Johann Pollet

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Daten zur Person
Personenname Pollet, Johann
Abweichende Namensform
Titel Hauptmann
Geschlecht männlich
PageID 16127
GND 1026390621
Wikidata Q60820114
Geburtsdatum 7. März 1814
Geburtsort Prag
Sterbedatum 13. September 1872
Sterbeort Grinzing
Beruf Soldat, Offizier
Parteizugehörigkeit
Ereignis Revolution 1848
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Revolution 1848
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Evangelischer Friedhof Matzleinsdorf
Grabstelle

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Johann Pollet, * 7. März 1814 Prag, † 13. September 1872 Wien, Offizier der Artillerie. Um Pollets Verhalten während der Revolution 1848 rankt sich eine Legende.

Biographie

Johann Pollet trat nach einem einjährigen Studium 1832 als Unterkanonier in das k.k. Feldartillerieregiment 1, stationiert in Prag, ein. Ab Mai 1834 wurde er in der Wiener Rennwegkaserne zum Artilleristen ausgebildet und am 11. November 1844 zum Oberfeuerwerker befördert.

Am Beginn der Märzrevolution 1848 stand der Marsch der Studenten von der Universität zum Niederösterreichischen Landhaus in der Herrengasse. Hier waren am 13. März 1848 die Landstände zusammengetreten. Nachdem die Studenten in das Gebäude eingedrungen waren, wurde die Sitzung abgebrochen. Eine Abordnung der Landstände begab sich in die Hofburg, um Kaiser Ferdinand I. eine Petition zu überreichen. Von Seiten des Hofes wurden Einheiten der Wiener Garnison zum Glacis in die Herrengasse beordert, um die Menschenmenge aufzulösen. Bei der Räumung der Herrengasse fielen die ersten Schüsse, dabei starben fünf Zivilisten.

Die Soldaten, die zum Schutz der Hofburg abkommandiert wurden, darunter auch Johann Pollet, standen unter dem Befehl von Oberleutnant Joseph Bronn. Gegen 19 Uhr spitzte sich die Lage vor dem Burgtor am Michaelerplatz dramatisch zu. Da Bronn zu diesem Zeitpunkt nicht am Michaelerplatz war, erteilte Erzherzog Maximilian von Este dem Oberfeuerwerker Pollet den Befehl, auf die Menschenmenge zu schießen. Pollet verweigerte dies.

Es gibt verschiedene Versionen dieser Ereignisse. Als sicher gilt jedoch heute, dass Oberfeuerwerker Johann Pollet den ihm von Erzherzog Maximilian von Este erteilten Schießbefehl nicht aus humanitären Gründen verweigerte, sondern ausschließlich deshalb, weil der Erzherzog als Nichtartillerist nicht befugt war, Johann Pollet einen Befehl zu erteilen. Diese Vorgangsweise war durch das damalige Artilleriereglement gedeckt. Auch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die beiden Geschütze mit sogenannter "blinder Munition" für das Schießen von Salut geladen waren.

Die Tatsache, dass Pollet am 16. April 1848 zum Leutnant befördert wurde, beweist, dass es sich bei der Weigerung, die Geschütze abzufeuern, nicht um eine Befehlsverweigerung gehandelt hat. Pollet erhielt Belobigungen für seine Teilnahme an den Kämpfen in Prag und gegen die Aufständischen in Ungarn. 1849 erfolgte die Beförderung zum Oberleutnant. 1851 trat er aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Er verbrachte einige Monate in einer Prager "Irrenanstalt", dann wurde er als geheilt entlassen und 1852 wieder als Soldat reaktiviert. 1854 wurde er zum Hauptmann befördert, 1859 kommandierte Pollet die Kavalleriebatterie Nr. 8. Im Mai 1859 erkrankte er wieder und wurde nach Wien ins Militärspital verlegt. Im November 1859 wurde Pollet zum Feldartillerieregiment Nr. 1 transferiert. Auf eigenen Wunsch wurde er mit Wirkung 30. Juni 1860 in den zeitlichen und am 3. August 1861 in den endgültigen Ruhestand versetzt.

Am 20. Juni 1858 hatte Pollet die Bürgerstochter Ludovika Dorothea Varga geheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor. Am 13. September 1872 verstarb er in Grinzing und wurde am Matzleinsdorfer Friedhof in der Familiengruft der Familie Varga begraben.

