Schweizerhof

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Der Schweizerhof (rechts vom Burgplatz) mit seinen verschiedenen Erweiterungstrakten wurde zum Kern einer der größten Residenzen Europas. Vogelschau von Daniel Suttinger, 1683
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1237
Datum bis
Andere Bezeichnung Schweizertrakt
Frühere Bezeichnung Burg, Alte Burg
Benannt nach Schweizergarde
Einlagezahl
Architekt Pietro Ferrabosco
Prominente Bewohner Karl VI., Joseph II., Franz I., Rudolf (Kronprinz von Österreich-Ungarn)
PageID 15121
GND
WikidataID
Objektbezug Hofburg, Appartements (Hofburg), Mittelalter, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Wolfgang Wirsig: Wiener Hofnamen
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Letzte Änderung am 28.08.2023 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname Hofburg Suttinger.jpg
Bildunterschrift Der Schweizerhof (rechts vom Burgplatz) mit seinen verschiedenen Erweiterungstrakten wurde zum Kern einer der größten Residenzen Europas. Vogelschau von Daniel Suttinger, 1683
  • 1., In der Burg

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48° 12' 24.78" N, 16° 21' 57.07" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Schweizerhof (1.), Kerntrakt und ältester Teil der Hofburg. Ursprünglich als "Burg" bezeichnet. Als 1582-1585 die Amalienburg errichtet wurde, nannte man den älteren Teil "Alte Burg" und den Neubau "Neue Burg". Immer mehr um verschiedene Trakte erweitert, ging der Burgcharakter allmählich verloren. Der Namen Schweizerhof leitet sich von der Schweizergarde ab, welche ab 1745 hier ihren Dienst tat.

Die Burg im Mittelalter

Die Gründung der Burg

Die Burg sicherte neben dem Widmertor die Ringmauer des frühen 13. Jahrhunderts. Strategisch hatte der Bau einer Festung an der Stadtmauer große Vorteile: Sie verstärkte die Befestigung nach außen hin an einer relativ problematischen Stelle, da man sich davor relativ gut in Stellung bringen konnte. Nach innen bot sie dem Herrscher Schutz vor den Stadtbewohnern. Fenster und Mauerwerkspartien, die während der letzten Jahrzehnte freigelegt wurden, erlauben, die Gründung der Burg in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts zu datieren. Diese ist wahrscheinlich in Zusammenhang mit der Besetzung Wiens durch Kaiser Friedrich II. (1220–1250) zu sehen. Der Staufer kommt nicht zuletzt wegen des auch in Wien angewandten Typus der Kastellburg in Betracht, der in seinem Herrschaftsbereich häufig nachzuweisen ist. König Ottokar II. Přemysl von Böhmen (Herzog von Österreich 1250–1276) hat diese erste Bauphase während der 1270er Jahre vollendet.

Kastellburg nach staufischem Muster

Die Burg um 1300, Rekonstruktion 2014

Der Gründungsbau, der von der Fläche her mit dem heutigen Schweizerhof in etwa ident ist, präsentierte sich als eine fast quadratische Niederungsburg mit vier vorspringenden Türmen, das heißt ein sogenanntes Kastell. Der heutige Hof des Schweizertraktes entspricht dem alten Burghof. Aller vier Türme der Burg sind im Kern noch erhalten. Der breiteste Turm war der Westturm (neben dem Widmertor) mit 14 mal 14 Metern, der höchste Turm war der Ostturm, der mit mehr als 25 Metern Höhe noch bis zur heutigen Dachlinie als Zehrgadenstiege erhalten ist. Zwei Trakte sind im 13. Jahrhundert belegt, ein Trakt im Südosten und der Haupttrakt (Palas) im Südwesten, in dem sich der große Saal befand. Die älteste Burgkapelle ließ Albrecht I. von Habsburg (1282-1308) gegen Ende des 13. Jahrhunderts bereits an jener Stelle bauen, wo sich die heutige befindet. Die zwei Meter starken Mauern der Burg waren mit sogenannten Buckelquadern (Quader mit einer buckelartig vorgewölbten Fläche und einem glattem Randschlag) verkleidet. Drei Schartenfenster, das heißt schmale Rundbogenfenster mit beidseitiger Schräglaibung, sind ebenfalls aus der ersten Phase der Burg bekannt. Sie wurden während der Sanierung der Schatzkammer 1985/1986 freigelegt, wo eines davon heute noch am Eingang derselben sichtbar ist. Schartenfenster sind typische Fensterformen für untergeordnete Räume. Mit Rundbögen kommen sie in Wien nicht nach der Mitte des 13. Jahrhunderts vor. Der Umbau der Schatzkammer 1985/1986 ermöglichte auch einen Blick auf die Innenseite des Burggrabens. Das Fundament der hofseitigen Mauer des Südosttrakts sowie Teile des Aufgehenden der Hofmauer des großen Südwesttrakts kamen ebenfalls vor wenigen Jahren zum Vorschein.

