Straßennamen

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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In Wien Geschichte Wiki sind alle Verkehrsflächen (Straßen, Gassen, Plätze, Wege) enthalten, ebenso (soweit sie erfassbar waren) historische Bezeichnungen sowie nichtamtliche Benennungen.

Der Dr.-Karl-Lueger-Ring wurde 2012 in Universitätsring umbenannt.
Datei:Straßenschilder.jpg
Straßenschild 1971

Historische Entwicklung der Bennenung

Mittelalter und frühe Neuzeit

Die Benennung der Gassen, Straßen und Plätze ist in Wien seit dem 13. Jahrhundert urkundlich und seit 1547 auf Plänen nachweisbar. Die Benennungen waren ursprünglich lageabhängig und bezogen sich auf Geländegegebenheiten (beispielsweise Am Steig, An der Hülben, Graben, Grünangergasse, Kumpfgasse, Salzgries, Tiefer Graben), Heilige beziehungsweise Klöster, Kirchen und katholische Orden (beispielsweise Annagasse, Augustinerstraße, Dominikanergasse, Dorotheergasse, Franziskanerplatz, Himmelpfortgasse, Johannesgasse, Laurenzerberg, Michaelerplatz, Minoritenplatz, Petersplatz, Ruprechtsplatz, Salvatorgasse, Schottengasse, Stephansplatz), Friedhöfe (An ... freithof), Hausschilder (beispielsweise Schönlaterngasse), Gebäude wie Palais, Höfe, Theater oder Schulen (beispielsweise Ballgasse, [später auch Ballhausplatz ], Bischofsgasse, Köllnerhofgasse, Komödiengasse, Schulerstraße, Universitätsplatz, später beispielsweise Lobkowitzplatz, Stallburggasse), Märkte (beispielsweise Bauernmarkt, Fleischmarkt, Hoher Markt, Kohlmarkt, Neuer Markt, Rossmarkt, Wildpretmarkt), Handwerk und Gewerbe (Bäckerstraße, Bogner-, Goldschmied-, Kurrent-, Nagler-, Seiler-, Spengler- und Spiegelgasse, Seilerstätte, Wiltwerkerstraße, Tuchlauben, Wollzeile), Zielrichtungen in der Stadt (da man ... geht), Befestigungsanlagen und Tore (beispielsweise Rotenturmstraße), Hausbesitzer (Geschlechter; auch Herrengasse), historische Ereignisse oder historische Überlieferungen (Am Hof, Berghof, Brandstätte, Grashofgasse, Judengasse, Judenplatz, Schulhof, Weihburggasse) und Zielrichtungen (beispielsweise Kärntner Straße); es gab jedoch keinerlei Benennung zwecks Ehrung einer Persönlichkeit, ausgenommen Angehörige des kaiserlichen Hofs (beginnend bei Brückenbenennungen).

Vorstädte

Ähnlich verhielt es sich in den Vorstädten, in denen die Bezeichnungen ohne Absprache mit Nachbargemeinden vorgenommen wurden, sodass sich zahlreiche Mehrfachbenennungen ergaben. Unterschiede liegen vor allem in Benennungen nach Zielrichtungen, weil (neben vielen Nachbarorten) auch Städte und Länder gewählt wurden, die das Ziel von Fernstraßen bildeten (beispielsweise Brünner Straße, Dresdner Straße, Hainburger Straße, Klosterneuburger [ Neuburger ] Straße, Laxenburger Straße, Linzer Straße, Ödenburger Straße, Prager Straße, Triester Straße, Ungargasse, ehemalige Kremser Straße, ehemalige Preßburgergasse), sowie bei Personen (Benennungen nach Haus- oder Grundbesitzern, die für die Trassierung einer neuen Gasse [oft kostenlos] in ihren Parzellierungsgebieten Grundstücke zur Verfügung stellten, die in einer neu eröffneten Gasse das erste Haus bauten [Anknüpfung an den Brauch, dass Hausschilder die Grundlage für die Benennung gaben] oder die sich durch karitatives Wirken [Spenden, Stiftungen] Verdienste erworben hatten).

