Michaelerplatz: Unterschied zwischen den Versionen

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Michaelerplatz ([[1]]).
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Michaelerplatz ([[Innere Stadt|1.]]). Platz am Schnittpunkt von [[Herrengasse]], [[Kohlmarkt]] und [[Reitschulgasse]]. Hauptfassade der [[Hofburg]] zur Innenstadt hin ([[Michaelertrakt]]).
[[Datei:K. K. Hofburg Theater und Winter Reitschule.jpg|390px|thumb|right|K. K. Hofburg Theater und Winter Reitschule.]]
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[[Datei:Michaelerplatz 1724.jpg|390px|thumb|right|Ansicht des Michaelerplatzes mit [[Großes Michaelerhaus|Großem Michaelerhaus]] und der [[Michaelerkirche|Kirche]], ganz rechts Turm und Mauer des [[Lustgarten (Hofburg)|Lustgartens des Hofburg]], 1724]]
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Bis ins 18. Jahrhundert gab es hier keinen Platz, sondern nur eine Straßenkreuzung der heutigen Trassen [[Kohlmarkt]] Richtung stadtauswärts und [[Herrengasse]]-[[Reitschulgasse]]. Erstere war in der [[Römer]]zeit und noch im [[Mittelalter|Hochmittelalter]] eine nur bis zur Kreuzungsmitte reichende Zubringerstraße (vom [[Peilertor]] über den Kohlmarkt), die nach der [[Stadterweiterung]] am Ende des 12. Jahrhunderts bis zum neuen [[Widmertor]] (nachmals [[Burgtor (Stadtbefestigung)|Burgtor]]) fortgesetzt wurde und nun innerhalb der neuen [[Ringmauer]] lag (Beginn der Fernhandelsstraße über die [[Mariahilfer Straße|Mariahilfer]] und [[Linzer Straße]] nach Westen), letztere zur Römerzeit ein Teilstück der [[Limesstraße]]. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde als zweite Stadtpfarrkirche neben [[Stephansdom|St. Stephan]]) die [[Michaelerkirche]] gegründet. Der zur gleichen Zeit angelegte [[Michaelerfreithof]] lag an der Ecke Kohlmarkt-Reitschulgasse. Die anderen Ecken wurden durch Bürgerhäuser gebildet. Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts wurden die Häuser an der Ecke der Reitschulgasse mit der (heutigen) Durchfahrt durch den [[Michaelertrakt]] von [[Friedrich III.]] käuflich erworben. Hier entstand in den 1480er Jahren der [[Lustgarten (Hofburg)|Lustgarten]] der [[Hofburg]].
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==Entstehung des Platzes durch Neugestaltung der Hofburg==
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[[Datei:Michaelerplatz 1784.jpg|390px|thumb|right|Michaelerplatz, 1784. Im Schwibbogen des Reitschultraktes ist die Kuppel der [[Karlskirche]] angedeutet.]]
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[[Datei:Michaelerplatz Barrikade.jpg|390px|thumb|right|Während der [[Revolution 1848|Revolution]] 1848 errichtete Barrikade am Michaelerplatz. Gemälde von Anton Ziegler, 1848]]
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Die Konzeption des heutigen Platzes datiert in die Ära [[Karl VI.|Karls VI.]] Anlass war die Neuplanung des [[Reichskanzleitrakt]]s ab 1723. Da der Kaiser mit den Plänen [[Johann Lukas Hildebrandt]]s nicht zufrieden war, über trug er 1726 die Baustelle [[Joseph Emanuel Johann Fischer von Erlach]]. Dieser legte Pläne vor, die eine auch völlig neue, monumentale [[Michaelertrakt|Fassade der Hofburg]] zur Stadt hin vorsahen. Dabei nutzte er die bestehenden Verkehrsachsen geschickt aus. Vom Kohlmarkt kommend, sollte sich auf einem neu geschaffenen, kreisrunden Platz die Kaiserresidenz in barocker Pracht darbieten. Allerdings standen auf dem Terrain nicht nur das kaiserliche [[Ballhaus (Hofburg, Lustgarten)|Ballhaus]] und Teile des Lustgartens, sondern auch mehrere Privathäuser. Die Umsetzung begann mit der Erbauung der [[Winterreitschule]] auf dem Areal des Lustgartens 1729-1735. Dannach stockten die Arbeiten. Durch den Tod Karls VI. 1740 blieb das Projekt endgültig ein Torso. [[Maria Theresia]] liess das Ballhaus in ein Hoftheater umwandeln ([[Altes Burgtheater]], 1742 eröffnet). Die wohl als Provisorium gedachte Lösung, beliebtes Motiv für Stadtveduten, blieb bis zur Ära der [[Ringstraße]] bestehen. Neben dem Theater stand die halbfertige Rotunde der [[Michaelertor|Tordurchfahrt]]. Freilich haben die Baumassnahmen schon eine Fläche entstehen lassen, die als Platz wahrgenommen wurde. 1766 findet sich dafür die Bezeichnung "Michaelerplatzl", 1795 Michaelerplatz und 1848 während der [[Revolution 1848|Revolution]] kurzfristig "[[Constitutionsplatz (1)|Constitutionsplatz]]".
  
