Fünfhauser Brauhaus: Unterschied zwischen den Versionen

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Fünfhauser Brauhaus ([[15]]., [[Gasgasse]] 8-10; [[Konskriptionsnummer|Konskriptionsnnummer]]: [[Fünfhaus (Vorort)|Fünfhaus]] 40).
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#[[#Gründung des Brauhauses|Gründung des Brauhauses]]
Fünfhauser Brauhaus (15, [[Gasgasse]] 4-6).
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In dem heute von [[Sperrgasse]], [[Mariahilfer Straße]], [[Staglgasse]], [[Friedrichsplatz]] und [[Viktoriagasse]] umgrenzten Gebiet befand sich ungefähr ab 1697 ein Herrenhaus, ein Meierhof und ein Ziegelofen, die der Kaiserliche Rat, Edle Herr und Generalfeldproviantamts-Oberstleutnant Johann Adam von Nentwich anläßlich seiner Berufung nach Wien errichten ließ. Das Anwesen wurde ([[Nentwichhof]]") genannt. Sein Sohn, der Edle Herr Wilhelm von Nentwich, Kaiserlicher Officialis bei der Niederländischen Kanzlei, erbte das Anwesen nach dem Tod seines Vaters 1718. Wilhelm von Nentwich verstarb 1732. Danach erwarben die Beschuhten Karmeliten auf der Laimgrube die Liegenschaft. Der Meierhof sowie der Ziegelofen und umliegende Gründe wurden zur Versorgung genutzt, es war jedoch kein Kloster. Nun wurde das Anwesen Karmeliterhof genannt.  
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==Gründung des Brauhauses==
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In dem heute von [[Sperrgasse]], [[Mariahilfer Straße]], [[Staglgasse]], [[Friedrichsplatz]] und [[Viktoriagasse]] umgrenzten Gebiet befand sich ab ca. 1696 der Meierhof und eine [[Ziegeleien|Ziegelei]] des Johann Adam von Nentwich, kaiserlicher Rat, General-Proviant-Obrist-Lieutenant (1650-1809) (siehe "[[Nentwichhof]]"). Nach dem Tod seines Sohnes Wilhelm Hermann Franz von Nentwich (1687-1732), Offizial des Höchsten Rats der Österreichischen Niederlande, erwarben die [[Karmeliten|Karmeliter]] auf der [[Laimgrube (Vorstadt)|Laimgrube]] um 1734 das Anwesen. Nach der Aufhebung des Ordens der Karmeliter durch [[Joseph II.]] (1783) wurde das Areal parzelliert und neu verbaut. Anstelle des [[Karmeliterhof|Karmeliterhofs]] und auf einem angrenzenden Stück Acker (bis zur [[Zwölfergasse]]) ließ der [[Schlosser]]meister Nikolaus Christoph Oesterlein (1747-1809) ab 1795 eine große private Waffenfabrik, ein Wohnhaus und Nebengebäude errichten. Dem angeschlossen waren auch eine [[Brauhäuser|Bierbrauerei]] mit Bierschank, die nach Nikolaus Tod von seiner Witwe Helene weitergeführt wurden. Helene Oesterlein starb 1824.  
  
Nach der Aufhebung des Ordens durch Joseph II. (1783) wurde das Areal parzelliert. Der Schlossermeister Nikolaus Oesterlein (1747-1809) erwarb 1795 die Liegenschaft  und ließ eine große Feuergewehr-Fabrik mit einer Brauerei und einem Bierschank errichten. Nach Oesterleins Tod führte seine Frau Helena das gesamte Unternehmen weiter. Sie verstarb im Jahr 1824.
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Ab 1825 war der Realitätenhändler und [[Baumeister]] [[Heinrich Zwölfer]] Besitzer der Brauerei und der Schank, der die Schank zu einem [[Gaststätte|Gasthaus]] entlang der [[Zwölfergasse]] erweitern ließ<ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wrz&datum=18290626&seite=15&zoom=33 Wiener Zeitung vom 26. Juni 1829, S 15 - Heinrich Zwölfer Baumeister und Bierwirt]</ref>. Braumeister und [[Wirte|Gastwirt]] war Johann Betzler.  
 
