Kirche am Hof: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Zeile 48: Zeile 48:
 
* Kongregationskapelle, auch Leopold-Kapelle genannt: Sie wurde am 15. November 1662 geweiht. Ursprünglich war sie höher und erhielt ihre derzeitige Form erst im Jahr 1777. Als die Osmanen 1683 Wien belagerten ([[Zweite Türkenbelagerung (1683)|Zweite Türkenbelagerung]]), wurde der Pulvervorrat an mehreren Orten verteilt aufbewahrt. Auch in dieser Kapelle wurde das Pulver gelagert. Danach wurde sie wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben. Im 19. Jahrhundert diente sie lange Zeit als Rumpelkammer, wurde jedoch vom letzten Pfarradministartor der Kirche, Dr. Karl Weczerzik Edler von Planheim restauriert, neu ausgeschmückt und ab dem Stanislaus- und Leopoldifest des Jahres 1905 wieder als Kapelle genutzt. Später wurde sie von Franz Tomaschu ausgeschmückt. Unter anderem malte er links und rechts des Kongregationsaltars eine Austria Sancta, auf der neben einer Anzahl von Heiligen auch berühmte Persönlichkeiten, die mit der Kirche in Verbindung standen, dargestellt werden (unter anderen Eleonore von Mantua, ihr Gemahl Kaiser Ferdinand II. und der Ordensgründer der Jesuiten, Ignatius von Loyola).  
 
* Kongregationskapelle, auch Leopold-Kapelle genannt: Sie wurde am 15. November 1662 geweiht. Ursprünglich war sie höher und erhielt ihre derzeitige Form erst im Jahr 1777. Als die Osmanen 1683 Wien belagerten ([[Zweite Türkenbelagerung (1683)|Zweite Türkenbelagerung]]), wurde der Pulvervorrat an mehreren Orten verteilt aufbewahrt. Auch in dieser Kapelle wurde das Pulver gelagert. Danach wurde sie wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben. Im 19. Jahrhundert diente sie lange Zeit als Rumpelkammer, wurde jedoch vom letzten Pfarradministartor der Kirche, Dr. Karl Weczerzik Edler von Planheim restauriert, neu ausgeschmückt und ab dem Stanislaus- und Leopoldifest des Jahres 1905 wieder als Kapelle genutzt. Später wurde sie von Franz Tomaschu ausgeschmückt. Unter anderem malte er links und rechts des Kongregationsaltars eine Austria Sancta, auf der neben einer Anzahl von Heiligen auch berühmte Persönlichkeiten, die mit der Kirche in Verbindung standen, dargestellt werden (unter anderen Eleonore von Mantua, ihr Gemahl Kaiser Ferdinand II. und der Ordensgründer der Jesuiten, Ignatius von Loyola).  
 
* Judas-Thaddäus-Kapelle: Diese Kapelle war früher den Schutzengeln geweiht. Das Altarbild zeigt den heiligen Judas Taddäus mit drei Engelfiguren (drittes Viertel des 18. Jahrhunderts). Dieser Heilige gilt als "Helfer in verzweifelten Angelegenheiten" und wurde so stark verehrt, dass die Votivtafeln auch außerhalb der Kapelle angebracht werden mussten (seit 1910 über 700 Tafeln). Hinter einer Gittertür befindet sich das Gnadenbild der heiligen Anna (bemerkenswerte Wachsarbeit).  
 
