Karlskirche

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Karlskirche. Kupferstich von Salomon Kleiner, 1737
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Katholische Kirche
Datum von 1716
Datum bis
Andere Bezeichnung Pfarrkirche „Heiliger Karl Borromäus"
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Karl Borromäus
Einlagezahl
Architekt Johann Bernhard Fischer von Erlach, Johann Lucas von Hildebrandt, Ferdinando Galli-Bibiena
Prominente Bewohner
PageID 26557
GND 4376368-6
WikidataID Q1733938
Objektbezug Kirche, Sakralbau, Erzdiözese Wien, Kirchenmappe
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 5.01.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Karlskirche 1724.jpg
Bildunterschrift Karlskirche. Kupferstich von Salomon Kleiner, 1737
  • 4., Karlsplatz

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48° 11' 53.70" N, 16° 22' 18.75" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Karlskirche (4., Karlsplatz; PfarrkircheHeiliger Karl Borromäus" [1783 kaiserliche Patronatspfarre, bis 1959 von den Kreuzherren mit dem roten Stern betreut, seither von Prämonstratensern aus Stift Geras, Niederösterreich]: St. Karl (Pfarre); vergleiche Grundrissskizze).

In Einlösung eines von Karl VI. während der Pestepidemie am 22. Oktober 1713 bei St. Stephan abgelegten Gelübdes kam es am 4. Februar 1716 auf einer öden, nur teilweise mit Reben bepflanzten Anhöhe am rechten Ufer des kaum regulierten Wienflusses (auf der sich der kaiserliche Kalkstadel befand) zur Grundsteinlegung. Die Wahl des Bauplatzes erklärt sich weniger durch den angeblich beabsichtigten Endpunkt einer von Hofburg und Augustinerstraße ausgehenden „via triumphalis" als durch den Umstand, dass sich das Areal bereits größtenteils in kaiserlichem Besitz befand und die Verbindung zwischen Hofburg und Favorita (Theresianum) beziehungsweise gleich einem Tor zu dieser Sommerresidenz Karls VI. den Beginn der Vorstadt Wieden markierte; der Bauplatz wurde am 11. November 1715 fixiert.

Karlskirche vom Oberen Belvedere aus (Canaletto-Blick). Gemälde von Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, um 1759/1760

Entwürfe und Modelle lieferten neben Johann Bernhard Fischer von Erlach (der am 4. Dezember 1715 den Auftrag erhielt) auch Johann Lukas Hildebrandt und Ferdinando Galli-Bibiena. Der Bau wurde von ihm begonnen (1716-1723) und nach seinem Tod von seinem Sohn Joseph Emanuel Johann Fischer von Erlach (Bauführer Erhard Martinelli) vollendet (1723-1739; Fertigstellung des Rohbaus 1729); Abweichungen vom ursprünglich Projekt sind die steilere Fassung der Kuppel, die Weglassung des Priesterchors und Änderungen in der Innenausstattung). Die Oberaufsicht wurde dem Hofkammerrat Bartholomäus von Tinti übertragen. Am 10. Juli 1717 übernahm Generalbaudirektor Gundacker Ludwig Joseph Graf Althan die Bauinspektion. Am 17. November 1733 wurde die Kirche dem vom Kaiser nach Wien berufenen Kreuzherrenorden (aus Prag) übergeben. Die erste Messe wurde in feierlicher Form in Anwesenheit des Kaisers am 24. August 1738 abgehalten, die Weihe erfolgte am 28. Oktober 1737 durch Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch. 1740 wurde hier die Totenmesse für Karl VI. gelesen. Die Karlskirche ist das bedeutendste sakrale Bauwerk des Barock in Wien, Fischers letzter Kirchenbau und zugleich sein sakrales Hauptwerk. Zu den Baukosten in Höhe von 304.000 Gulden trugen sämtliche Kronländer bei, außerdem fanden Strafgelder Verwendung, die die Stadt Hamburg zahlen musste, weil der dortige Pöbel die Kapelle der österreichischen Gesandtschaft demoliert hatte.

