Grinzing (Vorort)

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Eine Gasse in Grinzing (1974)
Daten zum Objekt
Art des Objekts Vorort
Datum von 1114
Datum bis 1890
Name seit
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Bezirk 19
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 28039
GND 1067246827
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 16.08.2021 durch WIEN1.lanmuswid
Bildname Grinzing.jpg
Bildunterschrift Eine Gasse in Grinzing (1974)

Grinzing (19.), ehemalige selbständige Vorortgemeinde, seit 1890/1892 mit anderen Vororten nach Wien eingemeindet (Teil des 19. Bezirks Döbling, eigene Katastralgemeinde).

Der Bestand der Ortschaft reicht ins 12. Jahrhundert zurück. Nach den Salbüchern des Stifts Klosterneuburg (in Grinzing werden 1114 erstmals Weingärten „de Grincing" erwähnt [Fontes Rerum Austriacarum H/4, Nummer 124]) war die Ortschaft schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts ein blühendes Dorf, in dem mehrere Bistümer und Klöster Besitz hatten. 1156 wird ein Ort namens Grinzingen genannt (Babenberger Urkundenbuch l, S. 33).

Im Mittelalter war der Ort hauptsächlich von Bauern, Weinhauern und Taglöhnern bewohnt, die im Dienst der Klöster oder von Wiener Bürgern standen. Neben Klöstern (im 12. Jahrhundert St. Florian, Oberösterreich, und St. Dorothea, St. Laurenz und das Domkapitel aus Wien, im 14. Jahrhundert St. Clara) und der Pfarre Heiligenstadt waren auch Ministerialen der Babenberger in Grinzing begütert; zu den bekanntesten gehörten die Nachkommen eines Grimizo, die Herren von Grünsing; diese errichtete in Grinzing einen festen Wohnsitz (19, Cobenzlgasse 30; Reste der Anlage im Hof), angeblich in einer römischen Ruine, nach deren Trümmern sie ihren Hof Trummelhof (in welchem ein späterer Besitzer der Herrschaft, Josef Freiherr von Mannagetta, 1761 eine Kapelle errichten ließ) nannten. Auch ein Geburg von Grunzingen wird urkundlich genannt. 1426 erbaute die Gemeinde die Kirche „Zum heiligen Kreuz", eine spätgotische Landkirche, die aber erst 1783 zur Pfarrkirche der bis dahin nach Heiligenstadt eingepfarrten Gemeinde erhoben wurde (Grinzinger Kirche).

1484 wurde die Ansiedlung durch die Truppen des ungarischen König Matthias Corvinus vernichtet; nur wenige Einwohner blieben am Leben. 1529 durch die Türken, am 4. April 1604 durch eine große Feuersbrunst (die im Trummelhof ihren Ausgang nahm), 1683 neuerlich durch die Türken und schließlich 1809 durch die Franzosen verwüstet, konnte sich der Ort erst langsam erholen, wozu das Gedeihen des Weins (der als „Grinzinger" weithin bekannt wurde) wesentlich beitrug. Im 18. Jahrhundert siedelten sich immer mehr Adelige in Grinzing an. Als 1773 Papst Klemens XIV. den Jesuitenorden auflöste, kaufte Staatskanzler Philipp Graf Cobenzl die 1751 von diesen errichteten Landhäuser auf dem Latisberg und ließ die Besitzungen in prachtvolle Gärten umgestalten. Seit der Regierung Josephs II. wurden „Weinfahrten" in die Umgebung Wiens üblich, doch erst im Vormärz entwickelte sich Grinzing zu einem viel besuchten „Heurigenort"; der Eigenbauwein wurde in den zahlreichen entstandenen Buschenschenken, die sich bald größter Beliebtheit erfreuten und in denen sich Volkssänger produzierten, ausgeschenkt (Weinbaumuseum im Döblinger Bezirksmuseum).

Grinzing (1890)

Bis dahin war der Wein zwar nach Wien geliefert worden, doch nur wenige Besucher waren in den entlegenen Ort gekommen (zumal es keine passable Verkehrsverbindung gab). Die Biedermeierzeit „entdeckte" Wiens Umgebungen (wozu auch verschiedene Ausflugsführer beitrugen) und machte sie zu beliebten Zielen. Obwohl die Orte der Umgebung (Heiligenstadt, Döbling) sich zu bevorzugten Sommerfrischen- und Villenorten reicher Wiener entwickelten, führte Grinzing weiterhin ein eher beschauliches Dasein. Erst die Aufnahme einer Stellwagenverbindung von Döbling nach Grinzing brachte 1827 eine Änderung. Hatte 1781 Mozart bei Cobenzl logiert, so finden wir im Vormärz unter den Besuchern Schubert, Bauernfeld und Schwind. Im späten 19. Jahrhundert entstanden in unmittelbarer Nähe des alten Dorfs Villen wohlhabender Industrieller, Künstler und Wissenschaftler.

