Maikäfersuppe

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Maikäfersuppe, Rezept im Welt Blatt vom 17. Mai1882
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Objektbezug Wiener Küche
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Letzte Änderung am 2.05.2020 durch WIEN1.lanm08mic
Bildname Maikäfersuppe.jpg
Bildunterschrift Maikäfersuppe, Rezept im Welt Blatt vom 17. Mai1882

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Insekten wurden bereits in der Antike gegessen, verloren aber an Bedeutung in der europäischen Küche. Auch in Nordamerika spielen sie als Nahrungsmittel keine Rolle, während Insekten, Würmer und Spinnen in weiten Teilen der Welt zu den Grundnahrungsmitteln zählen.

Eine Ausnahme bildeten die Maikäfer, die auch in Europa bis ins 20. Jahrhundert gegessen wurden. 1844 veröffentlichte ein Dr. Schneider im "Magazin für die Staatsarzneikunde" den Artikel "Maikäfersuppen, ein vortreffliches und kräftiges Nahrungsmittel".

Für eine Portion Maikäfersuppe braucht man demnach 30 Käfer. Sie werden gewaschen, in einem Mörser zerstoßen, in heißer Butter geröstet und in Fleischbrühe gekocht, abgeseiht und mit "Semmelabschnitten" angerichtet. Eine schlechte Bouillon könne durch die Zugabe von Maikäfern verbessert werden.

Eventuelle Vorbehalte versuchte er zu entkräften: "[…] ich sehe gar nicht ein, warum man die Maikäfer bisher so verachtet hat und noch verachtet. Sehen sie ekelhafter aus als die Schildkröten, aus welchen die so berühmten und theuren Kraftsuppen bereitet werden? Alle Gäste, welche bei mir, ohne es zu wissen und ohne es zu erfahren, Maikäfersuppen genossen haben, verlangten doppelte, ja dreifache Portionen!"

Angesichts ständig wiederkehrender Maikäferplagen wurde dieses Rezept immer wieder, manchmal leicht variiert, auch in der österreichischen Presse abgedruckt. Manche Zuckerbäcker boten auch kandierte Maikäfer an. Maikäfer wurden außerdem an Nutztiere (Hühner, Schweine) verfüttert oder zu Dünger verarbeitet. Weiters verwendete man Maikäferfett als Schmiermittel und bis in den Zweiten Weltkrieg als Lampenöl.

Der englische Gutsherr Vincent W. Holt sah in Insekten auf dem Speiseplan einen möglichen Lösungsansatz, um Ernteausfälle durch Insekten und Hunger in den ärmeren Bevölkerungsschichten gleichermaßen zu bekämpfen. 1885 veröffentlichte er den Aufsatz "Why Not Eat Insects?"

Obwohl Insekten und Würmer ernährungsphysiologisch ebenso wertvoll wie das Fleisch von Warmblütlern sind, konnten sie sich lange nicht als Nahrungsmittel in Europa durchsetzen. In jüngster Vergangenheit gewannen sie jedoch aufgrund einer stetig steigenden Weltbevölkerung und knapper werdender Ressourcen zunehmend an Bedeutung.

Literatur