18. Jahrhundert

Unter Maria Theresia (und ihrem ab 1765 als Kaiser für das Militärwesen zuständigen Sohn Joseph II.) kam es (nicht zuletzt aus Gründen der militärischen Konskription) zu einer Neuregelung der Häusernumerierung und im weiteren Verlauf auch zur besseren Ersichtlichmachung der Straßennamen. Auf Anordnung Josephs II. (4. Februar 1782; Straßentafeln) mussten am Anfang und Ende jeder Straße (in der Stadt und in den Vorstädten) deren Namen in schwarzer Schrift an den Hauswänden angebracht werden; diese Regelung galt bis ins 19. Jahrhundert.

Revolution 1848

Während der Revolutionsmonate kam es zur vorübergehenden inoffiziellen Umbennung zahlreicher innerstädtischer Verkehrsflächen (beispielsweise Barrikadenstraße, Constitutionsplatz, Einheitsplatz, Freiheitsgasse, Märzstraße, Revolutionsplatz, Studentenstraße, Versöhnungsstraße, Volksplatz; Brünner Platz), in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts zu (offiziellen) Benennungen nach Märzgefallenen (beispielsweise Donhartgasse, Draxlergasse, Drewitzgasse, Erbacherweg, Gusterergasse, Herschmannweg, Kiesgasse, Kohlesgasse, Koniczekweg, Köppelweg, Lebingergasse, Paraselgasse, Schamborgasse, Scherfweg, Schmalerweg, Staargasse, Stauffergasse, Striagasse, Underreingasse, Wawragasse, Wittmannweg, Zettelweg; auch Achtundvierzigerplatz).

Stadterweiterung 1850

Nach der Eingemeindung der Vorstädte (1850) wurde es notwendig, Doppel- oder Mehrfachbenennungen von Straßen, Gassen und Plätzen zu eliminieren. Am 23. Februar 1860 stellte der Magistrat (gleichzeitig mit der Neuregelung der Häusernumerierung) einen entsprechenden Antrag. Am 3. April 1860 beschloss der Gemeinderat die gassenweise Nummerierung der Häuser; die gleichzeitig beschlossenen allgemeinen Richtlinien wurden am 16. und 25. Oktober sowie 8. November 1861 durch Benennungsgrundsätze ergänzt. Siehe dazu auch Straßentafeln; dort auch zur Art ihrer Beschriftung). 1873 wurden vom Stadtarchivar Karl Weiß Benennungsgrundsätze vorgelegt.[1] Er schlug vor, vor allem Kataster- und Grundbuchsangaben, lokale Ereignisse und berühmte Persönlichkeiten für neue Stadtnamen heranzuziehen. Diese wurden vom Gemeinderat am 28. Mai 1873 beschlossen und am 11. Oktober 1878 um Grundsätze zur Benennung nach Personen erweitert.