Die Burg im 14. Jahrhundert

Ein weiterer Ausbau der Burg fand im folgenden Jahrhundert statt.[1] Neben dem Südwest- und Südostflügel sowie der Kapelle ist nun auch die Existenz des Nordosttrakts anzunehmen. Das ebenfalls im 15. Jahrhundert erstmals belegte, an der Nordwestseite in den Burghof führende Tor dürfte bereits im 14. Jahrhundert vorhanden gewesen sein. Gleichfalls spätmittelalterlich ist die innere Futtermauer des Burggrabens, die im Kellergeschoß neben dem Fundament des Ostturms erhalten ist. Sie ist geböscht, besteht aus Bruchsteinen und wurde im 16. Jahrhundert überbaut.
Mehr als 200 Jahre lang, zwischen dem 15. Jahrhundert und der Zeit um 1700, werden alle Darstellungen der Burg durch emporragende Türme mit hohen Walmdächern, gemauerten Gaupen und Gängen auf Konsolen beherrscht. Diese Türme waren neben zahlreichen Kirchentürmen deutlich sichtbare Elemente im Stadtbild. Die dekorative Ausgestaltung der Türme und damit der Dachlandschaft war eine modische Erscheinung des 14. Jahrhunderts, die vor allem mit Frankreich in Verbindung zu bringen ist. Von Paris, Poitiers und anderswo ist der Stil im mittleren und späten 14. Jahrhundert über die Luxemburger (Kaiser Karl IV.) an die Habsburger vermittelt worden. Auch andere Burgen der Habsburger, wie etwa in Wiener Neustadt oder Freistadt, wurden mit derartigen Details ausgestattet. Im Westturm der Burg gründete Rudolf IV. 1356 eine Allerheiligenkapelle. 1358 erwirkte er bei Papst Innozenz VI. die Erhebung der Kapelle zu einer Kollegiatskirche mit einem Kapitel, das 1365 an die Stephanskirche transferiert wurde.

Ausbau unter Herzog Albrecht V.

Die kastellförmige Burg war im Verband mit der Stadtmauer Teil der Befestigung. Albertinischer Plan, nach einem Original von 1421/1422, entstanden nach 1460

Am besten belegt ist der Neubau der Burgkapelle, deren Weihe Herzog Albrecht V. (1404-1439) 1425 beiwohnen konnte.[2] Der obere Teil der reich mit gotischem Blendwerk geschmückten Kapellenfassade ist noch erhalten, aber heute durch einen Dachstuhl des Schweizerhofes verdeckt.
Albrecht V. war nicht nur für die neue Burgkapelle, sondern auch für die Aufstockung des Südwest- und Südosttrakts verantwortlich, die zwischen 1426 und 1438 stattfand. In der gesamten Länge des südwestlichen Baukörpers entstand im zweiten Obergeschoß ein “königlicher Saal”, der später auch Tanzhaus genannt wurde. Mit dem zugeordneten Raum im Westturm hatte der Saal eine Fläche von circa 450 Quadratmetern. Darüber, im dritten Obergeschoß, waren Wohnräume.

