Friedrich Schreyvogl

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Friedrich Schreyvogl
Daten zur Person
Personenname Schreyvogl, Friedrich
Abweichende Namensform
Titel Prof., Dr. rer. pol.
Geschlecht männlich
PageID 13556
GND 119549247
Wikidata Q1462066
Geburtsdatum 17. Juli 1899
Geburtsort Mauer bei Wien 4115320-0
Sterbedatum 11. Jänner 1976
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Lyriker, Dramatiker, Theaterdirektor
Parteizugehörigkeit NSDAP
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug Friedrich Schreyvogl (Bestände)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 28.11.2023 durch DYN.heisetillmann
Begräbnisdatum
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 40, Nr. 41
Ehrengrab historisches Grab
Bildname FriedrichSchreyvogl.jpg
Bildunterschrift Friedrich Schreyvogl
  • 13., Riedelgasse 5 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Vizedirektor des Theaters in der Josefstadt (1954, bis: 1959)
  • Chefdramaturg des Burgtheaters (1964)
  • Chefdramaturg am Theater in der Josefstadt (September 1953)
  • Codirektor des Burgtheaters (1954, bis: 1961)
  • Dramaturg der Wien-Film (26. März 1938)

  • Wiener Ehrenmedaille in Gold (Verleihung: 31. Juli 1964, Übernahme: 4. November 1964)
  • Ehrenplakette Niederösterreich (Übernahme: 15. Dezember 1964)
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Übernahme: 25. Mai 1970)
  • Julius Reich-Preis Universität Wien (Verleihung: 1935)


Friedrich Schreyvogl, * 17. Juli 1899 Mauer bei Wien, † 11. Jänner 1976 Wien, Schriftsteller, Dramaturg, stellvertretender Direktor des Burgtheaters.

Biografie

Friedrich Schreyvogl, Urgroßneffe von Joseph Schreyvogel, studierte Staatswissenschaften an der Universität Wien, gehörte zu den Studenten Othmar Spanns und wurde bei diesem mit der Arbeit "Ausgewählte Schriften zur Staats- und Wirtschaftslehre des Thomas von Aquino" 1922 zum Dr. rer. pol. promoviert. Er war seit 1929 mit Hermine Schubert-Soldern verheiratet, hatte mit ihr drei Kinder (Elisabeth, Konrad und Andreas Schreyvogl) und wohnte in Wien 13, Riedelgasse 5.

Bereits während des Ersten Weltkriegs trat er mit expressionistisch inspirierten Gedichtbänden ("Singen und Sehnen", Wien 1917; "Klingen im Alltag", Wien 1918) in Erscheinung und erregte in den 1920er Jahren als Autor religiös geprägter Werke wie des Einakters "Karfreitag" (1920), des Zeitromans "Der Antichrist" (1921) oder des Dramas "Das Mariazeller Muttergottesspiel" (1924) einige Aufmerksamkeit. Seine eigentliche Bedeutung aber bestand eher in der Rolle als Verleger, Zeitschriften-Herausgeber, konservativ-katholischer Essayist und kulturpolitischer Netzwerker.

Schreyvogl als kulturpolitischer Akteur der Ersten Republik

Bereits während des Studiums arbeitete Schreyvogl für den 1919 gegründeten Verlag Wiener Literarische Anstalt (WILA) und gehörte 1922 unter anderen neben dem expressionistischen Schriftsteller Robert Müller und dem Komponisten Erich Wolfgang Korngold zu den Mitbegründern des von Karl Anton Prinz Rohan in Wien initiierten Kulturbundes. Dabei handelte es sich um einen geistesaristokratisch-elitären Intellektuellenzirkel, der sich bis Ende der 1920er Jahre zu einem europäischen Netzwerk für konservativ bis 'konservativ-revolutionär' orientierte Intellektuelle entwickelte und der etwa auch Hugo von Hofmannsthal, Raoul Auernheimer, Ignaz Seipel, Thomas Mann, Paul Valéry und José Ortega y Gasset zu seinen Mitgliedern zählte. Insbesondere während der frühen 1920er Jahre fungierte Schreyvogl de facto als Geschäftsführer des Kulturbundes und zeichnete für dessen strategische Weiterentwicklung maßgeblich verantwortlich, wie ein umfangreicher Briefwechsel mit Rohan im Nachlass Schreyvogls in der Wienbibliothek zeigt.

Ab 1925 wirkte Schreyvogl als Schriftleiter der bis zur Einstellung 1929/30 in Köln erschienenen, katholischen Kulturzeitschrift "Abendland. Deutsche Monatshefte für europäische Kultur, Politik und Wirtschaft", die mit regelmäßigen Beiträgern wie Ignaz Seipel und Hermann Platz ein wichtiges Scharnier zwischen den konservativ-katholischen Akademiker-Milieus in Österreich und Deutschland bildete. In Österreich bekleidete Schreyvogl ab Mitte der 1920er Jahre weitere kulturpolitisch prominente Ämter: 1927 wurde er Vorsitzender des Katholischen Schriftstellerverbandes in Österreich, im selben Jahr außerdem zum Professor an der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst ernannt, war ab 1931 Dozent am Reinhardt-Seminar und von 1935 bis 1938 Konsulent der Österreichischen Staatstheater.

