Altes Burgtheater

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Das Alte Burgtheater am Michaelerplatz mit Winterreitschule, im Vordergrund links die Michaelerkirche, um 1790
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1741
Datum bis 1888
Andere Bezeichnung K.k. Hofburgtheater
Frühere Bezeichnung Theater nächst der (kaiserlichen) Burg, Nationaltheater nächst der k.k. Burg, K.k. Hoftheater nächst der k.k. Burg, K.k. Nationaltheater nächst der k.k. Burg, K.k. Hof- und Nationaltheater
Benannt nach Hofburg
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 13875
GND
WikidataID
Objektbezug Hofburg, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert, Burgtheater (Institution), Theater, Theater in der Hofburg
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 14.04.2023 durch WIEN1.lanm08jan
Bildname Burgtheater Postl.jpg
Bildunterschrift Das Alte Burgtheater am Michaelerplatz mit Winterreitschule, im Vordergrund links die Michaelerkirche, um 1790
  • 1., Michaelerplatz 1

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48° 12' 27.18" N, 16° 21' 58.80" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Altes Burgtheater am Behsel-Plan

Altes Burgtheater (1.), nicht mehr bestehender Teil der Hofburg; lag gegen den Michaelerplatz, bis zu seiner Übersiedlung in den bis heute genutzten Neubau am Ring 1888 Sitz des Burgtheaters. Zur Unterscheidung von Alt- und Neubau ist für das Theater am Michaelerplatz der Begriff "Altes Burgtheater" gebräuchlich.

Das nach außen unscheinbare Alte Burgtheater im ehemaligen Ballhaus, rechts daneben die mit einer Kuppel bekrönte Winterreitschule, 1743

Im März 1741 überließ Maria Theresia dem Pächter des Kärntnertortheaters, Joseph Carl Selliers, das 1540-1542 im Auftrag Ferdinands I. erbaute, zur Hofburg gehörige Ballhaus, um dort ein Theater einzurichten. Laut Pachtvertrag verpflichtete sich Selliers, das Ballspielhaus „zu einen Opera- und Comoedien-Haus auf aigene Unkösten innerlich zu[zu]richte[n]“[1] und die täglichen Theater- bzw. Opernaufführungen öffentlich, gegen Bezahlung zugänglich zu machen. Der Pachtvertrag gibt auch Informationen über das damalige Aussehen des Innenraumes, der eine Bühne mit abgetrenntem Orchesterbereich, einen Zuschauerraum ("Auditorium“) und Galerien besaß. Für die kaiserliche Familie waren zwei Logen vorgesehen, damit sie die Vorstellungen abgesondert vom übrigen Theaterpublikum verfolgen konnte. Anlässlich der Aufführung einer italienischen Oper war Maria Theresia am 5. Februar 1742 erstmals im Alten Burgtheater (Theater nächst der Burg) anwesend. Durch die Übergabe des Hoftheaters an einen privaten Pächter und die Ausgliederung aus der höfischen Verwaltung konnte Maria Theresia künftig Kosten sparen, die ungünstige Lage des Ballhauses zwischen der Winterreitschule und der unvollendeten Michaelerfront verhinderte aber vorerst die Fertigstellung dieser Hauptfassade der Wiener Hofburg zur Stadt. Durch die bauliche Anbindung des Theaters an die Residenz war es für Maria Theresia und ihre Familie aber auf direktem Weg aus ihren Appartements erreichbar, was die Entscheidung der theaterbegeisterten Regentin zugunsten des unattraktiven Zweckbaues erklären mag.