Ringstraßenära

Mit der Verbauung der Ringstraßenzone ergab sich ein enormer Bedarf an Namen für neu eröffnete Straßen und Plätze. Das Großbürgertum, das einen starken Anteil an den Neubauten hatte, setzte sich mit seinen Vorstellungen durch, sodass nunmehr zahlreiche Straßenzüge nach Personen des kulturellen (musikalischen, literarischen) und wissenschaftlichen Lebens benannt wurden, wobei (ähnlich wie bei Denkmälern) überwiegend der deutschsprachige Raum Berücksichtigung fand (beispielsweise Beethoven, Fichte, Goethe, Grillparzer, Hegel, Kant, Liebig, Oppolzer, Pestalozzi, Petrarca, Schellein, Schiller, Schreyvogel); außerdem (allerdings erst nach deren Ableben) Persönlichkeiten, die mit der Errichtung der Ringstraßenzone künstlerisch (Hansen, Schmidt), politisch (Felder, Stadion, Zelinka) oder als Mäzene (Dumba) verbunden waren; auch Militärs (Radetzky, Schwarzenberg, Tegetthoff) sowie Neubauten bildeten die Grundlage für Straßennamen (beispielsweise Akademie, Börse, Oper, Rathaus, Reichsrat, Universität); in einigen Fällen ehrte man auch bereits Bürgermeister der Vergangenheit (Liebenberg, Vorlauf) und ersetzte ältere Straßennamen durch die Namen historisch bedeutsamer Männer (beispielsweise Marc Aurel, Sonnenfels). Die Neugestaltung von Altstadtvierteln führte ebenfalls zu Neubenennungen in dieser Richtung (beispielsweise Führichgasse, Gluckgasse). Ein örtlicher Zusammenhang zwischen der geehrten Person und der Lage der Verkehrsfläche konnte nur in Ausnahmefällen hergestellt werden und wurde auch nicht angestrebt. In dem durch die Donauregulierung gewonnenen Bereich südlich des Hauptstroms kam es zu zahlreichen Benennungen nach Städten an der Donau (beispielsweise Donaueschingen, Pöchlarn) und Nebenflüssen der Donau (beispielsweise Kamp, Leitha, Pielach, Pulkau, Salzach, Thaya, Traisen) beziehungsweise nach Personen, die sich um die Donauregulierung Verdienste erworben hatten (beispielsweise Engerth, Pasetti, Wehli). Weitere Neubenennungen erfolgten im 19. Jahrhundert nach Schlachten und Feldherren.

Stadterweiterung 1890/1892

Ähnlich wie bei den Vorstädten ergab sich auch bei den 1890/1892 eingemeindeten Vororten die Notwendigkeit, die zahlreichen Doppel- und Mehrfachbenennungen sowie Benennungen nach Nachbarorten, in welche Straßen führten, auszumerzen (besonders häufig vertreten waren beispielsweise Feldgasse, Friedhofsgasse, Hauptstraße, Herrengasse, Kirchengasse, Sackgasse, Schulgasse, Wiener Straße, aber auch Beethovengasse oder Schubertgasse); am 7. Februar 1894 fasste der Stadtrat einen entsprechenden Beschluss.[2] Eine Benennung nach lebenden Personen wurde ausgeschlossen (betraf aber in der Praxis nicht Angehörige der kaiserlichen Familie), die Benennung nach wichtigen, historischen Ereignissen und berühmten (verstorbenen) Personen sollte Hauptstraßenzügen und großen Plätzen vorbehalten bleiben. Um 1890 wurde erstmals auch der Versuch unternommen, anstelle von Straßennamen Straßennummern einzuführen (so 1895 in Simmering bei der 1. bis 8. Haidequerstraße und bei der 1. bis 6. Landengasse), doch kam man bald wieder davon ab. Nach der Eingemeindung von Ortsgemeinden am linken Donauufer (1904) beschloss der Stadtrat am 19. Juni 1907 neuerlich Bestimmungen für Straßenbenennungen und für deren Schreibweise (vor allem wurde bei dieser Gelegenheit beschlossen, Straßen, die nach Orten oder Ländern benannt sind und auf –er enden, getrennt zu schreiben (beispielsweise Alser Straße, Dresdner Straße, Kärntner Straße, Linzer Straße, Mariahilfer Straße, Währinger Straße) sowie die Begriffe -straße, -gasse, -platz und so weiter unmittelbar mit dem Hauptbegriff zu verbinden (beispielsweise Bognergasse statt Bogner Gasse).