* Judas-Thaddäus-Kapelle: Diese Kapelle war früher den Schutzengeln geweiht. Das Altarbild zeigt den heiligen Judas Taddäus mit drei Engelfiguren (drittes Viertel des 18. Jahrhunderts). Dieser Heilige gilt als "Helfer in verzweifelten Angelegenheiten" und wurde so stark verehrt, dass die Votivtafeln auch außerhalb der Kapelle angebracht werden mussten (seit 1910 über 700 Tafeln). Hinter einer Gittertür befindet sich das Gnadenbild der heiligen Anna (bemerkenswerte Wachsarbeit).  
* Franziskus-Regis-Kapelle, auch Katharinenkapelle: Diese Kapelle war der Ausgangspunkt der großen Kinderbewegung des 17. und 18. Jahrhunderts (Katechismusbruderschaft zu Wien), der jeweils mehrere tausend Kinder angehörten. Hier wirkte und predigte auch der als "Wiener Kindergeneral" bekannt gewordene Pater [[Ignaz Parhamer]]. In der Kapelle steht der Franziskus-Regis-Altar mit dem Deckenfresken "Verherrlichung des heiligen Franz de Regis" von [[Franz Anton Maulbertsch]] (1752/1753). Unter dem Altar befindet sich ein nicht mehr benützter Eingang zur Gruft.  
+
* Franziskus-Regis-Kapelle, auch Katharinenkapelle: Diese Kapelle war der Ausgangspunkt der großen Kinderbewegung des 17. und 18. Jahrhunderts (Katechismusbruderschaft zu Wien), der jeweils mehrere tausend Kinder angehörten. Hier wirkte und predigte auch der als "Wiener Kindergeneral" bekannt gewordene Pater [[Ignaz Parhamer]]. In der Kapelle steht der Franziskus-Regis-Altar mit dem Deckenfresken "Verherrlichung des heiligen Franz de Regis" von [[Franz Anton Maulbertsch]] (1752/1753). Unter dem Altar befindet sich ein nicht mehr benützter Eingang zur Gruft von Feldmarschall [[Montecuccoli|Raimund Graf Montecuccoli]]; General-Artilleriedirektor, Hofkriegsratspräsident, Ritter des Ordens vom [[Goldenes Vlies|Goldenen Vlies]], Schöpfer des ersten stehenden Heeres in Österreich und einer der bedeutendsten Militärtheoretiker und -schriftsteller des 17. Jahrhunderts. Berühmt wurde er durch seinen Sieg gegen ein gewaltiges Türkenheer in der Schlacht bei Mogersdorf an der Raab. Er gilt neben dem Prinzen Eugen und dem Erzherzog Karl als einer der bedeutendsten Feldherren Österreichs. Der Abgang zur Gruft befindet sich  hinter einer schlichten Marmorplatte mit der Inschrift: ''„Feldmarschall Graf Montecuccoli 1609-80“.''
 
* Liboriuskapelle (gestiftet von Kaiserin Eleonore): Links befindet sich der "Heiliger Bonifatius" von [[Johann Georg Schmidt]] (1719). Das Deckenfresko schuf Franz Anton Maulbertsch, es wurde im Jahr 1929 als "halbzerstört und kaum sichtbar" beschrieben und später durch ein neues Fresko ersetzt. Das Altarbild stammt von Ludwig Caracci. In der Gruft unter dem Altar liegt neben dem Feldherrn Raimund von Montecuccoli auch der Beichtvater Ferdinands II., [[Wilhelm Lamormaini]], begraben.
 
* Liboriuskapelle (gestiftet von Kaiserin Eleonore): Links befindet sich der "Heiliger Bonifatius" von [[Johann Georg Schmidt]] (1719). Das Deckenfresko schuf Franz Anton Maulbertsch, es wurde im Jahr 1929 als "halbzerstört und kaum sichtbar" beschrieben und später durch ein neues Fresko ersetzt. Das Altarbild stammt von Ludwig Caracci. In der Gruft unter dem Altar liegt neben dem Feldherrn Raimund von Montecuccoli auch der Beichtvater Ferdinands II., [[Wilhelm Lamormaini]], begraben.
 
* In der nächsten Kapelle befinden sich zwei Altäre: An der linken Seitenwand steht der Altar mit Bild des heiligen Franz Xaver. Links davon findet man eine bedeutende Darstellung aus der Gründungszeit der Societas Jesu. An der rechten Seitenwand steht der Altar mit dem Bild "Johannes Nepomuk" von [[Martin Johann Schmidt]] (um 1780).  
 