In den 1820er Jahren kaufte der Baumeister und Immobilienhändler Heinrich Zwölfer einen Teil der Liegenschaft. Zwölfer ließ den Bierschank zu einem Gasthaus umbauen. Laut Wiener Zeitung vom 26. Juni 1829, S 15, beschäftigte er den Bierwirt und Braumeister Johann Betzler. Zwölfer verstarb im Februar 1836.  Nach ihm ist die [[Zwölfergasse]] benannt.  Nach Zwölfers Tod wurde die Fünfhauser Brauerei 1837 vom Besitzer der Jedleseer Brauerei, Anton Bosch, gekauft.  
 
  
Anton Bosch vermählte im April 1837 seine einzige Tochter Katharina mit dem Braumeister Johann Nepomuk Dengler, dem Neffen von Johann Franz Dengler, Besitzer der Hütteldorfer Brauerei. Sie erhielt das Anwesen als Mitgift.
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==Die Familien Bosch und Dengler==
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Nach Heinrich Zwölfers Tod erwarb im Jahr 1837 [[Anton Bosch]]<ref>[http://data.onb.ac.at/rec/AC09729872 Anton Bosch: Biographie, Brauhaus- und Realitäten-Besitzer zu Jedlesee bei Wien. Eigenverlag, 13. Juni 1868]</ref>, der Besitzer der [[Jedleseer Brauerei]], das Brauhaus samt Gasthaus und schenkte es als Mitgift seiner einzigen Tochter Katharina bei ihrer Hochzeit mit [[Johann Nepomuk Dengler]], dem Neffen seines Freundes und Besitzers der [[Hütteldorfer Brauerei]], Franz Dengler. Die Gebäude waren in so schlechtem Zustand, dass Bosch außer dem Wohnhaus alle Gebäude niederreißen und neu aufbauen lassen musste. Den Auftrag zum Neubau erhielten der Baumeister Anton Mittendorfer, sowie der [[Maler]]meister Paul Holzer und der [[Zimmermeister]] Josef Wieser. Sie wurden von den [[Zeitung]]en mit Lobeshymnen bedacht. Im Oktober 1839 wurde die "Erste Wiener Bierhalle" (Ecke [[Gasgasse]] und [[Rosinagasse]]) mit Garten eröffnet, die sich bis zur heutigen Schule am [[Friedrichsplatz]] erstreckte.
  
Anton Bosch schreibt in seiner Biografie, dass er außer einem Wohngebäude alles niederreißen und neu bauen lassen musste. Im Oktober 1839 wurde die Erste Wiener Bierhalle mit einem Garten eröffnet. Das Areal umfasste ungefähr das heutige Gebiet Rosinagasse / Gasgasse / Staglgasse / Zwölfergasse / Friedrichsplatz. Der Auftrag ging an den Baumeister Anton Mittendorfer aus Stadt Enzersdorf, den Malermeister Paul Holzer, den Zimmermeister Josef Wieser, den Lusterfabrikanten Karl Demuth und eine Vösendorfer Dachziegel-Fabrik.
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Der Schwiegersohn, Johann Nepomuk Dengler, wirtschaftete nach den Wirren der [[Revolution 1848]] nicht sehr glücklich. Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. Im September 1861 musste Johann Dengler Konkurs anmelden, worauf sein Schwiegervater [[Anton Bosch]] ein Jahr später die Brauerei und die Bierhalle aus der Konkursmasse zurückkaufte und seinem Enkel [[Anton Dengler]] übergab. Der schaffte zwar einen kurzfristigen Aufschwung, musste aber 1868 nach [[Jedlesee (Ort)|Jedlesee]] zurückkehren, um die dortige Stammbrauerei der Familie zu übernehmen. Das Unternehmen wurde an die Fabrikanten- und Großhändlerfamilien Schik und Mauthner verkauft.  
  