Schreyvogl im "Ständestaat" und nach dem "Anschluss"

Nicht zuletzt aufgrund dieser umfangreichen kulturpolitischen Vernetzung kam Schreyvogl eine unrühmliche Rolle bei der schrittweisen Unterwandung der österreichischen Literatur- und Theaterlandschaft durch die Nationalsozialisten zu. In Folge des PEN-Kongresses in Ragusa (heute Dubrovnik), bei dem sich die österreichische Delegation mit den vom NS-Regime verfolgten deutschen Schriftstellerinnen und Schriftstellern solidarisierte, trat Schreyvogl als Zeichen des Protests gegen diese Solidarisierung aus dem PEN-Club aus. Er gehörte in der Zeit des sogenannten "Ständestaats" den "katholisch-nationalen" Autoren an, die mit dem Nationalsozialismus sympathisierten. Ab 1934 war er Mitglied der (in Österreich illegalen) NSDAP, ab 1936 gehörte er unter der Präsidentschaft von Max Mell der NS-Tarnorganisation "Bund deutscher Schriftsteller Österreichs" als Vorstandsmitglied an, die auf einen "Anschluss" an das Deutsche Reich hinarbeitete. Auch als Agent der NS-Reichsschrifttumskammer war Schreyvogl bestrebt, den "Anschluss" auf kulturpolitischem Gebiet vorzubereiten.

Nachdem dieser 1938 erfolgt war, trat Schreyvogl im "Bekenntnisbuch österreichischer Dichter" als Fürsprecher der Eingliederung Österreichs ins NS-Reich ("Die Todesgemeinschaft der Nation") auf, stellte am 4. Juli 1938 offiziell einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP und wurde umgehend in die Partei aufgenommen. Schreyvogl avancierte während der NS-Zeit zum gefragten und erfolgreichen Schriftsteller. Vor allem seine Komödien "Das Liebespaar" (1940), "Die kluge Wienerin" (1941), "Die weiße Dame" (1942) und "Titania" (1943) wurden auf fast allen deutschen Bühnen gespielt und machten Schreyvogl auf lange Sicht zu einem der meistgespielten Burgtheaterautoren. Auch als Drehbuchautor war er gefragt. Seine ebenso auflagenstarken Romane dieser Jahre ("Heerfahrt nach Osten", 1938; "Eine Schicksalssymphonie", 1941 und "Der Friedländer", 1943) artikulieren heroisch verklärte Vorstellungen von Macht, Kampf und Tod.

"schwarzbrauner Schreivogel" in der Zweiten Republik

Die Anpassungsfähigkeit an wechselnde politische Systeme, die Schreyvogl bereits im Übergang von der Ersten Republik zum Austrofaschismus und schließlich zum Nationalsozialismus demonstriert hatte, zeigte sich abermals nach dem Zweiten Weltkrieg, und wurde von manchen Zeitgenossen auch kritisch kommentiert. Helmut Qualtinger und Carl Merz etwa verliehen in ihrem Kabarett-Programm "Blattl vorm Mund" Schreyvogl aufgrund seiner politischen Vergangenheit und Wankelmütigkeit den Spottnamen vom "schwarzbraunen Schreivogel".

Dennoch gelang es Schreyvogl, sich erfolgreich von seinen frühen Sympathien für die NSADP zu distanzieren, und auch im literarischen Feld der Zweiten Republik abermals zu Einfluss und Ansehen zu gelangen. Als Präsident der 1946 von ihm mit begründeten LVG (Literarischen Verwertungsgesellschaft) verteidigte er die literarischen Nutzungsrechte von Autorinnen und Autoren, trat 1952 wieder in den österreichischen PEN-Club ein, war 1953/1954 Chefdramaturg am Theater in der Josefstadt, außerdem von 1954 bis 1959 Vizedirektor beziehungsweise von 1959 bis 1961 Chefdramaturg des Burgtheaters. Während seiner späten Schaffenszeit tat er sich zudem als Herausgeber der "Gesammelten Werke" Franz Grillparzers (1957) und Ferdinand Raimunds (1960) hervor. 1956 wählte ihn die Akademie der Künste in West-Berlin zum Außerordentlichen Mitglied der Sektion Literatur, das er bis zu seinem Tod 1976 blieb.

2016 wurde sein Ehrengrab in ein historisches Grab umgewidmet. Ein umfangreicher Nachlass Friedrich Schreyvogls befindet sich in der Wienbibliothek im Rathaus.


Quellen

Literatur

  • Vanessa Conze: Das Europa der Deutschen. Ideen von Europa und Deutschland zwischen Reichstradition und Westorientierung (1920–1970). München: Oldenbourg 2005 (Studien zur Zeitgeschichte, 69), insb. S. 27–55
  • Carl Zuckmayer: Geheimreport. Göttingen: Wallstein 2002
  • Klaus Amann: Der Anschluß österreichischer Schriftsteller an das Dritte Reich. Insitutionelle und bewußtseinsgeschichtliche Aspekte. Frankfurt am Main: Athenäum 1988 (Athenäum Monografien in der Literaturwissenschaft, 16)
  • Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im "Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder. Überarbeitete und aktualisierte Auflage. München: dtv 1995.
  • Gerhard Renner: Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Wien 1993
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
  • Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933-1940). Der "Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs" und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der "Ostmark". Frankfurt/M: Buchhändler-Vereinigung 1986
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963 (Werkverzeichnis).
  • G. Niesner: Friedrich Schreyvogl. Diss. Univ. Wien. Wien 1960
  • Viktor Suchy: Friedrich Schreyvogl, ein österreichischer Dichter. 1958
  • Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
  • Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929


Friedrich Schreyvogl im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.