* In der nächsten Kapelle befinden sich zwei Altäre: An der linken Seitenwand steht der Altar mit Bild des heiligen Franz Xaver. Links davon findet man eine bedeutende Darstellung aus der Gründungszeit der Societas Jesu. An der rechten Seitenwand steht der Altar mit dem Bild "Johannes Nepomuk" von [[Martin Johann Schmidt]] (um 1780).  

Version vom 14. Februar 2016, 13:29 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sakralbau
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Alte Jesuitenkirche, Zu den neun Chören der Engel
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Jesuiten
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 19325
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 14.02.2016 durch DYN.urrisk
  • 1., Am Hof 1

Derzeit wurden noch keine Konskriptionsnummer zu diesem Bauwerk erfasst!

Die Karte wird geladen …

48° 12' 39.36" N, 16° 22' 6.78" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Jesuitenkirche

Alte Jesuitenkirche (Obere Jesuitenkirche)

Geschichte

Karmeliterkirche (1, Am Hof 1)

1386 schenkte Herzog Albrecht III. dem Karmelitenorden das Gebäude, das ab 1156 den babenbergischen Herzögen von Österreich als Residenz und ab etwa 1280 den Habsburgern als Münzstätte gedient hatte (Am Hof 1 und 2). Bereits 1294 ist auch die Schlagstube in der Landskrongasse belegt, doch blieb der hier gelegene Münzhof noch fast ein Jahrhundert lang in Verwendung. Erst 1386 wurde die Münzstätte in der Wollzeile (Wollzeile 6-8, Schulerstraße 1-3) untergebracht und damit dieser Standort aufgegeben. Auffällig ist, dass schon in einer Urkunde vom 26. März 1375, also elf Jahre vor der Schenkung, von einem Prior des Klosters im Münzhof gesprochen wird. Auch am 14. März 1384 wird bei einem Am Hof gelegenen Haus in einer Verkaufsurkunde erwähnt, dass es sich neben dem Kloster der Karmeliten befand. Die Schenkung erfolgte aber erst am 4. Februar 1386, nachdem das Karmelitenkloster Im Werd abgebrannt war.

Das Gebäude schloss eine dem heiligen Johannes dem Täufer geweihte Kapelle sowie eine Reihe angrenzender Häuser mit ein. Auf dem Areal entstand nun der Neubau des Karmelitenklosters, der 1418 geweiht wurde. Die zugehörige Kirche "Unserer lieben Frau", die an den Standort der einstigen Johanneskapelle anknüpfte, war 1403 so weit gediehen, dass einige Altäre aufgestellt werden konnten, doch zog sich die Fertigstellung bis um 1420 hin. Die Bauaufsicht oblag Beamten und Vertrauensleuten von Herzog Albrecht V. von Österreich (regierte 1411-1439, 1438/1439 auch römisch-deutscher König [Albrecht II.]), wie 1415 dem Kellermeister Andre Schuestl (der den Chorbau aus eigenen Mitteln finanzierte) und 1422 dem herzoglichen Leibarzt Magister Berthold Stark. Als Baumeister ist der Steinmetz Simon bezeugt, Glasgemälde lieferte 1436 Jakob Kaschauer. Die Kirche, in wesentlichen Teilen noch erhalten, bestand aus einem weiträumigen, rechteckigen, vierjochigen Langhaus und einem schmäleren dreijochigen Chor mit 5/8-Schluss. Der Turmhelm befand sich zwischen Chor und Langhaus und war sehr hoch. An ihn erinnern noch heute eine Schneckenstiege an der nördlichen Außenwand und hinaufreichende Mauerreste. Der Hochaltar, um 1440 vollendet (nach der Darstellung König Albrechts auf einem der erhaltenen Flügel Albrechtsaltar genannt), wurde zumindest teilweise vom herzoglichen Hubmeister (1436/1437) Oswald Oberndorfer gestiftet, daneben gab es weitere elf Altäre und zwei Kapellen. Der Bau wurde von Wiener Bürgern stark gefördert.

