Burgtheater (Institution): Unterschied zwischen den Versionen

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Burgtheater. 1748 [[Theater]] nächst der [[Hofburg|Burg]];1776 Nationaltheater nächst der k.k. Burg; 1794 k.k. Hoftheater nächst der k.k. Burg; 1804 k.k. Nationaltheater nächst der k.k. Burg; 1807 K.k. Hoftheater nächst der k. k. Burg; 1828 k.k. Hofburgtheater; 1848 k.k. Hof- und Nationaltheater; 1852 k.k. Hofburgtheater). Das [[Altes Burgtheater|Alte Burgtheater]] war Bestandteil der [[Hofburg]] und musste der Neuplanung des [[Michaelertrakt|Michaelertraktes]] weichen. Sitz des Theaters ist seit 1888 das gleichnamige [[Burgtheater (Gebäude)|Theatergebäude]] an der [[Ringstraße]].  
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Das Burgtheater wurde 1748 als [[Theater]] nächst der [[Hofburg|Burg]] eröffnet. In der Folge änderte es seinen Namen mehrmals: 1776 Nationaltheater nächst der k.k. Burg; 1794 k. k. Hoftheater nächst der k. k. Burg; 1804 k. k. Nationaltheater nächst der k. k. Burg; 1807 K. k. Hoftheater nächst der k. k. Burg; 1828 k. k. Hofburgtheater; 1848 k. k. Hof- und Nationaltheater; 1852 k. k. Hofburgtheater.  
  
Das Burgtheater ist eine der bedeutendsten Sprechbühnen des deutschen Sprachraums. Am Burgtheater wirkten zahlreiche der prominentesten Künstlerinnen und Künstler der jeweiligen Epoche. Das Theater war in der Monarchie bis 1918 - wie die spätere [[Staatsoper]] - ein Hoftheater, das vom Obersthofmeisteramt des Kaisers beaufsichtigt wurde. Das Hofärar (öffentliche Gelder in der Verwaltung des Kaiserhofes) sorgte für die Finanzierung. In der Republik wird das Haus als Staatstheater geführt (siehe [[Bundestheater]]), die Finanzierung obliegt der Bundesregierung.  
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Das [[Altes Burgtheater|Alte Burgtheater]] war Bestandteil der [[Hofburg]] und musste der Neuplanung des [[Michaelertrakt|Michaelertraktes]] weichen. Die letzte Vorstellung im alten Haus fand am 12. Oktober 1888 statt. Danach übersiedelte das Ensemble des Burgtheaters in die neue Spielstätte, das gleichnamige [[Burgtheater (Gebäude)|Theatergebäude]] an der [[Ringstraße]]. Dieses ist seit 1888 Sitz des Theaters.
  
Die erste Blüte des Burgtheaters fällt in die Direktion von [[Joseph Schreyvogel]] ("Artistischer Leiter" 1814-1832), dem eigentlichen geistigen Begründer des Burgtheaters (bewußter Aufbau des Spielplans, Pflege der Weimarer Klassik, Grillparzer-Uraufführungen und Erarbeitung einer Bühnensprache); er vermochte neue Darsteller ([[Heinrich Anschütz]], [[Sophie Antonia Schröder|Sophie Schröder]] und andere) ans Burgtheater zu binden und führte [[Franz Grillparzer]] am Burgtheater ein. Nach eher blassen Epochen unter [[Johann Ludwig Deinhard-Deinhardstein|Johann Ludwig Deinhardstein]] (1832-1841) und [[Franz Ignaz Holbein von Holbeinsberg|Franz Ignaz Holbein]] (1841-1849) folgte eine neue Blütezeit unter [[Heinrich Laube]] (1849-1867); er bevorzugte französische Konversationsstücke und deutsche Theaterkonfektion, brachte unter anderen [[Bernhard Baumeister]], [[Ludwig Gabillon]], [[Eduard Hartmann]], [[Josef Lewinsky]] und [[Adolf von Sonnenthal]] sowie die Damen [[Auguste Wilbrandt-Baudius]], [[Zerline Gabillon|Zerline Würzburg-Gabillon]] und [[Charlotte Wolter]] (die sich zur repräsentativen Burgschauspielerin der Makartzeit entwickelte) ans Burgtheater und machte den „Burgtheaterton" zum vorbildlichen Konversationston der besseren Gesellschaft.  
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==Spielbetrieb im Alten Burgtheater==
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Die erste Blüte des Burgtheaters fällt in die Direktion von [[Joseph Schreyvogel]] ("Artistischer Leiter" 1814-1832), dem eigentlichen geistigen Begründer des Burgtheaters (bewusster Aufbau des Spielplans, Pflege der Weimarer Klassik, Grillparzer-Uraufführungen und Erarbeitung einer Bühnensprache). Er vermochte neue Darsteller ([[Heinrich Anschütz]], [[Sophie Antonia Schröder|Sophie Schröder]] und andere) ans Burgtheater zu binden und führte [[Franz Grillparzer]] am Burgtheater ein. Unter seiner Leitung wurde Deutsch statt Französisch und Italienisch neue Bühnensprache.
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Nach eher blassen Epochen unter [[Johann Ludwig Deinhard-Deinhardstein|Johann Ludwig Deinhardstein]] (1832-1841) und [[Franz Ignaz Holbein von Holbeinsberg|Franz Ignaz Holbein]] (1841-1849) folgte eine neue Blütezeit unter [[Heinrich Laube]] (1849-1867). Laube bevorzugte französische Konversationsstücke und deutsche Theaterkonfektion, brachte unter anderen [[Bernhard Baumeister]], [[Ludwig Gabillon]], [[Eduard Hartmann]], [[Josef Lewinsky]] und [[Adolf von Sonnenthal]] sowie [[Auguste Wilbrandt-Baudius]], [[Zerline Gabillon|Zerline Würzburg-Gabillon]] und [[Charlotte Wolter]] (die sich zur repräsentativen Burgschauspielerin der Makartzeit entwickelte) ans Burgtheater und machte den „Burgtheaterton" zum vorbildlichen Konversationston der besseren Gesellschaft.  
  
 
Unter Direktor [[Franz Dingelstedt|Franz von Dingelstedt]] (1870-1881), der im Sinn der Zeit Wert auf üppige Dekorationen legte, kamen neue bedeutende Kräfte ins Haus: [[Stella von Hohenfels-Berger|Stella Hohenfels]], [[Josefine Wessely]], [[Friedrich Mitterwurzer]] und [[Hugo Thimig]].  
 