Die Bierhalle wurde in der Folge von den Pächtern und Bierwirten Ferdinand Wunderer (1839 bis ca. 1849), Johann Vallentin (1849 bis ca. 1860), Johann Sturmlechner (wahrscheinlich nur Wirt und nicht Pächter, 1860 bis ca. 1863) und ab November 1862 bis Anfang der 1880er Jahre von Franz Zobel geführt.  
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==Aktiengesellschaft und Börsenkrach 1873==
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Schik und Mauthner brachten das Brauhaus in Fünfhaus mit Unterstützung der Generalbank in die „Fünfhauser Brauerei-Actiengesellschaft“ ein. Die Generalbank war eines der typischen Institute dieser Zeit, die sich hauptsächlich der Spekulation widmete. Sie musste auch das ursprünglich mit 1,5 Millionen [[Gulden]] festgesetzte Aktienkapital bald auf 750.000 Gulden reduzieren und nahm als Kompensation bei der [[Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG|Ersten österreichischen Spar-Casse]] ein Darlehen über 250.000 Gulden auf, womit die geplanten Ausbaupläne zumindest teilweise finanziert werden konnten. Die Aktien wurden zwar im Kurszettel der Wiener Börse aufgenommen, erreichte aber nie den Nominalwert. 1872 erreichte die Bierproduktion mit fast 105.000 hl den Spitzenwert. Die Aktiengesellschaft hatte sich aber finanziell übernommen und war eines der ersten Opfer der [[Börsenkrach|Finanzkrise des Jahres 1873]]. Die Aktionäre fielen um ihr Vermögen um, der Braubetrieb eingestellt.
  
Johann Dengler wirtschaftete über längere Zeit nicht sehr glücklich. Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. Im September 1861 wurde der Konkurs über das gesamte Vermögen des Johann Dengler bekanntgemacht. Anton Bosch übernahm den maroden Betrieb und bezahlte alle Schulden. Er verkaufte im November 1862 den Betrieb an die Prager Kattun- und Walzendruckfabrikanten Jakob Christian und August Schik sowie die Großhändler Josef und Max Mauthner. Somit konnte der Konkurs vom Bezirksgericht Sechshaus im Jänner 1863 aufgehoben werden.
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==Zobels Bierhalle==
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[[Datei:Zobeläum.jpg|390px|thumb|right|Franz Zobel, Anzeige für eine Silvester-Feier in der [[Zobels Bierhalle|Bierhalle]], 1873]]
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1862 verpachtete Anton Bosch die ebenfalls aus der Konkursmasse erworbene Bierhalle dem [[Fleischhacker|Fleischhauer]] Franz Zobel. Im Volksmund wurde das Etablissement „[[Zobels Bierhalle]]“ oder „Zobeläum“ genannt. Das Zobeläum gehörte mit dem [[Drehersaal (3)|Dreher-Hof]] auf der [[Landstraße]] zu den größten Gaststätten Wiens<ref>Felix Czeike: Wiener Bezirkskulturführer Rudolfsheim-Fünfhaus, S. 18.</ref>. Allein der prächtige Gasthausgarten fasste 3.000 Personen<ref>Zum Fassungsvermögen des Odeon-Gartens: [https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=fdb&datum=18650521&seite=25 Fremden-Blatt vom 21. Mai 1865, Seite 25] sowie [https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=fdb&datum=18661006&seite=11&zoom=33 Fremden-Blatt vom 6. Oktober 1866, Seite 33]</ref>.  
  
Franz Zobel, der Pächter der Bierhalle, konnte den Betrieb der Bierhalle ab 1862 weiterführen, der im Volk Zobels Bierhalle oder auch  „[[Zobeläum]]“ genannt wurde. Die Bierhalle sprengte ab nun alle bis dahin bekannten Dimensionen. Schon ab Mai 1865 inserierte Franz Zobel im Fremden-Blatt, wobei das Fassungsvermögen des Odeon-Gartens mit 10.000 Personen beziffert wird und nicht mit ca. 3500.  
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In diesem Vergnügungs-Etablissement traten berühmte Musikkapellen auf. [[Johann Strauß (Sohn)]] und [[Josef Lanner]] konzertierten hier, und Strauß brachte die "Gambrinustänze", die "Lockvögel" und die "Knallkugerln" zur Uraufführung<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Knallk%C3%BCgerln Der Walzer "Knallkugerln" von Johann Strauß]</ref>. Auch waren die Militärkapellen, vor allem unter dem Kapellmeister [[Karl Komzák]], sehr beliebt. [[Volkssänger]]innen und Volkssänger wie [[Carl Kampf]], [[Fanny Hornischer]] und [[Antonie Mansfeld]] traten ebenso auf wie viele Gesangsvereine.  
  