Die Burg am Ende des Mittelalters

Spätgotisches Portal aus der Zeit Kaiser Friedrichs III. im Hauptgeschoß des Schweizerhofes, das um 1478 datiert werden kann. Ausschnitt aus der Darstellung eines 1560 abgehaltenen Festmahls, 1561

Trotz enormer politischer und militärischer Schwierigkeiten setzte Kaiser Friedrich III. (1439-1493) immer wieder Akzente in der Burg. Der Südosttrakt wurde unterkellert, das dort anzutreffende Mauerwerk ist typisch für das 15. Jahrhundert. Viele verschiedene Anbauten – etwa im Bereich des Grabenzwingers – sind durch Schrift- und Bildquellen überliefert. Frühneuzeitliche Reiseberichte überliefern, dass Friedrich an der Burgfassade die bekannten Initialen – A E I O U –, wahrscheinlich am Torbau, anbringen ließ. Während der späten 1440er Jahre richtete Friedrich eine Allerheiligenkapelle oberhalb des Tors, zusätzlich zur Burgkapelle, ein.[3] Der Graben des 13. Jahrhunderts wurde höchstwahrscheinlich unter Friedrich III. erweitert und sein Rand nach außen versetzt. Erst im 16. Jahrhundert wurde der Graben wieder verschmälert und somit in die heute erhaltenen Dimensionen gebracht.
Der Teilungsvertrag von 1458 ermöglicht mit anderen Quellen die Rekonstruktion der Burg in jener Zeit. Demzufolge gab es mehrere Kellerräume und darüber im Erdgeschoß weitere untergeordnete Räume. Alle wichtigen Räume lagen in den Obergeschoßen. Der Trakt der Kaiserin, das sogenannte Frauenzimmer, war der Nordostflügel, im Südosttrakt wohnte noch 1458/1462 der Kaiser, während Albrecht VI. oberhalb des Tanzhauses, das heißt des königlichen Saals, untergebracht wurde. Im Südturm neben der Kapelle lagen das Archiv und die Schatzkammer. Im Haupttrakt unterhalb des Tanzsaals befand sich noch der alte Saal des 13. Jahrhunderts, der jetzt als Dürnitz (Speisesaal der Burggesellschaft) fungierte.

Die Burg um 1500, Rekonstruktion 2014

Mitte der 1470er Jahre begann die Transformation der Wiener Burg in ein spätgotisches Schloss. Eine Innenansicht von Hans Sebald Lautensack mit einem Festmahl, das 1560 abgehalten wurde, spielt eine zentrale Rolle in der Überlieferung dieses Ausbaus.[4] Es zeigt unter anderem eine spätgotische Wandgestaltung mit Portal, die, wie die kunsthistorische Stilanalyse zeigt, um 1478 entstanden sein muss. Das Portal führte in einen Raum, der im 16. Jahrhundert nachweislich die Wohnstube des Kaisers war. Ungefähr aus dieser Zeit muss auch ein Treppenturm stammen, der bis zum 18. Jahrhundert an der Mitte des Haupttrakts stand. Reste des Turms wurden an mehreren Stellen dokumentiert. Im zweiten Obergeschoß öffnete sich das Treppenhaus entweder in einen Saal, von dem die Stube des Kaisers neben dem Westturm abgetrennt gewesen ist, oder, wie im 16. Jahrhundert, in einen Flur, von dem aus man linkerhand einen Saal und eine Abfolge dreier Räume betrat. Der Nordturm wurde während der Belagerungen von 1462 und 1490 beschädigt und danach gekappt. Er wurde erst Mitte des 16. Jahrhunderts in vollem Umfang wiedererrichtet. Ab 1480 wurde ein großzügiger Lustgarten gegen die Michaelerkirche hin angelegt.

Renaissanceresidenz

Ausschnitt aus einem Plan von Augustin Hirschvogel, um 1547
Stadtplan von Bonifaz Wolmuet, 1547, Reproduktion von Albert Camesina, 1857/1858