Unter Direktor [[Franz Dingelstedt|Franz von Dingelstedt]] (1870-1881), der im Sinn der Zeit Wert auf üppige Dekorationen legte, kamen neue bedeutende Kräfte ins Haus: [[Stella von Hohenfels-Berger|Stella Hohenfels]], [[Josefine Wessely]], [[Friedrich Mitterwurzer]] und [[Hugo Thimig]].  
  
Im neuen Haus (die Übersiedlung leitete der provisorische Leiter [[Adolf von Sonnenthal|Adolf Sonnenthal]]) bilden die Direktionen von Förster bis Berger (1888-1912) eine Zeit des Wandels. [[August Förster]] (1888-1889) konnte in der kurzen Zeit bis zu seinem Tod seine großen Pläne, das klassische Repertoire in mustergültigen Inszenierungen neu aufzubauen, nicht realisieren.  
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==Spielbetrieb im Neuen Burgtheater==
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===Nach der Übersiedlung bis zum Ende der Monarchie===
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Im neuen Haus (die Übersiedlung leitete der provisorische Leiter [[Adolf von Sonnenthal|Adolf Sonnenthal]]) bildeten die Direktionen von Förster bis Berger (1888-1912) eine Zeit des Wandels. [[August Förster]] (1888-1889) konnte in der kurzen Zeit bis zu seinem Tod seine großen Pläne, das klassische Repertoire in mustergültigen Inszenierungen neu aufzubauen, nicht realisieren.  
  
Gegen [[Max Eugen Burckhard]] (1890-1898), Jurist und Ministerialsekretär im Unterrichtsministerium, regte sich Widerstand der Schauspieler, doch der "geniale Außenseiter" setzte sich durch und hatte mit seiner Zuwendung zur neuen Literatur, insbesondere zu Werken Ibsens und Hauptmanns, Erfolg. Er brachte 83 Novitäten auf die Bühne und führte ermäßigte Vorstellungen ein, um neue Publikumsschichten anzusprechen; [[Alexander Strakosch]] entdeckte für den Direktor junge Talente wie [[Hedwig Bleibtreu]], [[Lotte Medelsky]], [[Adele Sandrock]], [[Else Wohlgemuth]], [[Otto Tressler]] und [[Josef Kainz]].  
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Gegen [[Max Eugen Burckhard]] (1890-1898), Jurist und Ministerialsekretär im Unterrichtsministerium, regte sich Widerstand der Schauspieler, doch der "geniale Außenseiter" setzte sich durch und hatte mit seiner Zuwendung zur neuen Literatur, insbesondere zu Werken Ibsens und [[Gerhart Hauptmann|Hauptmanns]], Erfolg. Er brachte 83 Novitäten auf die Bühne und führte ermäßigte Vorstellungen ein, um neue Publikumsschichten anzusprechen. [[Alexander Strakosch]] entdeckte für den Direktor junge Talente wie [[Hedwig Bleibtreu]], [[Lotte Medelsky]], [[Adele Sandrock]], [[Else Wohlgemuth]], [[Otto Tressler]] und [[Josef Kainz]].  
  
Paul Schlenther (1898-1910) gehörte zu den umstrittensten Persönlichkeiten, setzte jedoch vermehrt österreichische Dramatiker, wie [[Arthur Schnitzler]], [[Ferdinand Raimund]], [[Johann Nestroy]], [[Hugo von Hofmannsthal]], [[Hermann Bahr]] und [[Karl Schönherr]], auf den Spielplan; für das Ensemble gewann er unter anderen [[Rosa Albach-Retty]], [[Albert Heine]] und [[Max Paulsen]].  
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Paul Schlenther (1898-1910) gehörte zu den umstrittensten Persönlichkeiten, setzte jedoch vermehrt österreichische Dramatiker, wie [[Arthur Schnitzler]], [[Ferdinand Raimund]], [[Johann Nestroy]], [[Hugo von Hofmannsthal]], [[Hermann Bahr]] und [[Karl Schönherr]], auf den Spielplan. Für das Ensemble gewann er unter anderen [[Rosa Albach-Retty]], [[Albert Heine]] und [[Max Paulsen]].  
  
[[Alfred von Berger|Alfred Freiherr von Berger]] (1910-1912), der vom Hamburger Schauspielhaus kam und ein Gegner des krassen Naturalismus war, konnte weitere moderne Akzente setzen; Ibsen, [[Gerhart Hauptmann|Hauptmann]], Sudermann, [[Arthur Schnitzler|Schnitzler]] und [[Hugo von Hofmannsthal|Hofmannsthal]] gaben neuerlich Auftrieb und führten zu einer Wandlung des Darstellungsstils, die durch Virtuosen wie [[Friedrich Mitterwurzer]] und [[Josef Kainz]], der als Abgott der jungen Generation bezeichnet werden kann, gekennzeichnet wurde.  
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[[Alfred von Berger|Alfred Freiherr von Berger]] (1910-1912), der vom Hamburger Schauspielhaus kam und ein Gegner des krassen Naturalismus war, konnte weitere moderne Akzente setzen: Ibsen, [[Gerhart Hauptmann|Hauptmann]], Sudermann, [[Arthur Schnitzler|Schnitzler]] und [[Hugo von Hofmannsthal|Hofmannsthal]] gaben neuerlich Auftrieb und führten zu einer Wandlung des Darstellungsstils, die durch Virtuosen wie [[Friedrich Mitterwurzer]] und [[Josef Kainz]], der als Abgott der jungen Generation bezeichnet werden kann, gekennzeichnet wurde.  
  
Als Schauspieler-Direktor leitete 1912-1917 [[Hugo Thimig]] das Burgtheater, war jedoch auf Dauer der Doppelbelastung nicht gewachsen; 1917/1918 folgte [[Max von Millenkovich]] (der [[Alma Seidler]] verpflichtete).  
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Als Schauspieler-Direktor leitete 1912-1917 [[Hugo Thimig]] das Burgtheater, war jedoch auf Dauer der Doppelbelastung nicht gewachsen; 1917/1918 folgte [[Max von Millenkovich]], der [[Alma Seidler]] verpflichtete.  
  