Entwurf für den Zuschauerraum, Jean Nicolas Jadot de Ville-Issey zugeschrieben, 1747/1748

Trotz der von Selliers geleisteten Investitionen kann seine Umgestaltung des Ballhauses in ein Theater nur provisorischen Charakter besessen haben, denn der eigentliche und dauerhafte Umbau des Alten Burgtheaters erfolgte erst 1748 durch den neuen Pächter Baron Rocco de Lo Presti. Dem Vertrag zufolge sollte Lo Presti dem ehemaligen Ballhaus nun die „wahrhaffte Form eines Theatri“ geben. Auch er musste persönlich für die gesamten Baukosten aufkommen. Der Erweiterung fielen große Teile der alten Schatzkammergalerie zum Opfer, das 1558-1563 beziehungsweise 1583–1585 errichtet worden war. Architekturzeichnungen (Albertina) und ein Kupferstich von Bernardo Bellotto (gen. Canaletto) geben ein anschauliches Bild vom damaligen Aussehen des Bühnen- und Zuschauerraumes, der über vier Ränge verfügte. Im Zentrum lag die mit Kolossalsäulen betonte kaiserliche Loge. Auch die Proszeniumslogen rahmten Kolossalsäulen, und das Proszenium erhielt eine Wölbung, um die Akustik zu verbessern – damit die Sänger und Musiker „merklicher in das Gehör fallen mögen“, wie es im Vertrag mit Lo Presti heißt. Die Baupläne werden dem Lothringer Jean Nicolas Jadot zugeschrieben. Mit dem Umbau wurde Ende Februar 1748 begonnen, und am 14. Mai desselben Jahres konnte das Alte Burgtheater mit der Oper Semiramide riconosciuta von Christoph Willibald Gluck und Pietro Metastasio anlässlich des Geburtstages von Maria Theresia wiedereröffnet werden.

Aufführung der Ballett-Pantomime "Le Turc Généreux". Radierung von Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, 1759

In den folgenden Jahrzehnten erlebte das Alte Burgtheater (Theater nächst der Burg) noch mehrere Umbauten, unter anderem wurden 1759/1760 die beiden Proszeniumslogen verändert, wodurch die Zahl der seitlichen Logen erhöht werden konnte. Später wurden auch die Säulen der kaiserlichen Mittelloge entfernt und gegen schlichtere Konstruktionen ersetzt. Umgestaltungen am Ende der 1770er Jahre zielten auf eine weitere Vereinfachung des Zuschauerraumes, indem etwa die Proszeniumslogen ganz aufgegeben wurden. Die Fassade des Alten Burgtheaters zum Michaelerplatz stammt aus der Zeit um 1760 und ist dem Hofarchitekten Nikolaus Pacassi zuzuschreiben.

Bis 1776 führten die jeweiligen Wiener Theaterunternehmer mit Zuschüssen seitens des Hofs und mit wechselndem Erfolg auch das Burgtheater. Nach der Theaterreform Maria Theresias (die finanziellen Schwierigkeiten gaben den Anlass dafür, das Burgtheater unter Hofverwaltung zu stellen), nahm das Burgtheater 1752 das französische Theater auf; mit geringen Ausnahmen spielte man bis 1761 nur Lust-, Sing- und Schauspiele in französischer Sprache, außerdem Ballette.

Vorübergehend fand 1761-1763 das deutsche Theater, das seinen Spielort (das Kärntnertortheater) durch eine Brandkatastrophe verloren hatte, im Burgtheater ein Domizil. Nach einer Unterbrechung im Spielbetrieb nach dem Tod Franz' I. (1765) begannen 1767 wieder französische Aufführungen, bis diese 1771 (trotz der Bemühungen des Adels) ihr Ende fanden.

Am 23. März 1776 ordnete Joseph II. nach der Zahlungsunfähigkeit des letzten Pächters (Graf Koháry) an, das Burgtheater als „Teutsches Nationaltheater" (im Sinne von Lessing und Sonnenfels) in Eigenregie des Hofes zu betreiben. Die Schauspieler wurden zu Hofbeamten. Das deutsche Sprechstück wurde bewusst gepflegt, wenngleich das Angebot gering blieb, Oper und Ballett traten wieder in den Vordergrund (Mozart). Da in Wien ein Konzertsaal fehlte, wurde das Burgtheater auch in der Konzertgeschichte eine denkwürdige Aufführungsstätte. Das Ziel war es, fremdsprachige Schauspielergesellschaften zurückzudrängen und die Possenreißerei des Hanswurst zu überwinden.