Bis ins 18. Jahrhundert gab es hier keinen Platz, sondern nur eine Straßenkreuzung der heutigen Trassen [[Kohlmarkt]]-[[Michaelertrakt]]durchfahrt und [[Herrengasse]]-[[Reitschulgasse]]. Erstere war in der [[Römer]]zeit und noch im [[Mittelalter|Hochmittelalter]] eine nur bis zur Kreuzungsmitte reichende Zubringerstraße (vom [[Peilertor]] über den Kohlmarkt), die nach der [[Stadterweiterung]] am Ende des 12. Jahrhunderts bis zum neuen [[Widmertor]] (nachmals [[Burgtor]]) fortgesetzt wurde und nun innerhalb der neuen [[Ringmauer]] lag (Beginn der Fernhandelsstraße über die [[Mariahilfer Straße|Mariahilfer]] und [[Linzer Straße]] nach Westen; westlich des Kohlmarkts entstand die [[Vorstädte|Vorstadt]] [[An der langen Mauer]] mit der [[Wallnerstraße]] als Achse), letztere zur Römerzeit ein Teilstück der [[Limesstraße]]. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde (als zweite Stadtpfarrkirche neben [[Stephansdom|St. Stephan]]) die [[Michaelerkirche]] gegründet; der zur gleichen Zeit angelegte [[Michaelerfreithof]] lag an der Ecke Kohlmarkt-Reitschulgasse; die anderen Ecken wurden durch Bürgerhäuser gebildet. Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts wurden die Häuser an der Ecke der Reitschulgasse mit der (heutigen) Durchfahrt durch den Michaelertrakt vom Landesfürsten käuflich erworben; auf diesem Areal entstand im frühen 16. Jahrhundert als Teil der [[Hofburg]] der kaiserliche Lustgarten (später [[Paradiesgarten]] genannt), der bereits auf [[Stadtplan, Bonifaz Wolmuet (1547)|Wolmuets Stadtplan]] (1547) verzeichnet ist. Die Wandlung der Kreuzung in einen Platz begann mit der Erbauung der [[Winterreitschule]] auf dem Areal des "Paradeisgartels" (1729-1735), des [[Reichskanzleitrakt]]s mit dem Torso des [[Michaelertrakt]]s der [[Hofburg]] (1723-30; Einbeziehung einiger gegenüberliegender Häuser; Bau dann eingestellt und erst am Ende des 19. Jahrhunderts vollendet) und des [[Kleines Michaelerhaus|Kleinen Michaelerhauses]] (1732-33) auf einem Teil des aufgehobenen Friedhofs (wobei die "Ecken" dieser Gebäude halbkreisförmig beziehungsweise schräg zurückgenommen wurden, sodass die Platzbildung ermöglicht wurde). Das sich aus einem älteren [[Ballhaus (1)|Ballhaus]] entwickelte (alte) [[Burgtheater]] im Halbrund des unfertigen Michaelertrakts der Hofburg (ab 1776 Deutsches Nationaltheater) gab dem Platz einen neuen Akzent. 1766 findet sich die Bezeichnung "Michaelerplatzl", 1795 Michaelerplatz und 1848 (während der Revolution) kurzfristig "[[ Constitutionsplatz (1)|Constitutionsplatz]]". Mit der Vollendung des Michaelertrakts (1889-1893), dem das alte [[Hofburgtheater]] sowie einige Häuser der bis über den heutigen Platz führenden Westzeile des Kohlmarkts (die sich bis über die [[Schauflergasse]] hingezogen hatte) zum Opfer fielen, dem Bau des [[Herbersteinpalais]] (1897) und des [[Looshaus]]es (1910), deren Baulinien ebenfalls zurückgenommen wurden, erhielt der Michaelerplatz seine heutige Gestalt.
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Erst in der [[Ringstraße]]nära entschloss man sich, das barocke Konzept zu vollenden, wodurch 1889 bis 1893 der Michaelerplatz in seiner heutigen Form entstand: Nach dem Abriss von Burgtheater und einigen Häusern der bis über den heutigen Platz führenden Westzeile des Kohlmarkts, die sich bis über die [[Schauflergasse]] hingezogen hatte, konnte der Michaelertrakt nach Vorbild der barocken Pläne errichtet werden. Die Hofburg hatte nun zur Stadt hin eine prächtige Fassade. Der Bau des [[Herbersteinpalais]] (1897) und des [[Looshaus]]es (1910), deren Baulinien ebenfalls zurückgenommen wurden, ergänzten den Rundplatz.  
[[Datei:Michaelerplatz.jpg|390px|thumb|right|Michaelerplatz]]
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[[Datei:Michaelerplatz_Herbersteinpalais_Looshaus_07_04_19.jpg|390px|thumb|right|[[Herbersteinpalais]] und [[Looshaus]], 2019]]
[[Datei:Michaelerplatz_1547.jpg|390px|thumb|right|Michaelerplatz, Plan 1547]]
 