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===Zwischenkriegszeit===
 
Direktor [[Albert Heine]] suchte [[Max Reinhardt]] und sein Ensemble ans Burgtheater zu binden, konnte jedoch die Widerstände alteingesessener Kräfte nicht überwinden; immerhin wurden später [[Werner Krauss]], [[Paul Hartmann]], Helene und [[Hermann Thimig]] ins Burgtheaterensemble aufgenommen. Heine, dem [[Hermann Bahr]] und als Dramaturg [[Erhard Buschbeck]] beigegeben wurden, gliederte 1919 das [[Schönbrunner Schlosstheater]] ein.  
 
Direktor [[Albert Heine]] suchte [[Max Reinhardt]] und sein Ensemble ans Burgtheater zu binden, konnte jedoch die Widerstände alteingesessener Kräfte nicht überwinden; immerhin wurden später [[Werner Krauss]], [[Paul Hartmann]], Helene und [[Hermann Thimig]] ins Burgtheaterensemble aufgenommen. Heine, dem [[Hermann Bahr]] und als Dramaturg [[Erhard Buschbeck]] beigegeben wurden, gliederte 1919 das [[Schönbrunner Schlosstheater]] ein.  
  
 
Nach der Direktionszeit von [[Anton Wildgans]] (1921-1922) wurde Max Paulsen (1922-1923) als Direktor bestellt, der 1922 das [[Akademietheater]], eine Kammerbühne, dem Burgtheater eingliederte (Eröffnung am 8. September 1922 mit Goethes "Iphigenie auf Tauris"), 1918 kam [[Alma Seidler]], 1920 [[Raoul Aslan]] ans Burgtheater.  
 
Nach der Direktionszeit von [[Anton Wildgans]] (1921-1922) wurde Max Paulsen (1922-1923) als Direktor bestellt, der 1922 das [[Akademietheater]], eine Kammerbühne, dem Burgtheater eingliederte (Eröffnung am 8. September 1922 mit Goethes "Iphigenie auf Tauris"), 1918 kam [[Alma Seidler]], 1920 [[Raoul Aslan]] ans Burgtheater.  
  
Unter Direktor [[Franz Herterich]] (1923-1930) kamen [[Werner Krauss]], [[Ewald Balser]] und [[Fred Hennings]]; nochmals folgte Wildgans (1930-1931), der jedoch an der Verwaltung scheiterte, dann wurde der Hamburger Theaterdirektor [[Hermann Röbbeling]], ein umsichtiger Organisator und Spielplanerweiterer, bestellt (1932-1938), von dem [[Maria Eis]], [[Fred Liewehr]], Felix Steinböck, Heinz Woester und kurzfristig auch [[Nora Gregor]] ans Burgtheater neu verpflichtet wurden; [[Hermann Thimig]] wechselte von den Reinhardt-Bühnen ans Burgtheater.  
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Unter Direktor [[Franz Herterich]] (1923-1930) kamen [[Werner Krauss]], [[Ewald Balser]] und [[Fred Hennings]]; nochmals folgte Wildgans (1930-1931), der jedoch an der Verwaltung scheiterte, dann wurde der Hamburger Theaterdirektor [[Hermann Röbbeling]], ein umsichtiger Organisator und Spielplanerweiterer, bestellt (1932-1938), von dem [[Maria Eis]], [[Fred Liewehr]], Felix Steinböck, Heinz Woester und kurzfristig auch [[Nora Gregor]] ans Burgtheater neu verpflichtet wurden; [[Hermann Thimig]] wechselte von den Reinhardt-Bühnen ans Burgtheater. Röbbelings Anliegen war es, ein Gleichgewicht zwischen den österreichischen Dramatikern und den übrigen Nationen herzustellen, weshalb er seine Inszenierungen in Zyklen gliederte.
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===Das Burgtheater in der NS-Zeit===
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Nach dem "[[Anschluss]]" wurde Hermann Röbbeling 1938 seines Amts enthoben und zunächst durch [[Mirko Jelusich]], 1939 durch [[Lothar Müthel]] (vorher Regisseur am Staatstheater Berlin bei Gründgens) ersetzt, dem (ebenso wie Röbbeling) [[Erhard Buschbeck]] als Dramaturg zur Seite stand.
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Bereits zum 50-jährigen Eröffnungsjubiläum des Burgtheaters am 14. Oktober 1938 war unter Jelusich eine Don-Carlos-Inszenierung von Karl-Heinz Stroux gezeigt worden, die die NS-Ideologie bediente (in diesem Jahr besuchte auch [[Adolf Hitler]] das Burgtheater). In der Folge bot sein Nachfolger Müthel zwar einen klassischen Spielplan, inszenierte jedoch 1943 den "Kaufmann von Venedig", in dem [[Werner Krauß]] den Juden Shylock eindeutig antisemitisch darstellte. Zudem wurden der Spielplan stark zensuriert.
  
Röbbelings Anliegen war es, ein Gleichgewicht zwischen den österreichischen Dramatikern und den übrigen Nationen herzustellen, weshalb er seine Inszenierungen in Zyklen gliederte. 1938 des Amts enthoben, wurde er zunächst durch [[Mirko Jelusich]], 1939 durch [[Lothar Müthel]] (vorher Regisseur am Staatstheater Berlin bei Gründgens) ersetzt, dem (ebenso wie Röbbeling) [[Erhard Buschbeck]] als Dramaturg zur Seite stand; Müthel bemühte sich um einen klassischen Spielplan, dem die Parolen des Tages nichts anhaben konnten. Das Ensemble verlor außer [[Else Wohlgemuth]] und Lilly Karoly keine seiner darstellerischen Größen, [[Käthe Dorsch]], [[Heinz Moog]] und 1940 [[Curd Jürgens]] wurden neu verpflichtet.  
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Die nach dem Reichsbürgergesetz von 1935 als "jüdisch" eingestuften Schauspieler und Theatermitarbeiter waren unmittelbar betroffen: sie wurden mit einem Auftrittsverbot belegt wie [[Else Wohlgemuth]], dann beurlaubt, entlassen wie beispielsweise [[Lilly Karoly]] oder verhaftet. Während vielen jüdischen Ensemblemitgliedern die Emigration gelang, wurde ein Schauspieler, Fritz Strassny, in einem [[Konzentrationslager]] ermordet. Vom Ensemble des Burgtheaters selbst wurde kein nennenswerter Widerstand gegen die NS-Ideologie, nur wenige schlossen sich aktiv dem Widerstand an, so [[Judith Holzmeister]], die damals auch am [[Volkstheater]] engagiert war, oder der Schauspieler [[Fritz Lehmann]]. Neu verpflichtet wurden [[Käthe Dorsch]], [[Heinz Moog]] und 1940 [[Curd Jürgens]].  
  