Weltliche Nutzung

Im Zuge der Reformation schrumpfte der Orden immer mehr, bis er nur mehr aus einem einzigen Mönch bestand. Dieser war angeblich vorher ein Weltpriester gewesen und nur in den Orden eingetreten, um das Kloster und dessen Besitz zu retten. Trotzdem wurde bald darauf das Kloster in ein Mietshaus und die Kirche in ein Magazin umgestaltet. Dabei verschwanden alle Kirchengeräte, darunter viele goldene und silberne Gefäße, reich gestickte Ornate und andere Kleinodien sowie auch der Großteil der Klostereinrichtung.

Obere Jesuitenkirche

Im Jahr 1554 übergab Kaiser Ferdinand I. das Kloster den Jesuiten, welche die Kirche, die bereits stark gelitten hatte, wiederherstellten. Dabei wurde sie stark verändert. Nur der Grundriss und die Außenseite des Chores blieben unverändert. Bereits am 22. April 1607 wurde diese Kirche durch eine Feuersbrunst zerstört. Daraufhin wurde das Kircheninnere behutsam barockisiert und der Fußboden auf ein höheres Niveau gebracht. Außerdem entstanden je vier Seitenkapellen. Zwei davon befanden sich links und rechts des Haupteingangs und verdrängten zwei kleine Wohnhäuser. Von der links gelegenen Kapelle (spätere Leopoldskapelle) ist bekannt, dass das Vorgängergebäude 1628 in den Beitz der Jesuiten kam, die Kapelle aber erst 1662 geweiht wurde. Der bereits erwähnte Turm wurde nicht mehr erneuert, sondern durch ein Türmchen auf dem Dach des Chores ersetzt. Der Chor selbst erhielt Kunstmarmorwände. Auf die Pfeiler, die in sechseckige Säulen umgewandelt wurden, setzte man römische Kapitelle. Die Wände des Presbyteriums wurden mit reichlich Stuck verziert. Da es zu hoch erschien, wurde unter das alte Gewölbe ein niedrigeres, hölzernes eingebaut, das eine tonnenartige Form besitzt. Die Fenster im Chorabschluss und der Nordseite wurden zur Hälfte vermauert, sodass das Licht nur mehr durch das große, modernisierte Fenster an der Fassade ins Langhaus fällt. Die Vorhalle stammt aus dem Jahr 1625. Als Stiftung der Kaiserin-Witwe Eleonore entstand 1662 die prachtvolle, eine Altane einschließende Fassade, ein Werk von Carlo Antonio Carlone (laut Harrer [ Paul Harrer: Wien, seine Häuser ] stammt die Fassade von Silvestro Carlone). Durch deren Gestaltung verschmolz die Kirche mit dem angrenzenden Klostergebäude. Von der Altane aus spendete Papst Pius VI. am Ostersonntag des Jahres 1782 den Ostersegen. Außerdem verkündeten kaiserliche Hofkommissäre am 6. August 1806 von hier die Niederlegung der Reichskrone durch Franz II. und damit das Ende des Heiligen Römischen Reichs. In den folgenden Jahrzehnten erneuerte man sämtliche Altäre, zuletzt (1709) den Hochaltar, ein Werk des Andrea Pozzo. Spätestens damals wurde der Albrechtsaltar aus der Kirche entfernt (seine Flügel bewahrte man im angrenzenden Kollegsgebäude auf, von wo sie 1774 durch Kauf ins Stift Klostemeuburg kamen). Bis 1773 führte die Kirche den Namen "Obere Jesuitenkirche" (im Gegensatz zur "Unteren Jesuitenkirche" [ Universitätskirche ]).