Damit gehörte er damals mit dem [[Dreher-Hof]] auf der Landstraße zu den größten Wiens.<ref>Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Wien: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer 15) S. 18.</ref> In diesem Vergnügungs-Etablissement traten berühmte Musikkapellen auf. [[Johann Strauß (Vater)]] und [[Josef Lanner]] konzertierten hier und Strauß brachte die "Gambrinustänze", die "Lockvögel" und die "Knallkugerln"  zur Uraufführung. Auch waren die Militärkapellen, vor allem unter dem Kapellmeister [[Karl Komzák]], sehr beliebt. VolkssängerInnen wie [[Carl Kampf]], [[Fanny Hornischer]] und [[Antonie Mansfeld]] traten hier ebenso auf wie viele Gesangsvereine. Im Winter gab es großartige Ballveranstaltungen wie die Fiakerbälle und am 29. August 1868 wurde hier vor angeblich gezählten 3.591 Gästen erstmals das "[[Lied der Arbeit]]" vorgetragen. Die großen Wirtshaussäle waren damals für die Sozialdemokratie mangels anderer Lokalitäten wichtige Veranstaltungsorte. Es gab aber auch Varietévorstellungen, so begeisterte der französische Seiltänzer Blondin das Publikum.<ref>Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Wien: Mohl Verlag 1978, S. 124.</ref>
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Im Winter gab es großartige [[Ball (Tanzveranstaltung)|Ballveranstaltungen]] wie die [[Fiakerball|Fiakerbälle]] und am 29. August 1868 wurde hier vor angeblich gezählten 3.591 Gästen erstmals das "[[Lied der Arbeit]]" vorgetragen. Die großen Wirtshaussäle waren für die [[Sozialdemokratie]] mangels anderer Lokalitäten wichtige Veranstaltungsorte. Es gab aber auch Varietévorstellungen, so begeisterte der französische Seiltänzer Blondin das Publikum<ref>Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus, S. 124.</ref>.
  
Die Brauerei wurde 1869 durch die Generalbank für Handel, Gewerbe und Industrie aufgekauft und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das ursprünglich mit 1,5 Millionen Gulden festgesetzte Aktienkapital musste bald auf 750.000 Gulden reduziert werden, die auf 3750 Aktien à 200 Gulden aufgeteilt wurden. Als Kompensation nahm man bei der [[Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG|Ersten österreichischen Spar-Casse]] ein Darlehen über 250.000 Gulden auf, womit die geplanten Ausbaupläne zumindest teilweise finanziert werden konnten. Die Aktien wurden zwar im Kurszettel der Wiener Börse aufgenommen, erreichte aber nie den Nominalwert. 1872 erreichte die Bierproduktion mit 104.347 Hektolitern den Spitzenwert. Die Besitzer dürften sich damit aber übernommen haben, denn die Brauerei wurde 1873 geschlossen.
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Als 1873 die Brauerei Aktiengesellschaft dem Börsenkrach zum Opfer fiel, betrieb Zobel noch einige Jahre ein Gasthaus in einem der Nebengebäude. Er musste aber ebenfalls aufgeben, als ab 1882 das Amtshaus beziehungsweise [[Magistratische Bezirksämter|Magistratische Bezirksamt]] für den heutigen 15. Bezirk [[Rudolfsheim-Fünfhaus]] errichtet wurde und 1884 seinen Betrieb aufnahm (Gasgasse 8-10, [[Rosinagasse]] 4-6). In dem Gebäude befindet sich seit 1972 auch das [[Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus]].
  