Erster Direktor nach dem Zweiten Weltkrieg wurde [[Raoul Aslan]] (1945-1948), der mit Buschbeck einen neuen Spielplan erarbeitete. Die von den Nationalsozialisten verbotenen Schriftsteller (wie [[Arthur Schnitzler|Schnitzler]], [[Franz Molnár|Molnár]] und [[Richard Beer-Hofmann|Beer-Hofmann]]) standen ebenso auf dem Programm wie der neu entdeckte junge österreichische Dramatiker [[Fritz Hochwälder]]; Judith Holzmeister trat das Erbe Else Wohlgemuths an, O. W. Fischer, [[Käthe Gold]] und Hilde Mikulicz stießen zum Ensemble, [[Albin Skoda]] kehrte aus Berlin, [[Helene Thimig]] aus Amerika zurück, unter den Regisseuren ragten [[Walter Felsenstein]] und Leopold Lindtberg hervor.  
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===Kriegsende bis zur Wiedereröffnung 1955===
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Erster Direktor nach dem [[Zweiter Weltkrieg]]Zweiten Weltkrieg wurde [[Raoul Aslan]] (1945-1948), der mit Buschbeck einen neuen Spielplan erarbeitete. Die von den [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verbotenen Schriftsteller (wie [[Arthur Schnitzler|Schnitzler]], [[Franz Molnár|Molnár]] und [[Richard Beer-Hofmann|Beer-Hofmann]]) standen ebenso auf dem Programm wie der neu entdeckte junge österreichische Dramatiker [[Fritz Hochwälder]]; Judith Holzmeister trat das Erbe Else Wohlgemuths an, O. W. Fischer, [[Käthe Gold]] und Hilde Mikulicz stießen zum Ensemble, [[Albin Skoda]] kehrte aus Berlin, [[Helene Thimig]] aus Amerika zurück, unter den Regisseuren ragten [[Walter Felsenstein]] und Leopold Lindtberg hervor.  
  
 
1948 wurde der Regisseur [[Josef Gielen]] aus Buenos Aires an die Spitze des Hauses berufen (bis 1954); er betätigte sich auch erfolgreich als Regisseur, fand einen hervorragenden Helfer in [[Berthold Viertel]] und verpflichtete 1953 das Schauspielerehepaar [[Attila Hörbiger]] und [[Paula Wessely]]; Gielen holte auch [[Inge Konradi]] und [[Josef Meinrad]] ans Burgtheater. Gielens Nachfolger wurde [[Adolf Rott]] (gemeinsam mit [[Friedrich Schreyvogl]]); unter ihm erfolgte am 14. Oktober 1955 die Wiedereröffnung des Hauses am Ring.  
 
1948 wurde der Regisseur [[Josef Gielen]] aus Buenos Aires an die Spitze des Hauses berufen (bis 1954); er betätigte sich auch erfolgreich als Regisseur, fand einen hervorragenden Helfer in [[Berthold Viertel]] und verpflichtete 1953 das Schauspielerehepaar [[Attila Hörbiger]] und [[Paula Wessely]]; Gielen holte auch [[Inge Konradi]] und [[Josef Meinrad]] ans Burgtheater. Gielens Nachfolger wurde [[Adolf Rott]] (gemeinsam mit [[Friedrich Schreyvogl]]); unter ihm erfolgte am 14. Oktober 1955 die Wiedereröffnung des Hauses am Ring.  
  
Seither leiteten [[Ernst Haeusserman]] (1959-1968; Profilierung des Spielplans und Verpflichtung bedeutender Regisseure: Zyklus der Königsdramen [Regie Lindtberg], Antiken-Zyklus [Regie Sellner], Raimund-Zyklus [Regie Steinboeck], 60 Neuengagements zwecks Einleitung einer Generationsablöse, Inszenierungen durch [[Fritz Kortner]] und Welttournee mit dem Ensemble [1968]), [[Paul Hoffmann]] (1968-1971; neue Akzente des Spielplans, Verträge mit [[Heinz Reincke]] und Klaus Jürgen Wussow), Gerhard Klingenberg (Regisseur; 1971-1976; Auftrag zur Reformierung, Versuch der Öffnung für das zeitgenössische Theater), [[Achim Benning]] (1976-1986; Bekenntnis zum Repertoiretheater unter Bedachtnahme auf den Publikumsgeschmack) und [[Claus Peymann]] (seit 1986) das Burgtheater.
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In den 1950er und 1960er Jahren beteiligte sich das Burgtheater (mit anderen Wiener Theatern) am sogenannten Brecht-Boykott.
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===Nach der Wiederöffnung 1955===
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Nach Adolf Rott übernahm 1959 [[Ernst Haeusserman]] das Burgtheater, das er bis 1968 führte. Unter seiner Direktion erfolgten eine Profilierung des Spielplans und die Verpflichtung bedeutender Regisseure: Zyklus der Königsdramen [Regie Lindtberg], Antiken-Zyklus [Regie Sellner], Raimund-Zyklus [Regie Steinboeck], 60 Neuengagements zwecks Einleitung einer Generationsablöse, Inszenierungen durch [[Fritz Kortner]] und Welttournee mit dem Ensemble [1968])
  
Seit den 1940er Jahren kamen unter anderen Klaus Maria Brandauer, [[Boy Gobert]], [[Hilde Krahl]], [[Inge Konradi]], [[Theo Lingen]], [[Josef Meinrad]] (1947-1975), [[Elisabeth Orth]], [[Erika Pluhar]], Heinz Rühmann, [[Heinrich Schweiger]] (1949-1955, 1957, ab 1961) und [[Oskar Werner]] zum Ensemble.
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Auch [[Paul Hoffmann]] (1968-1971) setzte auf neue Akzente des Spielplans und schloss zudem Verträge mit [[Heinz Reincke]] und Klaus Jürgen Wussow. Der Regisseur [[Gerhard Klingenberg]], der das Burgtheater 1971-1976 leitete hatte den Auftrag zur Reformierung und versuchte das Theater für das zeitgenössische Theater zu öffnen, während sein Nachfolger [[Achim Benning]] (1976-1986) zum Repertoiretheater unter Bedachtnahme auf den Publikumsgeschmack bekannte.
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Von 1986 bis 1999 leitete [[Claus Peymann]] das Burgtheater.  
  