Garnisionskirche

1773 wurde der Jesuitenorden aufgehoben und die Kirche als Garnisionskirche für Militärgottesdienste genutzt. Das Professhaus wurde 1774 bis 1776 gründlich umgestaltet und am 23. November 1776 zum Hofkriegsratsgebäude deklariert. In dieses wurden auch die frühere kleine Sakristei und die Silberkammer der Kirche einbezogen. 1777 wurde die Kirche abermals verkleinert, als man die sogenannte Herren- und Junggesellenkapelle von der Kirche abtrennte und die Leopoldskapelle um ein Stockwerk niedriger machte.

Am Karfreitag des Jahres 1782 (29. März) besuchte Papst Pius VI. auch in dieser Kirche das Heilige Grab (An diesem Tag besuchte er zwischen zwei und fünf Uhr nachmittags im mehreren Wiener Kirchen das Heilige Grab, wobei er von der päpstlichen und kaiserlichen Dienerschaft, den k.k. Kämmerern und Truchseßen sowie sämtlichen Leibgarden begleitet wurde. Während des Zuges stand das Militär Spalier.). Da sich der Platz Am Hof am Besten dafür eignete, kam der Papst am Ostersonntag (31. März) nach dem Gottesdienst im Stephansdom nochmals in die Garnisionskirche, um von der Altane aus (siehe Obere Jesuitenkirche) den apostolischen Segen zu spenden. Dabei wurde der Papst von mehreren kirchlichen Würdenträgern begleitet, darunter die Kardinäle Christoph Anton Migazzi (Erzbischof von Wien) und József Batthyány (Erzbischof von Gran und Primas von Ungarn). Da der Platz die Menschenmassen nicht fassen konnte, kletterten Menschen sogar auf die Säule in der Mitte des Platzes und auf die Dächer der angrenzenden Häuser.

Pfarrkirche

1783 wurde die Kirche infolge der neuen Pfarreinteilung Wiens zur Pfarrkirche erhoben und die Schwarzspanierkirche zur neuen Garnisionskirche bestimmt. Im Jahr 1786 wurde der kleine Friedhof, der bereits seit der ersten Klosteranlage bestand und nach 1422 immer wieder genannt wurde, auf kaiserliche Anordnung hin aufgelassen. Etwa zur gleichen Zeit wurden die außen angebrachten Kreuzwegstationen entfernt. An ihre Stelle traten drei Monate später Verkaufshütten, für welche der Magistrat Zins einhob. 1798 erfolgte die klassizistische Umgestaltung des Chors (Einziehen eines kassettierten Tonnengewölbes) durch Johann Amann und die Errichtung eines neuen Hochaltars.

1814-1852 wurde das Gotteshaus wieder von Jesuiten betreut, dann der Erzdiözese Wien übergeben. Im Jahr 1816 wurde ein neuer Kreuzaltar errichtet. 1832 restaurierte man die Kirche (vor allem die Freskos) und 1834 den Johann Nepumuk- und den Leopoldsaltar sowie die Kanzel. Durch eine Stiftung konnte im Jahr 1849 eine dritte Glocke erworben werden. Noch im selben Jahr wurde auch die Orgel restauriert. In den Jahren 1867 und 1880 wurde das Äußere der Kirche renoviert und 1867 eine Gasbeleuchtung installiert. Nachdem 1908 die Pfarre Am Hof aufgehoben wurde, kam die Kirche wieder in die Obhut des Jesuitenordens.

Gebäude

Äußeres

Die monumentale Westfassade beherrscht den Platz Am Hof. Sie ist durch die Pilasterordnung, die verkröpften Gesimse, den gesprengten Segmentgiebel und den Dreieckgiebel geprägt, den Maria als Königin der neun Chöre der Engel ziert. Über der Terrasse befinden sich vier Statuen (Heilige des Jesuitenordens).

