Jedlesee (Ort)

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Jedlesee (1951)
Daten zum Objekt
Art des Objekts Ort
Datum von 1014
Datum bis 1894
Name seit
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Bezirk 21
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 19126
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 6.12.2022 durch WIEN1.lanm08jan
Bildname Jedlesee.jpg
Bildunterschrift Jedlesee (1951)

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48° 16' 4.89" N, 16° 23' 11.75" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Jedlesee (21.), selbständige Ortsgemeinde am linken Donauufer, 1894 mit Floridsdorf, Neu-Jedlersdorf und Leopoldau zur „Großgemeinde Floridsdorf zusammengeschlossen, ältestes jener Dörfer, die 1904 zum 21. Bezirk Floridsdorf zusammengeschlossen und nach Wien eingemeindet wurden (heute Katastralgemeinde).

Urkundlich erstmals am 5. Juli 1014 als „Outcinessevve" erwähnt (Kaiser Heinrich II. schenkte Bischof Berengar von Passau Grundstücke zur Erbauung einer Kirche; nicht völlig gesicherte Zuordnung, aber doch hohe Wahrscheinlichkeit), aus späterer Zeit sind die Bezeichnungen Utzinsee (um 1120/1125, 1250/1260), Utzeinsee (1324) und Utzessee (1455) bekannt. Die Benennung erfolgte nach einem Gewässer (See [Lage im Donauschwemmland]) und dem Personennamen Utzi (Koseform von Ulrich [vermutlich Dorfgründer]). Infolge der Nähe zur Schwarzen Lacke (Schwarzlackenau) wurde der Ort vielfach von der Donau überschwemmt (beispielsweise 1234, 1402, 1501, 1602, 1613-1615).

1383 besaß das bayerische Benediktinerstift Formbach hier Grundrechte. Am 31. Mai 1428 erschienen die Hussiten vor Jedlesee (Errichtung einer Wagenburg, Beschießung von Nußdorf), 1430 wird erstmals eine Überfuhr nach Nußdorf (19) genannt. Durch die Errichtung. der großen Donaubrücke (Brückenbrief Albrechts V. von 4. Juli 1439) verlor diese Überfuhr (hier über die Schwarze Lackenau) an Bedeutung. 1529 und 1683 wurde Jedlesee durch die Türken verwüstet. Ab 1533 waren die Herren von Sinzendorf Besitzer des Orts, 1575 verkauften die Brüder Friedrich und Tiburtius Grafen Sinzendorf jedoch Dorf und Gut Jedlesee an das Brückenamt der Stadt Wien (nachdem es schon jahrelang Streitigkeiten über die Urfahrsgerechtigkeit gegeben hatte). Seit etwa 1587/1593 ist durch Verballhornung die Bezeichnung Jedlesee gebräuchlich 1573-1642 war Jedlesee ein landesfürstliches Lehen, 1587 wird erstmals ein Ortsrichter (Gerstl) erwähnt.

Kämpfe fanden 1605-1607 mit den Reitern István Bocskays, 1619 und 1645 (Wolfsschanze) mit den Schweden statt. 1642 kaufte der Stadtguardia-Fähnrich Andre Gurlandt das Lehen um 200 Gulden als freies Erbgut; ihm folgten 18 verschiedene Besitzer (unter ihnen 1696 Albert Lonqueval Graf Bouquoy und 1778 der Leibarzt Maria Theresias, Anton Freiherr von Störck), von denen der letzte die Herrschaft 1841 ans Stift Klosterneuburg verkaufte. Nach der zweiten Türkenbelagerung besaß Jedlesee 1696 nur noch zwölf Häuser; 1700 wurde das (um 1650 erbaute) Jedleseer Herrschaftshaus restauriert, 1712/1713 die Lorettokapelle (Jedleseer Kirche) errichtet.

Der Bau der Reichsstraße nach Böhmen unter Karl VI. (1736) isolierte Jedlesee, weil die begradigte Trasse der schnelleren Verbindung wegen bewußt am Ort vorbeigeführt wurde; da sich die wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich verschlechterten, drang die Verbauung (entlang der heutigen Jeneweingasse) allmählich wieder bis zur Straße vor (nachdem an der Reichsstraße zunächst ein Wirtshaus eröffnet worden war). Die alte Überfuhr von Nußdorf her endete im 18. Jahrhundert an der Kreuzung der Anton-Bosch- mit der Wernhartgasse. 1771 entstanden die Häuser in der damaligen Herrengasse, 1779 wurde das Langhaus der Jedleseer Kirche an die Lorettokapelle angebaut, 1782 erhielt Jedlesee eine eigene Trivialschule (gegründet aufgrund der Allgemeinen Schulordnung 1774), 1787 gründete Störck die Jedleseer Brauerei (Bau von 45 neuen Häusern), und 1794-1798 entstanden die ersten Häuser in der Augasse (Jeneweingasse); Jedlesee erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung. In dieser Zeit gehörte der Ort Johann Franz Xaver Anton Graf KhevenhüIler-Metsch.