 
==Direktionen==
 
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==Bedeutung==
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Das Burgtheater ist eine der bedeutendsten Sprechbühnen des deutschen Sprachraums. Am Burgtheater wirkten zahlreiche der prominentesten Künstlerinnen und Künstler der jeweiligen Epoche.
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Seit den 1940er Jahren kamen unter anderen Klaus Maria Brandauer, [[Boy Gobert]], [[Hilde Krahl]], [[Inge Konradi]], [[Theo Lingen]], [[Josef Meinrad]] (1947-1975), [[Elisabeth Orth]], [[Erika Pluhar]], Heinz Rühmann, [[Heinrich Schweiger]] (1949-1955, 1957, ab 1961) und [[Oskar Werner]] zum Ensemble.
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==Finanzierung==
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Das Theater war in der Monarchie bis 1918 - wie die spätere [[Staatsoper]] - ein Hoftheater, das vom Obersthofmeisteramt des Kaisers beaufsichtigt wurde. Das Hofärar (öffentliche Gelder in der Verwaltung des Kaiserhofes) sorgte für die Finanzierung. In der Republik wird das Haus als Staatstheater geführt (siehe [[Bundestheater]]), die Finanzierung obliegt der Bundesregierung.
  
 
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
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==Literatur==
 
==Literatur==
* Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, insbesonders S. 199 ff. (1741-1776), 334 ff. (1821-1848), 372 ff. (1848-1918)
+
* 150 Jahre Burgtheater, 1776-1926. 1926
* Verena Keil-Budischowsky: Die Theater Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1983 (Wiener Geschichtsbücher, 30-32, S. 102 ff. (altes Burgtheater), 311 ff. (neues Burgtheater)
+
* M. Alth: Burgtheater 1776-1976. Aufführungen und Besetzungen. 2 Bände. 1979
* Heinrich Laube: Das Burgtheater. 1868
+
* Peter Csendes [Hg.]: Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs I. Österreich 1848-1918. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1989, S. 195f.  
* Otto Michtner: Das alte Burgtheater als Opernbühne. In: Theatergeschichte Österreichs. Band 3/1. 1970
+
* Margaret Dietrich: Das Burgtheater und sein Publikum. 1976
* Gustav Zechmeister: Die Wiener Theater nächst der Burg und nächst dem Kärntnertor 1747-1776. In: Theatergeschichte Österreichs. Band 3/2. 1971
 
 
* Franz Dingelstedt: Aus der Briefmappe eines Burgtheaterdirektors. 1925
 
* Franz Dingelstedt: Aus der Briefmappe eines Burgtheaterdirektors. 1925
* 150 Jahre Burgtheater, 1776-1926. 1926
 
 
* Lucia Dorninger: Die Hausdichter des Burgtheaters. Diss. Univ. Wien 1961
 
* Lucia Dorninger: Die Hausdichter des Burgtheaters. Diss. Univ. Wien 1961
 
* Hugo Ellenberger: Das Burgtheater (Österreich-Reihe 41; 1957; Grundriss mit Reihenfolge der Außenplastiken: S. 66f.)
 
* Hugo Ellenberger: Das Burgtheater (Österreich-Reihe 41; 1957; Grundriss mit Reihenfolge der Außenplastiken: S. 66f.)
* Rudolf Lothar: Das Wiener Burgtheater. Ein Wahrzeichen österreichischer Kunst und Kultur. 1934
+
* Elisabeth Großegger: Gluck und d'Afflisio. Ein Beitrag zur Geschichte der Verpachtung des Burgtheaters. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1995
* Heinz Kindermann: Das Burgtheater. 1939
+
* Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, insbesonders S. 199 ff. (1741-1776), 334 ff. (1821-1848), 372 ff. (1848-1918)
* Fritz Judtmann: Die Baugeschichte des neuen Burgtheaters. In: 175 Jahre Burgtheater. 1954, S. 415 ff.
+
* Ernst Haeusserman: Die Burg. 1963
* F. Horch: Das Burgtheater unter Laube und Wilbrandt. 1925
+
* Ernst Haeussermann: Im Banne des Burgtheaters. Reden und Aufsätze. 1966
 
* Fred Hennings: Zweimal Burgtheater. 1955
 
* Fred Hennings: Zweimal Burgtheater. 1955
 
* Fred Hennings: Heimat Burgtheater. Wien [u.a.]: Herold 1972-1974
 
* Fred Hennings: Heimat Burgtheater. Wien [u.a.]: Herold 1972-1974
* Ernst Haeusserman: Die Burg. 1963
+
* F. Horch: Das Burgtheater unter Laube und Wilbrandt. 1925
* Ernst Haeussermann: Im Banne des Burgtheaters. Reden und Aufsätze. 1966
+
* Fritz Judtmann: Die Baugeschichte des neuen Burgtheaters. In: 175 Jahre Burgtheater. 1954, S. 415 ff.
 +
* Kurt Kahl: Die Wiener und ihr Burgtheater. 1974
 +
* Verena Keil-Budischowsky: Die Theater Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1983 (Wiener Geschichtsbücher, 30-32, S. 102 ff. (altes Burgtheater), 311 ff. (neues Burgtheater)
 +
* Heinz Kindermann: Das Burgtheater. 1939
 +
* Heinrich Laube: Das Burgtheater. 1868
 +
* Rudolf Lothar: Das Wiener Burgtheater. Ein Wahrzeichen österreichischer Kunst und Kultur. 1934
 +
* Otto Michtner: Das alte Burgtheater als Opernbühne. In: Theatergeschichte Österreichs. Band 3/1. 1970
 
* Viktor Reimann: Die Adelsrepublik der Künstler. 1963
 
* Viktor Reimann: Die Adelsrepublik der Künstler. 1963
* Kurt Kahl: Die Wiener und ihr Burgtheater. 1974
+
* Gustav Zechmeister: Die Wiener Theater nächst der Burg und nächst dem Kärntnertor 1747-1776. In: Theatergeschichte Österreichs. Band 3/2. 1971
* Margaret Dietrich: Das Burgtheater und sein Publikum. 1976
 
* M. Alth: Burgtheater 1776-1976. Aufführungen und Besetzungen. 2 Bände. 1979
 
* Peter Csendes [Hg.]: Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs I. Österreich 1848-1918. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1989, S. 195f.  
 
