Kabarett: Unterschied zwischen den Versionen

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Das erste zeitkritische Kabarett Wiens war der von [[Stella Kadmon]] und [[Peter Hammerschlag]] am 7. November 1931 eröffnete "[[Theater der Courage|Liebe Augustin]]"). Einen neuen Typus entwickelte [[Rudolf Weys]] mit der 1933 gegründeten "[[Literatur am Naschmarkt]]", mit der das Genre der Kleinkunst "salonfähig" wurde ("Burgtheater der Kleinkunst") und die mit dem 1933 gegründete literarisch-politischen Kabarett "[[Die Stachelbeere]]" eng verbunden war. Als politisch schärfstes Kabarett galt der vom Schriftsteller Hans Lengsfelder und Regisseur Teddy Bill gegründete "Regenbogen", der 1934 im Café Arkaden spielte ("[[Kabarett ABC]]"); hier wurden auch Stücke von [[Jura Soyfer]] aufgeführt. 1937/1938 und 1945 bis 1951 spielte "[[Die Insel]]" (ursprünglich 1, [[Parkring]] 8, nach dem Zweiten Weltkrieg "Insel in der Komödie", 1, [[Johannesgasse]] 4), 1936 bis 1938 der "Fröhliche Landtmann" (Café Landtmann; nach dem Zweiten Weltkrieg zog hier die "Tribüne" ein) und 1939 bis 1941 unter [[Leon Epp]] "Die Komödie" (1, [[Johannesgasse]] 4). Daneben etablierten sich auch zahlreiche kleine Kabaretts, wie das "KIK" ("Kleinkunst im Kasoni-Theater"), das 1934/1935 vom Pächter der "Schiefen Laterne" (1, [[Walfischgasse 11]]) aufgenommen wurde, "Die neuen Scharfrichter" im Café Künstlerheim (2, Praterstraße), die im Dezember 1935 von Renée von Bronneck gegründete Kleinkunst in den "Colonnaden" (für die Hammerschlag und Eckhardt als Autoren fungierten) und andere. Die Blütezeit des Kabaretts, die von zahlreichen jüdischen Künstlern getragen wurde, fand in der nationalsozialistischen Ära ein jähes Ende; zahlreiche Vertreter der Kleinkunst kamen in Konzentrationslagern um (beispielsweise [[Fritz Grünbaum]], [[Peter Hammerschlag]] und [[Jura Soyfer]]), nur wenigen wie Karl Farkas gelang die Flucht ins Ausland. 1939 begann - unter stillschweigender Duldung seitens der nationalsozialistischen Behörden - das "[[Wiener Werkel]]" zu spielen (Rudolf Weys und Fritz Feldner), das jedoch den Zweiten Weltkrieg nicht lange überdauerte.
 
Das erste zeitkritische Kabarett Wiens war der von [[Stella Kadmon]] und [[Peter Hammerschlag]] am 7. November 1931 eröffnete "[[Theater der Courage|Liebe Augustin]]"). Einen neuen Typus entwickelte [[Rudolf Weys]] mit der 1933 gegründeten "[[Literatur am Naschmarkt]]", mit der das Genre der Kleinkunst "salonfähig" wurde ("Burgtheater der Kleinkunst") und die mit dem 1933 gegründete literarisch-politischen Kabarett "[[Die Stachelbeere]]" eng verbunden war. Als politisch schärfstes Kabarett galt der vom Schriftsteller Hans Lengsfelder und Regisseur Teddy Bill gegründete "Regenbogen", der 1934 im Café Arkaden spielte ("[[Kabarett ABC]]"); hier wurden auch Stücke von [[Jura Soyfer]] aufgeführt. 1937/1938 und 1945 bis 1951 spielte "[[Die Insel]]" (ursprünglich 1, [[Parkring]] 8, nach dem Zweiten Weltkrieg "Insel in der Komödie", 1, [[Johannesgasse]] 4), 1936 bis 1938 der "Fröhliche Landtmann" (Café Landtmann; nach dem Zweiten Weltkrieg zog hier die "Tribüne" ein) und 1939 bis 1941 unter [[Leon Epp]] "Die Komödie" (1, [[Johannesgasse]] 4). Daneben etablierten sich auch zahlreiche kleine Kabaretts, wie das "KIK" ("Kleinkunst im Kasoni-Theater"), das 1934/1935 vom Pächter der "Schiefen Laterne" (1, [[Walfischgasse 11]]) aufgenommen wurde, "Die neuen Scharfrichter" im Café Künstlerheim (2, Praterstraße), die im Dezember 1935 von Renée von Bronneck gegründete Kleinkunst in den "Colonnaden" (für die Hammerschlag und Eckhardt als Autoren fungierten) und andere. Die Blütezeit des Kabaretts, die von zahlreichen jüdischen Künstlern getragen wurde, fand in der nationalsozialistischen Ära ein jähes Ende; zahlreiche Vertreter der Kleinkunst kamen in Konzentrationslagern um (beispielsweise [[Fritz Grünbaum]], [[Peter Hammerschlag]] und [[Jura Soyfer]]), nur wenigen wie Karl Farkas gelang die Flucht ins Ausland. 1939 begann - unter stillschweigender Duldung seitens der nationalsozialistischen Behörden - das "[[Wiener Werkel]]" zu spielen (Rudolf Weys und Fritz Feldner), das jedoch den Zweiten Weltkrieg nicht lange überdauerte.
  
