Mohr im Hemd

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Mohr im Hemd / Schokogugelhupf
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Wiener Küche
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 19.04.2022 durch WIEN1.lanm08tau
Bildname mohrimhemd.jpg
Bildunterschrift Mohr im Hemd / Schokogugelhupf

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Der "Mohr im Hemd" ist eine Wiener Mehlspeise. Sie wird meist in kleinen Portionsförmchen im Wasserbad oder Dampf zubereitet und heiß serviert. Solcherart zubereitete Speisen nennt man "Dunstkoch" oder "Pudding". Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Mehlspeisen aufgrund der vielen Fasttage an fleischlosen Tagen auch oft als Hauptspeise serviert, hingegen kommt diese Süßspeise heute fast ausschließlich als Dessert auf den Tisch. Bei Katharina Prato finden sich 1865 vier verschiedene Zubereitungsarten eines "Chocolade-Kochs" ("Mit Vanille", "Mit Rum", "Als Auflauf","Mit Obersschaum"), die dem "Mohr im Hemd" schon sehr nahe kommen.

Der Name "Mohr im Hemd" taucht zuerst in der 20. Auflage von Katharina Pratos "Süddeutscher Küche" als -"Schwarzes Koch als Mohr im Hemd" auf, wahrscheinlich als Hommage an die erfolgreiche Wiener Erstaufführung von Verdis "Otello" in der Hofoper. Auch der Name "Der Mohr in Venedig" für eine Mohntorte mit Germ als Triebmittel deutet auf diesen Zusammenhang hin.

Der klassische "Mohr im Hemd" besteht aus Butter, Dotter, Zucker, geriebener Schokolade, mit der Schale geriebenen Mandeln sowie mit Kristallzucker aufgeschlagenem Eischnee. Vor dem Servieren wird der Pudding mit Schokoladesoße übergossen und mit Schlagobers verziert. Variationen gibt es unter anderem ohne Mandeln, mit Haselnüssen, Bröseln oder in Milch geweichten ausgedrückten Semmeln.

Bis ins späte 20. Jahrhundert war der Ausdruck "Mohr" durchaus gebräuchlich, wenn auch fast ausschließlich im künstlerisch-kulturellen und historisierenden Zusammenhang sowie in der Werbung. Ausgehend von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre begann auch in Österreich eine kritische Auseinandersetzung mit tradierten (Alltags-)Rassismen. Zu Beginn der 2000er Jahre war die Diskussion auch bei diskriminierenden Bezeichnungen von Speisen angekommen, auf die Gastronomen und Kochbuchautorinnen und –autoren zunehmend mit neuen Namen für den "Mohr im Hemd" reagieren, beispielsweise "Schokohupf mit Schlag", "Schoko-Mandel-Soufflee mit Schokoladesoße und Schlagobers" oder "Schokoladekoch".

Literatur

  • Philipp Blom / Wolfgang Kos: Angelo Soliman. Ein Afrikaner in Wien. Wien: Wien Museum / C. Brandstätter 2011, S. 227
  • Dietmar Fercher / Andrea Karrer: Süße Klassiker. Die feinsten Desserts und Mehlspeisen aus Österreich. Salzburg: Residenz Verlag 2010
  • Katharina Prato: Die Süddeutsche Küche. Graz: Styria, 20. Aufl. 1889, S. 375
  • Katharina Prato: Die Süddeutsche Küche. Graz: Styria, 5. Aufl. 1865, S. 386
  • Eduard Mayer: Wiener Süßspeisen. Linz: Trauner 1986
  • Hans Eckel: Was koche ich heute? Küchenkalender für 365 Tage mit 2400 Speisenvorschlägen. Der praktische Ratgeber für Kocherfahrene und Kochneulinge. Wien: Verlag Econ 1931
  • Wolf Neuber: Der K.u.K. Mehlspeishimmel. Rezepte aus der guten alten Zeit. Wien [u.a.]: Ueberreuter 1982
  • Armand Feka: Wiens Lokale kreieren neue Namen. In: Die Presse, 23.03.2012