Kunstkammer (Hofburg)

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Der Kunstkammerbau befand sich nordöstlich der Alten Burg am Lustgarten; daran anschließend das Ballhaus; links der Kanzleitrakt und das Matthiastor, 1684
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1558
Datum bis 1747
Andere Bezeichnung Kunsthaus, Schatzkammer, Schatzkammergalerie
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 60347
GND
WikidataID
Objektbezug Hofburg, Frühe Neuzeit
Quelle
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Letzte Änderung am 6.03.2023 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname Kunstkammer Suttinger.jpg
Bildunterschrift Der Kunstkammerbau befand sich nordöstlich der Alten Burg am Lustgarten; daran anschließend das Ballhaus; links der Kanzleitrakt und das Matthiastor, 1684

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48° 12' 26.40" N, 16° 21' 57.68" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kunstkammer (Hofburg) am Steinhausen-Plan (1710)

Kunstkammer (1., Hofburg, Lustgarten, im Bereich des heutigen Michaelertrakts). In den Jahren 1558 bis 1560/1563 ließ Kaiser Ferdinand I. in seiner Wiener Residenz ein Gebäude errichten, das zur Aufbewahrung und Präsentation seiner Kunstsammlung und Kleinodien bestimmt war, und das im Erdgeschoß die 1556 erbaute "Spanische Küche" Erzherzog Karls II. miteinbezog. Im Rahmen eines Forschungsprojektes über die Wiener Hofburg[1] konnte der bis dahin nicht bekannte Standort dieses Kunstkammergebäudes nachgewiesen werden: Das zweigeschoßige Bauwerk befand sich anschließend an das 1540 bis 1542 erbaute Ballhaus am Rand des Unteren Lustgartens, der der Alten Burg im Nordosten vorgelagert war, und war mit einem Eingang vom Garten ebenso wie von der Burggasse (so hieß zeitgenössisch die Gasse, die vom Kohlmarkt her an der Alten Burg vorbei zum Burgtor und westlich aus der Stadt hinaus führte) zugänglich.[2]

Das vierstöckige Kunstkammergebäude lag zwischen Ballhaus und Alter Burg. 1672

Bis zum Bau des Kunstkammergebäudes wurden die Sammlungen des Kaisers, die 1554 erstmals explizit vom Kammerdiener Ferdinands I., Leopold Heyperger, als "Khunst Chamer" bezeichnet wurden,[3] auf mehrere Räume verteilt, in den sogenannten Schatzgewölben im Südturm der Alten Burg im Nahbereich der Sakristei der Burgkapelle sowie im Westturm aufbewahrt. In den Schriftquellen ist 1554 erstmals der Begriff "Kunstkammer" verzeichnet, ab 1558 heißt es "Bau einer Kunstkammer" und 1610 taucht erstmals der Begriff "Kunsthaus" auf. So ist mit der Terminologie in den Quellen die Entwicklung von in diversen Räumen der Alten Burg gelagerten Kunstgegenständen in ein von der Alten Burg räumlich getrenntes Gebäude, ein Kunstmuseum, nachzuvollziehen. Seit Dreger, der irrtümlich die Nennung "Kunsthaus" schon für 1558 anführte,[4] zieht sich dieser Fehler hartnäckig bis in Publikationen der jüngsten Zeit.

Das räumlich bescheidene, aber entwicklungsgeschichtlich umso bedeutendere Kunstkammergebäude Ferdinands I. kann als erster Museumsbau Mitteleuropas bezeichnet werden. Mit der Idee, seine Kunstsammlungen und Kleinodien zusammenzuführen und in einem eigens dafür errichteten Gebäude aufzustellen und seinen Gästen zu präsentieren, hat Ferdinand I. für die Sammlungstätigkeit seines Sohnes Ferdinand II. von Tirol in Ambras und seines Enkels Rudolf II. in Prag den Weg bereitet und seinen Schwiegersohn Herzog Albrecht V. von Bayern maßgeblich beeinflusst.

Unter Maximilian II. musste 1573 die Zwischendecke des Kunstkammergebäudes, die wohl aufgrund der schweren Belastung schadhaft geworden war, erneuert werden. Bis 1578 erhielt der Bau zwei weitere Stockwerke: Das Erdgeschoß bestand weiterhin aus der erzherzoglichen Küche und aus einem Sammlungsbereich, im ersten Obergeschoß befand sich die "Untere Kunstkammer", im zweiten Obergeschoß das neue Appartement für Erzherzog Ernst und im dritten Obergeschoß die "Obere Kunstkammer".

Erweiterung durch den Galeriebau Rudolfs II.