Der Bürgerspital-Gottesacker mit der Augustinkapelle vor dem Kärntnertor und der Karlskirche, 1737

Die Bauplastik schufen die Bildhauer Franz Caspar (zwei Engelsfiguren am Aufgang [Altes und Neues Testament]), Giovanni Stanetti (Karl Borromäus [Giebelfeld] und Apotheose des Heiligen [Giebelscheitel]), Johann Christoph Mader (mit Johann Baptist Straub und Jakob Schletterer; Reliefs der Triumphsäulen) und Lorenzo Mattielli (bekrönende Adler auf den Säulen, 1724-1730), den Stuck in der Chorkuppel Alberto Camesina (nach Entwürfen der beiden Fischer; ab 1725), Wandmalereien Johann Michael Rottmayr (Fresken in der Kuppel und den Gewölben der Kreuzarme, 1725-1730) und Gaetano Fanti (Architekturmalereien am Kuppelfuß und in den Diagonalkapellen), Altarbilder Daniel Gran, Martino Altomonte und andere. Ab 1854 wurde die Umgebung verbaut, nach 1857 wollte Eduard van der Nüll die Karlskirche in die Ringstraßenplanung einbeziehen, 1865-1867, 1903-1909, 1929-1931 und 1982 erfolgten Restaurierungen; 1897/1898 errichtete Carl und Julius Mayreder den Pfarrhof (Kreuzherrenhof). 1989 wurde die Karlskirche dem Opus Dei übergeben.

Grundriss der Kirche. Kirchenmappe von Anton Behsel, 1823

Grundriss Längsovaler Hauptraum mit hohem Tambour und Kuppel mit Laterne, in der Längsachse Vorhalle und Chor, in der Querachse je eine rechteckige Kapelle, in den Diagonalen ovale Kapellen mit darüber liegenden Emporen. Kräftiges, umlaufendes Gebälk am Ansatz des Tambours, von Pilasterordnung getragen. Äußeres: Zentraler, kuppelbekrönter Bau mit breit vorgelagerter Fassade von einzigartiger Komposition, die auch in allen Schrägansichten immer neue Blickpunkte eröffnet. Die Karlskirche besitzt keine Schaufront im Sinne einer römischen Barockkirchenfassade, sondern ist eine kontrapunktierte Komposition architektonischer Volumina mit mehrfacher symbolischer Bedeutung. Zu beiden Seiten der Säulenvorhalle (Anlehnung an Palladio) schwingt die Fassade konkav zu den beiden Triumphsäulen zurück; ganz außen die (von Madernas Fassade und Berninis Türmen von St. Peter in Rom inspirierten) Glockenpavillons, die für Wageneinfahrten bestimmt waren. Die beiden großen Engel neben der Freitreppe stammen von Franz Caspar. Um den Schaft der zwei Triumphsäulen winden sich Spiralreliefs von Johann Christoph Mader mit Darstellungen aus dem Leben des heiligen Karl Borromäus. Die Kuppel hat eine Höhe von 72 Metern, die Säulen sind über 33 Meter hoch. Die sakrale Symbolik dokumentiert sich in Glaube und Hoffnung (Glockenpavillons), Errettung Wiens von der Pest durch Fürbitte des heiligen Karl Borromäus (Giebelrelief), Allegorien von Religion (Einhorn), Fleiß (Hahn), Barmherzigkeit (Pelikan) und Buße (Schlange) auf der Attika der Säulenvorhalle und Karl Borromäus (Giebelspitze, Säulenreliefs, Kuppelfresko, Hochaltar).

Karlsplatz - Karlskirche (Kanzel), 1899

Inneres: Die Wölbung des weiten Raums, in dem die Kuppelfresken dominieren, erscheint durch die perspektivische Scheinwirkung des Längsovals noch höher gestreckt und durch Details verstärkt. Die Farbwirkung wird bestimmt durch die roten Marmorsockel, die rosenholzfarbenen Stuckmarmorpilaster mit vergoldeten Kapitellen und die tonig gestufte Gebälk- und Kuppelzone.