Aus Platzmangel wurde seit dem späten 18. Jahrhundert vermehrt über einen Theaterneubau nachgedacht, für den unterschiedliche Standorte wie das Areal der Stallburg, der Ballhausplatz oder auch die Sommerreitschule in Betracht gezogen wurden.[2] Was als Provisorium gedacht war, wurde zur Dauerlösung, das Burgtheater blieb Hoftheater und entwickelte sich vor allem im 19. Jahrhundert zur führenden deutschen Bühne.

Am 12. Februar 1797 wurde zum Geburtstag Franz' II. hier erstmals Joseph Haydns Volkshymne (Text von Lorenz Leopold Haschka) aufgeführt; Haydn dirigierte persönlich Chor und Orchester. Seit 12. Februar 1821 führte das Theater offiziell den Namen „Hofburgtheater".

1837 wurde das Theater im Inneren grundlegend restauriert, 1845 auch äußerlich umgestaltet. Die Neugestaltung Wiens seit 1858 und der projektierte Ausbau der Hofburg am Michaelerplatz (siehe Michaelertrakt) machten den Abriss des Alten Burgtheaters und den Bau eines neuen, größeren Burgtheater erforderlich (siehe Neues Burgtheater). Im Auftrag der Stadt Wien hielt Gustav Klimt den Zuschauerraum des Alten Burgtheaters 1888 noch einmal im Bild fest (heute im Wien Museum) und integrierte rund 200 Miniaturporträts in die Darstellung der Zuschauerinnen und Zuschauer. Unter großer Anteilnahme des Wiener Publikums fand am 12. Oktober 1888 die letzte Vorstellung im Alten Burgtheater statt. Der Adler, der die Fassade zum Michaelerplatz hin bekrönt hat, befindet sich heute im Theatermuseum. Das Theater übersiedelte 1888 in den Neubau an der Ringstraße.

Zuschauerraum des Alten Burgtheaters. Gemälde von Gustav Klimt, 1888

Bis heute erinnert am Michaelerplatz (links des Michaelertors) eine Gedenktafel an das Alte Burgtheater.

Quellen

Literatur

Siehe auch Neues Burgtheater

  • Richard Bösel / Christian Benedik [Hg.]: Der Michaelerplatz. Seine städtebauliche und architektonische Entwicklung. Eine Ausstellung des Kulturkreises Looshaus und der Graphischen Sammlung Albertina. Wien: Kulturkreis Looshaus 1991
  • Hermine Cloeter: Häuser und Menschen von Wien. 1920, S. 82
  • Elisabeth Grossegger: Das Burgtheater und sein Publikum, Bd. 2, Teilbd. 1 und 2: Pächter und Publikum 1794–1817 (Sitzungsberichte der phil.-hist. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 530), Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1989
  • Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (Geschichte der Stadt Wien 3), Wien-München: Jugend & Volk 1988
  • Hellmut Lorenz / Anna Mader-Kratky [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016
  • Otto Schindler: Der Zuschauerraum des Burgtheaters im 18. Jahrhundert. Eine baugeschichtliche Skizze. In: Maske und Kothurn 22 (1976), S. 20–53
  • Herta Singer: Die Akustik des Alten Burgtheaters. Versuch einer Darstellung der Zusammenhänge zwischen Aufführungsstil und Raumakustik. In: Maske und Kothurn 4 (1958), S. 220–229

Einzelnachweise

  1. Hellmut Lorenz und Anna Mader-Kratky [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016, S. 134–140. 1746 hatte Maria Theresia ein neues Ballhaus hinter der Amalienburg erbauen lassen, wodurch jenes neben der Winterreitschule nicht mehr benötigt worden war.
  2. Hellmut Lorenz und Anna Mader-Kratky [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016, S. 199–205.