Inneres

Dreischiffige gotische Halle mit drei schlanken Pfeilerpaaren und kassettiertem Tonnengewölbe im einschiffigen langen Chor (von Johann Amann, 1798). In der Vorhalle hölzerne Kreuzigungsgruppe (18. Jahrhundert); links Zugang zur Leopoldskapelle, gestiftet 1662 von Leopold Wilhelm). Die Immaculata-Kapelle ist profaniert. Das Innentor weist hübsche Schneckenornamente auf; in Nischen Holzstatuen der Pestpatrone (heiliger Rochus, heiliger Sebastian). Unter dem Orgelchor an Pfeilern zwei Steinstatuen (Maria Immaculata, heiliger Johannes Nepomuk; 18. Jahrhundert).

In den Seitenkapellen befinden sich bedeutende Kunstwerke.

Linke Seitenkapellen:
  • Kongregationskapelle, auch Leopold-Kapelle genannt: Sie wurde am 15. November 1662 geweiht. Ursprünglich war sie höher und erhielt ihre derzeitige Form erst im Jahr 1777. Als die Osmanen 1683 Wien belagerten (Zweite Türkenbelagerung), wurde der Pulvervorrat an mehreren Orten verteilt aufbewahrt. Auch in dieser Kapelle wurde das Pulver gelagert. Danach wurde sie wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben. Im 19. Jahrhundert diente sie lange Zeit als Rumpelkammer, wurde jedoch vom letzten Pfarradministartor der Kirche, Dr. Karl Weczerzik Edler von Planheim restauriert, neu ausgeschmückt und ab dem Stanislaus- und Leopoldifest des Jahres 1905 wieder als Kapelle genutzt. Später wurde sie von Franz Tomaschu ausgeschmückt. Unter anderem malte er links und rechts des Kongregationsaltars eine Austria Sancta, auf der neben einer Anzahl von Heiligen auch berühmte Persönlichkeiten, die mit der Kirche in Verbindung standen, dargestellt werden (unter anderen Eleonore von Mantua, ihr Gemahl Kaiser Ferdinand II. und der Ordensgründer der Jesuiten, Ignatius von Loyola).
  • Judas-Thaddäus-Kapelle: Diese Kapelle war früher den Schutzengeln geweiht. Das Altarbild zeigt den heiligen Judas Taddäus mit drei Engelfiguren (drittes Viertel des 18. Jahrhunderts). Dieser Heilige gilt als "Helfer in verzweifelten Angelegenheiten" und wurde so stark verehrt, dass die Votivtafeln auch außerhalb der Kapelle angebracht werden mussten (seit 1910 über 700 Tafeln). Hinter einer Gittertür befindet sich das Gnadenbild der heiligen Anna (bemerkenswerte Wachsarbeit).
  • Franziskus-Regis-Kapelle, auch Katharinenkapelle: Diese Kapelle war der Ausgangspunkt der großen Kinderbewegung des 17. und 18. Jahrhunderts (Katechismusbruderschaft zu Wien), der jeweils mehrere tausend Kinder angehörten. Hier wirkte und predigte auch der als "Wiener Kindergeneral" bekannt gewordene Pater Ignaz Parhamer. In der Kapelle steht der Franziskus-Regis-Altar mit dem Deckenfresken "Verherrlichung des heiligen Franz de Regis" von Franz Anton Maulbertsch (1752/1753). Unter dem Altar befindet sich ein nicht mehr benützter Eingang zur Gruft von Feldmarschall Raimund Graf Montecuccoli; General-Artilleriedirektor, Hofkriegsratspräsident, Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, Schöpfer des ersten stehenden Heeres in Österreich und einer der bedeutendsten Militärtheoretiker und -schriftsteller des 17. Jahrhunderts. Berühmt wurde er durch seinen Sieg gegen ein gewaltiges Türkenheer in der Schlacht bei Mogersdorf an der Raab. Er gilt neben dem Prinzen Eugen und dem Erzherzog Karl als einer der bedeutendsten Feldherren Österreichs. Der Abgang zur Gruft befindet sich hinter einer schlichten Marmorplatte mit der Inschrift: „Feldmarschall Graf Montecuccoli 1609-80“.