Das Areal wurde bald danach zu Bauzwecken parzelliert. Franz Zobel betrieb noch eine Zeit lang in einem der Nebengebäude ein Gasthaus. Er musste aber ebenfalls aufgeben, als das Amtshaus / Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus / ab 1882 errichtet  wurde und 1884 seinen Betrieb aufnahm (Gasgasse 8-10, Rosinagasse 4-6, in dem sich seit 1972 auch das [[Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus]] befindet. Anstelle des riesigen Gastgartens wurden Ende des 19. Jahrhunderts eine Schule und Wohnhäuser gebaut. Ein kleiner Rest ist in Form des Friedrichsplatzes erhalten. Einige Baulichkeiten, die damals nicht abgerissen wurden, wie das Sudhausgebäude, wurden eine Zeit lang vermietet. So richteten Jakob und Sigmund Grossmann, Besitzer der Bierbrauerei Rauhenstein bei Baden in den Kellern ein großes Bierdepot ein. 1893/94 wurde auch das Sudhaus abgebrochen und an seiner Stelle die [[Leydoltgasse]] angelegt, diagonal dazu wurde das Grundstück durch die neu errichtete Staglgasse von den Zobel-Gründen abgetrennt. Erst um 1958 wurde das alte Direktionsgebäude geschleift. Heute befindet sich hier eine Schule.
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==Parzellierung des Areals==
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[[Datei:Fünfhauser Brauhaus.jpg|390px|thumb|right|Letztes ehemaliges Gebäude der Brauerei Fünfhaus (Ecke [[Gasgasse]]/[[Zwölfergasse]]), 1957]]
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Das Areal des Fünfhauser Brauhauses wurde nach 1873 zu Bauzwecken parzelliert. Anstelle des riesigen Gastgartens wurden Ende des [[Langes 19. Jahrhundert|19. Jahrhunderts]] eine [[Schule]] und Wohnhäuser gebaut. Ein kleiner Rest ist in Form des [[Friedrichsplatz]]es erhalten. Einige Baulichkeiten, die damals nicht abgerissen wurden, wie das Sudhausgebäude, wurden eine Zeit lang vermietet. So richteten Jakob und Sigmund Grossmann, Besitzer der Bierbrauerei Rauhenstein bei [[Baden]] in den Kellern ein großes Bierdepot ein<ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nwg&datum=18750602&seite=7&zoom=33 Inserat der Firma Grossman im Neuen Wiener Tagblatt vom 2. Juni 1875, Seite 7 - Nutzung der Brauerei als Bierlager]</ref>. 1893/94 wurde auch das Sudhaus abgebrochen und an seiner Stelle die [[Leydoltgasse]] angelegt, diagonal dazu wurde das Grundstück durch die neu errichtete [[Staglgasse]] von den Zobel-Gründen abgetrennt. Erst um 1958 wurde das alte Direktionsgebäude geschleift. Heute befindet sich hier eine Schule.
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
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* Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, 112-115
 
* Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, 112-115
 
* Hertha Wohlrab: Wien in alten Ansichtskarten 14/15, Wien: o.A., S. 97-98
 
* Hertha Wohlrab: Wien in alten Ansichtskarten 14/15, Wien: o.A., S. 97-98
* Eva Anna Welles, Adelige, Mönche, Feuergewehre und Bier, Edition 15 Bezirksmuseum, Rudolfsheim-Fünfhaus - Druck in Vorbereitung
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* Eva Anna Welles, Adelige, Mönche, Feuergewehre und Bier, Vom Nentwichhof zum Fünfhauser Brauhaus, Edition 15 Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus Nr. 14, Wien 2022
  
==Einzelnachweise:==
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==Referenzen==
 
<references/>
 
<references/>
* Anton Bosch: Biographie, Brauhaus- und Realitäten-Besitzer zu Jedlesee bei Wien. Eigenverlag, 13. Juni 1868.
 
[https://search.onb.ac.at/primo-explore/fulldisplay?docid=ONB_alma21288461430003338&context=L&vid=ONB&lang=de_DE&search_scope=ONB_gesamtbestand&adaptor=Local%20Search%20Engine&tab=default_tab&query=any,contains,%22anton%20bosch%22&mode=basic ]
 
 
* Wiener Zeitung vom 26. Juni 1829, S 15 - Heinrich Zwölfers Braumeister und Bierwirt
 
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wrz&datum=18290626&seite=15&zoom=33
 
 
* Inserat der Firma Grossman im Neuen Wiener Tagblatt vom 2. Juni 1875, Seite 7 - Nutzung der Brauerei als Bierlager
 
</ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nwg&datum=18750602&seite=7&zoom=33 ]
 
 
* Der Walzer "Knallkugerln" von Johann Strauß
 
[https://de.wikipedia.org/wiki/Knallk%C3%BCgerln]
 
 
* Fremden-Blatt vom 21. Mai 1865, Seite 25, sowie Fremden-Blatt vom 6. Oktober 1866, Seite 33 - Fassungsvermögen des Odeon-Gartens
 
[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=fdb&datum=18650521&query=%22odeon+garten%22&ref=anno-search&seite=25]
 
[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=fdb&datum=18661006&seite=11&zoom=33 ]
 

Aktuelle Version vom 30. April 2024, 14:02 Uhr

Daten zur Organisation
Art der Organisation Brauerei
Datum von 1795
Datum bis 1873
Benannt nach Fünfhaus (Vorort)
Prominente Personen Anton Dengler
PageID 273
GND
WikidataID
Objektbezug Bier, Brauhäuser, Langes 19. Jahrhundert, Zobels Bierhalle
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 30.04.2024 durch WIEN1.lanm08trj
  • 15., Gasgasse 8-10

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48° 11' 38.52" N, 16° 20' 0.68" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Fünfhauser Brauhaus (15., Gasgasse 8-10; Konskriptionsnnummer: Fünfhaus 40).

