Tuchlauben
48° 12' 36.45" N, 16° 22' 11.72" E zur Karte im Wien Kulturgut
Tuchlauben (1.). Der Name leitet sich von den hier ansässigen Tuchhändlern und Tuchschneidern ab, die in Lauben ihre Waren feilboten (Laubenherren).
Die Lauben waren ebenerdige Arkadengänge, von denen aus die sogenannten Gewandkeller zugänglich waren; ihr Bestand lässt sich bis 1289 zurückverfolgen, manche waren schon im Mittelalter besitzmäßig vom Haus getrennt und wurden gesondert im Grundbuch eingetragen. 1293 erscheint ein Teil des heutigen Straßenzugs als "Untere Lauben" (vom Hohen Markt bis zum Schönbrunnerhaus [Tuchlauben 8]).
Die Tuchlauben waren eine der vornehmsten Straßen der Stadt, wie auch die Zunft der Tuchmacher eine der ältesten und wohlhabendsten gewesen ist und schon unter den Babenbergern mit Rechten und Freiheiten ausgestattet war. Die Fortsetzung der alten Tuchlauben vom Schönbrunnerhaus bis zum Graben hieß zeitweilig Spenglergasse.
Für verschiedene Teile finden wir ursprünglich die Bezeichnungen "Unter den Buchvelern", 1335 "Unter den Sporern", 1357 "Unter den Messerern" und schließlich, zwischen 1475 und 1488 "Unter den Spenglern". Am Anfang des 15. Jahrhunderts wurde ein Teil der Lauben verglast. 1547 unterschied man zwischen Steindlgasse und Hohem Markt den Abschnitt "Unter den Spenglern" (zwischen Steindl- und Kleeblattgasse) beziehungsweise "Unter den Tuchlauben" (Tuchläden, zwischen Kleeblattgasse und Hohem Markt), im 18. Jahrhundert hieß das Stück zwischen Naglergasse und Schönbrunnerhaus "Unter den Sattlern" (oder Spenglern, 1710 und 1766 Sattlergasse, 1776 Beim Peilertor, 1795 Spenglergasse) und das Stück vom Schönbrunnerhaus bis zum Hohen Markt "Unter den Tuchladen" (1710, 1766) beziehungsweise (Unter den) Tuchlauben (1776, 1827).
Seit 1862 gilt die einheitliche Bezeichnung Tuchlauben für den gesamten Straßenzug.
Gebäude
- Nummer 1: Haus 309, Haus 310
- Nummer 2: Taxsches Bierhaus.
- Nummer 4 (Petersplatz 7): ehemaliges Vizedomamt (Fassaden nach 1737, vielleicht aufgrund eines Entwurfs von Joseph Emanuel Fischer von Erlach erneuert; 1710-1874 Sitz der Polizeidirektion, in der Ludwig Anzengruber als Kanzleipraktikant arbeitete.
- Nummer 5: Hochholzerhof.
- Nummer 7-7a: Tuchlaubenhof, ehemaliger Seitzerhof beziehungsweise altes Elysium.
- Nummer 8: Schönbrunnerhaus, Neubau von Arnold Heymann 1899/1900 (mit Muttergottesrelief vom alten Haus). Gedenktafel für Alban Berg (Geburtshaus). Vor dem Haus Tuchmacherbrunnen.
- Nummer 9: Eckhaus Stadt 431, Haus Stadt 430, Apotheke "Zum weißen Storch" (Altwaren Ladenschild).
- Nummer 11: Haus Stadt 435, Haus 436, Haus 437, Kleeblatthaus (Zum steinernen Kleeblatt), das heutige Haus (ein für die Erbauungszeit charakteristisches Großwohnhaus) wurde 1837/1838 von Jakob Hainz für Felix von Ala erbaut und 1847 von Leopold Mayr verändert. Joseph Gunkel.
- Nummer 12 (Brandstätte 8-10, Wildpretmarkt 1): Haus Stadt 558, Haus Stadt 559, "Zum roten Igel", Sitz der Gesellschaft der Musikfreunde, nach deren Übersiedlung in das (neue) Musikvereinsgebäude Nutzung als Theater (- Theater unter den Tuchlauben [1870-1875; ab der Übernahme der Direktion durch Friedrich Strampfer auch Strampfertheater); Gedenktafel am Neubau (Mattonihof, erbaut 1886 von Gustav Korompay für den kaiserlichen Rat und Eigentümer des böhmischen Kurorts Gießhübl-Puchstein Heinrich von Mattoni)..
- Nummer 13: "Zum goldenen Engel".
- Nummer 14 (Wildpretmarkt 3; ursprünglich Tuchlauben 18, Wildpretmarkt 5, "Zum blauen Igel"): Moserhof; im seinerzeitigen Haus Konskriptionsnummer 557 (das auf einem Teil der heutigen Parzelle stand) wohnte 1827/1828 Franz Schubert bei seinem Freund Franz von Schober im zweiten Stock als Untermieter.
- Nummer 15: Tschertehaus
- Nummer 16
- Nummer 17: Wohnhaus "Zum Sommer", erbaut 1784 (Umbau 1857 durch Ferdinand Fellner dem Älteren). Geburtshaus des Pianisten und Schubertfreundes Joseph von Gahy (1793-1864).
- Nummer 18
- Nummer 19: Wohnhaus "Zum schwarzen Bock", barocker Umbau ab 1716 (ein älterer Baukern blieb erhalten), während der Revitalisierung wurden hier 1979 die ältesten profanen Wandmalereien Wiens (um 1400) aufgefunden und restauriert (Neidhart-Fresken, ehemalige Spezereiwarenhandlung von Josef Reich, seit 1982 Außenstelle des Historischen Museums der Stadt Wien).
- Nummer 20: Wohnhaus "Zum Winter" (Winterhaus) mit Winterbierhaus, hier logierte Franz Schubert 1818 (ebenfalls bei Schober, der ihn unterstützte). 1902 erwarb die Michael Zollersche Stiftung das Gebäude (Konskriptionsnummer 552), ließ es samt dem Nebenhaus (Konskriptionsnummer 553) abbrechen und an seiner Stelle das "Zollersche Stiftunghaus" errichten.
- Nummer 22 (Hoher Markt 5): ehemalige Schranne.
- Nummer 23
- Nummer 25: "Zu den zwei Delphinen"
- Nummer 27: Hier wohnte 1787/1788 das Ehepaar Wolfgang Amadeus Mozart (Geburtshaus der Tochter Theresia).
Pfarrzugehörigkeit bis 1938
Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.
- ab 1863: ungerade Orientierungsnummern (ONr.) 1-9: Pfarre Am Hof; ungerade ONr. ab 11 und gerade ONr. ab 2: Pfarre St. Peter
- ab 1908: Pfarre St. Peter
Quellen
Literatur
- Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 187 f.
- Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Nebst Quellen- und Literaturhinweisen. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Wien: Touristik-Verlag, ab Band 2 Jugend & Volk 1947-1958, S. 3, 487
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 2. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 242-244
- Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 84
- Höhle-Pausch-Perger: Die Neidhart-Fresken im Haus Tuchlauben 19. Zum Fund profaner Wandmalereien der Zeit um 1400. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 36 (1982), S. 110 ff.
- Rudolf Klein: Schubertstätten. 1972, S. 108 ff.
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 621 ff.
- Michael Lorenz: Genealogische Anmerkungen zu Joseph von Gahy. In: Schubert durch die Brille 24, Tutzing: Schneider 2000, 19-26.
- Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens. Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008) S. 99 f.
- Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 115 ff.
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. 1973 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 89 f.
- Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 83
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 89 f.