  
 
==Links==
 
==Links==

Version vom 15. November 2022, 14:52 Uhr

Wiedereröffnung des Burgtheaters (14.10.1955)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Theater
Datum von 1748
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen Raoul Aslan, Joseph Schreyvogel, Friedrich Schreyvogl, Oskar Werner, Franz Grillparzer, Johann Ludwig Deinhard-Deinhardstein, Theo Lingen, Heinrich Laube, Franz Dingelstedt, Josefine Wessely, Hugo Thimig, Paul Hartmann
PageID 13865
GND
WikidataID
Objektbezug Hofburg, Theater
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 15.11.2022 durch WIEN1.lanm08pil
Bildname burgtheater_institution.jpg
Bildunterschrift Wiedereröffnung des Burgtheaters (14.10.1955)
  • 1., Universitätsring 2

Frühere Adressierung
  • Nationaltheater nächst der k.k. Burg (1776, bis: 1794)
  • k. k. Hoftheater nächst der k. k. Burg (1794, bis: 1804)
  • k. k. Nationaltheater nächst der k. k. Burg (1804, bis: 1807)
  • k. k. Hoftheater nächst der k. k. Burg (1807, bis: 1828)
  • k. k. Hofburgtheater (1828, bis: 1848)
  • k. k. Hof- und Nationaltheater (1848, bis: 1852)
  • k. k. Hofburgtheater (1852, bis: 1888)
  • k. k. Hofburgtheater (1888, bis: 1918)
  • Burgtheater (1918)

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Das Burgtheater wurde 1748 als Theater nächst der Burg eröffnet. In der Folge änderte es seinen Namen mehrmals: 1776 Nationaltheater nächst der k.k. Burg; 1794 k. k. Hoftheater nächst der k. k. Burg; 1804 k. k. Nationaltheater nächst der k. k. Burg; 1807 K. k. Hoftheater nächst der k. k. Burg; 1828 k. k. Hofburgtheater; 1848 k. k. Hof- und Nationaltheater; 1852 k. k. Hofburgtheater.

Das Alte Burgtheater war Bestandteil der Hofburg und musste der Neuplanung des Michaelertraktes weichen. Die letzte Vorstellung im alten Haus fand am 12. Oktober 1888 statt. Danach übersiedelte das Ensemble des Burgtheaters in die neue Spielstätte, das gleichnamige Theatergebäude an der Ringstraße. Dieses ist seit 1888 Sitz des Theaters.

Spielbetrieb im Alten Burgtheater

Die erste Blüte des Burgtheaters fällt in die Direktion von Joseph Schreyvogel ("Artistischer Leiter" 1814-1832), dem eigentlichen geistigen Begründer des Burgtheaters (bewusster Aufbau des Spielplans, Pflege der Weimarer Klassik, Grillparzer-Uraufführungen und Erarbeitung einer Bühnensprache). Er vermochte neue Darsteller (Heinrich Anschütz, Sophie Schröder und andere) ans Burgtheater zu binden und führte Franz Grillparzer am Burgtheater ein. Unter seiner Leitung wurde Deutsch statt Französisch und Italienisch neue Bühnensprache.

Nach eher blassen Epochen unter Johann Ludwig Deinhardstein (1832-1841) und Franz Ignaz Holbein (1841-1849) folgte eine neue Blütezeit unter Heinrich Laube (1849-1867). Laube bevorzugte französische Konversationsstücke und deutsche Theaterkonfektion, brachte unter anderen Bernhard Baumeister, Ludwig Gabillon, Eduard Hartmann, Josef Lewinsky und Adolf von Sonnenthal sowie Auguste Wilbrandt-Baudius, Zerline Würzburg-Gabillon und Charlotte Wolter (die sich zur repräsentativen Burgschauspielerin der Makartzeit entwickelte) ans Burgtheater und machte den „Burgtheaterton" zum vorbildlichen Konversationston der besseren Gesellschaft.

Unter Direktor Franz von Dingelstedt (1870-1881), der im Sinn der Zeit Wert auf üppige Dekorationen legte, kamen neue bedeutende Kräfte ins Haus: Stella Hohenfels, Josefine Wessely, Friedrich Mitterwurzer und Hugo Thimig.

Spielbetrieb im Neuen Burgtheater

Nach der Übersiedlung bis zum Ende der Monarchie

Im neuen Haus (die Übersiedlung leitete der provisorische Leiter Adolf Sonnenthal) bildeten die Direktionen von Förster bis Berger (1888-1912) eine Zeit des Wandels. August Förster (1888-1889) konnte in der kurzen Zeit bis zu seinem Tod seine großen Pläne, das klassische Repertoire in mustergültigen Inszenierungen neu aufzubauen, nicht realisieren.

Gegen Max Eugen Burckhard (1890-1898), Jurist und Ministerialsekretär im Unterrichtsministerium, regte sich Widerstand der Schauspieler, doch der "geniale Außenseiter" setzte sich durch und hatte mit seiner Zuwendung zur neuen Literatur, insbesondere zu Werken Ibsens und Hauptmanns, Erfolg. Er brachte 83 Novitäten auf die Bühne und führte ermäßigte Vorstellungen ein, um neue Publikumsschichten anzusprechen. Alexander Strakosch entdeckte für den Direktor junge Talente wie Hedwig Bleibtreu, Lotte Medelsky, Adele Sandrock, Else Wohlgemuth, Otto Tressler und Josef Kainz.

Paul Schlenther (1898-1910) gehörte zu den umstrittensten Persönlichkeiten, setzte jedoch vermehrt österreichische Dramatiker, wie Arthur Schnitzler, Ferdinand Raimund, Johann Nestroy, Hugo von Hofmannsthal, Hermann Bahr und Karl Schönherr, auf den Spielplan. Für das Ensemble gewann er unter anderen Rosa Albach-Retty, Albert Heine und Max Paulsen.