Rudolf II. ließ 1583–1585 dem Kunsthaus und dem Ballhaus auf der Seite des Lustgartens einen Galerietrakt anbauen, in dem sich der Hauptraum der Schatzkammer befand. Die Hofburg um 1590 bis 1609, Rekonstruktion 2013
Erweiterungsplan der Schatzkammergalerie, bei dem das angrenzende Ballhaus (unten links) in die Schatzkammer integriert werden sollte. 1640
Das Kunstkammergebäude lag in der Flucht der Fassade des Schweizerhofs. Die Hofburg um 1590 bis 1609, Rekonstruktion 2013

Mit dem gartenseitig angebauten dreigeschossigen Galeriebau Rudolfs II. 1583–1585 erfolgte eine beträchtliche Erweiterung der Ausstellungsräumlichkeiten und deren bauliche Anbindung mittels eines Schwibbogengangs über den Burggraben in das Mezzanin des Nordosttraktes der Alten Burg, wo bis heute Räume der Kaiserlichen Schatzkammer situiert sind. Bei der Erweiterung kam der Brunnen an der Lustgartenmauer auf der Fassade des Kunstkammerbaues zu liegen. Vom kaiserlichen Appartement in der Alten Burg konnte man direkt in die oberste Galerie gelangen, von deren Ende der Obere Lustgarten zu betreten war. In dem Trakt wurden wesentliche Teile der aus Prag nach Wien verbrachten Kunstbestände Rudolfs II. untergebracht. Der Galerieraum im zweiten Stock beherbergte mit der Rudolfinischen Hauskrone und der große antiken Achatschale die wohl prominentesten Stücke. Diese Betonung der repräsentativen Funktion schlug sich auch in einer neuen Bezeichnung nieder: 1628 taucht in den Quellen die Bezeichnung "Schatzkammer" auf. Von 1641 bis 1642 musste der gesamte Gebäudekomplex (Galeriebau, Kunstkammergebäude, Ballhaus) wegen schwerer Bauschäden einer Generalsanierung durch Giovanni Battista Carlone unterzogen werden. Der Bau der 1735 fertig gestellten Winterreitschule beeinträchtigte die Wirkung des Ensembles Schatzkammer und Lustgarten empfindlich, da letzterer bis auf einen kleinen Rest verbaut wurde. 1747 ordnete Maria Theresia nicht nur eine grundlegende Neuordnung der Sammlung an, sondern auch wesentliche Umbauten. Der Trakt wich zu einem großen Teil einem neuen Theater, dem später so genannten Alten Burgtheater. Der Schatzkammer verblieben die angestammten Räume im Schweizertrakt und die unmittelbar an diese angrenzenden Teile des rudolfinischen Galerietraktes[5]. Diese Räumlichkeiten werden bis heute von der Kaiserlichen Schatzkammer genutzt, wobei große Teile der Bestände in das 1891 eröffnete Kunsthistorische Museum (vor allem Sammlung kunstindustrieller Gegenstände, heute Kunstkammer) übertragen wurden.

Literatur

  • Renate Leggatt-Hofer [bis 2015 Holzschuh-Hofer] / Reinhold Sahl [Hg.]: Die Wiener Hofburg. Sechs Jahrhunderte Machtzentrum in Europa, Wien: Brandstätter Verlag 2018
  • Hellmut Lorenz / Anna Mader-Kratky [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 3)
  • Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 2)
  • Sabine Haag [Hg.]: Kunsthistorisches Museum Wien: Die Kunstkammer Wien. München [u.a.]: Beck [u.a.] 2013
  • Moriz Dreger: Baugeschichte der k. k. Hofburg in Wien bis zum XIX. Jahrhunderte. Hg. vom kunsthistorischen Institute der k.k. Zentral-Kommission für Denkmalpflege. Wien: Anton Schroll & Co Kunstverlag 1914 (Österreichische Kunsttopographie, XIV)

Einzelnachweise

  1. Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW): Forschungsprojekt Hofburg [Stand 11.1.2023].
  2. Renate Holzschuh-Hofer [seit 2015 Leggatt-Hofer]: Galerie, Kunstkammergebäude und Ballhaus, 1521–1619. In: Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521-1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 2), S. 198–211.
  3. Renate Holzschuh-Hofer [seit 2015 Leggatt-Hofer]: Galerie, Kunstkammergebäude und Ballhaus, 1521–1619. In: Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521-1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 2), S. 203–204.
  4. Moriz Dreger: Baugeschichte der k. k. Hofburg in Wien bis zum XIX. Jahrhunderte. Hg. vom kunsthistorischen Institute der k. k. Zentral-Kommission für Denkmalpflege. Wien: Anton Schroll & Co Kunstverlag 1914 (Österreichische Kunsttopographie, XIV), S. 106.
  5. Das Aussehen des Münzkabinetts, das damals im Raum direkt über dem Burggraben eingerichtet wurde, ist in einer 1754 erschienenen Publikation bildlich überliefert