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Nach 1945 erlebte das Wiener Kabarett eine Wiedergeburt. Von den Bühnen der 1930er Jahre wurden die "Literatur am Naschmarkt" bis 1947 (in die Räumlichkeiten zog 1961 das [[Ateliertheater am Naschmarkt]] ein) und der "Liebe Augustin" bis 1948 weitergeführt (Umwandlung durch [[Stella Kadmon]], die 1947 aus dem Exil heimgekehrt war, ins [[Theater der Courage]]). 1951 hatte das Quartett [[Helmut Qualtinger]], [[Carl Merz]], Michael Kehlmann und Gerhard Bronner einen überwältigenden Erfolg mit einer in die damalige Zeit transponierten Neufassung von [[Arthur Schnitzler|Schnitzlers]] "Reigen" im "Kleinen Theater im Konzerthaus" ([[Kleines Brettl]]) und beschloss daraufhin, beisammenzubleiben. Im Herbst 1952 brachten sie in der "Kleinen Komödie" (1, [[Liliengasse]] 3, ab 1960 befand sich hier das "Theater im Zentrum") mit großem Erfolg die Kabarettrevue "Brettl vor'm Kopf" heraus, der weitere folgten ("Blattl vor'm Mund", "Glasl vor'm Aug", "Spiegel vor'm G'sicht"); das Team erweiterte sich unter anderem um [[Peter Wehle]] und [[Johann Sklenka]]. Nach den Erfolgen Qualtingers mit „Der Halbwilde", dem „G'schupften Ferdl" und „Der Papa wird's schon richten" kreierten Qualtinger und Merz 1957 den „Travnicek". 1959 übersiedelte das Team mit dem Programm "Dachl über'm Kopf" in das "Neue Theater am Kärntnertor" (1, [[Walfischgasse 4]]). Hier beendete Qualtinger mit dem "Hackl im Kreuz" 1961 seine Karriere als Kabarettist und sorgte im selben Jahr mit dem "Herrn Karl" für Begeisterungs- und Entrüstungsstürme.
In der zweiten Republik erlebte das Kabarett eine Wiedergeburt. Von den Bühnen der 30er Jahre wurden die „Literatur am Naschmarkt" bis 1947 (in die Räumlichkeiten zog 1961 das [[Ateliertheater am Naschmarkt]] ein) und der „Liebe Augustin" bis 1948 weitergeführt (Umwandlung durch [[Stella Kadmon]], die 1947 aus dem Exil heimgekehrt war, ins [[Theater der Courage]]). 1951 hatte das Quartett [[Helmut Qualtinger]], [[Carl Merz]], Michael Kehlmann und Gerhard Bronner einen überwältigenden Erfolg mit einer in die damalige Zeit transponierten Neufassung von Schnitzlers „Reigen" im „Kleinen Theater im Konzerthaus" ([[Kleines Brettl]]) und beschloss daraufhin, beisammenzubleiben. Im Herbst 1952 brachten sie in der „Kleinen Komödie" (1, Liliengasse 3, ab 1960 befand sich hier das „Theater im Zentrum") mit großem Erfolg die Kabarettrevue „Brettl vor'm Kopf" heraus, der weitere folgten („Blattl vor'm Mund", „Glasl vor'm Aug", „Spiegel vor'm G'sicht"); das Team erweiterte sich unter anderem um [[Peter Wehle]] und [[Johann Sklenka]]; nach den Erfolgen Qualtingers mit „Der Halbwilde", dem „G'schupften Ferdl" und „Der Papa wird's schon richten" kreierten Qualtinger und Merz 1957 den „Travnicek". 1959 übersiedelte das Team mit dem Programm „Dachl über'm Kopf ins eigene Haus, das „Neue Theater am Kärntnertor" (1, [[Walfischgasse 4]]); hier beendete Qualtinger mit dem „Hackl im Kreuz" 1961 seine Karriere als Kabarettist und sorgte im selben Jahr mit dem „Herrn Karl" für Begeisterungs- und Entrüstungsstürme. Die Geburtsstunde einer neuen Brettl-Epoche schlug 1980, als unter anderem von Fritz Aumayr die „Kulisse" gegründet wurde (17, Rosensteingasse 39); die „Schmetterlinge" und Lukas Resetarits standen am Beginn. 