Wiener Küche

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Küchenträger, Kupferstich 1775
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 27.09.2019 durch WIEN1.lanm09was
Bildname Küchenträger.jpg
Bildunterschrift Küchenträger, Kupferstich 1775

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Die "Wiener Küche" ist wahrscheinlich weltweit die einzige Küche, die nach einer Stadt benannt ist. Sie hat eine lange Tradition, manche Gerichte (Gugelhupf, Palatschinken) lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen, doch der Kanon der Wiener Gerichte wurde erst im 19. Jahrhundert durch Einflüsse aus den Kronländern komplett.

Geschichte der Wiener Küche

Mittelalter

Entsprechend der starren (nach dem Glauben der Zeitgenossen göttlichen), stark sozial differenzierten Gesellschaftsordnung waren im Mittelalter nicht alle Speisen für alle Gesellschaftsschichten zugänglich. Der größte Teil der Bevölkerung musste sich auf regionale Nahrungsmittel wie Getreide (Gerste, Hirse) und Gemüse (Kraut, Rüben, Bohnen) beschränken, die gut lagerfähig waren und meistens zu Breien, Suppen und Mus (woher sich auch das Wort "Gemüse" ableitet) verarbeitet wurden. Fleisch wurde in bäuerlichen Familien nur an besonderen Festtagen gegessen.

Für die oberen Gesellschaftsschichten wie dem Adel und dem hohen Klerus galt die Tafelkultur hingegen als Statussymbol. Die Jagd war ein Privileg des Adels, weshalb dieser Schicht Wildspeisen vorbehalten waren. Auch das "Wasserrecht" (Fischerei, Mühlen) blieb den "Herrschaften" vorbehalten. In den vornehmen Haushalten war aber auch der Einfluss der Küche aus dem Mittelmeerraum und aus Byzanz erkennbar. Mit der wachsenden Bedeutung der Städte als Handelszentren im Spätmittelalter wurden auch Teile des Bürgertums reich und übernahmen die Essgewohnheiten der Oberschicht.

Da nur wenige Menschen alphabetisiert waren, geben Kochbücher dieser Zeit lediglich die Speisen der Oberschicht oder der Klöster wider. Unter anderem findet man hier Rezepte für Vorläufer der klassischen Wiener Küche, wie etwa gekochtes Rindfleisch und Rindsuppe, auf die die im 19. Jahrhundert berühmt gewordene Wiener Rindfleischküche, deren populärstes Gericht der Tafelspitz ist, zurückzuführen ist[1]. Fleisch und Gebäck (Krapfen) wurden oft schwimmend in Schmalz gebacken. Diese Zubereitungsart wurde jahrhundertelang beibehalten bis Mitte des 20. Jahrhunderts das Schmalz durch das als gesünder erachtet und geschmacksneutrale Öl abgelöst wurde. Ebenso ist der Brauch zu Martini (11. November) Gänse zu essen, mittelalterlichen Ursprungs. An diesem Tag waren Steuern fällig, die auch in Naturalien wie Geflügel oder Federn beglichen werden konnten. Es war außerdem nicht möglich, alle Tiere über den Winter durchzufüttern, weshalb man sie im November schlachtete.

Angesichts der ständig drohenden Hungersnöte durch Kriege und Missernten war die Vorratshaltung absolut überlebensnotwendig. rratshaltung Bereits im Mittelalter waren verschiedene Methoden, Lebensmittel zu konservieren bekannt, so konnte man Gemüse fermentieren (Sauerkraut), Fleisch hängte man in den Kamin, um es zu räuchern. Traditionell wird noch heute Geselchtes mit Kraut und Knödeln serviert.

Frühe Neuzeit

Nach der Entdeckung Amerikas kamen unbekannte Agrarprodukte wie Erdäpfel, Paradeiser, Paprika (Spanischer Pfeffer) und Schokolade nach Europa, die sich als wesentliche Zutaten der Wiener Küche etablierten.

Zur autochthonen Wiener Küche kamen etwa ab dem 16. Jahrhundert die Einflüsse aller Gebiete der späteren österreichisch-ungarischen Monarchie und ihrer Nachbarländer, vereinzelt auch Frankreichs und Englands. Die übernommenen Speisen wurden in Wien geschmacklich angepasst und verfeinert und allmählich zur gesamtösterreichischen Küche.