Ferdinand I. übernahm 1521 die Herrschaft in den österreichischen Ländern. Die Erste Belagerung Wiens durch die Osmanen 1529 brachte einige Schäden an der Burg. Gleichzeitig mit deren Sanierung erfolgte die komplette Erneuerung der Trinkwasserversorgung. Diese Maßnahme bescherte auch der Wiener Bevölkerung einen öffentlichen, an der Alten Burg angebrachten Brunnen mit Fließwasser. Dafür setzte die Stadt Wien 1536 eine Dankestafel, die sich noch heute circa an der ursprünglichen Stelle befindet. Mit der Anlage des Irrgartens und der Kultivierung von Zitruspflanzen (Pomeranzen / Bitterorangen) ab 1534 im Bereich des heutigen Josefsplatzes entstand die erste innovative Anlage der renaissancezeitlichen Hofburg. An der Seite des Unteren Lustgartens ließ Ferdinand I. 1540-1542 ein Ballspielhaus mit einem bemerkenswerten Wendeltreppenturm erbauen.
Ab den 1540er Jahren bis in die Mitte der 1550er Jahre fanden in der der Alten Burg massive Um- und Neubauten statt: 1543-1549 erfolgte die komplette Neuerrichtung des Nordosttraktes für Königin Anna und ihren Hofstaat. Die darin eingebaute, sanft ansteigende Damentreppe von 1545 zählt zu den frühesten Beispielen einer italienischen Treppe mit geraden Läufen in Zentraleuropa. Sie wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts beim Innenumbau dieses Traktes und des Neubaus der Säulenstiege abgebrochen. Der Turm in der Nordecke der Alten Burg, der 1490 derart beschädigt wurde, dass man ihn aus Sicherheitsgründen abkappen musste, wurde 1549 wieder hochgezogen. Damit hatte die Residenz wieder, wie ursprünglich angelegt, alle vier hoch aufragenden Türme, die sie aus der Fernsicht in der Stadtsilhouette unverwechselbar markierten. So erlangte das allgemein hoheitliche Bauschema Vierturmkastell mit der Wiener Burg imperiale Symbolwirkung und war diesbezüglich im Heiligen Römischen Reich von enormer Vorbildwirkung.

Nach der Fertigstellung des Damentraktes erhielt der Königstrakt, der mittelalterliche Palas im Südwesten der Alten Burg, 1545 bis 1554 eine Rundumerneuerung: 1549 wurde ein vierteiliges, kostbar ausgestattetes zeremonielles Appartement mit Vorraum, Wartstube (auch Grüne Stube, ab 1560 Tafelstube und ab 1571 Ritterstube genannt), Wohnstube und Schlafkammer eingebaut. 1549 bis 1554 ließ Ferdinand nach Entwurf von Hofarchitekt Francesco de Pozzo einen weiteren mehrgeschossigen Treppenhausbau, dessen Stützpfeiler bis heute erhalten sind, in die Südecke des Schweizerhofes einstellen.

Das wehrhafte Aussehen der Burg wurde durch die Beibehaltung der Ecktürme betont. Das Schweizertor bildete einen Akzent auf der gleichförmig gestalteten Fassade. Rechts ein früher Erweiterungsbau, der Kindertrakt. 1561

1551 bis 1554 entstand an der Eingangsseite der Alten Burg ein völlig neu erbauter Trakt mit einem monumentalen, an römisch-antiken Triumphbögen orientierten Zugang. Die seit dem 18. Jahrhundert Schweizertor genannte Portalanlage, 1552-1553 errichtet, ist eines der frühesten Beispiele dorischer Ordnung an Portalen der zentraleuropäischen Renaissance. [5]

Innenhof der Burg 1564, Rekonstruktion 2013

Alle Fassaden der Alten Burg, auch die der beiden mittelalterlichen Trakte im Südwesten und Südosten ließ Ferdinand I. neu gestalten: Die Steinmetzteile der Fenster und Portale kamen aus dem Dornbacher Steinbruch, in dem der blaugraue Flyschquarzsandstein von Antonio Pozo und Bartholomäus Bethan gebrochen wurde. Dieser Stein wurde nach einer Imprägnierung mit Leinöl ohne Farbanstrich an der Alten Burg versetzt. Die Renaissancefassaden an der Alten Burg sind bis heute in ihrer bauzeitlichen Form erhalten, allerdings wurden sie in den 1990er Jahren mit einem unpassenden beigen Farbanstrich überzogen. Das ursprüngliche Erscheinungsbild der Alten Burg, das insgesamt noch bis in die 1980er Jahre bestand, konnte an der Nordostseite 2009 wieder hergestellt werden.
An allen Renaissancefassaden der Alten Burg befinden sich über den Fenstern Reliefs, die je ein Kettenglied der Ordenskette vom Goldenen Vlies darstellen: Feuereisen und Feuerstein mit Funken - hinterlegt mit dem Astkreuz des heiligen Andreas, Patron des Vliesordens und des Herzogtums Burgund. Die Feuereisen-Symbolik, die auch das Schweizertor ziert, entwickelte Ferdinand I. für die österreichische Linie des Hauses Habsburg, deren Gründungsvater er war. Diese unverwechselbare Bildsprache sollte den Bezug zu Ferdinands Großvater, Kaiser Maximilian I., ausdrücken, der durch Heirat das Herzogtum Burgund und damit die Souveränität des Ordens vom Goldenen Vlies an das Haus Habsburg brachte. Die Feuereisen-Symbolik entsprach auch jenem Image, das Ferdinand seit der erfolgreichen Abwehr der Osmanen pflegte: Retter Europas, Hüter der katholischen Kirche, Beschützer der Christenheit und Bewahrer der Einheit der Kirche.