Alfred Freiherr von Berger (1910-1912), der vom Hamburger Schauspielhaus kam und ein Gegner des krassen Naturalismus war, konnte weitere moderne Akzente setzen: Ibsen, Hauptmann, Sudermann, Schnitzler und Hofmannsthal gaben neuerlich Auftrieb und führten zu einer Wandlung des Darstellungsstils, die durch Virtuosen wie Friedrich Mitterwurzer und Josef Kainz, der als Abgott der jungen Generation bezeichnet werden kann, gekennzeichnet wurde.

Als Schauspieler-Direktor leitete 1912-1917 Hugo Thimig das Burgtheater, war jedoch auf Dauer der Doppelbelastung nicht gewachsen; 1917/1918 folgte Max von Millenkovich, der Alma Seidler verpflichtete.

Zwischenkriegszeit

Direktor Albert Heine suchte Max Reinhardt und sein Ensemble ans Burgtheater zu binden, konnte jedoch die Widerstände alteingesessener Kräfte nicht überwinden; immerhin wurden später Werner Krauss, Paul Hartmann, Helene und Hermann Thimig ins Burgtheaterensemble aufgenommen. Heine, dem Hermann Bahr und als Dramaturg Erhard Buschbeck beigegeben wurden, gliederte 1919 das Schönbrunner Schlosstheater ein.

Nach der Direktionszeit von Anton Wildgans (1921-1922) wurde Max Paulsen (1922-1923) als Direktor bestellt, der 1922 das Akademietheater, eine Kammerbühne, dem Burgtheater eingliederte (Eröffnung am 8. September 1922 mit Goethes "Iphigenie auf Tauris"), 1918 kam Alma Seidler, 1920 Raoul Aslan ans Burgtheater.

Unter Direktor Franz Herterich (1923-1930) kamen Werner Krauss, Ewald Balser und Fred Hennings; nochmals folgte Wildgans (1930-1931), der jedoch an der Verwaltung scheiterte, dann wurde der Hamburger Theaterdirektor Hermann Röbbeling, ein umsichtiger Organisator und Spielplanerweiterer, bestellt (1932-1938), von dem Maria Eis, Fred Liewehr, Felix Steinböck, Heinz Woester und kurzfristig auch Nora Gregor ans Burgtheater neu verpflichtet wurden; Hermann Thimig wechselte von den Reinhardt-Bühnen ans Burgtheater. Röbbelings Anliegen war es, ein Gleichgewicht zwischen den österreichischen Dramatikern und den übrigen Nationen herzustellen, weshalb er seine Inszenierungen in Zyklen gliederte.

Das Burgtheater in der NS-Zeit

Nach dem "Anschluss" wurde Hermann Röbbeling 1938 seines Amts enthoben und zunächst durch Mirko Jelusich, 1939 durch Lothar Müthel (vorher Regisseur am Staatstheater Berlin bei Gründgens) ersetzt, dem (ebenso wie Röbbeling) Erhard Buschbeck als Dramaturg zur Seite stand.

Bereits zum 50-jährigen Eröffnungsjubiläum des Burgtheaters am 14. Oktober 1938 war unter Jelusich eine Don-Carlos-Inszenierung von Karl-Heinz Stroux gezeigt worden, die die NS-Ideologie bediente (in diesem Jahr besuchte auch Adolf Hitler das Burgtheater). In der Folge bot sein Nachfolger Müthel zwar einen klassischen Spielplan, inszenierte jedoch 1943 den "Kaufmann von Venedig", in dem Werner Krauß den Juden Shylock eindeutig antisemitisch darstellte. Zudem wurden der Spielplan stark zensuriert.

Die nach dem Reichsbürgergesetz von 1935 als "jüdisch" eingestuften Schauspieler und Theatermitarbeiter waren unmittelbar betroffen: sie wurden mit einem Auftrittsverbot belegt wie Else Wohlgemuth, dann beurlaubt, entlassen wie beispielsweise Lilly Karoly oder verhaftet. Während vielen jüdischen Ensemblemitgliedern die Emigration gelang, wurde ein Schauspieler, Fritz Strassny, in einem Konzentrationslager ermordet. Vom Ensemble des Burgtheaters selbst wurde kein nennenswerter Widerstand gegen die NS-Ideologie, nur wenige schlossen sich aktiv dem Widerstand an, so Judith Holzmeister, die damals auch am Volkstheater engagiert war, oder der Schauspieler Fritz Lehmann. Neu verpflichtet wurden Käthe Dorsch, Heinz Moog und 1940 Curd Jürgens.

Kriegsende bis zur Wiedereröffnung 1955

Erster Direktor nach dem Zweiter WeltkriegZweiten Weltkrieg wurde Raoul Aslan (1945-1948), der mit Buschbeck einen neuen Spielplan erarbeitete. Die von den Nationalsozialisten verbotenen Schriftsteller (wie Schnitzler, Molnár und Beer-Hofmann) standen ebenso auf dem Programm wie der neu entdeckte junge österreichische Dramatiker Fritz Hochwälder; Judith Holzmeister trat das Erbe Else Wohlgemuths an, O. W. Fischer, Käthe Gold und Hilde Mikulicz stießen zum Ensemble, Albin Skoda kehrte aus Berlin, Helene Thimig aus Amerika zurück, unter den Regisseuren ragten Walter Felsenstein und Leopold Lindtberg hervor.

1948 wurde der Regisseur Josef Gielen aus Buenos Aires an die Spitze des Hauses berufen (bis 1954); er betätigte sich auch erfolgreich als Regisseur, fand einen hervorragenden Helfer in Berthold Viertel und verpflichtete 1953 das Schauspielerehepaar Attila Hörbiger und Paula Wessely; Gielen holte auch Inge Konradi und Josef Meinrad ans Burgtheater. Gielens Nachfolger wurde Adolf Rott (gemeinsam mit Friedrich Schreyvogl); unter ihm erfolgte am 14. Oktober 1955 die Wiedereröffnung des Hauses am Ring.

In den 1950er und 1960er Jahren beteiligte sich das Burgtheater (mit anderen Wiener Theatern) am sogenannten Brecht-Boykott.