Erste Republik, NS- und Besatzungszeit

Politische Veränderungen führten zu zahlreichen Um- und Rückbenennungen von Verkehrsflächen und Brücken, so etwa beim Ende der Monarchie 1918, nach der Etablierung des Ständestaats 1934, mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1938, Alliierte Besatzung beziehungsweise mit der Wiedereinführung der Republik 1945. Nach 1918 wurden insbesondere Benennungen nach Angehörigen des Geschlechts Habsburg-Lothringen weitgehend beseitigt (Ausnahmen bilden beispielsweise Elisabethstraße, Franz-Josefs-Kai, Rudolfsplatz); auch bei Stiftungen oder Namen von humanitären Einrichtungen (beispielsweise Franz-Josef-Spital, Kaiserin-Elisabeth-Spital, Krankenhaus Rudolfstiftung, Sophienspital) wurde von Umbenennungen abgesehen.

Danach kam es in den 1920er und beginnenden 1930er Jahren zur ehrenden Benennung nach zahlreichen sozialdemokratischen Arbeiterführern (auch bei städtischen Wohnhausbauten), aber auch nach Gefallenen der Revolution 1848. Nach den Februarkämpfen 1934 wurden die Benennungen nach Sozialdemokraten, 1938/1939 Benennungen nach Gegnern der Nationalsozialismus aus allen politischen Lagern und solche nach verdienten Juden konsequent beseitigt.[3]

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es vereinzelt zu Neubenennungen in der sowjetrussischen Besatzungszone (Tolbuchinstraße, Stalinplatz, Straße beziehungsweise Brücke der Roten Armee, Malinowskijbrücke), die 1956 rückgängig gemacht wurden. 1945/1949 wurden zahlreiche Benennungen aus der Zeit 1934/1939 rückgängig gemacht[4] (ausgenommen eine Reihe von Umbenennungen, bei denen der neue Name kulturell oder wissenschaftlich akzeptiert werden konnte). Zusätzlich kam es zu einer Reihe von Benennungen nach Mitgliedern des Republikanischen Schutzbunds und Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus.

Zweite Hälfte 20. Jahrhundert

In der Zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts versuchte man fallweise (nachdem bereits knapp vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Nibelungenviertel ein Anfang gemacht worden war), in Aufschließungsgebieten thematisch einheitliche Benennungen durchzuführen (beispielsweise Blumenviertel, Edelsteinviertel, Per-Albin-Hansson-Siedlung [nach schwedischen Städten und Persönlichkeiten], Planetenviertel). Ab den 1960er Jahren mehrten sich die Benennungen, die auch den Vornamen, fallweise sogar zusätzlich den Titel von Personen enthielten. Während nach wie vor kaum eine Chance bestand, Straßenbenennungen nach Personen mit der örtlichen Lage der Verkehrsfläche in Einklang zu bringen (am ehesten gelang dies noch, da im Laufe der Zeit die Bezirksvertretungen ein Vorschlagsrecht erhielten, hinsichtlich des Wohnbezirks der auf diese Weise Geehrten), wurde bei der Benennung nach historischen Ried- oder Flurbezeichnungen, Tieren oder- Pflanzen ein Naheverhältnis zur örtlichen Lage angestrebt.

Seit den 1980er Jahren ging man weitgehend davon ab, Umbenennungen durchzuführen, weil durch diese die Bevölkerung zu stark belastet würde (Änderungen der Dokumente, Drucksorten, Firmenpapiere, Visitkarten und so weiter); man wählte den Ausweg, Örtlichkeiten zu finden, die keine Hauseingänge aufweisen (beispielsweise Robert-Stolz-Platz). In einigen Fällen kam es zu Änderungen wegen nachgewiesener nationalsozialistischer oder antisemitischer Einstellung (beispielsweise Kernstockplatz oder Pfarrer-Deckert-Platz).