1716 meinte der deutsche Autor Paul Jacob Marperger: "Ich werde auch nicht irren / wann ich sage, /daß vielleicht in Oesterreich die besten Köche und Köchinnen der Welt anzutreffen...", und zwar wegen des kaiserlichen Hofs und der vielen Gesandten, die ihre Köche bei sich haben und die untereinander wetteifern. "An dem Kayserlichen Hofe selbst / seynd die Spanische, Teutsche, / Wälsche und Ungarische Koch-Arten gleichsahm concentrirt..."[2]

Die Einflüsse spanischer Köche, die mit Karl VI. nach dem verlorenen Erbfolgekrieg nach Wien kamen, sind in der Wiener Küche marginal: Der Spanische Wind(Baiser, Meringue) wurde zu kunstvollen Torten verarbeitet und wird heute noch als Windbäckerei gegessen. Diese Feinbackware erfreute sich aber auch in der französischen Küche höchster Beliebtheit.

Aus dem "Spanischen Brot" wurde der Scheiterhaufen, ein süßer Auflauf. Auch die noch im Biedermeier sehr beliebte Oliosuppe ist spanischen Ursprungs.

Von der Zeit Maria Theresias bis zum Ersten Weiltkrieg

So kamen nach Wien

  • aus den Osmanischen Reich der Strudel
  • aus Ungarn das Gulasch, das Paprikahuhn und die Debrecziner Würste,
  • aus Böhmen die vielen Germ-Mehlspeisen, wie Buchteln, Kolatschen und Fleckerlspeis,
  • aus Italien Spaghettigerichte, Risotto, Salami, Mortadella und Zervelat,
  • aus dem ehemaligen Jugoslawien das serbische Reisfleisch, die serbische Bohnensuppe und die Cevapcici,

um nur einiges zu nennen.


Typische Gerichte (Auswahl)

Typische Gerichte finden sich unter den geläufigen Bezeichnungen oder unter Sammelbezeichnungen:

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Weiterführende Beiträge



Quellen

  • Paul Jacob Marpgerger: Vollständiges Küch- und Keller-Dictionarium [...] Hamburg: Benjamin Schillers Witwe 1716

Literatur

Allgemein

  • Ingrid Haslinger: Die Wiener Küche. Eine Kulturgeschichte. Wien: Mandelbaum Verlag 2018
  • Heinz-Dieter Pohl: Von Apfelstrudel zu Zwetschkenröster. Kleines Handbuch der österreichischen Küchensprache. Wien: Ueberreuter 2008
  • Julia Danielczyk / Isabella Wasner-Peter [Hg.]: "Heut' muß der Tisch sich völlig bieg'n". Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum 2007
  • Hannes Etzelstorfer [Hg.]: Küchenkunst und Tafelkultur. Culinaria von der Antike bis zur Gegenwart. Wien: Verlag Brandstätter und Österreichische Nationalbibliothek 2006
  • Franz Maier-Bruck: Das große Sacher Kochbuch. Die österreichische Küche. München: Schuler Verlagsgesellschaft 1975
  • Klaus Dürschmid: Zur Geschichte des deutschsprachigen Kochbuchs
  • Kulinarisches Erbe Österreich: Geschichte der Ess- und Trinkkultur

Mittelalter

  • Reinhard Pohanka [Hg.]: Um die Wurst. Vom Essen und Trinken im Mittelalter. [Katalog zur 323. Sonderausstellung des Wien Museums]. Wien: Museen der Stadt Wien 2005
  • Doris Aichholzer: "Wildu machen ayn guet essen…" Drei mittelhochdeutsche Kochbücher: Erstedition, Übersetzung, Kommentar. Bern [u. a.]: Peter Lang 1999

Frühe Neuzeit

  • Peter Csendes / Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 2: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert). Hg. von Karl Vocelka und anita Traninger. Wien [u. a.]: Böhlau 2003, S. 162 - 169


Einzelnachweise

  1. Doris Aichholzer: "Wildu machen ayn guet essen…" Drei mittelhochdeutsche Kochbücher: Erstedition, Übersetzung, Kommentar. Bern [u. a.]: Peter Lang 1999, S. 120, S. 368
  2. Paul Jacob Marpgerger: Küch- und Keller-Dictionarium... Hamburg: B. Schillers Witwe 1716, S. 863