Fünfhauser Brauhaus

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Letztes ehemaliges Gebäude der Brauerei Fünfhaus (Ecke Gasgasse/Zwölfergasse), 1957
Daten zur Organisation
Art der Organisation Brauerei
Datum von 1795
Datum bis 1873
Benannt nach Fünfhaus (Vorort)
Prominente Personen Anton Dengler
PageID 273
GND
WikidataID
Objektbezug Bier, Brauhäuser, Langes 19. Jahrhundert, Zobels Bierhalle
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 27.02.2024 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname Fünfhauser Brauhaus.jpg
Bildunterschrift Letztes ehemaliges Gebäude der Brauerei Fünfhaus (Ecke Gasgasse/Zwölfergasse), 1957
  • 15., Gasgasse 8-10

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48° 11' 38.52" N, 16° 20' 0.68" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Fünfhauser Brauhaus (15., Gasgasse 8-10; Konskriptionsnnummer: Fünfhaus 40).

Inhalt:
  1. Gründung des Brauhauses
  2. Die Familien Bosch und Dengler
  3. Aktiengesellschaft und Börsenkrach 1873
  4. Das Zobeläum
  5. Parzellierung des Areals
  6. Literatur
  7. Referenzen

Gründung des Brauhauses

In dem heute von Sperrgasse, Mariahilfer Straße, Staglgasse, Friedrichsplatz und Viktoriagasse umgrenzten Gebiet befand sich ab ca. 1696 der Meierhof und eine Ziegelei des Johann Adam von Nentwich, kaiserlicher Rat, General-Proviant-Obrist-Lieutenant (1650-1809) (siehe "Nentwichhof"). Nach dem Tod seines Sohnes Wilhelm Hermann Franz von Nentwich (1687-1732), Offizial des Höchsten Rats der Österreichischen Niederlande, erwarben die Karmeliter auf der Laimgrube um 1734 das Anwesen. Nach der Aufhebung des Ordens der Karmeliter durch Joseph II. (1783) wurde das Areal parzelliert und neu verbaut. Anstelle des Karmeliterhofs und auf einem angrenzenden Stück Acker (bis zur Zwölfergasse) ließ der Schlossermeister Nikolaus Christoph Oesterlein (1747-1809) ab 1795 eine große private Waffenfabrik, ein Wohnhaus und Nebengebäude errichten. Dem angeschlossen waren auch eine Bierbrauerei mit Bierschank, die nach Nikolaus Tod von seiner Witwe Helene weitergeführt wurden. Helene Oesterlein starb 1824.

Ab 1825 war der Realitätenhändler und Baumeister Heinrich Zwölfer Besitzer der Brauerei und der Schank, der die Schank zu einem Gasthaus entlang der Zwölfergasse erweitern ließ[1]. Braumeister und Gastwirt war Johann Betzler.

Die Familien Bosch und Dengler

Nach Heinrich Zwölfers Tod erwarb im Jahr 1837 Anton Bosch[2], der Besitzer der Jedleseer Brauerei, das Brauhaus samt Gasthaus und schenkte es als Mitgift seiner einzigen Tochter Katharina bei ihrer Hochzeit mit Johann Nepomuk Dengler, dem Neffen seines Freundes und Besitzers der Hütteldorfer Brauerei, Franz Dengler. Die Gebäude waren in so schlechtem Zustand, dass Bosch außer dem Wohnhaus alle Gebäude niederreißen und neu aufbauen lassen musste. Den Auftrag zum Neubau erhielten der Baumeister Anton Mittendorfer, sowie der Malermeister Paul Holzer und der Zimmermeister Josef Wieser. Sie wurden von den Zeitungen mit Lobeshymnen bedacht. Im Oktober 1839 wurde die "Erste Wiener Bierhalle" (Ecke Gasgasse und Rosinagasse) mit Garten eröffnet, die sich bis zur heutigen Schule am Friedrichsplatz erstreckte.

Der Schwiegersohn, Johann Nepomuk Dengler, wirtschaftete nach den Wirren der Revolution 1848 nicht sehr glücklich. Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. Im September 1861 musste Johann Dengler Konkurs anmelden, worauf sein Schwiegervater Anton Bosch ein Jahr später die Brauerei und die Bierhalle aus der Konkursmasse zurückkaufte und seinem Enkel Anton Dengler übergab. Der schaffte zwar einen kurzfristigen Aufschwung, musste aber 1868 nach Jedlesee zurückkehren, um die dortige Stammbrauerei der Familie zu übernehmen. Das Unternehmen wurde an die Fabrikanten- und Großhändlerfamilien Schik und Mauthner verkauft.