1983 wurden das „Spektakel" (5, Hamburgerstraße 14) und der „Niedermair" (8, Lenaugasse 1 A) gegründet, es folgte im Jänner 1989 Aumayrs „Vindobona" (20, Wallensteinplatz 6). 1984 trat im „Theater in der Drachengasse" das erste Frauenkabarett auf (gegründet von Emmy Werner), wenig später entstanden andere Frauengruppen. Renate Heinzl eröffnete im Herbst 1984 im ehemaligen Premierenkino „Wienzeile" das „K & K-Theater am Naschmarkt" (6, Linke Wienzeile 4), in dem anfangs ihr Gatte Hans-Peter Heinzl, ab 1991 die „Hektiker" und ab 1992 Alexander Goebel erfolgreich auftraten. 1994 gab es neben diesem und dem „Kabarett Simpl" weiterhin (an unveränderten Adressen) die Kabaretts „Spektakel", „Niedermair", „Kulisse" und „Vindobona" sowie das „Hernalser Stadttheater" (17, Hernalser Hauptstraße 55).
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Im "Simpl" übernahm Karl Farkas 1950 erneut die künstlerische Leitung und formierte dessen Team neu. Enorme Popularität erreichte er mit Doppelconferencen, die er anfangs mit [[Fritz Muliar]], [[Heinz Conrads]] und [[Maxi Böhm]], schließlich nur mehr mit [[Ernst Waldbrunn]] als Partner zur Aufführung brachte.
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In den 1970er Jahren wurde das Kabarett wieder kritischer; als Vorreiter fungierte das "Kabarett Keif“ mit [[Erwin Steinhauer]], Erich Demmer, Wolfgang Teuschl sowie [[Lukas Resetarits]] als Protagonisten. Nach der Auflösung von "Keif" suchte Resetarits allein seinen Weg und wurde einer der ersten Solokabarettisten Österreichs. Neu war auch die Verbindung von Kabarett und Rockmusik wie sie etwa von den "Schmetterlingen" praktiziert wurde. Die Geburtsstunde einer neuen Kleinkunst-Epoche schlug um 1980, als unter anderem von Fritz Aumayr die "Kulisse" gegründet wurde (17, [[Rosensteingasse]] 39). 1983 folgten das "Spektakel" (5, [[Hamburgerstraße]] 14) und der "Niedermair" (8, [[Lenaugasse]] 1A), 1989 das "Vindobona" (20, [[Wallensteinplatz]] 6). 1984 trat im "Theater in der Drachengasse" das erste Frauenkabarett auf (gegründet von [[Emmy Werner]]), wenig später entstanden andere Frauengruppen. Renate Heinzl eröffnete im Herbst 1984 im ehemaligen Premierenkino "Wienzeile" das "K & K-Theater am Naschmarkt" (6, [[Linke Wienzeile]] 4), in dem anfangs ihr Mann [[Hans Peter Heinzl]], ab 1991 die "Hektiker" und ab 1992 [[Alexander Goebel]] erfolgreich auftraten.  
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1976 gründete Topsy Küpers die Freie Bühne Wieden.
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In den 1980er und 1990er Jahren waren neben dem „Simpl" die Kabaretts „Spektakel", „Niedermair", „Kulisse" und „Vindobona" sowie das „Metropol" beliebte Spielstätten. Sie sind mit Namen wie Lukas Resetarits, Erwin Steinhauer, Dolores Schmidinger, Josef Hader, Andreas Vitasek, Alfred Dorfer, Andrea Händler, Roland Düringer oder Michael Niavarani verbunden.
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*[[Armin Berg]]
 