1560 in der Großen Tafelstube abgehaltenes Festbankett, 1561

Für den 1552 aus Spanien zurückberufenen Sohn und Nachfolger Ferdinands, Maximilian II., wurde 1551-1554 der sechsachsige Kindertrakt im Anschluss an den Westturm der Alten Burg errichtet. Diesen Trakt ließ Rudolf II. 1582 bis 1585 in sein luxuriöses Sommerhaus umbauen und mit dem neu errichteten Basteitrakt ergänzen. Auch für Maximilians Gemahlin, Maria von Spanien, richtete man im Nordwesttrakt der Alten Burg über dem Schweizertor 1551 bis 1554 ein vierteiliges Appartement ein, da der Damentrakt nach dem frühen Tod von Königin Anna im Jahr 1547 vernachlässigt worden war und 1558 bis 1564 renoviert werden musste. Im Zuge dieser Sanierung erhielt der Damentrakt auf Wunsch Marias 1562 bis 1563 gartenseitig einen Vorbau mit einer Terrasse unter säulengestütztem Dach.

Von Rudolf II. bis Leopold I.

Nächtliches Bankett, das wahrscheinlich in der Ritterstube der Alten Burg ausgerichtet wurde. 1640
Die Alte Burg von der Amalienburg gesehen, 1650, Rekonstruktion 2013
Erbhuldigung in der Ritterstube der Alten Burg, 1705

Unter Kaiser Rudolf II., der von 1576 bis 1583 in Wien und ab 1583 in Prag residierte, wurde in der Alten Burg umfangreich gebaut: Mit Ausnahme des Südwestflügels ließ er alle Trakte um ein Geschoß erhöhen sowie Zwischendecken und Raumhöhen verändern. Der Nordosttrakt erhielt ein Grabendach und der Nordturm einen neuen Helm. Der Hofkünstler Hans Apfelmann gestaltete alle Zeremonialräume der Alten Burg 1588–1596 mit vergoldetem Stuck und Malereien neu aus. Sein weitläufiges Wiener Luxusappartement gedachte Rudolf II. jedoch nie zu nutzen. Seine Bauaktivitäten in Wien überforderten alle Ressourcen und hatten schwerwiegende Mängel zur Folge. Diese konnten unter Matthias, der als Kaiser ab 1612 wieder in Wien residierte, nicht behoben werden und führten schließlich 1618 zum teilweisen Einsturz des Nordosttraktes.
Erst unter Kaiser Ferdinand II. fand nach der Berufung von Giovanni Battista Carlone als Hofarchitekt ab 1620 die Generalssanierung der Alten Burg statt: Der Nordosttrakt wurde wiederaufgebaut und der Nordturm endgültig bis unter das Dach abgetragen. Der Nordwesttrakt erhielt um 1629 hofseitig den heute noch bestehenden, schmalen Anbau mit offenen Pfeilerarkaden, die an den drei anderen Hofseiten als Blendarkaden weitergeführt wurden. Dies beeinträchtigt die Sichtbarkeit der Front des Schweizertors zum Innenhof. Carlone übernahm in den 1630er Jahren auch der Ausbau des Südosttraktes der Alten Burg. Das Kaiserappartement im Südwesttrakt mit dem Trabantensaal, der Ritterstube und der Antecamera im Turmzimmer ließ Ferdinand II. in den Nordwesttrakt hinein mit einer zweiten Antecamera erweitern. An diese schlossen die Ratsstube, das Konferenzzimmer, die Retirade (Privatraum des Herrschers) und schließlich das Schlafzimmer des Kaisers an, eine Anordnung, die so bis 1705 bestehen blieb.

