Fischhändler

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Wappen der Fischhändler von Hugo Ströhl 1904/1910.
Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug Fischer, Fischmärkte, Fischangebot, Berufswappen
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 5.12.2022 durch WIEN1.lanm08jan
Bildname Genossenschaftswappen Fischhändler Stoehl.jpg
Bildunterschrift Wappen der Fischhändler von Hugo Ströhl 1904/1910.


Fischhändler (Fischer), auch Fischkäufer, Fischkäufler, Fischkäufel.

Der Fischkonsum war im Mittelalter (wegen der strenger eingehaltenen Fastenregeln der Kirche, der größeren Zahl kirchlicher Fasttage, aber auch wegen des Fischreichtums der Gewässer in der näheren Umgebung) wesentlich höher als heute. Dazu gehörte auch der Konsum an Krebsen, die in großen Mengen gefangen und verkauft wurden (Krebsenrichter). Fisch (vor allem Hausen) und Wein gehörten zu den ältesten Ehrengeschenken, die in den städtischen Rechnungen vorzufinden sind. Die Fischer lebten überwiegend an der Donau (unter anderem Fischerdörfel, Unter den Fischern). Sie bildeten mit den Fischhändlern eine Bruderschaft, die bis ins 16. Jahrhundert bei der Johanneskirche vor dem Werdertor, später in der Peterskirche ihren Sitz hatte (erst 1661 kam es zur Bildung getrennter Korporationen).

Ihre Ware brachten die Fischer größtenteils über die Fischerstiege in die Stadt, wo sie sie anfangs (urkundlich erstmals genannt 1255) im Fischhof, spätestens ab 1282 auf dem Hohen Markt (Fischmarkt) verkauften; im Fischhof dürfte sich ein Fischteich befunden haben. Im Mittelalter gab es auch andere Verkaufsorte (etwa den Platz Am Hof, auf dem sich ebenfalls ein Brunnen befand und der bestimmten Fischsorten vorbehalten war, den Neuen Markt, worauf die Bezeichnung des Hasenhauses als "Fischhof" hinweist [1368], und den Heiligenkreuzer Hof [15. Jahrhundert]). Auf dem Hohen Markt, über den wir am besten unterrichtet sind, wurden die Fische in Bottichen und Trögen zum Verkauf angeboten, für die das Wasser aus dem Fischbrunnen bezogen wurde. Die Erhaltung der Bottiche und Tröge oblag der Stadt Wien (Trögelamt), für die Benützung hatten die Fischhändler Gebühren zu entrichten. Das Trögelamt wurde zeitweise (etwa 1452-1485) an Wiener Bürger verpachtet (die "Trögler" kamen jedoch stets aus den Reihen der Fischhändler). Infolge des großen Konsums verzeichnete das Trögelamt hohe Einkünfte. Außer heimischen Fischen (Donau, March, Leitha, Traun) wurden auch ungarische Fische (Neusiedler See) angeboten (die ungarischen Könige erteilten den Wiener Fischhändlern mehrfach Privilegien, erstmals 1323). Als Kuriosum sei die städtische Fischzucht im Wiener Stadtgraben erwähnt (urkundlich 1479-1540 nachweisbar, Fischen im Stadtgraben wird jedoch bereits 1436 erwähnt).

Der hohe Stellenwert, den Fischfang und Fischhandel innerhalb der Approvisionierung der Wiener Bevölkerung aufwiesen, darf wohl in Beziehung zu den häufigen Privilegienverleihungen an die Fischer und Fischhändler betrachtet werden: So bestätigte Ferdinand I. 1522 den Fischkäuflern das Privileg des mautfreien Fischhandels auf der Donau; 1531 wurden sie vom so genannten Pfeffergeld befreit.[1]