*[[Armin Berg]]

Version vom 12. November 2019, 10:32 Uhr

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 12.11.2019 durch WIEN1.lanm09mer

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Kabarett (Kleinkunstbühne).

Ende 19. Jahrhundert entwickelte sich, von Frankreich ausgehend, das im Text oft zeitkritische, meist literarische und oft die Obrigkeit provozierende Chanson zur wichtigsten Form der Unterhaltung, das "Brettl" wurde zum Podium für scharfe Zeitkritik. Die nach der Jahrhundertwende entstehenden Kleinbühnen bildeten eine typisch wienerische Mischform von Kabarett und Theater mit hauptsächlich polemisch-satirischen und kulturkritischen Einaktern, Sketches und literarischen Vortragsstücken. Für die ersten „Brettl"-Gründungen in Wien war die Leopoldstadt mit ihrem hohen jüdischen Bevölkerungsanteil ein guter Nährboden; viele Komödianten fanden in den Kaffeehäusern ein interessiertes Publikum. Die Künstler, unter denen sich viele spätere Größen befanden, spielten auf Anteil an den Einnahmen. Das bekannteste Kabarett war die Budapester Orpheumgesellschaft, die im Hotel Stephanie (2, Taborstraße 12) auftrat. Das "Bierkabarett Simplizissimus" ist das einzige der damals gegründeten Kabartts, das bis in die Gegenwart besteht (Simpl).

Als sich Wien um 1900 zur europäischen Großstadt entwickelte, führte dies neben der zweiten Blüte der Operette ("Silberne Ära") auch zu einem erhöhten Zerstreuungsbedürfnis der Bevölkerung. Insbesondere die Zeitspanne 1900 bis 1914 bot mit ihrem Durchbruch zur Massenkultur günstige Entwicklungsmöglichkeiten für Kaffeehäuser, Orpheen, Tanzpaläste, Varietés und Kabaretts, die zum Treffpunkt des Großstadtpublikums wurden. 1901 gründete Felix Saiten im Keller des von Wilhelm Karczag betreuten Theaters an der Wien (6, Linke Wienzeile 6) das "Jung-Wiener Theater zum Lieben Augustin" (Lieber Augustin), das sich im Stil des Berliner "Überbrettls" versuchte, sich jedoch nicht durchsetzen konnte. Es wurden 1903 Ben Tibers "Apollotheater", 1905 das "Moderne Cabaret", 1906 das "Cabaret Nachtlicht" und die "Hölle" (in den Räumlichkeiten von "Jung-Wien"), 1907 die "Fledermaus" (ab 1913 Kabarett Femina) und 1910 der "Himmel" eröffnet.

Einen ersten Höhepunkt erreichte das Wiener Kabarett in den 1930er Jahren, als zeitweise bis zu 25 Kellerbühnen gleichzeitig in Wien existierten. Das Wiener Theatergesetz 1930 begünstigte Lokale mit weniger als 50 Sitzplätzen, da keine Konzession mehr nötig war, sondern eine Anmeldung genügte. In diese Periode, die 1938 ein gewaltsames Ende fand, fallen bedeutende Neugründungen von (meist in Kellerräumlichkeiten eingerichteten) Theatern, deren Sitzplatzangebot auf maximal 49 Zuschauer begrenzt blieb. Inhaltlich fokussierten sich die Bühnen auf aktuelle, zeitkritische Chansons und andere Darbietungen. Zahlreiche bedeutende Schauspieler traten am Anfang ihrer Karriere auf diesen Kleinkunstbühnen auf (beispielsweise Franz Böheim, Hugo Gottschlich, Heidemarie Hatheyer, Hilde Krahl, Josef Meinrad, Erich Nikowitz und Rudolf Steinboeck). Im "Simpl" waren die Doppelconferencen von Karl Farkas und Fritz Grünbaum ein besonderer Erfolg.