[[Datei:Michaelerplatz1888.jpg|390px|thumb|right|Michaelerplatz (1888)]]
 
[[Datei:Michaelerplatz b.jpg|390px|thumb|right|1., Michaelerplatz, um 1940]]
 
  
==Pfarrzugehörigkeit bis 1938==
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== Ausgrabungen ==
Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die [[Matrik|Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken]] von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.
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1990/1991 fand Stadtarchäologe [[Ortolf Harl]] bei Grabungen Baureste aus verschiedenen Jahrhunderten. Das Fundament eines großen, turmartigen Grabdenkmals sowie römische Häuser (mit Fußbodenheizung, Wandheizungen und Wandmalereien) stammen aus dem zweiten bis fünften Jahrhundert (bis zu sieben Umbauphasen nachweisbar). Harl deutete die archäologischen Reste als Vergnügungsviertel des Militärlagers [[Vindobona]]. Bis ins Hochmittelalter war dann die Platzfläche unverbaut ([[Kohlmarkt|Witmarkt]]). 1385 setzte die Verbauung des südlichen Platzteils (Areal des heutigen Michaelertrakts) durch den sich in erhöhter Lage erstreckenden Lustgartens der Hofburg ein, unter dem (auf heutigem Platzniveau) ein Tonnengewölbe rekonstruierbar ist. Aufgefunden wurden weiters Fundamentreste des Ballhauses und des an seiner Stelle entstandenen (alten) Hofburgtheaters, außerdem (im Westen) Reste der in der Verlängerung der westlichen Häuserzeile des Kohlmarkts bis zur Burg entstandenen Privathäuser. Teile der Ausgrabungen wurden (gestaltet von [[Hans Hollein]], 1992) sichtbar erhalten. Damit wurde freilich der mühsam gewonnene freie Platz wieder baulich umgeformt. Die urbanistische Achse Kohlmarkt - [[Heldenplatz]] erfuhr dadurch auch eine gewisse Barriere.
(Stand 1929: 1 = Reichskanzlei; 7 = [[altes Burgtheater]]; 1882 werden 2 - 5 und 7 für den Neubau der Michaelerfront der Burg abgetragen; Neunummerierung: 1 = [[Burg]], sonst Privathäuser.)
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Datei:Huber Rotunde.jpg|390px|Gegen den Michaelerplatz hin präsentierte sich bis 1889 in unvollendete Fassade des Reichskanzleitrakts. [[Vogelschauplan, Joseph Daniel Huber (1778)|Vogelschauplan, Joseph Daniel Huber, 1778]]
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(Stand 1929: 1 = Reichskanzlei; 7 = [[altes Burgtheater]]; 1882 werden 2 - 5 und 7 für den Neubau der Michaelerfront der Burg abgetragen; Neunummerierung: 1 = Hofburg, sonst Privathäuser.)
 
