgeordnetenhauses im Reichsrat. Am 30. Oktober 1918 wurde er einer der drei Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung und 1919 Präsident der Konstituierenden Nationalversammlung. Als solcher fungierte er, ohne eine darauf Bezug nehmende Funktionsbezeichnung zu führen, gleichzeitig als Staatsoberhaupt, bis im November 1920 auf Grund der am 1. Oktober 1920 beschlossenen Bundesverfassung der erste Bundespräsident gewählt wurde. Von 1920 bis 1934 war Karl Seitz Abgeordneter zum Nationalrat, wobei er bis 1923 auch als dessen Zweiter Präsident fungierte.

Nach dem Tod von Victor Adler im November 1918 avancierte Karl Seitz zum Obmann der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und Leiter des Parlamentsklubs, von 1920 bis 1934 war er Parteivorsitzender. 1923 kandidierte Seitz auf kommunaler Ebene im 21. Bezirk und zog in den Wiener Landtag und Gemeinderat ein. Im November 1923 wurde er als Nachfolger von Jakob Reumann zum Bürgermeister von Wien gewählt und fungierte als Vorsitzender des Gemeinderates. Seitz war federführend für das kommunale Modernisierungsprojekt des "Roten Wien", das weltweite Anerkennung finden sollte, verantwortlich. Gestützt auf die Finanzpolitik von Stadtrat Hugo Breitner, waren die wesentlichen Elemente dieses Reformprogramms der soziale Wohnbau, die Gesundheits- und Fürsorgepolitik unter Julius Tandler und die Schulreform Otto Glöckels. 1927 kam es nach der Eröffnung des Schneepalasts zu einem Attentat auf den Bürgermeister, das dieser und seine Begleiter unbeschadet überstanden.

Am 12. Februar 1934 wurde Karl Seitz in seinen Amtsräumen verhaftet. Er blieb bis Dezember in Haft. Nachdem der Vorwurf des Hochverrats schließlich fallengelassen wurde, kam er ohne Anklageerhebung frei. Nach dem "Anschluss" 1938 wurde er durch die Nationalsozialisten kurzfristig inhaftiert. 1944 erfolgte eine erneute Verhaftung wegen angeblicher Mitarbeit in der Widerstandsbewegung um Stauffenberg, gefolgt von der Internierung im Konzentrationslager Ravensbrück. Im März 1945 wurde Seitz nach Plaue (Thüringen) verbannt, von wo er im Juni 1945 schwer krank nach Wien zurückkehren konnte. Danach übernahm Seitz für kurze Zeit den Vorsitz der neugegründeten Sozialistischen Partei (SPÖ) und fungierte ab 1945 wieder als Abgeordneter zum Nationalrat. In dieser Funktion appellierte er im März 1946 in einer aufsehenerregenden Rede im Parlament an die Besatzungsmächte, die Demokratie auf dem Boden Österreichs zu sichern und Österreich die Freiheit wiederzugeben.

Karl Seitz (1945)

Am 17. August 1945 heiratete der Witwer Emma Seidel (* 9. März 1895), die Tochter der Politikerin Amalie Seidel. Nach seinem Tod im Februar 1950 wurde er schließlich in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof bestattet. 1985 wurde auf Beschluss des Bürgermeisters auch das Grab von Seitz' Eltern und weiteren Familienmitgliedern (Zentralfriedhof Gruppe 4, Reihe 4, Nummer 42) ehrenhalber auf Friedhofsdauer gewidmet.

Ehrungen

Am 6. September 1929 verlieh der Gemeinderat Karl Seitz anlässlich seines 60. Geburtstages den Titel Ehrenbürger der Stadt Wien. 1946 wurde er zum Ehrenvorsitzenden der Sozialistischen Partei Österreichs auf Lebenszeit ernannt.

Die städtische Wohnhausanlage Karl-Seitz-Hof in Floridsdorf, errichtet während seiner Amtszeit als Bürgermeister, wurde 1951 nach dem Politiker benannt. Zudem wurde in der Anlage auch ein von Gustinus Ambrosi geschaffenes Denkmal aufgestellt. Der Platz davor trägt seit Februar 1998 den Namen Karl-Seitz-Platz. Ein Denkmal im Rathauspark, gestaltet von Gottfried Buchberger, enthüllte man bereits am 28. April 1962. Gedenktafeln am Sterbehaus, Himmelstraße 43, und in der Galileigasse 8, wo sich das städtische Waisenhaus befand, desssen Zögling Karl Seitz war, erinnern ebenso an den Politiker, wie ein Gedenkstein im Schubertpark (18, Währing), anlässlich dessen Eröffnung Karl Seitz 1925 ebendort eine Eiche pflanzte.