Durch die Franzosen (1805, 1809) erlitt der Ort Schäden (Sieg O'Briens am 13. Mai 1809 in der Schwarzlackenau über die Franzosen, die er daran hinderte, auf das linke Donauufer vorzudringen; 1909 Obelisk enthüllt). Am 1. März 1830 wurde Jedlesee durch die Donau überschwemmt; den Vorsichtsmaßnahmen des Brauhausbesitzers Anton Bosch war es zu danken, dass kein Menschenleben zu beklagen war. 1841 kam die Herrschaft Jedlesee von Christian Heinrich Gottfried Plattensteiner (dem auch Strebersdorf gehörte) durch Verkauf an das Stift Klosterneuburg. Impulse erhielt Jedlesee durch den Bau der Nordwestbahn (1872). 1874 wurde der neue Jedleseer Friedhof, 1894 auf dem Areal des alten das Jedleseer Armenhaus (Jeneweingasse 30) eröffnet. Am 8. Mai 1894 wurde Jedlesee der Großgemeinde Floridsdorf einverleibt und 1904 gemeinsam mit dieser nach Wien eingemeindet.

Zwischen 1942 und 1945 befand sich hier ein Zwangsarbeiterlager.

Siegel

Die Gemeinde Jedlesee führte ein Siegel, das das Gnadenbild der lauretanischen Jungfrau Maria zu Loretto, der Patronin der Kirche in Jedlesee zeigt. Von Maria und dem Jesuskind sind nur die beiden gekrönten Häupter sowie die rechte Hand des Kindes sichtbar, alles übrige ist mit einem steifen, mit Perlenschnüren und Punkten (Edelsteinen) verzierten Mantel umhüllt. Auf dem einen Abdruck ist der Kopf des Kindes richtig links von dem der Maria, auf dem anderen irrig rechts, weiters auf dem einen Abdruck im Siegelgrunde rechts vom Bilde der Buchstabe M, links L, auf dem anderen unter dem Bilde am Siegelrand St : M · L. Umschrift auf beiden Abdrücken: GEMEINDE IEDLESEE

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Floridsdorf.

Objekte

  • Herrenhaus der Brauerei (21, Prager Straße 84; 1978 abgebrochen)
  • Wirtshaus (21, Prager Straße 93-99, heute städtische Wohnhausanlage)
  • Landhaus der Gräfin Maria Erdödy (Erdödy-Landgut; nach Brand 1863 neu erbaut) 21, Jeneweingasse 17 (Beethovengedenkstätte; Gedenktafel)
  • Benefiziatenhaus (erbaut 1712; seit 1783 Pfarrhof) Lorettoplatz l (Anton-Bosch-Gasse 2)
  • Mesnerwohnung (1775-1839) und Schule (erbaut 1712) Lorettoplatz 2 (Wenhartgasse 31)
  • Herrschaftlicher Meierhof (ab 1839 teilweise Schule, heute Wohnhaus) Wenhartgasse 34

Häuser

  • 1258: 12
  • 1573: 12
  • 1576: 12
  • 1583: 12
  • 1696: 12
  • 1751: 13
  • 1772: 32
  • 1783: 42
  • 1787: 45
  • 1794: 57
  • 1819: 94
  • 1822: 94
  • 1830: 94
  • 1840: 94
  • 1851: 95
  • 1869: 100
  • 1880: 127
  • 1890: 179
  • 1894: 184
  • 1900: 192

Einwohner

  • 1783: 363
  • 1794: 332
  • 1819: 604
  • 1824: 652
  • 1830: 678
  • 1837: 808
  • 1840: 800
  • 1846: 768
  • 1851: 825
  • 1857: 1.163
  • 1869: 1.568
  • 1880: 2.006
  • 1890: 2.960
  • 1894: 2.964
  • 1900: 3.833

Ortsrichter

  • Georg Gerstl (1587)
  • Peter Khaiser (1596-1602)
  • Veit Holzhauser (1612)
  • David Dein (1773-1776)
  • Andreas David (Dafid; 1793)
  • Johann Brunner (1805)
  • Christian Bucher (1815-1837), siehe Christian-Bucher-Gasse
  • Ferdinand Buchberger (1837-1841)
  • Leopold Jagitsch (1841-1845)
  • Johann Ruprecht (1845-1851)

Bürgermeister

Pfarrer (1783-1981)

  • siehe Literatur.

Quellen

Literatur

  • Franz Polly: Jedleseer Veduten. Ein Beitrag zur Heimatkunde. 1987
  • Franz Polly: Floridsdorfer Spaziergänge. 1989, S. 21 ff., S. 222 ff.
  • Raimund Hinkel / Bruno Sykora: Heimat Floridsdorf. Mit erstem Floridsdorfer Straßenverzeichnis. Wien: Eipeldauer 1977, S. 17 ff.
  • Unser schönes Floridsdorf 3 (1969), S. 106 ff. (Pfarrchronik)
  • Unser schönes Floridsdorf 4 (1970), S. 3 ff. (Kirtag, Fasching)
  • Unser schönes Floridsdorf 5 (1971), S. 108 (Pfarre)
  • Unser schönes Floridsdorf 7 (1973), Register
  • Unser schönes Floridsdorf 12 (1978)
  • Unser schönes Floridsdorf 13 (1979), Register
  • Unser schönes Floridsdorf 15 (1981), S. 108 ff. (Spaziergang durch Jedlesee), S. 141 (Dorfrichter, Bürgermeister, Pfarrer)
  • Elisabeth Schuster: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen. Band 2: Ortsnamen F bis M. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1990 (Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich, Reihe B), S. 333
  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 121 f.
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 36
  • Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien 1964-1975 3/2, S. 186
  • Raimund Waltenberger: Jedleseer Geschichte der Pfarre und des Ortes.
  • Robert Messner: Die Leopoldstadt im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der nordöstlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1962 (Topographie von Alt-Wien, 1), S. 172 f.
  • Felix Czeike: XXI. Floridsdorf. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1979 (Wiener Bezirkskulturführer, 21), S. 4
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 96
  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XXI, Taf. N

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