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== Gebäude ==
 
== Gebäude ==
* Nummer 1: [[Michaelertrakt]] der (Hofburg)
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* Nummer 1: [[Michaelertrakt]] der [[Hofburg]]
 
* Nummer 2 (Schauflergasse 2, Herrengasse 1-3): [[Herbersteinpalais]] ([[Café Griensteidl]])
 
* Nummer 2 (Schauflergasse 2, Herrengasse 1-3): [[Herbersteinpalais]] ([[Café Griensteidl]])
 
* Nummer 3: [[Looshaus]] [[Gedenktafeln|Gedenktafel]] für den Oberfeuerwerker [[Johann Pollet]], der sich am 13. März 1848 unter Gefahr für sein eigenes Leben dem Befehl, die Kanonen gegen die Volksmenge abzufeuern, widersetzte ([[Pollet-Gedenktafel]]).
 
* Nummer 3: [[Looshaus]] [[Gedenktafeln|Gedenktafel]] für den Oberfeuerwerker [[Johann Pollet]], der sich am 13. März 1848 unter Gefahr für sein eigenes Leben dem Befehl, die Kanonen gegen die Volksmenge abzufeuern, widersetzte ([[Pollet-Gedenktafel]]).
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== Ehemalige Numerierung==
 
== Ehemalige Numerierung==
* Nummer 1: [[Reichskanzleitrakt]] (Hofburg)
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* Nummer 7: [[Altes Burgtheater]]
* Nummer 7: [[Burgtheater|altes Burgtheater]]
 
 
 
== Ausgrabungen ==
 
1990/1991 fand Stadtarchäologe [[Ortolf Harl]] bei Grabungen Baureste aus verschiedenen Jahrhunderten. Das Fundament eines großen, turmartigen Grabdenkmals sowie römische Häuser (mit Fußbodenheizung, Wandheizungen und Wandmalereien) stammen aus dem zweiten bis fünften Jahrhundert (bis zu sieben Umbauphasen nachweisbar); Harl deutete die archäologischen Reste als Vergnügungsviertel des Militärlagers [[Vindobona]]. Bis ins Hochmittelalter war dann die Platzfläche unverbaut ([[Kohlmarkt|Witmarkt]]). 1385 setzte die Verbauung des südlichen Platzteils (Areal des heutigen Michaelertrakts) durch einen sich in erhöhter Lage erstreckenden Paradiesgarten ein, unter dem (auf heutigem Platzniveau) ein Tonnengewölbe rekonstruierbar ist, das seinerzeit die kaiserliche Antikensammlung aufnahm. Aufgefunden wurden weiters Fundamentreste des [[Ballhaus (1)|Ballhauses]] und des an seiner Stelle entstandenen (alten) Hofburgtheaters, außerdem (im Westen) Reste der in der Verlängerung der westlichen Häuserzeile des Kohlmarkts bis zur Burg entstandenen Privathäuser. Teile der Ausgrabungen wurden (gestaltet von [[Hans Hollein]], 1992) sichtbar erhalten.
 
  
 
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Auf dem Michaelerplatz sind heute noch Spuren von Vindobona sichtbar.
 
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== Quellen ==
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* [https://sammlung.wienmuseum.at/suche/?iconclasses=1235470 Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zum Michaelerplatz]
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
* Richard Bösel: Der Michaelerplatz in Wien Seine städtebaulichen, und architektonischen Entwicklung (Kulturkreis Looshaus, Kat. 1991)
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* Richard Bösel: Der Michaelerplatz in Wien. Seine städtebaulichen, und architektonischen Entwicklung (Wien: Kulturkreis Looshaus, Kat. 1991)
 
* Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 107 ff.
 
* Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 107 ff.
 
* Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 112 ff.
 
* Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 112 ff.
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* Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 71
 
* Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 71
 
* Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
 
* Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
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*Christine Ranseder (u.a.): Michaelerplatz. Die archäologischen Ausgrabungen. Wien: MA 7 - Stadtarchäologie ²2011 (Karin Fischer-Ausserer (Hg.): Wien archäologisch 1)
 
* Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 66
 
* Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 66

Aktuelle Version vom 26. April 2024, 19:36 Uhr

Michaelerplatz, um 1940
Daten zum Objekt
Art des Objekts Verkehrsfläche
Datum von 1766
Datum bis
Name seit 1795
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Constitutionsplatz
Benannt nach Michaelerkirche
Bezirk 1
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke Michaelerkirche, Michaelertrakt, Winterreitschule, Hofburg, Looshaus
PageID 4133
GND
WikidataID
Objektbezug Antike, Revolution 1848
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 26.04.2024 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname Michaelerplatz b.jpg
Bildunterschrift Michaelerplatz, um 1940
Hier befindet / befand sich:
Hier ereignete sich:

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48° 12' 27.99" N, 16° 22' 0.00" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kartenausschnitt aus Wien Kulturgut

Michaelerplatz (1.). Platz am Schnittpunkt von Herrengasse, Kohlmarkt und Reitschulgasse. Hauptfassade der Hofburg zur Innenstadt hin (Michaelertrakt).

Kreuzung vor der Michaelerkirche am Wolmiet-Plan, 1547
Ansicht des Michaelerplatzes mit Großem Michaelerhaus und der Kirche, ganz rechts Turm und Mauer des Lustgartens des Hofburg, 1724

Bis ins 18. Jahrhundert gab es hier keinen Platz, sondern nur eine Straßenkreuzung der heutigen Trassen Kohlmarkt Richtung stadtauswärts und Herrengasse-Reitschulgasse. Erstere war in der Römerzeit und noch im Hochmittelalter eine nur bis zur Kreuzungsmitte reichende Zubringerstraße (vom Peilertor über den Kohlmarkt), die nach der Stadterweiterung am Ende des 12. Jahrhunderts bis zum neuen Widmertor (nachmals Burgtor) fortgesetzt wurde und nun innerhalb der neuen Ringmauer lag (Beginn der Fernhandelsstraße über die Mariahilfer und Linzer Straße nach Westen), letztere zur Römerzeit ein Teilstück der Limesstraße. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde als zweite Stadtpfarrkirche neben St. Stephan) die Michaelerkirche gegründet. Der zur gleichen Zeit angelegte Michaelerfreithof lag an der Ecke Kohlmarkt-Reitschulgasse. Die anderen Ecken wurden durch Bürgerhäuser gebildet. Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts wurden die Häuser an der Ecke der Reitschulgasse mit der (heutigen) Durchfahrt durch den Michaelertrakt von Friedrich III. käuflich erworben. Hier entstand in den 1480er Jahren der Lustgarten der Hofburg.

Entstehung des Platzes durch Neugestaltung der Hofburg

Michaelerplatz, 1784. Im Schwibbogen des Reitschultraktes ist die Kuppel der Karlskirche angedeutet.
Während der Revolution 1848 errichtete Barrikade am Michaelerplatz. Gemälde von Anton Ziegler, 1848

Die Konzeption des heutigen Platzes datiert in die Ära Karls VI. Anlass war die Neuplanung des Reichskanzleitrakts ab 1723. Da der Kaiser mit den Plänen Johann Lukas Hildebrandts nicht zufrieden war, über trug er 1726 die Baustelle Joseph Emanuel Johann Fischer von Erlach. Dieser legte Pläne vor, die eine auch völlig neue, monumentale Fassade der Hofburg zur Stadt hin vorsahen. Dabei nutzte er die bestehenden Verkehrsachsen geschickt aus. Vom Kohlmarkt kommend, sollte sich auf einem neu geschaffenen, kreisrunden Platz die Kaiserresidenz in barocker Pracht darbieten. Allerdings standen auf dem Terrain nicht nur das kaiserliche Ballhaus und Teile des Lustgartens, sondern auch mehrere Privathäuser. Die Umsetzung begann mit der Erbauung der Winterreitschule auf dem Areal des Lustgartens 1729-1735. Dannach stockten die Arbeiten. Durch den Tod Karls VI. 1740 blieb das Projekt endgültig ein Torso. Maria Theresia liess das Ballhaus in ein Hoftheater umwandeln (Altes Burgtheater, 1742 eröffnet). Die wohl als Provisorium gedachte Lösung, beliebtes Motiv für Stadtveduten, blieb bis zur Ära der Ringstraße bestehen. Neben dem Theater stand die halbfertige Rotunde der Tordurchfahrt. Freilich haben die Baumassnahmen schon eine Fläche entstehen lassen, die als Platz wahrgenommen wurde. 1766 findet sich dafür die Bezeichnung "Michaelerplatzl", 1795 Michaelerplatz und 1848 während der Revolution kurzfristig "Constitutionsplatz".