Videos

Wochenschaubericht 1945 (Dr. Karl Seitz) (1945), Zitat: WStLA, Filmarchiv der media wien, 253A (Ausschnitt)

Werke (Auswahl)

  • Herr Dr. Lueger in der Klemme. Die erste Schuldebatte im neuen Parlament. Reden der Abgeordneten Seitz, Lueger und Schreiter. Wien: Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1901
  • Volksschule oder Pfaffenschule? Rede des Reichsraths-Abgeordneten Karl Seitz. Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1902
  • Krieg und Absolutismus. Friede und Recht. Zwei Parlamentsreden von Seitz und Renner, in der Budgetdebatte des österreichischen Abgeordnetenhauses vom 14. und 16. Juni 1917. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1917
  • Arbeiter oder Soldaten? Rede des Reichsratsabgeordneten Karl Seitz (Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 6. November 1917). Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1917
  • Die Schmach von Genf und die Republik. Reden der Abgeordneten Renner und Seitz in der Sitzung des Nationalrates am 12. Oktober 1922
  • Sichert die österreichische Demokratie! Rede des Abg. Seitz in der 11. Sitzung des Nationalrates am 20. März 1946. Wien: Sozialistische Partei Österreichs o. J. [1946]

Nachlass

Quellen

Literatur

  • Bürgermeister Ludwig enthüllt Gedenktafel für Karl Seitz. In: Rathauskorrespondenz, 14.10.2019 [Stand: 16.10.2019]
  • Andreas Pittler: Karl Seitz 1869−1950. Wien: Gerold 2012 (Edition Wiener Bürgermeister)
  • Harald D. Gröller: Karl Seitz 1869−1950. Ein Leben an Bruchlinien. Wien: Schmid 2005
  • Harald D. Gröller: Karl Seitz. Diplomarbeit Univ. Graz. Graz 2002
  • Wolfgang Maderthaner: Seitz Karl. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815−1950 (ÖBL). Band 12. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, S. 146-147
  • Wolfgang Maderthaner [et al.]: Karl Seitz. Bürgermeister des Roten Wien. Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung. Dokumentation 1/2000
  • Rudolf Spitzer: Karl Seitz. Waisenknabe − Staatspräsident − Bürgermeister von Wien. Zum 125. Geburtstag. Wien: Deuticke 1994 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 25)
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 68-69
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon. Wien: Ueberreuter 1992, S. 446-447
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u. a.]: Jugend und Volk 1988, S. 368-370
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild. Namen, Daten, Fakten. Wien: Kremayr & Scheriau 1987, S. 496
  • Stella Klein-Löw: Menschen um mich. Porträts in Worten. Wien / München: Jugend und Volk 1982, S. 82-89
  • Rudolf Neck: Karl Seitz. In: Friedrich Weissensteiner [Hg.]: Die österreichischen Bundespräsidenten. Leben und Werk. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1982, S. 24-44
  • Gerda Irene Wondratsch: Karl Seitz als Schulpolitiker. Die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg. Diss. Univ. Wien. Wien 1978
  • Alfred Magaziner: Karl Seitz, der meistgegrüßte Wiener. In: Alfred Magaziner: Die Wegbereiter. Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung. Wien: Volksbuchverlag 1975, S. 124-127
  • Rudolf Neck: Karl Seitz und seine Mitarbeiter. In: Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Wien: Jugend und Volk 1974, S. 274-291
  • Felix Czeike: Wien und seine Bürgermeister. Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte. Wien [u. a.]: Jugend und Volk 1974, S. 384-390
  • Bruno Sokoll: Seitz Karl. In: Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971, S. 286-287
  • Anton Tesarek: Karl Seitz. In: Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 381-389
  • Jacques Hannak: Männer und Taten. Zur Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1963, S. 33-36
  • Felix Czeike: Karl Seitz (1869−1950). In: Österreich in Geschichte und Literatur 6 (1962), Folge 4, S. 151-166
  • Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919−1934). Wien: Jugend und Volk, I. Teil 1958, II. Teil 1959
  • Julius Deutsch: Karl Seitz (1869−1950). In: Neue Österreichische Biographie ab 1815. Band 12. Wien [u. a.]: Amalthea 1957, S. 128-139
  • Anton Tesarek [Red.]: Unser Seitz. Zu seinem achtzigsten Geburtstag. Beitrag zu einer Biographie. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1949
  • Franz Blaha: Mann des Volkes, Mann der Herzen. Eine Bilderschrift. Wien: Blaha 1945
  • Karl Renner: Der Partei- und Staatsmann Karl Seitz. In: Dem Vorkämpfer der Freiheit unseres Volkes Karl Seitz zu seinem 60. Geburtstag. Der Sozialdemokrat. Monatsschrift der Organisation Wien 11 (1929), Heft September
  • Wienbibliothek Digital: Oswald Knauer: Der Wiener Gemeinderat 1861-1962. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 77. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1963
  • Wolfgang Solt: Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien (Wiener Landtages) und des Stadtsenates der Stadt Wien (der Wiener Landesregierung) 1918-1934. Wien: 1995

Weblinks