Inhalt:
  1. Gründung des Brauhauses
  2. Die Familien Bosch und Dengler
  3. Aktiengesellschaft und Börsenkrach 1873
  4. Das Zobeläum
  5. Parzellierung des Areals
  6. Literatur
  7. Referenzen

Gründung des Brauhauses

In dem heute von Sperrgasse, Mariahilfer Straße, Staglgasse, Friedrichsplatz und Viktoriagasse umgrenzten Gebiet befand sich ab ca. 1696 der Meierhof und eine Ziegelei des Johann Adam von Nentwich, kaiserlicher Rat, General-Proviant-Obrist-Lieutenant (1650-1809) (siehe "Nentwichhof"). Nach dem Tod seines Sohnes Wilhelm Hermann Franz von Nentwich (1687-1732), Offizial des Höchsten Rats der Österreichischen Niederlande, erwarben die Karmeliter auf der Laimgrube um 1734 das Anwesen. Nach der Aufhebung des Ordens der Karmeliter durch Joseph II. (1783) wurde das Areal parzelliert und neu verbaut. Anstelle des Karmeliterhofs und auf einem angrenzenden Stück Acker (bis zur Zwölfergasse) ließ der Schlossermeister Nikolaus Christoph Oesterlein (1747-1809) ab 1795 eine große private Waffenfabrik, ein Wohnhaus und Nebengebäude errichten. Dem angeschlossen waren auch eine Bierbrauerei mit Bierschank, die nach Nikolaus Tod von seiner Witwe Helene weitergeführt wurden. Helene Oesterlein starb 1824.

Ab 1825 war der Realitätenhändler und Baumeister Heinrich Zwölfer Besitzer der Brauerei und der Schank, der die Schank zu einem Gasthaus entlang der Zwölfergasse erweitern ließ[1]. Braumeister und Gastwirt war Johann Betzler.

Die Familien Bosch und Dengler

Nach Heinrich Zwölfers Tod erwarb im Jahr 1837 Anton Bosch[2], der Besitzer der Jedleseer Brauerei, das Brauhaus samt Gasthaus und schenkte es als Mitgift seiner einzigen Tochter Katharina bei ihrer Hochzeit mit Johann Nepomuk Dengler, dem Neffen seines Freundes und Besitzers der Hütteldorfer Brauerei, Franz Dengler. Die Gebäude waren in so schlechtem Zustand, dass Bosch außer dem Wohnhaus alle Gebäude niederreißen und neu aufbauen lassen musste. Den Auftrag zum Neubau erhielten der Baumeister Anton Mittendorfer, sowie der Malermeister Paul Holzer und der Zimmermeister Josef Wieser. Sie wurden von den Zeitungen mit Lobeshymnen bedacht. Im Oktober 1839 wurde die "Erste Wiener Bierhalle" (Ecke Gasgasse und Rosinagasse) mit Garten eröffnet, die sich bis zur heutigen Schule am Friedrichsplatz erstreckte.

Der Schwiegersohn, Johann Nepomuk Dengler, wirtschaftete nach den Wirren der Revolution 1848 nicht sehr glücklich. Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. Im September 1861 musste Johann Dengler Konkurs anmelden, worauf sein Schwiegervater Anton Bosch ein Jahr später die Brauerei und die Bierhalle aus der Konkursmasse zurückkaufte und seinem Enkel Anton Dengler übergab. Der schaffte zwar einen kurzfristigen Aufschwung, musste aber 1868 nach Jedlesee zurückkehren, um die dortige Stammbrauerei der Familie zu übernehmen. Das Unternehmen wurde an die Fabrikanten- und Großhändlerfamilien Schik und Mauthner verkauft.