Erst in der Ringstraßenära entschloss man sich, das barocke Konzept zu vollenden, wodurch 1889 bis 1893 der Michaelerplatz in seiner heutigen Form entstand: Nach dem Abriss von Burgtheater und einigen Häusern der bis über den heutigen Platz führenden Westzeile des Kohlmarkts, die sich bis über die Schauflergasse hingezogen hatte, konnte der Michaelertrakt nach Vorbild der barocken Pläne errichtet werden. Die Hofburg hatte nun zur Stadt hin eine prächtige Fassade. Der Bau des Herbersteinpalais (1897) und des Looshauses (1910), deren Baulinien ebenfalls zurückgenommen wurden, ergänzten den Rundplatz.

Ausgrabungen

1990/1991 fand Stadtarchäologe Ortolf Harl bei Grabungen Baureste aus verschiedenen Jahrhunderten. Das Fundament eines großen, turmartigen Grabdenkmals sowie römische Häuser (mit Fußbodenheizung, Wandheizungen und Wandmalereien) stammen aus dem zweiten bis fünften Jahrhundert (bis zu sieben Umbauphasen nachweisbar). Harl deutete die archäologischen Reste als Vergnügungsviertel des Militärlagers Vindobona. Bis ins Hochmittelalter war dann die Platzfläche unverbaut (Witmarkt). 1385 setzte die Verbauung des südlichen Platzteils (Areal des heutigen Michaelertrakts) durch den sich in erhöhter Lage erstreckenden Lustgartens der Hofburg ein, unter dem (auf heutigem Platzniveau) ein Tonnengewölbe rekonstruierbar ist. Aufgefunden wurden weiters Fundamentreste des Ballhauses und des an seiner Stelle entstandenen (alten) Hofburgtheaters, außerdem (im Westen) Reste der in der Verlängerung der westlichen Häuserzeile des Kohlmarkts bis zur Burg entstandenen Privathäuser. Teile der Ausgrabungen wurden (gestaltet von Hans Hollein, 1992) sichtbar erhalten. Damit wurde freilich der mühsam gewonnene freie Platz wieder baulich umgeformt. Die urbanistische Achse Kohlmarkt - Heldenplatz erfuhr dadurch auch eine gewisse Barriere.


Pfarrzugehörigkeit bis 1938

Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt. (Stand 1929: 1 = Reichskanzlei; 7 = altes Burgtheater; 1882 werden 2 - 5 und 7 für den Neubau der Michaelerfront der Burg abgetragen; Neunummerierung: 1 = Hofburg, sonst Privathäuser.)

Gebäude

Ehemalige Numerierung

Video

Auf dem Michaelerplatz sind heute noch Spuren von Vindobona sichtbar.

Quellen

Literatur

  • Richard Bösel: Der Michaelerplatz in Wien. Seine städtebaulichen, und architektonischen Entwicklung (Wien: Kulturkreis Looshaus, Kat. 1991)
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 107 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 112 ff.
  • Sokratis Dimitriou: Die Entstehung des Michaelerplatzes, in: Handbuch der Stadt Wien. Wien: Verlag für Jugend und Volk. Band 77. 1963, S. 326 ff.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 471 f.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 6, 2. Teil. Wien ²1957 (Manuskript im WStLA), S. 359-363
  • Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 71
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Christine Ranseder (u.a.): Michaelerplatz. Die archäologischen Ausgrabungen. Wien: MA 7 - Stadtarchäologie ²2011 (Karin Fischer-Ausserer (Hg.): Wien archäologisch 1)
  • Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 66