(1) Der Hochaltar stammt in seiner Gesamtkonzeption von J. B. Fischer von Erlach (Modell der plastischen Wolkendekoration von Ferdinand Brokoff, 1728). Den Tabernakel bekrönt ein barockes Kruzifix, die beiden vergoldeten Engel stammen von Lorenzo Mattielli, die Stuckfigur des heiligen Karl Borromäus von Alberto Camesina; seitlich auf dem Gebälk die vier Kirchenväter.

(2) Kanzel mit reich vergoldeten Ornamenten und weit übergreifendem Baldachin, auf dem Schalldeckel zwei Putten.

(3) Ovalkapelle mit Altarbild „Heiliger Lukas, die Gottesmutter malend" von Jakob van Schuppen.

(4) Monumentales Altarbild „Heilige Elisabeth von Portugal, unter den Armen weilend und diese beschenkend" von Daniel Gran (1736); seitlich zwei spätbarocke Beichtstühle, darüber Stuckmedaillons (Szenen aus dem Leben der heiligen Elisabeth).

(5) Ovalkapelle mit Altarblatt „Christus erweckt den Jüngling von Naim" von Martino Altomonte (1731); seitlich kleine, künstlerisch bemerkenswerte Barockskulptur des heiligen Judas Thaddäus aus Lindenholz.

(6) Taufkapelle mit reizvoll bemalter ovaler Kuppel (Scheinarchitektur und Blumen) von Gaetano Fanti; Altarbild „Christus und der römische Hauptmann" von Daniel Gran (1736), links neben der Kapelle spätbarocker Betstuhl (um 1750) mit Reliefszene „Anbetung der heiligen drei Könige" an der Rückenlehne.

(7) Klassizistisches Grabmal des Dichters Heinrich von Collin († 1811) nach einem Entwurf Heinrich Fügers von Bildhauer Johann Sauthner (1812). Gedenktafel für Anton Bruckner (enthüllt 1993; Brucknergedenktafel).

Quellen

Literatur

  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 134 ff.
  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 143 ff.
  • Felix Czeike: IV. Wieden. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1979 (Wiener Bezirkskulturführer, 4), S. 20 f.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 89 ff.
  • Franz Eppel: Die Karlskirche in Wien. Salzburg 1961
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matriken-Führer und Familienforscher. Wien: Verlag d. Österr. Inst. für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde [1929], S. 82 (Sprengel), S. 238 (Matrikenbestand)
  • Gedenkschrift zum Doppel-Jubiläum der Pfarrkirche St. Karl Borromäus auf der Wieden 1733-1783. 1933
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 232 ff.
  • Gustav Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 1: Wien. Wien: Hollinek 1955, S. 58
  • Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 16
  • Janecek, S. 30
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien 92, S. 68
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1895]) Cosenza: Brenner 1967, Band 3, S. 162 ff.
  • Rudolf Kohl: Die Karlskirche. 1933
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 133 ff.
  • Liselotte Popelka: Studien zur Wiener Karlskirche. In: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, Heft 3/4 (1955)
  • Julius Schmid: 200 Jahre Karlskirche 1737-1937. 1937
  • Alfred Schnerich: Wiens Kirchen und Kapellen in kunst- und kulturgeschichtlicher Darstellung. Zürich / Wien: Amalthea 1921 (Amalthea-Bücherei, 24), S. 148 ff.
  • Hans Sedlmayr: Johann Bernhard Fischer von Erlach. 1958, Register
  • Dietmar Steiner: Architektur in Wien. 300 sehenswerte Bauten. Wien: Magistrat 1984, S. 54
  • Rolf M. Urrisk-Obertyński: Wien. 2000 Jahre Garnisonsstadt, Bd. 4, Teil 1, II.-VI. Bezirk. Gnas: Weishaupt Verlag, S. 274-276
  • Thomas Zacharias: Joseph Emanuel Fischer von Erlach. 1960, S. 97 ff.