  • Liboriuskapelle (gestiftet von Kaiserin Eleonore): Links befindet sich der "Heiliger Bonifatius" von Johann Georg Schmidt (1719). Das Deckenfresko schuf Franz Anton Maulbertsch, es wurde im Jahr 1929 als "halbzerstört und kaum sichtbar" beschrieben und später durch ein neues Fresko ersetzt. Das Altarbild stammt von Ludwig Caracci. In der Gruft unter dem Altar liegt neben dem Feldherrn Raimund von Montecuccoli auch der Beichtvater Ferdinands II., Wilhelm Lamormaini, begraben.
  • In der nächsten Kapelle befinden sich zwei Altäre: An der linken Seitenwand steht der Altar mit Bild des heiligen Franz Xaver. Links davon findet man eine bedeutende Darstellung aus der Gründungszeit der Societas Jesu. An der rechten Seitenwand steht der Altar mit dem Bild "Johannes Nepomuk" von Martin Johann Schmidt (um 1780).
  • Marien-Altar (1764) mit altem Gnadenbild der Kirche (Kopie des römischen Gnadenbilds "Mater pietatis"), früher Apostelaltar.
Hauptschiff:
  • Hochaltar mit Bild "Maria, umgeben von den neun Chören der Engel" von Johann Georg Däringer (1798) nach einem Entwurf von Hubert Maurer. An der rechten Chorseite hängt ein Fragment des ehemaligen Hochaltarbilds "Himmelfahrt Mariens" von Andrea Pozzo (1709).
Rechte Seitenkapellen:
  • Altar mit Kreuzigungsgruppe von Joseph Käßmann (1816).
  • Ignatiuskapelle mit Deckenfresken von Andrea Pozzo (Szenen aus dem Leben des Ordensgründers, des heiligen Ignatius von Loyola) und Jesuitenheiligen an den Seitenwänden. Unter der Kapelle ruhen Angehörige des katholischen Zweiges der Familie Jörger.
  • Pius-X.-Kapelle: Die Seitenwände zieren Gemälde von Joachim von Sandrart. In der Kapelle befindet sich der Barbaraaltar. An der rechten Seitenwand befand sich ein kleiner gotischer Flügelaltar, der später ins Erzbischöfliche Dom- und Diözesanmuseum kam.
  • Josefkapelle: Das Altarbild ist eine Kopie des ältesten römischen Herz-Jesu-Bilds (17. Jahrhundert).
  • Petrus-Canisius-Kapelle mit dem Altarbild "Maria als Beschützerin der Witwen": Der Canisiusaltar wurde anlässlich der Heiligsprechung von Petrus Canisius im Jahr 1926 errichtet. An das Basrelief "Anna unterrichtet ihr Kind Maria", das sich in dieser Kapelle befindet, knüpft sich die Legende, das eine Frau, die den Ansprüchen der Moral ihrer Zeit nicht genügte, "die rote Franziska" genannt wurde und im Haus Stadt 315 (Bognergasse 7) wohnte, durch die Verehrung der heiligen Anna die Sterbesakramente empfangen konnte.
  • Die Kanzel trägt klassizistische Reliefs (Anfang 19. Jahrhundert). Von hier aus sprachen die bedeutendsten Prediger Wiens (unter ihnen Clemens Maria Hofbauer) .
Ehemalige Kapelle:
  • Rochus- oder Wällsche Kapelle: In dieser rechts gelegenen Kapelle wurden ab 1746 Reliquien des heiligen Julius verwahrt, die ein Geschenk des Papstes an Maria Theresia waren und besonders in theresianischer Zeit verehrt wurden. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens (1774) übergab Maria Theresia die Reliquien der Michaelerkirche. Später kam dieser Raum in den Besitz der benachbarten "Österreichischen Länderbank" (1, Am Hof 2), die ihn zur Autogarage umbauen ließ.
Gruft:

Unterhalb der Kirche befand sich eine Gruftanlage, die im Laufe der Jahre in Vergessenheit geriet. Erst in den 1930er Jahren wurde die Gruft wieder geöffnet (sie war vorher für über 150 Jahre nicht mehr betreten worden). Darin fand man neben einigen Steinplatten, die wahllos durcheinander lagen, einen einfachen, aber mehrfach versiegelten Holzsarg und eine Pietà. Der Steinaltar trägt dunkle Ornamente, wobei düstere Totenköpfe das hervorstechende Motiv sind. In der Mitte des Raumes stieß man auf ein mit einer Steinplatte eingefasstes Loch, das mit Knochen gefüllt war. Dieses Massengrab wurde in der Folge zugemauert, elektrisches Licht installiert und diie Gruft nach einer Renovierung der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Neben farbenprächtigen Fresken rings um den Altar befinden sich an den Wänden etwa 150 mit schwarzer Farbe aufgemalte Vierecke (keines größer als vier mal sechs Dezimeter), welche die Grabnischen markieren. Auffällig ist, dass eines die Aufschrift "Mehrmals geöffnet" trägt. Hierbei handelt es sich um die Nische von Peter Khabes, welcher der Beichtvater Maria Theresias war. Der bereits erwähnte, mehrfach versiegelte Holzsarg enthielt den Leichnam des Märtyrers Karl de Boranga († 1684). Da als jüngste Jahreszahl 1786 zu finden ist, kann davon ausgegengen werden, dass die Gruft bald danach verschlossen wurde.

Kriegsschäden

In den Jahren 1944 und 1945 wurde die Kirche mehrfach beschädigt. Am 10. September 1944 und am 12. März 1945 schlug je eine Bombe zwischen der Kirche und der Mariensäule ein, wobei das Kirchenportal schwer und die Fassade durch deren Druckwelle und Splitter beschädigt wurden. Ebenfalls am 12. März 1945 durchschlug eine schräg einfallende Bombe das Kirchengewölbe an der Südwand, flog jedoch über den Durchgang Am Hof/Seitzergasse weiter und schlug in den zweiten Stock des Länderbankgebäudes ein, wo der Hauptschaden entstand. Am 8. April 1945 traf eine Bombe die Liberiuskapelle, durchschlug deren Gewölbe und beschädigte das von Maulpertsch geschaffene Fresko stark. Noch am selben Tag durchschlug ein Artillerietreffer die Gewölbedecke des Marienaltars und richtete dort einige Verwüstung an. Alle Altäre der Epistelseite wurden beschädigt und beide Reliefs am Kreuzaltar zersplitterten. Als Folge dieser Schäden ergaben sich einige Umstellungen beziehungsweise Umgestaltungen.

Bedeutung

Die Kirche ist die älteste Jesuitenkirche Wiens, die einzige Wiener Kirche im Stil römischer Jesuitenkirchen und der Höhepunkt der kirchlichen Architektur des 17. Jahrhunderts. Mehrere bedeutende Chorleiter waren hier tätig, darunter der Kapellmeister Joseph Böhm, der hier von 1877 bis 1893 wirkte.

Im ehemaligen Pfarrhof der Jesuitenkirche (1, Kurrentgasse 2) befindet sich im ersten Stock die Stanislaus-Kostka-Kapelle (Zur goldenen Schlange).

Zum angrenzenden ehemaligen Klostergebäude (Jesuitengebäude) siehe: Karmelitenkloster, Hofkriegsratsgebäude (1, Am Hof 2).


Neue Jesuitenkirche (Untere Jesuitenkirche)

siehe Universitätskirche (1, Dr.-Ignaz-Seipel-Platz)


Literatur

  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 225-239