Franzosen

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Napoleons Rückzug auf die Insel Lobau nach der Schlacht bei Aspern, 1809.
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Napoleon I.
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildname Schlacht bei Aspern.jpg
Bildunterschrift Napoleons Rückzug auf die Insel Lobau nach der Schlacht bei Aspern, 1809.

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Mittelalter und frühe Neuzeit

Bereits anlässlich des ersten Kreuzzugs (1096), der seinen Weg donauabwärts nahm, kamen französische Aufgebote in größerer Zahl durch Wien.

Aus dem französischen Haus der Capetinger stammte die Gattin Rudolfs III. (Eheschließung 1300), Blanche (Blanka; * um 1285 Paris, † 19. März 1305 Wien, Tochter König Philipps III.), aus der französischen Dynastie Valois (burgundische Linie) die Gattin Leopolds IV. (Eheschließung 1393), Katharina (* 1378, † 26. Jänner 1425 Dijon, Tochter Philipps des Kühnen).

Die ersten Professoren an der 1365 gegründeten Wiener Universität waren teilweise in Paris ausgebildet worden. Im Bereich der bildenden Künste waren in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts französische Steinmetzen, vermittelt durch den Zisterzienserorden, in Österreich tätig (beispielsweise Capella speciosa, Klosterneuburg, Weihe 1222). Der Minoritenpater Jakob aus Paris schuf um 1330/1340 das Hauptportal der Minoritenkirche.

Zwischen 1417 und 1436 ist in Wien der Maler Andre von Paris tätig. In den ersten Regierungsjahren Erzherzog Ferdinands (1521-1525) gehörten seinem Hofstaat Franzosen aus Burgund an (Antoine de Croy, Sieur de Sempy; Claude Bouton, Sieur de Corbara; Henri de Hemericourt); sie gehörten dem Richterkollegium an, das 1522 in Wiener Neustadt die Aufrührer von 1519 aburteilte (Wiener Neustädter Blutgericht).

Aus Arras stammte der berühmte Botaniker Charles de l'Ecluse, genannt Carolus Clusius, der 1573-1587 am Hof und an der Wiener Universität wirkte. Der nachmalige französische König Heinrich III. (Haus Valois) hielt sich 1574, als er nach Verzicht auf die polnische Krone heimwärts reiste, in Wien auf.

Von 1585 datiert eine Beschreibung Wiens durch den französischen Arzt Jacques Bongars.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beschäftigte der Wiener Hochadel zum Mißfallen Kaiser Leopold I. zahlreiche Köche, Sprachlehrer und anderes gehobenes Hauspersonal. Auch Händler, die französische Luxuswaren importierten spielten eine Rolle.[1]

Zahlreiche französische Wissenschaftler und Wirtschaftstreibende kamen ab 1736 im Gefolge Franz Stephans (Kaiser Franz I.) nach Wien und wurden von ihm mit wichtigen Funktionen betraut (Valentin Jameray Duval wurde Direktor des Münzkabinetts, Jean Chevalier de Baillou Direktor des Hof-Naturalienkabinetts, Jean François de Marcy Direktor des Physikalischen Kabinetts, Nikolaus von Jacquin Direktor des Botanischen Gartens am Rennweg). Aus Lothringen kamen Franz Joseph von Toustaint, der die Finanzen und die Geheime Hofkanzlei leitete, und Jean Baptiste Bréquin, der ab 1743 als Militärkartograph in Wien arbeitete.

Der französische Gesandte Etienne François de Choiseuil, Graf von Stainville (ab 1758 Außenminister) war eine Hauptstütze der österreichisch-französischen Allianz und hatte Anteil an der französischen Heirat Marie Antoinettes; der französische Maler Joseph Ducreux fertigte 1769 in Wien ihr offizielles Porträt für den französischen Hof an. Um diese Zeit begann in gebildeten Kreisen und am Theater die französische die bis dahin dominierende italienische Sprache abzulösen. Die Architektur wurde während der Zeit des Rokoko (Jean Nicolas Jadot de Ville-Issey) und durch den "Revolutionsklassizismus" (Isidore Canevale, Louis Montoyer, Pierre Charles de Moreau) von Frankreich her beeinflusst; dasselbe gilt für die Gartenkunst ("französischer Garten", Jean Trehet).

Die französische Tänzerin Marie Sallé gehörte zu den Pionieren des Ballet d'action. Jean-Pierre Blanchard erhielt 1786 die kaiserliche Genehmigung für Ballonaufstiege, kam 1790 nach Wien und unternahm 1791 mit Erfolg Ballonfahrten.

Auswirkungen der Französischen Revolution, Napoleon und der Wiener Kongress

Auswirkungen der Französischen Revolution (1789) zeigten sich im Jakobinerprozess und in der Mode.

Zweimal (1805 und 1809) besetzten die Napoleonischen Truppen Wien. 1805 gab es französische Militärspitäler im Gusshaus, im Transporthaus auf der alten Wieden, im Trattnerischen Gebäude in Altlerchenfeld und in der Esterházyschen Reitschule in der Alser Straße.

1809 wurde Napoleon in der Schlacht bei Aspern besiegt, ohne dass dies den Krieg entschieden hätte. An diese kriegerischen Ereignisse des Jahrs 1809 erinnern sechs Gedenksteine (Obelisken) in der Lobau (Napoleons Brückenkopf, Napoleons Hauptquartier, Napoleons Straße, Pulvermagazin der Franzosen, Friedhof der Franzosen, Übergangsstelle der französischen Armee). Der schwer verwundete Marschall Jean Lannes, Herzog von Montebello, starb am 31. Mai 1809 im Haus 11, Mailergasse 5 (Kaiserebersdorfer Brauhaus; Gedenktafel).