Das erste zeitkritische Kabarett Wiens war der von Stella Kadmon und Peter Hammerschlag am 7. November 1931 eröffnete "Liebe Augustin"). Einen neuen Typus entwickelte Rudolf Weys mit der 1933 gegründeten "Literatur am Naschmarkt", mit der das Genre der Kleinkunst "salonfähig" wurde ("Burgtheater der Kleinkunst") und die mit dem 1933 gegründete literarisch-politischen Kabarett "Die Stachelbeere" eng verbunden war. Als politisch schärfstes Kabarett galt der vom Schriftsteller Hans Lengsfelder und Regisseur Teddy Bill gegründete "Regenbogen", der 1934 im Café Arkaden spielte ("Kabarett ABC"); hier wurden auch Stücke von Jura Soyfer aufgeführt. 1937/1938 und 1945 bis 1951 spielte "Die Insel" (ursprünglich 1, Parkring 8, nach dem Zweiten Weltkrieg "Insel in der Komödie", 1, Johannesgasse 4), 1936 bis 1938 der "Fröhliche Landtmann" (Café Landtmann; nach dem Zweiten Weltkrieg zog hier die "Tribüne" ein) und 1939 bis 1941 unter Leon Epp "Die Komödie" (1, Johannesgasse 4). Daneben etablierten sich auch zahlreiche kleine Kabaretts, wie das "KIK" ("Kleinkunst im Kasoni-Theater"), das 1934/1935 vom Pächter der "Schiefen Laterne" (1, Walfischgasse 11) aufgenommen wurde, "Die neuen Scharfrichter" im Café Künstlerheim (2, Praterstraße), die im Dezember 1935 von Renée von Bronneck gegründete Kleinkunst in den "Colonnaden" (für die Hammerschlag und Eckhardt als Autoren fungierten) und andere. Die Blütezeit des Kabaretts, die von zahlreichen jüdischen Künstlern getragen wurde, fand in der nationalsozialistischen Ära ein jähes Ende; zahlreiche Vertreter der Kleinkunst kamen in Konzentrationslagern um (beispielsweise Fritz Grünbaum, Peter Hammerschlag und Jura Soyfer), nur wenigen wie Karl Farkas gelang die Flucht ins Ausland. 1939 begann - unter stillschweigender Duldung seitens der nationalsozialistischen Behörden - das "Wiener Werkel" zu spielen (Rudolf Weys und Fritz Feldner), das jedoch den Zweiten Weltkrieg nicht lange überdauerte.

Nach 1945 erlebte das Wiener Kabarett eine Wiedergeburt. Von den Bühnen der 1930er Jahre wurden die "Literatur am Naschmarkt" bis 1947 (in die Räumlichkeiten zog 1961 das Ateliertheater am Naschmarkt ein) und der "Liebe Augustin" bis 1948 weitergeführt (Umwandlung durch Stella Kadmon, die 1947 aus dem Exil heimgekehrt war, ins Theater der Courage). 1951 hatte das Quartett Helmut Qualtinger, Carl Merz, Michael Kehlmann und Gerhard Bronner einen überwältigenden Erfolg mit einer in die damalige Zeit transponierten Neufassung von Schnitzlers "Reigen" im "Kleinen Theater im Konzerthaus" (Kleines Brettl) und beschloss daraufhin, beisammenzubleiben. Im Herbst 1952 brachten sie in der "Kleinen Komödie" (1, Liliengasse 3, ab 1960 befand sich hier das "Theater im Zentrum") mit großem Erfolg die Kabarettrevue "Brettl vor'm Kopf" heraus, der weitere folgten ("Blattl vor'm Mund", "Glasl vor'm Aug", "Spiegel vor'm G'sicht"); das Team erweiterte sich unter anderem um Peter Wehle und Johann Sklenka. Nach den Erfolgen Qualtingers mit „Der Halbwilde", dem „G'schupften Ferdl" und „Der Papa wird's schon richten" kreierten Qualtinger und Merz 1957 den „Travnicek". 1959 übersiedelte das Team mit dem Programm "Dachl über'm Kopf" in das "Neue Theater am Kärntnertor" (1, Walfischgasse 4). Hier beendete Qualtinger mit dem "Hackl im Kreuz" 1961 seine Karriere als Kabarettist und sorgte im selben Jahr mit dem "Herrn Karl" für Begeisterungs- und Entrüstungsstürme.

Im "Simpl" übernahm Karl Farkas 1950 erneut die künstlerische Leitung und formierte dessen Team neu. Enorme Popularität erreichte er mit Doppelconferencen, die er anfangs mit Fritz Muliar, Heinz Conrads und Maxi Böhm, schließlich nur mehr mit Ernst Waldbrunn als Partner zur Aufführung brachte.