HistorikerInnen-Kommission zur Prüfung der Wiener Straßennamen, sogenannte "Rathkolbkommission"

Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind von 2011 bis 2013 untersucht. Die Kommission bestand aus Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb (Leitung), Mag.a Birgit Nemec, Dr. Peter Autengruber und Mag. Florian Wenninger. Im Juli 2013 wurden die Ergebnisse vorgelegt: Das Straßennetz Wiens besteht aus circa 6.600 Verkehrsflächen, davon sind 4.379 personenbezogenen. 159 (3,6 Prozent) sind als historisch kritisch einzustufen. Diese kritischen Straßennamen wurden von der Kommission in drei Kategorien gewichtet: Kategorie A beschreibt Fälle mit intensivem Diskussionsbedarf, Kategorie B Fälle mit Diskussionsbedarf und Kategorie C Fälle mit demokratiepolitisch relevanten biographischen Lücken.[5]

Konsequenzen aus dem Bericht: Den Bericht der HistorikerInnen-Kommission nahm die Stadt Wien zum Anlass, die Kriterien für die Benennung von Verkehrsflächen zu überdenken und einen Katalog mit Empfehlungen zu erarbeiten. Straßennamen sollen sich künftig durch Erkennbarkeit, Unterscheidbarkeit, Kürze und Wien-Bezug auszeichnen. Insbesondere bei personenbezogenen Straßennamen sollen objektivierbare Verdienste vorliegen, historische Vorabprüfungen durchgeführt sowie die migrantische Diversität und Gendergerechtigkeit berücksichtigt werden.

Umgang mit kritischen Straßennamen: Es gibt vielfältige Möglichkeiten, mit kritischen Straßennamen umzugehen. Häufig kommen Zusatztafeln zum Einsatz. Aber auch künstlerische Interventionen finden sich im Stadtbild. Des Weiteren haben ausführliche Informationen zu Biographien Eingang ins Wien Geschichte Wiki finden. Umbenennungen sollen weiterhin die Ausnahme bleiben.


Nomenklatur

Nachdem jahrhundertelang die Schreibweise ungeregelt geblieben war, kam es mit Stadtratsbeschluss von 19. Juni 1907 (beispielsweise getrennte Schreibung von auf -er ausgehenden Namen nach Orten [ Josefstädter Straße, Kärntner Straße, Lerchenfelder Straße, Linzer Straße, Mariahilfer Straße, Triester Straße und so weiter]) und mit Gemeinderatsbeschluss vom 30. Jänner 1981 (Antrag der im Wiener Stadt- und Landesarchiv unter Felix Czeike konstituierten Wiener Nomenklaturkommission), durch den insbesondere die Durchkoppelung zusammengesetzter Namen (beispielsweise Dr.-Karl-Renner-Ring, Stock-im-Eisen-Platz, Unter-St.-Veit und so weiter) und die Zusammenschreibung bei Namen, die mit Alt-, Neu-, Unter-, Ober-, Groß- und Klein- beginnen (beispielsweise Alterlaa, Neuleopoldau, Untermeidling, Obersievering, Großenzersdorf [im Gegensatz zur amtlichen niederösterreichischen Schreibung Groß-Enzersdorf ] und so weiter) zu tiefergreifenden Neuregelungen der Schreibweise führten, im übrigen aber die (oftmals nicht effektuierten) Bestimmungen von 1907 erneuert wurden. Siehe auch Straßentafeln.

Gemeinderatsbeschluss vom 17. Dezember 1999: In Abänderung des Gemeinderatsbeschlusses vom 30. Jänner 1981 wurden für die Schreibung von Verkehrsflächenbezeichnungen und geografischen Namen die Grundsätze der Wiener Nomenklaturkommission dahingehend ergänzt, dass grundsätzlich die Neue Rechtschreibung Anwendung findet. Auf Straßentafeln, Orientierungsnummerntafeln und dergleichen sowie in Personaldokumenten ist die geänderte Schreibweise nur bei Neuanbringung beziehungsweise Neuausstellung zu berücksichtigen.