Nächtliches Bombardement Wiens durch die Franzosen am 11. Mai 1809.

Am 11. Mai war es zu einem Bombardement der Stadt gekommen, das an verschiedenen Gebäuden Schäden verursachte (Böhmische Hofkanzlei, Hofstallgebäude [von dem aus die Belagerer die Stadt beschossen], Wohnhaus 1, Weihburggasse 1, Kärntner Straße 9 [in Brand geschossen], ebenso 1, Graben 22 und andere). Im Haus 12, Khleslplatz 12, und im Rochuskloster (3.) befanden sich französische Lazarette. Marschall Jean-Baptiste Bessières nahm 1809 Quartier im Esterházypalais (1, Wallnerstraße 4), Gouverneur Antoine François Graf Andreossi im Mariahilfer Esterházypalais (6, Amerlingstraße 6).

Dem Leichenbegängnis des während der Besetzung Wiens verstorbenen Joseph Haydn wohnten hohe französische Offiziere bei, vor dem Trauerhaus (6, Haydngasse 19) zog eine Ehrenwache auf.

Am 23. Juni 1809 spielte sich vor den Hofstallungen jener Vorfall ab, der zur Erschießung des Bürgerwehroffiziers Peter Tell führte (im Zuge eines Volksauflaufs vor dem Gebäude, in dem damals österreichische Kriegsgefangene interniert waren). Vor ihrem Abzug sprengten die Franzosen mehrere Basteien, darunter auch die Burgbastei; die Maria-Theresien-Brücke (Augartenbrücke) wurde niedergebrannt. Der französische Dichter Stendhal besuchte 1809 Wien.

Nach dem Sieg bei Paris am 30. März 1814 und der Abdankung und Verbannung Napoleons auf die Insel Elba wurde die Abhaltung eines Kongresses in Wien beschlossen (siehe: Wiener Kongress (1814/1815)).

Künstlerischer Austausch im 19. Jahrhundert bis zum Ende der Monarchie

Ab 1858 (Aufführung von "Die Hochzeit bei Laternenschein" im Carltheater) feierte Jacques Offenbach, der Schöpfer der modernen Operette, mit seinen Kompositionen in Wien Triumphe; er dürfte Johann Strauß dazu motiviert haben, sich ebenfalls diesem Genre zuzuwenden. Heinrich Laube favorisierte am Burgtheater das französische Konversationsstück.

Am 23. Oktober 1909 unternahm Louis Blériot einen Flug auf der Simmeringer Haide (Flugfeld Simmering, Luftfahrt).

Verschiedene Gebäude des 19. und frühen 20. Jahrhunderts orientieren sich am französischen Baustil (beispielsweise Französische Botschaft; Palais des beaux arts; Palais Nathaniel Rothschild und Palais Albert Rothschild).

Nachkriegszeit

"Parlez-vous français? - Franzosen unterrichten Französisch!", Straßenbahnplakat des Französischen Kulturinstituts (1982).

Nach dem Zweiten Weltkrieg befanden sich ab 1. September 1945 bis 1955 auch französische Besatzungstruppen in Wien (Französische Besetzung).

Die Zahl der in Wien lebenden französischen Staatsbürger hat infolge des EU-Beitritt Österreichs im Jahr 1995 zugenommen. Waren 1994 lediglich rund 3.000 Personen registriert stieg die Zahl zuletzt im Zuge einer generell wachsenden Zuwanderung von West-, Süd- und Mitteleuropäern aus EU-Staaten auf 4.556 (1.1.2017).[2]

Verkehrsflächen

Literatur

  • Veronika Hyden-Hanscho, Reisende, Migranten, Kulturmanager. Mittlerpersönlichkeiten zwischen Frankreich und dem Wiener Hof 1630-1730 (Vierteljahrschrift für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Beiheft 221), Stuttgart: Franz Steiner 2013
  • Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 2017. Wien: Magistrabteilung für Wirtschaft und Statistik 2017
  • Herbert Tschulk: Franzosen in Wien. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien u.a. 1984 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, [3])
  • Oskar Mitis: Vom burgundischen Hof Ferdinands I. in Österreich. In: Jahrbuch für Landeskunde Niederösterreichs Neue Folge 21 (1928), Teil 2, S. 153 ff.
  • Wolfgang Kirchhofer: Erinnerungen eines Wiener Bürgermeisters. 1519 - 1522. Eingeleitet und hg. von Richard Perger. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1984, S. 114 f.
  • Österreich im Europa der Aufklärung. Kontinuität und Zäsur in Europa zur Zeit Maria Theresias und Josephs II. Band 1. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1985, S. 307
  • Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit auch in Österreich? Auswirkungen der Französischen Revolution auf Wien und Tirol. Haus am Karlsplatz in Wien, 25. Mai - 3. September 1989; Ferdinandeum in Innsbruck, 19. Sept. - 29. Okt. 1989. Wien : Historisches Museum 1989 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 124), S. 196 ff. und S. 251 ff.
  • Hans Havelka: Vor 180 Jahren. Die Franzosen in Simmering und Kaiserebersdorf. In: Simmeringer Museumsblätter 33 (1989), S. 209 ff.
  • Robert Messner: Die Landstrasse im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südöstlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1978 (Topographie von Alt-Wien, 5), S. 146 f. (ad 1809)
  • Gremialarchiv der Apotheker (Akt F III 299; Militärspitäler 1805)

Einzelnachweise

  1. Veronika Hyden-Hanscho, Reisende, Migranten, Kulturmanager. Mittlerpersönlichkeiten zwischen Frankreich und dem Wiener Hof 1630-1730 (Vierteljahrschrift für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Beiheft 221), Stuttgart: Franz Steiner 2013
  2. Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 2017. Wien: Magistrabteilung für Wirtschaft und Statistik 2017, S. 67.