Im März 1928 wurde von der Gemeinde Wien am Looshaus eine Gedenktafel für Pollet angebracht. Der Text lautet: "Vor dem Burgtor widersetzte sich am 13. März 1848 der Oberfeuerwerker Johann Pollet mit Gefahr seines Lebens dem Befehl die Kanonen gegen die Volksmenge abzufeuern". Die Tafel wurde 1934 entfernt und 1948 wieder angebracht. Im Zuge der Renovierung des Looshauses ab 1987 wurde die Gedenktafel abmontiert und am heutigen Café Griensteidl in der Herrengasse angebracht.

Am 9. November 1927 wurde in Wien 22 die Polletstraße nach Johann Pollet benannt.

Unter der Regie von Reinhard Schwabenitzky und mit dem Drehbuch von Thomas Pluch entstand 1979 der Fernsehfilm „Feuer!“, in dem Johann Pollet von Kurt Weinzierl verkörpert wird. Dabei werden die historischen Tatsachen weitgehend außer acht gelassen.

Literatur

  • Johann Pollet k.k. Ober-Feuerwerker – Der Friedensheld im Freiheitskampfe des Jahres 1848. Wien: Powlik 1898
  • Maximilian Bach: Geschichte der Wiener Revolution volksthümlich dargestellt. Wien: Erste Wiener Volksbuchhandlung 1898
  • Adam Wandruszka [Hg.]: Die Habsburgermonarchie 1848 – 1918. Band 9: Soziale Strukturen. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2010
  • Norbert Nemec: Österreich in den Revolutionsjahren 1848 und 1849. Wien: Edition praesens 2001
  • Das Looshaus – Eine Chronik 1909 – 1989. Wien: Raiffeisenbank 1989
  • Die Geschichte von dem braven und hochherzigen Ober=Feuerwerker Pollet, der sich um das Vaterland hochverdient gemacht hat. Wien: o.V. o.J.
  • Pollet, ein Held der Wiener Märztage. In: Arbeiter-Zeitung, 22.03.1925, S.11
  • Die Geschichte, tapferen Feuerwerker Pollet. In: Reichspost, 24.03.1928, S.7, und 25.03.1928, S.8
  • Der verhinderte Kanonenschuß. In: Das Kleine Blatt, 13.03.1948, S.6
  • Die Pollet-Saga. In: Die Furche, 20.03.1948, S. 2
  • 48er Feier der Wiener Jugend. In: Volksstimme, 26.03.1948, S. 3
  • Die „Revolutionshelden“ Johann Pollet und Josef Lanner. In: Wiener Zeitung, 01.04.1948, S. 2
  • Noch einmal Johann Pollet. In: Wiener Zeitung, 04.04.1948, S. 3
  • Der Volksdemokrat Johann Pollet. In: Volksstimme, 10.04.1948, S. 1f.
  • Die Pollet-Legende. In: Arbeiter-Zeitung, 11.04.1948, S. 2
  • Wo bleibt die Pollet-Gedenktafel?. In: Arbeiter-Zeitung, 13.04.1948, S. 2
  • Pollet-Gedenktafel wird wieder angebracht. In: Volksstimme, 15.04.1948, S. 3
  • Wiener Märchen. In: Die Furche, 01.05.1948, S. 2
  • Rathauskorrespondenz, 07.05.1948
  • Wie Legenden entstehen. In: Die Furche, 27.04.1968, S. 9
  • Rainer Egger: Oberfeuerwerker Johann Pollet – Legende und Wirklichkeit. In: Truppendienst 4 (1979), S. 328ff.
  • Hans Edelmaier: Die Legende, Oberfeuerwerker Johann Pollet. In: Pallasch 5 (1998/99), S. 96ff.
  • Vienna Tourist Guide: Gedenktafeln Wiener Stadtgeschichte. URL: http://www.viennatouristguide.at/Gedenktafeln/Stadtgeschichte/1848_pollet_1.htm [Stand: 03.05.2015]
  • Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien: Looshaus. URL: http://www.adolfloos.at/looshaus/index.htm [Stand: 03.05.2015]
  • Alphabet der Aufklärung aus Wien: Johann Pollet. URL: URL: http://www.wien.gv.at/kultur/abteilung/aufklaerung-abc/aufklaerung.html#p [Stand: 03.05.2015]
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. Band 23: Podlaha–Prokesch-Osten und Nachträge (IV. Folge). Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1872
  • Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 8. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1980, S. 183

Weblinks