Speisekarten

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Speisen-Tarif im Gasthofe zum goldenen Lamme in der Leopoldstadt [ca. 1824]
Daten zum Begriff
Art des Begriffs Quellenkunde
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Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 16.03.2023 durch WIEN1.lanm09was
Bildname Speisekarte.jpg
Bildunterschrift Speisen-Tarif im Gasthofe zum goldenen Lamme in der Leopoldstadt [ca. 1824]


Vorläufer unserer heutigen Speisekarten (Speisenkarten), in Wien auch Speiszettel genannt, gab es schon in der Antike. Auch ist überliefert, dass Herzog Heinrich von Braunschweig 1521 die Speisefolge eines Festessens beim Reichstag zu Worms aufschreiben ließ.

Wirte verzeichneten die angebotenen Speisen auf Schiefertafeln, die vor den Geschäften angebracht waren. Paul Jacob Marperger berichtet 1716, "daß auch an vielen Orten in Österreich / wie in Schweden die Gewohnheit eingeführt / daß in öffentlichen Wirths-Häusern ein Täfelein aushanget / auf welchem verzeichnet stehet, was ein Gast und Passagier, der mit vier oder sechs Gerichten bewirthet wird / davor zu geben habe ...".

Speisekarten im mondernen Sinn wurden erst Ende des 18. Jahrhunderts allgemein verwendet, als sich das "Service á la Russe", bei dem die einzelnen Gänge nacheinander aufgetragen wurden, gegenüber dem "Service á la francaise", bei dem die Speisen gleichzeitg auf den Tisch kamen, durchgesetzt hatte. Die erste Speisekarte, bei der neben dem Verzeichnis der angebotenen Speisen und Getränke auch die Preise angeführt waren, soll 1784 der Wirt des Gasthauses "Zum roten Apfel" seinen Gästen vorgelegt haben. Bald setzten sich Speisekarten in der gehobenen Gastronomie durch, während in einfacheren Häusern noch immer Schiefertafeln verwendet wurden oder das Servierpersonal die Speisefolge einfach aufzählte.

Lange war Französisch die Sprache der gehobenen Gastronomie. Während des Ersten Weltkrieges gab es Versuche, die "Französelei" auf den Speisekarten einzudämmen. Es erschienen Wörterbücher mit Übersetzungsvorschlägen, so wurde etwa aus "Champignon" der "Edelpilz", aus "Rindsgollasch" ein "Rindspfefferfleisch" und aus "Roastbeef" ein "englisches Hüftstück".[1]

Gedruckte Speisekarten mit Standardgerichten wurden und werden häufig durch handschriftliche bzw. maschinschriftliche "Tageskarten" ergänzt. Auch sogenannten "Damenkarten" ohne Preise waren bis ins 20. Jahrhundert in "besseren" Restaurants durchaus üblich.

Das "Preisauszeichnungsgesetz" von 1992 verpflichtet Gastronomiebetriebe dazu, Speisekarten zur Verfügung zu stellen:

"Gastgewerbetreibende haben Preisverzeichnisse für die angebotenen Speisen und Getränke in ausreichender Anzahl bereitzuhalten und jedem Gast vor der Entgegennahme von Bestellungen und auf Verlangen bei der Abrechnung vorzulegen..." Tatsächlich ist die Speisekarte natürlich mehr als eine gesetzliche Verpflichtung, sondern als eine Visitenkarte des Hauses eine der wichtigsten Verkaufshilfen, deren Möglichkeit geschickte Marketingfachleute voll auszuschöpfen wissen.

Quelle

Literatur

  • Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens. Festgabe zum 80. Geburtstag. Hg. von Hubert Kaut. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1969 (Wiener Schriften, 29). S. 115 ff.
  • Die 100 schönsten Speisekarten Österreichs. Ausgewählt beim 1. Speisekartenwettbewerb des Fachverbandes Gastronomie. Mangold-Verlag [ca. 1982]
  • Isabella Peter: Mahlzeit! Aus der Sammlung der Wiener Stadt-und Landesbibliothek. Katalog 230. Wechselausstellung 1995
  • Ingrid Haslinger: Die Wiener Küche. Eine Kulturgeschichte. Wien: Mandelbaum 2018
  • Paul Jacob: Marpergers Vollständiges Küch-und Keller-Dictionarium. Hamburg 1716, S. 863

Einzelnachweis

  1. Alfred Gödel: Der deutsche Gasthof und die deutsche Küche. Verdeutschung der in der Küche und im Gasthauswesen gebräuchlichen entbehrlichen Fremdwörter... Graz: Eigenverlag [1914]