Aktiengesellschaft und Börsenkrach 1873

Schik und Mauthner brachten das Brauhaus in Fünfhaus mit Unterstützung der Generalbank in die „Fünfhauser Brauerei-Actiengesellschaft“ ein. Die Generalbank war eines der typischen Institute dieser Zeit, die sich hauptsächlich der Spekulation widmete. Sie musste auch das ursprünglich mit 1,5 Millionen Gulden festgesetzte Aktienkapital bald auf 750.000 Gulden reduzieren und nahm als Kompensation bei der Ersten österreichischen Spar-Casse ein Darlehen über 250.000 Gulden auf, womit die geplanten Ausbaupläne zumindest teilweise finanziert werden konnten. Die Aktien wurden zwar im Kurszettel der Wiener Börse aufgenommen, erreichte aber nie den Nominalwert. 1872 erreichte die Bierproduktion mit fast 105.000 hl den Spitzenwert. Die Aktiengesellschaft hatte sich aber finanziell übernommen und war eines der ersten Opfer der Finanzkrise des Jahres 1873. Die Aktionäre fielen um ihr Vermögen um.

Das Zobeläum

1862 verpachtete Anton Bosch die ebenfalls aus der Konkursmasse erworbene Bierhalle dem Fleischhauer Franz Zobel. Im Volksmund wurde das Etablissement „Zobels Bierhalle“ oder „Zobeläum“ genannt. Das Zobeläum gehörte mit dem Dreher-Hof auf der Landstraße zu den größten Gaststätten Wiens[3]. Allein der prächtige Gasthausgarten fasste 3.000 Personen[4].

In diesem Vergnügungs-Etablissement traten berühmte Musikkapellen auf. Johann Strauß (Sohn) und Josef Lanner konzertierten hier, und Strauß brachte die "Gambrinustänze", die "Lockvögel" und die "Knallkugerln" zur Uraufführung[5]. Auch waren die Militärkapellen, vor allem unter dem Kapellmeister Karl Komzák, sehr beliebt. Volkssängerinnen und Volkssänger wie Carl Kampf, Fanny Hornischer und Antonie Mansfeld traten ebenso auf wie viele Gesangsvereine.

Im Winter gab es großartige Ballveranstaltungen wie die Fiakerbälle und am 29. August 1868 wurde hier vor angeblich gezählten 3.591 Gästen erstmals das "Lied der Arbeit" vorgetragen. Die großen Wirtshaussäle waren für die Sozialdemokratie mangels anderer Lokalitäten wichtige Veranstaltungsorte. Es gab aber auch Varietévorstellungen, so begeisterte der französische Seiltänzer Blondin das Publikum[6].

Als 1873 die Brauerei Aktiengesellschaft dem Börsenkrach zum Opfer fiel, betrieb Zobel noch einige Jahre ein Gasthaus in einem der Nebengebäude. Er musste aber ebenfalls aufgeben, als ab 1882 das Amtshaus beziehungsweise Magistratische Bezirksamt für den heutigen 15. Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus errichtet wurde und 1884 seinen Betrieb aufnahm (Gasgasse 8-10, Rosinagasse 4-6). In dem Gebäude befindet sich seit 1972 auch das Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus.

Parzellierung des Areals

Das Areal des Fünfhauser Brauhauses wurde nach 1873 zu Bauzwecken parzelliert. Anstelle des riesigen Gastgartens wurden Ende des 19. Jahrhunderts eine Schule und Wohnhäuser gebaut. Ein kleiner Rest ist in Form des Friedrichsplatzes erhalten. Einige Baulichkeiten, die damals nicht abgerissen wurden, wie das Sudhausgebäude, wurden eine Zeit lang vermietet. So richteten Jakob und Sigmund Grossmann, Besitzer der Bierbrauerei Rauhenstein bei Baden in den Kellern ein großes Bierdepot ein[7]. 1893/94 wurde auch das Sudhaus abgebrochen und an seiner Stelle die Leydoltgasse angelegt, diagonal dazu wurde das Grundstück durch die neu errichtete Staglgasse von den Zobel-Gründen abgetrennt. Erst um 1958 wurde das alte Direktionsgebäude geschleift. Heute befindet sich hier eine Schule.

Literatur

  • Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 15), S. 18-19
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Mohl Verlag: Wien 1978, S. 124
  • Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, 112-115
  • Hertha Wohlrab: Wien in alten Ansichtskarten 14/15, Wien: o.A., S. 97-98
  • Eva Anna Welles, Adelige, Mönche, Feuergewehre und Bier, Vom Nentwichhof zum Fünfhauser Brauhaus, Edition 15 Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus Nr. 14, Wien 2022

Referenzen