Unter Leopold I., der ab 1660 den Leopoldinischen Trakt errichten ließ, erfolgten in der Alten Burg 1690–1693 im Südwesttrakt, der die Repräsentationsräume des Kaisers beherbergte, und im anschließenden Nordwesttrakt massive Umbauten: Den Südwesttrakt stockte man um ein Halbgeschoß auf um ihn damit auf die Höhe des neu erbauten Leopoldinischen Traktes zu bringen. Diese Angleichung ermöglichte die zwischen 1696 und 1705 vorgenommene Weiterführung der Fassadengliederung des Leopoldinischen Traktes an der Südwestseite der Alten Burg.

Die Alte Burg nach 1705

Die Säulenstiege, nach 1918

Nach seiner Thronbesteigung 1705 übersiedelte Joseph I. nicht in das traditionelle kaiserliche Appartement im ersten Obergeschoß der Alten Burg, sondern blieb in jenem Appartement im Leopoldinischen Trakt, das er gemeinsam mit seiner Gemahlin Amalia Wilhelmine von Braunschweig-Lüneburg nach ihrer Vermählung 1699 bezogen hatte. Diese Räumlichkeiten schlossen in direkter Folge an die Erste Antekammer in der Alten Burg an - auf diese Weise konnten die ersten Räume des kaiserlichen Appartements (Treppenhaus, Trabantenstube, Ritterstube und Erste Antekammer) beibehalten werden und fanden ihre lineare Fortsetzung ab der Zweiten Antekammer im Leopoldinischen Trakt. Das Appartement des Kaisers und das daran anschließende Appartement der Kaiserin lagen nun erstmals in einer Zimmerflucht. Welche Funktion das ehemalige kaiserliche Appartement in der Alten Burg unter Karl VI. zunächst bekam, ist quellenmäßig nicht belegt, seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war hier stets der Thronfolger untergebracht. Der spätere Kaiser Joseph II. bezog die Räumlichkeiten bereits im Alter von sieben Jahren, und auch Franz II. und sein Sohn Ferdinand bewohnten dieses Appartement als Kronprinzen.


Bis ins frühe 18. Jahrhundert besaß die Alte Burg drei ihrer ehemals vier Türme, doch 1708 meldete das kaiserliche Hofbauamt die Baufälligkeit des Südturmes bei der Burgkapelle. Die Schäden müssen so gravierend gewesen sein, dass Teile der Mauern bis zur Sakristei im Mezzanin abzutragen waren. Der Wiederaufbau erfolgte bis 1710 nach Plänen von Hofingenieur Johann Lucas von Hildebrandt; der Turm als solcher blieb nicht erhalten, sondern wurde in der Höhe dem übrigen Gebäude angeglichen. In den 1750er Jahren kam es zum Abbruch der verbliebenen zwei Türme: Spätestens 1753 wurde der Westturm am Übergang zum Leopoldinischen Trakt abgetragen und 1756 folgte der Ostturm, dessen Dachstuhl einzustürzen drohte.

Treppen zur Burgkapelle (links) und zur Botschafterstiege (Mitte) im Innenhof. Die Arkaden beziehungsweise Blendarkaden, die den Innenhof optisch dominieren, stammen aus der Zeit um 1629. Fotografie, um 1890