Aktiengesellschaft und Börsenkrach 1873

Schik und Mauthner brachten das Brauhaus in Fünfhaus mit Unterstützung der Generalbank in die „Fünfhauser Brauerei-Actiengesellschaft“ ein. Die Generalbank war eines der typischen Institute dieser Zeit, die sich hauptsächlich der Spekulation widmete. Sie musste auch das ursprünglich mit 1,5 Millionen Gulden festgesetzte Aktienkapital bald auf 750.000 Gulden reduzieren und nahm als Kompensation bei der Ersten österreichischen Spar-Casse ein Darlehen über 250.000 Gulden auf, womit die geplanten Ausbaupläne zumindest teilweise finanziert werden konnten. Die Aktien wurden zwar im Kurszettel der Wiener Börse aufgenommen, erreichte aber nie den Nominalwert. 1872 erreichte die Bierproduktion mit fast 105.000 hl den Spitzenwert. Die Aktiengesellschaft hatte sich aber finanziell übernommen und war eines der ersten Opfer der Finanzkrise des Jahres 1873. Die Aktionäre fielen um ihr Vermögen um, der Braubetrieb eingestellt.

Zobels Bierhalle

Franz Zobel, Anzeige für eine Silvester-Feier in der Bierhalle, 1873

1862 verpachtete Anton Bosch die ebenfalls aus der Konkursmasse erworbene Bierhalle dem Fleischhauer Franz Zobel. Im Volksmund wurde das Etablissement „Zobels Bierhalle“ oder „Zobeläum“ genannt. Das Zobeläum gehörte mit dem Dreher-Hof auf der Landstraße zu den größten Gaststätten Wiens[3]. Allein der prächtige Gasthausgarten fasste 3.000 Personen[4].

In diesem Vergnügungs-Etablissement traten berühmte Musikkapellen auf. Johann Strauß (Sohn) und Josef Lanner konzertierten hier, und Strauß brachte die "Gambrinustänze", die "Lockvögel" und die "Knallkugerln" zur Uraufführung[5]. Auch waren die Militärkapellen, vor allem unter dem Kapellmeister Karl Komzák, sehr beliebt. Volkssängerinnen und Volkssänger wie Carl Kampf, Fanny Hornischer und Antonie Mansfeld traten ebenso auf wie viele Gesangsvereine.

Im Winter gab es großartige Ballveranstaltungen wie die Fiakerbälle und am 29. August 1868 wurde hier vor angeblich gezählten 3.591 Gästen erstmals das "Lied der Arbeit" vorgetragen. Die großen Wirtshaussäle waren für die Sozialdemokratie mangels anderer Lokalitäten wichtige Veranstaltungsorte. Es gab aber auch Varietévorstellungen, so begeisterte der französische Seiltänzer Blondin das Publikum[6].

Als 1873 die Brauerei Aktiengesellschaft dem Börsenkrach zum Opfer fiel, betrieb Zobel noch einige Jahre ein Gasthaus in einem der Nebengebäude. Er musste aber ebenfalls aufgeben, als ab 1882 das Amtshaus beziehungsweise Magistratische Bezirksamt für den heutigen 15. Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus errichtet wurde und 1884 seinen Betrieb aufnahm (Gasgasse 8-10, Rosinagasse 4-6). In dem Gebäude befindet sich seit 1972 auch das Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus.

Parzellierung des Areals

Letztes ehemaliges Gebäude der Brauerei Fünfhaus (Ecke Gasgasse/Zwölfergasse), 1957

Das Areal des Fünfhauser Brauhauses wurde nach 1873 zu Bauzwecken parzelliert. Anstelle des riesigen Gastgartens wurden Ende des 19. Jahrhunderts eine Schule und Wohnhäuser gebaut. Ein kleiner Rest ist in Form des Friedrichsplatzes erhalten. Einige Baulichkeiten, die damals nicht abgerissen wurden, wie das Sudhausgebäude, wurden eine Zeit lang vermietet. So richteten Jakob und Sigmund Grossmann, Besitzer der Bierbrauerei Rauhenstein bei Baden in den Kellern ein großes Bierdepot ein[7]. 1893/94 wurde auch das Sudhaus abgebrochen und an seiner Stelle die Leydoltgasse angelegt, diagonal dazu wurde das Grundstück durch die neu errichtete Staglgasse von den Zobel-Gründen abgetrennt. Erst um 1958 wurde das alte Direktionsgebäude geschleift. Heute befindet sich hier eine Schule.

Literatur

  • Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 15), S. 18-19
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Mohl Verlag: Wien 1978, S. 124
  • Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, 112-115
  • Hertha Wohlrab: Wien in alten Ansichtskarten 14/15, Wien: o.A., S. 97-98
  • Eva Anna Welles, Adelige, Mönche, Feuergewehre und Bier, Vom Nentwichhof zum Fünfhauser Brauhaus, Edition 15 Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus Nr. 14, Wien 2022

Referenzen