Die Schreibung von Verkehrsflächen im Wien Geschichte Wiki richtet sich aus pragmatischen Gründen (Einheitlichkeit!) nach dem von der Stadt Wien veröffentlichten digitalen Stadtplan: offizieller Stadtplan der Stadt Wien Verkehrsflächen werden nach ihrer Schreibung zum Zeitpunkt der Benennung wiedergegeben. Im Wien Geschichte Wiki kann allerdings von der nach dem Gemeinderatsbeschluss von 1999 korrekten Schreibung auf die alte Bezeichnung weiter geleitet werden, also zum Beispiel von Schlossallee auf Schloßallee.[6]


Zuständigkeit für Benennungen

Während des Mittelalters und der Frühen Neuzeit spielte die Benennungsfrage eine untergeordnete Rolle. Straßen wurden nach der Topografie, ansässigen Handwerkergruppen etc. benannt - jedoch nicht amtlich. Die Frage von amtichen Verkehrsflächenbenennungen wurde in Wien erst mit der Eingemeindung der Vorstädte 1850 - und dann wieder 1890 mit der Eingemeindung der Vororte - ernsthaft relevant.

Die politische Kompetenz zur Straßenbenennung lag in der Monarchie beim Stadtrat, in den niederösterreichischen Ortsgemeinden beim dortigen Gemeinderat. Seit 1848 war sie beim Gemeinderat, ab dem Gemeindestatut vom Dezember 1890 in der des Stadtrats, 1919 bis 1934 und seit 1946 beim für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Gemeinderatsausschuss (für Kultur), im Ständestaat beim Bürgermeister und in der NS-Zeit anfangs beim Bürgermeister, von 1939 (bis 1945) mit der Schaffung des Kulturamts bei dessen Leiter.[7]

Administrativ lag die Zuständigkeit ab 1786 beim Konskriptionsamt, ab 1902 bei der Magistratsabteilung XVI (in Fortführung des Departements XVI), 1919/20 bei der Bauamtsabteilung I, 1920 bis 1927 bei der Magistratsabteilung 18, 1927 bis 1934 bei der Magistratsabteilung 45 und 1934 kurz bei der Magistratsabteilung 23 bevor sie im Laufe des Jahres 1934 in das Volksbildungsreferat des Bürgermeisters wanderten, um schließlich ab 1938 bei der neugeschaffenen Magistratsabteilung 50 bzw. in der Hauptabteilung D (Kultur- und Gemeinschaftspflege), dem Kulturamt der Stadt zu landen. Seit 1946 ist die Magistratsabteilung 7 mit der Administration der Verkehrsflächenbenennung befasst. Die Zuständigkeit der Stadt bezieht sich heute auf alle öffentlichen Verkehrsflächen. Die Benennung wird als hoheitlicher Akt der Stadt vollzogen.

Die Evidenz der Verkehrsflächen wurde von 1855 bis 1948 in einem handschriftlichen Buch geführt, das im Konskriptionsamt angelegt wurde.[8] 1950 gab die Magistratsabteilung 7 unter Mitarbeit der Magistratsabteilung 18 das erste gedruckte amtliche Straßenverzeichnis der Stadt Wien heraus. Das Straßenregister wird von der Magistratsabteilung 21 geführt.

Quellen

Grundsätzlich kann festgehlaten werden, dass sich in den Quellen generell kein Meinungsbildungsprozess wie auch keine Diskussion von Benennungsvorschlägen wiederspiegelt. Akten und Amtsblatt geben nur das Faktum des Beschlusses, das beschließende Gremium und das Datum des Beschlusses wieder.