Die Renovierung der Burgkapelle im Auftrag Maria Theresias 1748 gab den Auftakt zu weitreichenden Umbauten im Südwesttrakt der Alten Burg, denn zeitgleich zu den Arbeiten in der Kapelle wurden die davor liegende Renaissancetreppe sowie der alte gotische Treppenturm abgebrochen und durch eine neue Prunktreppe ersetzt (1748–1751). Nach dem Vorbild der (nicht mehr erhaltenen) Escalier des Ambassadeurs in Versailles gestaltete Jean Nicolas Jadot die neue Botschafterstiege als zweiläufige, zweiarmige Treppe. Durch den Bau der Treppe verkleinerte sich die Hoffläche des Schweizertraktes. In weiterer Folge wurde auch das kaiserliche Appartement renoviert, alle Räume in ihrer Größe einander angeglichen und neu ausgestattet. Im Gegensatz zur Botschafterstiege, die nur ins erste Obergeschoß verläuft, reicht die Säulenstiege (um 1750) im Nordosttrakt vom Erdgeschoß bis ins dritte Obergeschoß und wurde zur besseren räumlichen Erschließung der Alten Burg errichtet. 1747 veranlasste Maria Theresia eine Neueinrichtung der Schatzkammer, die von der Säulenstiege aus erreichbar war[6]

Franz I. und seine Familie

Kaiser Franz I. in seinem Arbeitszimmer in der Alten Burg, 1826
Die Alte Burg vom Burgplatz aus. Am Fenster oben rechts nimmt Kaiser Franz gerade die Parade der Burgwache im Burgplatz ab. 1831

Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Schweizertrakt Sitz für den späteren Kaiser Franz und seine Familie. Zunächst quartierte man seine Braut, Elisabeth von Württemberg, hier basteiseitig im 2. Obergeschoß ein. Sie war 1782 nach Wien gekommen, um auf ihre künftige Rolle als Kaiserin vorbereitet zu werden.[7] Franz selbst wohnte nach seiner Ankunft aus Florenz 1784 im ehemaligen Kaiserappartement im 1. Obergeschoß. Ab Dezember 1786 wurde für ihn ebenfalls im 2. Obergeschoß ein Appartement eingerichtet, das sich im Flügel zum Burgplatz hin befand. Er sollte es Zeit seines Lebens bewohnen. Von seinen vier Gemahlinnen wohnten außer Maria Ludovika, die im 2. Obergeschoß des Leopoldinischen Traktes ihr Appartement einrichten ließ, alle im Schweizerhof. Die Appartements wurden durch den Astronomisch-mathematischen Turm (1793) und den Terrassengarten am Augustinergangtrakt (1791) ergänzt. Über diesen gab es später einen unterirdischen Gang in den 1820 vollendeten Burggarten[8] Während des Wiener Kongresses residierten König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (Kronprinzenappertement) und König Friedrich VI. von Dänemark (2. Obergeschoß) im Schweizertrakt. Kaiser Franz ließ für die Botschafterstiege von Josef Kässmann 1829 die Figurengruppe "Jason und Medea" anfertigen.

Der Schweizerhof nach 1835

Unterricht von Franz Joseph I. im ehemaligen Sitzzimmer des Appartements von Franz I., um 1846
Zimmer von Erzherzog Ludwig Viktor im ehemaligen Appartement von Franz I., 1861

1836 wurde das Appartement von Franz für den Kronprinzen Franz Joseph adaptiert, der dort mit seinen Brüdern aufwuchs. Als Kaiser bezog er 1849 das traditionelle Appartement im Leopoldinischen Trakt. Das Kronprinzenappartement im ersten Obergeschoß der Schweizertraktes stand zunächst Feldmarschall Radetzky zur Verfügung, wovon es noch heute einen Namen hat, und dann den Kindern von Franz Joseph und Elisabeth. Nach dem Tod der Kaiserinwitwe Karoline Auguste 1873 wurde für Kronprinz Rudolf das von ihr bewohnte, basteiseitige Appartement im 2. Obergeschoß eingerichtet (1881 erweitert), von dem der Ahnensaal und der türkische Salon besonders hervorzuheben sind.

Kaiser Karl I. auf der Fronleichnamsprozession im Schweizerhof, 7. Juni 1917

In der späteren Monarchie wurde der Schweizerhof in seiner Substanz gepflegt. 1894/1895 wurde die 1536 datierte Wappentafel des Brunnens an der Lustgartenmauer an ihren heutigen Ort versetzt, also an der Schweizertraktfassade zum Burgplatz hin. Von den jüngeren Restaurierungsarbeiten ist die Sanierung der Schatzkammer hervorzuheben, bei der 1985-1986 die Fläche erheblich vergrößert, der Eingang an die jetzige Stelle verlegt und neu gestaltet worden ist.


