Zobels Bierhalle

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1839
Datum bis 1882
Andere Bezeichnung beim Zobel, Zobeläum
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Franz Zobel
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 8048
GND
WikidataID
Objektbezug Bier, Brauhäuser, Langes 19. Jahrhundert, Vergnügungsstätten
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 12.03.2024 durch DYN.evchen1414
  • 15., Gasgasse 4-6
  • 15., Zwölfergasse 3-15

Frühere Adressierung
  • Nr.: 40 (Bezirk: Fünfhaus (Vorort))

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48° 11' 40.47" N, 16° 20' 5.48" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Franz Zobels Bierhalle (15., Gasgasse 4-6, Zwölfergasse 3-15), Biergarten, Vergnügungsetablissement.

Vom Nentwichhof zur Bierhalle

Auf dieser Liegenschaft in Fünfhaus hatte Johann Adam Edler von Nentwich, kaiserlicher Rat und Generalproviant-Obrist-Leutnant, um 1695 einen Meierhof mit Ziegelofen errichten lassen, den sogenannten Nentwichhof. Er starb 1718 in Frankfurt am Main. Sein Sohn Wilhelm von Nentwich, Official des Höchsten Rats der Österreichischen Niederlande, erbte die Liegenschaft. Sie wurde nach dessen Tod im Jahr 1732 von den beschuhten Karmeliten auf der Laimgrube erworben, die den Meierhof und wahrscheinlich auch den Ziegelofen weiter betrieben haben. Ab nun hieß die Liegenschaft Karmeliterhof.

Nach der Aufhebung des Ordens der Karmeliter durch Joseph II. (1783) erwarb der Schlossermeister Nikolaus Christoph Oesterlein der Ältere im Jahr 1795 diese Grundstücke. Oesterlein ließ eine große Feuergewehrfabrik errichten, weiters ein Wohnhaus, sowie ein Brauhaus (siehe Fünfhauser Brauhaus) mit angeschlossener Bierschank. Er starb 1809, seine Frau, Helena Oesterlein, führte mit ihrem Sohn Joseph den Betrieb eine Zeit lang weiter. Die Aufträge für die Gewehrproduktion blieben jedoch aus und die Fabrik dürfte um 1827 oder 1828 stillgelegt worden sein. Zu diesem Zeitpunkt erwarb der Baumeister und Immobilienhändler Heinrich Zwölfer die Brauerei und ließ den Bierschank zu einem Gasthaus ausbauen.

Nach dem Tod von Heinrich Zwölfer wurden die Brauerei und das Gasthaus 1837 vom Besitzer der Jedleseer Brauerei Anton Bosch, einem der größten Bierbrauer in Wien, als Aussteuer für seine Tochter Katharina gekauft, die noch im selben Jahr den Braumeister Johann Nepomuk Dengler heiratete. Anton Bosch ließ in der Folge bis auf ein Wohngebäude alles niederreißen und neu erbauen.

Im Oktober 1839 wurde die "Erste Wiener Bierhalle" mit einem Garten in Fünfhaus (Konskriptionsnummer 40) eröffnet. Die Arbeiten wurden vom Baumeister Anton Mittendorfer, dem Malermeister Paul Holzer, dem Zimmermeister Josef Wieser und einer k. k. priv. Dachdecker-Firma aus Vösendorf durchgeführt, die alle in der Presse großes Lob für ihre Arbeiten fanden.[1]

Ab diesem Zeitpunkt gab es eine ununterbrochene Reihe von Bierwirten, die bis auf Johann Sturmlechner auch Pächter der Bierhalle gewesen sind: Ab 1839 Ferdinand Wunderer, circa ab 1850/1851 Johann Vallentin, ungefähr ab 1860 Johann Sturmlechner und ab 1862 Franz Zobel.

Die Bierhalle unter Franz Zobel

Der Fleischhacker Franz Zobel hatte bereits 1849 auf dem Magdalenengrund Konskriptionsnummer 16 das Gasthaus "Zur Fortuna" eröffnet, dessen Spezialität gute und billige Backhühner waren. Hier traten viele Volkssänger auf, unter ihnen Carl Heinrich Kampf und Josef Matras. 1862 wurde der Fortunagarten verbaut. Im Dezember 1862 übernahm Franz Zobel die im Besitz des Braumeisters Johann Nepomuk Dengler befindliche Fünfhauser Bierhalle als Pächter.