In den 1970er Jahren wurde das Kabarett wieder kritischer; als Vorreiter fungierte das "Kabarett Keif“ mit Erwin Steinhauer, Erich Demmer, Wolfgang Teuschl sowie Lukas Resetarits als Protagonisten. Nach der Auflösung von "Keif" suchte Resetarits allein seinen Weg und wurde einer der ersten Solokabarettisten Österreichs. Neu war auch die Verbindung von Kabarett und Rockmusik wie sie etwa von den "Schmetterlingen" praktiziert wurde. Die Geburtsstunde einer neuen Kleinkunst-Epoche schlug um 1980, als unter anderem von Fritz Aumayr die "Kulisse" gegründet wurde (17, Rosensteingasse 39). 1983 folgten das "Spektakel" (5, Hamburgerstraße 14) und der "Niedermair" (8, Lenaugasse 1A), 1989 das "Vindobona" (20, Wallensteinplatz 6). 1984 trat im "Theater in der Drachengasse" das erste Frauenkabarett auf (gegründet von Emmy Werner), wenig später entstanden andere Frauengruppen. Renate Heinzl eröffnete im Herbst 1984 im ehemaligen Premierenkino "Wienzeile" das "K & K-Theater am Naschmarkt" (6, Linke Wienzeile 4), in dem anfangs ihr Mann Hans Peter Heinzl, ab 1991 die "Hektiker" und ab 1992 Alexander Goebel erfolgreich auftraten.


1976 gründete Topsy Küpers die Freie Bühne Wieden.

In den 1980er und 1990er Jahren waren neben dem „Simpl" die Kabaretts „Spektakel", „Niedermair", „Kulisse" und „Vindobona" sowie das „Metropol" beliebte Spielstätten. Sie sind mit Namen wie Lukas Resetarits, Erwin Steinhauer, Dolores Schmidinger, Josef Hader, Andreas Vitasek, Alfred Dorfer, Andrea Händler, Roland Düringer oder Michael Niavarani verbunden.



Literatur

  • Rudolf Weys: Cabaret und Kabarett in Wien. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1970
  • Friedrich Scheu: Humor als Waffe. Politisches Kabarett in der ersten Republik. Wien [u.a.]: Europaverl. 1977
  • Klaus Budzinski: Das Kabarett: 100 Jahre literarische Zeitkritik -gesprochen - gesungen - gespielt. Düsseldorf/Wien: Econ-Taschenbuch-Verl. 1985
  • Hans Veigl: Lachen im Keller: von den Budapestern zum Wiener Werkel: Kabarett und Kleinkunst in Wien. Wien: Löcker 1986
  • Hans Veigl, (Hg.): Karl Farkas. Ins eigene Nest. Sketches, Bilanzen, Doppelconferencen. Wien: Kremayr & Scheriau 1991
  • Hans Veigl, (Hg.): Armin Berg. Der Mann mit dem Überzieher. Couplets, Conferencen und Parodien aus dem Repertoire. Wien: Kremayr & Scheriau, 1990
  • Hans Veigl, (Hg.): Fritz Grünbaum. Gedichte und Monologe aus dem Repertoire. Wien: Kremayr & Scheriau 1992
  • Hans Veigl, (Hg.): Luftmenschen spielen Theater. Jüdisches Kabarett in Wien. 1890-1938. Wien: Kremayr & Scheriau 1992
  • Hans Veigl, (Hg.): Gscheite & Blöde. Doppelconferencen. Wien: Kremayr & Scheriau 1993
  • Hans Veigl: Nachtlichter. Sezessionistisches Kabarett. Wien: Kremayr & Scheriau 1993
  • Hermann Hakel: Wigl Wogl. Kabarett und Variete in Wien. Wien [u.a.]: Forum 1962
  • Gottfried Heindl: Wien. Brevier einer Stadt. Wien: Neff 1972, S. 84 f.
  • A. Maximilian Bernardyn: Vom Cabaret zum Kabarett. Ein Blick in die Anfänge des Kabaretts. In: Lesezirkel, Literaturmagazin der Wiener Zeitung 56 (1992), S. 6 f.
  • Ingeborg Reisner: Kabarett als Werkstätte des Theaters. Literarische Kleinkunst in Wien vor dem zweiten Weltkrieg. Diss. Univ. Wien. Wien 1961
  • Manfred Lang: Kleinkunst im Widerstand. Das „Wiener Werkel". Das Kabarett im 3. Reich. Diss. Univ. Wien. Wien 1967
  • Rösler Walter (Hg.): Gehn ma halt a bisserl unter. Kabarett in Wien von den Anfängen bis heute. Berlin: Henschel 1991