Fische (insbesondere Hausen) wurden zu hohen Festtagen und in der Fastenzeit den Honoratioren auch als Ehrengeschenke überreicht. Wolfgang Schmeltzl schildert in seinem Lobspruch (1548) das Fisch- und Krebsangebot eingehend und weist vor allem auf die großen Mengen hin, die angeboten und verzehrt wurden. Aber auch Küchelbecker bespricht 1732 detailliert das reiche Fischangebot (unter anderem Karpfen, Hecht, Aal, Stör/Hausen) sowie das Angebot an Krebsen (Haus- und Apothekenschild "Zum roten Krebs" am Hohen Markt), Schildkröten und Fröschen. Vom 14. bis zum 17. Jahrhundert wurden immer wieder landesfürstliche und städtische Verordnungen erlassen, die der raschen Verderblichkeit der Fische und damit der Volksgesundheit Rechnung trugen (unter anderem 1296 und 1340 die Anordnung, dass die Fischhändler ungeachtet aller Witterungsunbilden keine Kopfbedeckung tragen durften, um dadurch einen rascheren Verkauf zu fördern); hingegen regelte die Fischereiordnung Maximilians I. (1506) die Mindestgröße der gefangenen Fische, womit einer Ausrottung von Arten entgegengewirkt werden sollte. Die Kontrolle des Fischmarkts oblag städtischen Beschaumeistern. Der Verkauf von Heringen und Stockfischen blieb einem von den Fischhändlern unabhängigen Gewerbe, den Heringern, vorbehalten, der Verkauf von Krebsen lag in den Händen der "Kreusserinnen", die ihre Tische ebenfalls auf dem Hohen Markt im Bereich des Fischmarkts hatten. Mit Verordnung der niederösterreichischen Regierung vom 14. August 1753 wurde der Fischmarkt vom Hohen Markt entfernt und auf das Schanzel verlegt. Ab 1875 befand sich der Fischmarkt am stadtseitigen Ufer des Donaukanals.

In Wien standen viele verschiedene Fischarten auf dem Speiseplan, die aus unterschiedlichen Gewässern stammten. Das Angebot schwankte saisonal, entsprechend der Schonfristen und Verfügbarkeit der Fische, und veränderte sich im Zuge der Industrialisierung stark. Eine Zäsur stellt die Regulierung der Wiener und österreichischen Donau von 1870 bis 1910 dar, die die Donaufischfauna stark veränderte. Bis zum Jahr 1899 wurden auf dem Wiener Fischmarkt vor allem Süßwasserfische aus Flüssen und Fischteichen angeboten, dananch vor allem Meeresfische.

Wappen

1904 hat der Heraldiker Hugo Gerard Ströhl Wappen der Genossenschaften vorgelegt, die zur künstlerischen Innenausstattung der Versorgungsheimkirche dienten. Das Wappen der Fischhändler hat folgendes Aussehen:

Von Silber und Blau geteilt, mit einem Herzschild, der das kleine Wappen von Wien enthält. Oben zwei blaue, rotbefloßte, goldgeaugte Fische, unten ein silberner, goldgeaugter Fisch, ebenfalls mit roten Flossen.

Siehe auch

Fischangebot, Fischbrunnen, Fischer, Fischerdörfel (9), Fischereiordnung, Fischmärkte (Fischmarkt (1, Donaukanal), Fischmarkt (1, Fischhof), Fischmarkt (1, Hoher Markt)), Krebsenmarkt, Krebsenrichter, Städtisches Trögelamt

Quellen

Literatur

  • Otto Brunner: Die Finanzen der Stadt Wien. Von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1929 (Studien aus dem Archiv der Stadt Wien, 1/2), S. 148 ff. (Trögelamt), S. 253 (Ehrengeschenke), S. 407 (Fischzucht im Stadtgraben)
  • Jakob Dont: Das Wiener Versorgungsheim. Eine Gedenkschrift zur Eröffnung. Wien: Verlag der Gemeinde Wien 1904, Taf III
  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 20f., Taf. III
  • Richard Perger: Der Hohe Markt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 3), S. 43 ff.
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 27 f.

Einzelnachweise

  1. Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 28.