Die Bierhalle wurde im Revolutionsjahr 1848 kurzzeitig National-Halle genannt. Die Wiener sagten schlichtweg "beim Zobel", und in zeitgenössischen Schriften wird oft vom "Zobeläum" gesprochen.

Beim Zobel fanden beliebte und stark frequentierte Bälle und Maskenbälle (vor allem die berühmten, selbst von der Aristokratie besuchten "Fiakerbälle") statt. Johann Strauss (Sohn) und Josef Lanner konzertierten hier des Öfteren. Strauss' "Gambrinustänze", die "Lockvögel" und die "Knallkugerln" wurden in der Bierhalle uraufgeführt.[2] Daneben gab es auch Auftritte von Militärkapellen (beispielsweise unter Kapellmeister Karl Komzák) und Volkssängerveranstaltungen (unter anderem mit Carl Heinrich Kampf, Fanny Hornischer und Antonie Mansfeld). Der Gasthausgarten (Fassungsraum 3.000 Personen) war der größte Wiens.

Zobels Bierhalle war auch ein bedeutender Treffpunkt für politische Großveranstaltungen und Kundgebungen (insbesondere der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung). Bei einer Versammlung des (1867 gegründeten) Arbeiterbildungsvereins wurde hier am 29. August 1868 erstmals von einem Arbeiterchor das "Lied der Arbeit" (Text von Joseph Zapf, Musik von Josef Scheu) vorgetragen.

Schließung und Nachnutzung

Nach dem Konkurs von Johann Nepomuk Dengler und der darauf erfolgten Schließung der Brauerei im Jahr 1873 wirtschaftete Franz Zobel noch einige Jahre in einem Teil der Bierhalle weiter. Am 6. August 1882 fand die letzte Veranstaltung beim Zobel statt, danach begann die Demolierung.[3] 1884 wurde das Fünfhauser Amtshaus, das spätere Magistratische Bezirksamt für den 15. Bezirk, auf einem Großteil des Geländes eröffnet. Zobel übersiedelte zu seinem Sohn Franz Zobel, der in Neulerchenfeld das Bierlokal "Zum goldenen Strauße" führte und arbeitete dort im Betrieb mit.

Franz Zobel, Restaurateur und Fleischhauer, verstarb am 21. Juli 1895 in seiner Wohnung im 16. Bezirk, Lerchenfelder Gürtel 55, an einem Herzleiden. Er wurde am 23. Juli 1895 auf dem Ottakringer Friedhof begraben.

Die wechselnde Nutzung des Areals des ehemaligen Brauhauses und der Bierhalle schlägt sich noch heute in den Gassennamen nieder (Gasgasse [nach dem später hier errichtet Fünfhauser Gaswerk ]; auch Kohlenhofgasse, Karmeliterhofgasse, Oesterleingasse, Viktoriagasse, Zwölfergasse, ursprünglich Bräuhausgasse).

Literatur

  • Anton Bosch: Biographie. Wien: Selbstverlag 1869
  • Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 15), S. 18 f. (nicht fehlerfrei)
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim-Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Wien: Mohl 1978, S. 125, 216
  • Christian M. Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien: Böhlau 2017
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 281 f.
  • Eva Anna Welles: Adelige, Mönche, Feuergewehre und Bier. Vom Nentwichhof zum Fünfhauser Brauhaus, Edition des Bezirksmuseums Rudolfsheim-Fünfhaus Nr. 14, Brigitte Neichl [Hg.], 180 Seiten, Wien 2022.
  • K. Fritz Zoder: Rudolfsheim und Fünfhaus. Ein Heimatbuch. Wien 1925, S. 19
  • Franz Echsel: Rudolfsheim. Historisch-topographische Darstellung des Ortes. Rudolfsheim: Gemeinde Rudolfsheim 1888

Weblinks

Referenzen

  1. Der Humorist vom 12. Oktober 1839, S. 3.
  2. Christian M. Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien: Böhlau 2017, S. 114.
  3. Morgen-Post vom 6. August 1882, S. 3.