Lexikon der Straßennamen

Literatur

  • Allgemein: Friedrich Umlauft, Namenbuch der Stadt Wien. 1905
  • Franz Rudolf: Die Wiener Straßennamen. 1901
  • Ludwig Rossa: Straßenlexikon von Wien. 1^1929,²1947)
  • Friedrich Javorsky: Lexikon der Wiener Straßennamen. 1964
  • Amtliches Straßenverzeichnis
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. 1929, S. 135 ff.
  • Verwaltungsbericht der Stadt Wien 1923-1928, S. 1402 ff.
  • Verwaltungsbericht der Stadt Wien 1923-1928: S. 2929 ff., S. 740 ff.
  • Handbuch Reichsgau Wien. 1941
  • Roman Uhl: Beiträge zur Geschichte der Stadt in Wien. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1(1946), Nummer 3, S. 1 ff.
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014
  • Peter Csendes, Wolfgang Mayer: Die Wiener Straßennamen. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien, 42 (1987), Bh. 2
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 661 ff.
  • Isabella Peter: Die Geschichte der Wiener Staßennamen 1848-1918. Diplom-Arb. Univ. Wien. Wien 1991
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. 1991
  • Renate Banik-Schweitzer [u.a.]: Wien in der liberalen Ära. Festgabe des Wiener Stadt- und Landesarchivs anläßlich des 14. Österreichischen Historikertages Wien 1978. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Franz Messner: Innere Stadt, Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Josefstadt, Alsergrund
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Leopoldstadt. Eine Insel mitten in der Stadt. Wien: Mohl
  • Gustav Greiner: Ferdinand Strobl. In: Landstraße, S. 239 ff.
  • Marie Kupka. Was Mariahilfer Gassen- und Straßennamen erzählen. In: Blaschek, S. 172 ff.
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 72 ff.
  • Adolf Wolf: Alsergrunder Verkehrsflächenverzeichnis. In: Heimatmuseum Alsergrund 72 (1977). Wien: Museumsverein Alsergrund 1960 - lfd.
  • Hans Mück: Quellen zur Geschichte des Bezirks Alsergrund. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 3), S. 14 ff.
  • Dorn: S. 395 ff.
  • Hans Havelka: Was Simmeringer Gassennamen zu erzählen wissen: 1985
  • Hans Havelka: Simmeringer Gassennamen erzählen Bezirk- und Stadtgeschichte. 1992
  • Schriftenreihe Simmeringer Bezirkmuseum. S. 10 ff.
  • Anton Zach: Straßen-, Gassen- und Brücken-, Plätze- und Parknamen. In: Hietzing, S. 343 ff.
  • Karl Koller: Woran erinnert dieser Straßenname im 14. Bezirk?. In: Penzinger Museum BH. Beilage 1969. S. 71
  • Maria Jandl, Ludwig Rossa: Straßen, Gassen und Plätze Ottakrings. In: Ottakring, S. 411 ff.
  • Währing. Ein Heimatbuch des 18. Wiener Gemeindebezirks. Wien: Selbstverlag Währinger Heimatkunde 1923-1925, S. 727 ff.
  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 538 ff.
  • Brigittenau. S. 246 ff.
  • Raimund Hinkel, Bruno Sykora, Richard Vogl: Erstes Floridsdorfer Straßenverzeichnis. 1977
  • R. Hinkel. Donaufeld. 1984, S. 165 ff.
  • Gassen-, Straßen-, Plätze- und Parknamen in Mauer bei Wien (Wiener Stadt- und Landesarchiv Handschriften B 528)
  • "Kein Aushängeschild". In: Augustin, Nr. 386, 18.03.2015, S. 23

Links

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 438, A 1, 641/1873
  2. Ein gedrucktes Exemplar der Normen samt Motivenbericht findet sich beim Akt: Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 116, A 15/9, Schachtel 2 (Q9), 4665/1909,
  3. WStLA, M.Abt. 350, A1, 1204/1938
  4. WStLA, M.Abt. 350, A1, 1052/1947
  5. HistorikerInnen-Bericht über Wiens Straßennamen
  6. Wiener Nomenklaturkommission
  7. Benennung von Verkehrsflächen in Wien - heutige Zuständigkeit
  8. Dort wurde auch ab 1855 die Evidenz der Verkehrsflächen geführt: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Konskriptionsamt, B 53.27: Handschriftliches Verzeichnis (1855-1948).