Museen und Organisationen im Schweizerhof

Literatur

  • Renate Leggatt-Hofer [bis 2015 Holzschuh-Hofer] / Reinhold Sahl [Hg.]: Die Wiener Hofburg. Sechs Jahrhunderte Machtzentrum in Europa. Wien: Brandstätter Verlag 2018
  • Maria Welzig [Hg.]: Die Wiener Hofburg seit 1918. Von der Residenz zum Museumsquartier. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2018 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 5; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 16 ; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 447)
  • Hellmut Lorenz / Anna Mader-Kratky [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 3; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 14; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 445)
  • Mario Schwarz [Hg.]: Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfängen der Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 1; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 12; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 443)
  • Renate Leggatt-Hofer (bis 2015 Holzschuh-Hofer): Wien unter Ferdinand I. 1521–1564. Über die Verflechtungen von Fürst, Stadt und Residenz aus kunsthistorischer Perspektive. In: Historie – Otázky – Problémy (HOP) 2 (2015; erschienen 2016), Prag - Residenz des Habsburgers Ferdinand I. 1526–1564, S. 60-70
  • Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 2; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 13 ; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 444)
  • Werner Telesko [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1835-1918. Der Ausbau der Residenz vom Vormärz bis zum Ende des „Kaiserforums“. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2012 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 4; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 15; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 446)
  • Renate Holzschuh-Hofer [seit 2015 Leggatt-Hofer: Feuereisen im Dienst politischer Propaganda von Burgund bis Habsburg. Zur Entwicklung der Symbolik des Ordens vom Goldenen Vlies von Herzog Philipp dem Guten bis Kaiser Ferdinand I. In: RIHA Journal 6 (2010)]
  • Renate Holzschuh-Hofer [seit 2015 Leggatt-Hofer]: Die renaissancezeitliche Hofburg und das Schweizertor mit seiner Programmatik im Lichte der neuen Erkenntnisse durch die Bauforschung. In: Renate Holzschuh-Hofer / Susanne Beseler: Nobles Grau-Gold. Bauforschung am Schweizertor in der Wiener Hofburg. In: Österreichische Zeitschrift für Denkmalpflege 62/4 (2008), S. 643–660
  • Renate Holzschuh-Hofer [seit 2015 Leggatt-Hofer]: Die Wiener Hofburg im 16. Jahrhundert: Festungsresidenz Ferdinands I. In: Österreichische Zeitschrift für Denkmalpflege 61/2-3 (2007), S. 307–325
  • Ferdinand Opll: Ferdinand I. und seine Stadt Wien. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 61 (2005), S. 73–98
  • Christiane Thomas: Wien als Residenz unter Kaiser Ferdinand I. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 49 (1993), S. 101–117
  • Moriz Dreger: Baugeschichte der k. k. Hofburg in Wien bis zum XIX. Jahrhunderte. Wien: Schroll 1914 (Österreichische Kunsttopographie, 14)

Einzelnachweise

  1. Mario Schwarz [Hg.]: Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfängen der Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 1; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 12; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 443), S. 159-172.
  2. Mario Schwarz [Hg.]: Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfängen der Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 1; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 12; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 443), S. 298-355.
  3. Herbert Karner: Der leopoldinische Trakt 1660-1705. In: Mario Schwarz [Hg.]: Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfängen der Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 1; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 12; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 443), S. 413-423.
  4. Mario Schwarz [Hg.]: Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfängen der Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 1; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 12; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 443), S. 433-436.
  5. Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 2; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 13 ; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, 444), S. 111-122.
  6. Die Schatzkammer wurde verkleinert, da ein großer Teil des rudolfinischen Galerietraktes der Erweiterung des Alten Burgtheaters weichen musste. Der Schatzkammer verblieben ein kleiner, unmittelbar an die Alte Burg angrenzender Rest des Galerietraktes sowie der angestammten Räume im Schweizertrakt.
  7. Die erste Zeit war sie bei den Salesianerinnen am Rennweg untergebracht, doch erwies sich dieses Quartier als unangemessen.
  8. Der Garten war durch eine öffentlich zugängliche Kurtine der Stadtbefestigung von der Hofburg getrennt.