Nach der Wiederöffnung 1955

Nach Adolf Rott übernahm 1959 Ernst Haeusserman das Burgtheater, das er bis 1968 führte. Unter seiner Direktion erfolgten eine Profilierung des Spielplans und die Verpflichtung bedeutender Regisseure: Zyklus der Königsdramen [Regie Lindtberg], Antiken-Zyklus [Regie Sellner], Raimund-Zyklus [Regie Steinboeck], 60 Neuengagements zwecks Einleitung einer Generationsablöse, Inszenierungen durch Fritz Kortner und Welttournee mit dem Ensemble [1968])

Auch Paul Hoffmann (1968-1971) setzte auf neue Akzente des Spielplans und schloss zudem Verträge mit Heinz Reincke und Klaus Jürgen Wussow. Der Regisseur Gerhard Klingenberg, der das Burgtheater 1971-1976 leitete hatte den Auftrag zur Reformierung und versuchte das Theater für das zeitgenössische Theater zu öffnen, während sein Nachfolger Achim Benning (1976-1986) zum Repertoiretheater unter Bedachtnahme auf den Publikumsgeschmack bekannte.

Von 1986 bis 1999 leitete Claus Peymann das Burgtheater.

Direktionen

Name Beginn Ende
Künstlerrepublik 1776 1789
Johann Franz Brockmann 1790 1790
Regiekollegium 1790 1794
Peter von Braun 1794 1806
Kavaliersdirektion 1807 1817
Joseph Schreyvogel 1814 1832
Johann Ludwig Deinhardstein 1832 1841
Franz Ignaz von Holbein 1841 1849
Heinrich Laube 1849 1867
Eligius Freiherr von Münch-Bellinghausen; Pseudonym: Friedrich Halm 1867 1868
August Wolff 1868 1870
Franz Freiherr von Dingelstedt 1870 1881
Adolf von Wilbrandt 1881 1887
Adolf von Sonnenthal 1887 1888
August Förster 1888 1889
Adolf von Sonnenthal 1889 1890
Max Burckhard 1890 1898
Paul Schlenther 1898 1910
Alfred Freiherr von Berger 1910 1912
Hugo Thimig 1912 1917
Max von Millenkovich 1917 1918
Dreierkollegium 1918 1918
Albert Heine 1918 1921
Anton Wildgans 1921 1922
Max Paulsen 1922 1923
Franz Herterich 1923 1930
Anton Wildgans 1930 1931
Hermann Röbbeling 1932 1938
Mirko Jelusich 1938 1938
Ulrich Bettac 1938 1939
Lothar Müthel 1939 1945
Raoul Aslan 1945 1948
Erhard Buschbeck 1948 1948
Josef Gielen 1948 1954
Adolf Rott 1954 1959
Ernst Haeusserman 1959 1968
Paul Hoffmann 1968 1971
Gerhard Klingenberg 1971 1976
Achim Benning 1976 1986
Claus Peymann 1986 1999
Klaus Bachler 1999 2009
Matthias Hartmann 2009 2014
Karin Bergmann 2014 2019
Martin Kušej 2019

Bedeutung

Das Burgtheater ist eine der bedeutendsten Sprechbühnen des deutschen Sprachraums. Am Burgtheater wirkten zahlreiche der prominentesten Künstlerinnen und Künstler der jeweiligen Epoche.

Seit den 1940er Jahren kamen unter anderen Klaus Maria Brandauer, Boy Gobert, Hilde Krahl, Inge Konradi, Theo Lingen, Josef Meinrad (1947-1975), Elisabeth Orth, Erika Pluhar, Heinz Rühmann, Heinrich Schweiger (1949-1955, 1957, ab 1961) und Oskar Werner zum Ensemble.

Finanzierung

Das Theater war in der Monarchie bis 1918 - wie die spätere Staatsoper - ein Hoftheater, das vom Obersthofmeisteramt des Kaisers beaufsichtigt wurde. Das Hofärar (öffentliche Gelder in der Verwaltung des Kaiserhofes) sorgte für die Finanzierung. In der Republik wird das Haus als Staatstheater geführt (siehe Bundestheater), die Finanzierung obliegt der Bundesregierung.

Siehe auch

Quellen

Literatur

  • 150 Jahre Burgtheater, 1776-1926. 1926
  • M. Alth: Burgtheater 1776-1976. Aufführungen und Besetzungen. 2 Bände. 1979
  • Peter Csendes [Hg.]: Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs I. Österreich 1848-1918. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1989, S. 195f.
  • Margaret Dietrich: Das Burgtheater und sein Publikum. 1976
  • Franz Dingelstedt: Aus der Briefmappe eines Burgtheaterdirektors. 1925
  • Lucia Dorninger: Die Hausdichter des Burgtheaters. Diss. Univ. Wien 1961
  • Hugo Ellenberger: Das Burgtheater (Österreich-Reihe 41; 1957; Grundriss mit Reihenfolge der Außenplastiken: S. 66f.)
  • Elisabeth Großegger: Gluck und d'Afflisio. Ein Beitrag zur Geschichte der Verpachtung des Burgtheaters. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1995
  • Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, insbesonders S. 199 ff. (1741-1776), 334 ff. (1821-1848), 372 ff. (1848-1918)
  • Ernst Haeusserman: Die Burg. 1963
  • Ernst Haeussermann: Im Banne des Burgtheaters. Reden und Aufsätze. 1966
  • Fred Hennings: Zweimal Burgtheater. 1955
  • Fred Hennings: Heimat Burgtheater. Wien [u.a.]: Herold 1972-1974
  • F. Horch: Das Burgtheater unter Laube und Wilbrandt. 1925
  • Fritz Judtmann: Die Baugeschichte des neuen Burgtheaters. In: 175 Jahre Burgtheater. 1954, S. 415 ff.
  • Kurt Kahl: Die Wiener und ihr Burgtheater. 1974
  • Verena Keil-Budischowsky: Die Theater Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1983 (Wiener Geschichtsbücher, 30-32, S. 102 ff. (altes Burgtheater), 311 ff. (neues Burgtheater)
  • Heinz Kindermann: Das Burgtheater. 1939
  • Heinrich Laube: Das Burgtheater. 1868
  • Rudolf Lothar: Das Wiener Burgtheater. Ein Wahrzeichen österreichischer Kunst und Kultur. 1934
  • Otto Michtner: Das alte Burgtheater als Opernbühne. In: Theatergeschichte Österreichs. Band 3/1. 1970
  • Viktor Reimann: Die Adelsrepublik der Künstler. 1963
  • Gustav Zechmeister: Die Wiener Theater nächst der Burg und nächst dem Kärntnertor 1747-1776. In: Theatergeschichte Österreichs. Band 3/2. 1971

Links