1890/1892 wurde Grinzing nach Wien eingemeindet (nur etwa 4 % der Fläche [unbewohntes Waldgebiet] kam zu Weidling), 1891 erfolgte der Anschluss an die Hochquellenwasserleitung, 1893 beschloss der Wiener Gemeinderat einen Bauzonenplan, 1902 wurde Grinzing an das Netz der städtischen Straßenbahn angeschlossen und 1905 der Wald- und Wiesengürtel fixiert. Das oberhalb Grinzings gelegene Krapfenwaldl entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel. 1934-1936 wurde die Höhenstraße von Grinzing auf den Kahlenberg geboren. Der Zweiten Weltkrieg ging an Grinzing nicht spurlos vorüber; vor allem Plünderungen fügten der Bevölkerung 1945 großen Schaden zu. Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts begann die Stadt Wien, sich für die Erhaltung des charakteristischen Grinzinger Ortsbilds intensiver einzusetzen. Der Massentourismus machte dem Ort, der zum Ziel zahlreicher Fremder wurde, stark zu schaffen; Debatten um eine Verkehrsberuhigung, den Bau einer Tiefgarage und die Erlassung rigoroser Bauverbote rissen seit den 70er Jahren nicht mehr ab.

Siegel

Der Vorort Grinzing führte ein Siegel, das einen ovalen Schild in vierpassartigem Ornament zeigt, darin auf einer Wiese ein Mann als ganze Figur mit langem Haar, kurzen, weiten Hosen und eng anliegendem Rock, in der Rechten eine an einem Blätterstiel hängende Traube, die Linken auf die Hüfte gestützt. Umschrift: ¤ [Rosette] SIGIL : DER : GEMAIN · ZV · GRINTZING ̴

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Döbling.

Häuser

  • 1355: 51
  • 1412: 56
  • 1436: 58
  • 1566: 81
  • 1590: 84
  • 1604: 104
  • 1713: 70
  • 1751: 81
  • 1787: 79
  • 1794: 85
  • 1810: 82
  • 1819: 85
  • 1822: 99
  • 1830: 112
  • 1851: 115
  • 1858: 122
  • 1869: 164
  • 1880: 192
  • 1890: 214
  • 1926: ca. 300
  • 1971: 741
  • 1981: 1.133
  • 1991: 1.247
  • 2001: 1.282

Einwohner

  • 1382: 735 (Pfarre?)
  • 1782: 793
  • 1794: 750
  • 1810: 588
  • 1830: 940
  • 1846: 1.452
  • 1851: 1.126
  • 1869: 1.223
  • 1880: 1.305
  • 1890: 1.419
  • 1926: ca. 2.200
  • 1971: 5.502
  • 1981: 5.102
  • 1991: 5.036
  • 2001: 4.607

Häuserschematismen

Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.

Bürgermeister

Keine Namen feststellbar.

Pfarrer

Vergleiche Festschrift Grinzing 1426-1926, S. 14.

Quellen

Literatur

  • Grinzing 1426-1926. Zur Erinnerung an die Erbauung der Grinzinger Kirche vor 500 Jahre. 1926
  • Godehard Schwarz: Grinzing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 28)
  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 267 ff.
  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XX, Taf. M
  • Heinrich Dauthage: Grinzing. Geschichte des berühmtenWeinortes vor den Toren Wiens. 1970
  • Elfriede Schulz: Geschichte des Dorfes Grinzing 1680-1820. Diss. Univ. Wien. Wien 1952
  • Hedwig Stoeger: Grinzing und seine Weingärten. 1923
  • Topographie von Niederösterreich. Band 3. Wien: Verlag des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1877-1929, S. 687 ff.
  • Adolf Schmidl: Wiens Umgebungen 1, S. 60 ff.
  • Emmerich Siegris: Der alte Weinbauort Grinzing und die Bestrebungen, sein Ortsbild zu erhalten. In: Jahrbuch Landeskunde Niederösterreich, NF 27. 1938, S. 299 ff.

Bevölkerungsgeschichte