Kirche am Hof: Unterschied zwischen den Versionen

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1783 wurde die Kirche infolge der neuen Pfarreinteilung Wiens zur Pfarrkirche erhoben und die [[Schwarzspanierkirche]] zur neuen Garnisionskirche bestimmt. Im Jahr 1786 wurde der kleine Friedhof, der bereits seit der ersten Klosteranlage bestand und nach 1422 immer wieder genannt wurde, auf kaiserliche Anordnung hin aufgelassen. Etwa zur gleichen Zeit wurden die außen angebrachten Kreuzwegstationen entfernt. An ihre Stelle traten drei Monate später Verkaufshütten, für welche der Magistrat Zins einhob. 1798 erfolgte die Umgestaltung des Chors (Einziehen eines kassettierten Tonnengewölbes) und die Errichtung eine neuen Hochaltars.  
 
1783 wurde die Kirche infolge der neuen Pfarreinteilung Wiens zur Pfarrkirche erhoben und die [[Schwarzspanierkirche]] zur neuen Garnisionskirche bestimmt. Im Jahr 1786 wurde der kleine Friedhof, der bereits seit der ersten Klosteranlage bestand und nach 1422 immer wieder genannt wurde, auf kaiserliche Anordnung hin aufgelassen. Etwa zur gleichen Zeit wurden die außen angebrachten Kreuzwegstationen entfernt. An ihre Stelle traten drei Monate später Verkaufshütten, für welche der Magistrat Zins einhob. 1798 erfolgte die Umgestaltung des Chors (Einziehen eines kassettierten Tonnengewölbes) und die Errichtung eine neuen Hochaltars.  
  
=== Erzdiözese Wien ===
 
 
1814-1852 wurde das Gotteshaus wieder von Jesuiten betreut, dann der Erzdiözese Wien übergeben. Die monumentale Westfassade beherrscht den Platz Am Hof; sie ist durch die Pilasterordnung, die verkröpften Gesimse, den gesprengten Segmentgiebel und den Dreieckgiebel geprägt, den Maria als Königin der neun Chöre der Engel ziert. Über der Terrasse vier Statuen (Heilige des Jesuitenordens). Der Chor wurde 1798 von Johann Amann klassizistisch umgestaltet.  
 
1814-1852 wurde das Gotteshaus wieder von Jesuiten betreut, dann der Erzdiözese Wien übergeben. Die monumentale Westfassade beherrscht den Platz Am Hof; sie ist durch die Pilasterordnung, die verkröpften Gesimse, den gesprengten Segmentgiebel und den Dreieckgiebel geprägt, den Maria als Königin der neun Chöre der Engel ziert. Über der Terrasse vier Statuen (Heilige des Jesuitenordens). Der Chor wurde 1798 von Johann Amann klassizistisch umgestaltet.  
  

Version vom 7. Oktober 2014, 09:38 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sakralbau
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Alte Jesuitenkirche, Maria zu den Chören der Engel
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Jesuiten
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 19325
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 7.10.2014 durch DYN.elwu
  • 1., Am Hof 1

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48° 12' 39.36" N, 16° 22' 6.78" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Jesuitenkirche

Alte Jesuitenkirche (Obere Jesuitenkirche)

Karmeliterkirche (1, Am Hof 1)

1386 schenkte Herzog Albrecht III. dem Karmelitenorden das Gebäude, das ab 1156 den babenbergischen Herzögen von Österreich als Residenz und ab etwa 1280 den Habsburgern als Münzstätte gedient hatte (Am Hof 1 und 2). Bereits 1294 ist auch die Schlagstube in der Landskrongasse belegt, doch blieb der hier gelegene Münzhof noch fast ein Jahrhundert lang in Verwendung. Erst 1386 wurde die Münzstätte in der Wollzeile (Wollzeile 6-8, Schulerstraße 1-3) untergebracht und damit dieser Standort aufgegeben. Auffällig ist, das schon in einer Urkunde vom 26. März 1375, also elf Jahre vor der Schenkung, von einem Prior des Kloster im Münzhof gesprochen wird. Auch am 14. März 1384 wird bei einem Am Hof gelegenen Haus in einer Verkaufsurkunde erwähnt, dass es sich neben dem Kloster der Karmeliten befand. Die Schenkung erfolgte aber erst am 4. Februar 1386, nachdem das Karmelitenkloster Im Werd abgebrannt war.

Das Gebäude schloss eine dem heiligen Johannes dem Täufer geweihte Kapelle sowie eine Reihe angrenzender Häuser mit ein. Auf dem Areal entstand nun der Neubau des Karmelitenklosters, der 1418 geweiht wurde. Die zugehörige Kirche "Unserer lieben Frau", die an den Standort der einstigen Johanneskapelle anknüpfte, war 1403 so weit gediehen, dass einige Altäre aufgestellt werden konnten, doch zog sich die Fertigstellung bis um 1420 hin. Die Bauaufsicht oblag Beamten und Vertrauensleuten von Herzog Albrecht V. von Österreich (regierte 1411-1439, 1438/1439 auch römisch-deutscher König [Albrecht II.]), wie 1415 dem Kellermeister Andre Schuestl (der den Chorbau aus eigenen Mitteln finanzierte) und 1422 dem herzoglichen Leibarzt Magister Berthold Stark. Als Baumeister ist der Steinmetz Simon bezeugt, Glasgemälde lieferte 1436 Jakob Kaschauer. Die Kirche, in wesentlichen Teilen noch erhalten, bestand aus einem weiträumigen, rechteckigen, vierjochigen Langhaus und einem schmäleren dreijochigen Chor mit 5/8-Schluss. Der Turmhelm befand sich zwischen Chor und Langhaus und war sehr hoch. An ihn erinnern noch heute eine Schneckenstiege an der nördlichen Außenwand und hinaufreichende Mauerreste. Der Hochaltar, um 1440 vollendet (nach der Darstellung König Albrechts auf einem der erhaltenen Flügel Albrechtsaltar genannt), wurde zumindest teilweise vom herzoglichen Hubmeister (1436/1437) Oswald Oberndorfer gestiftet, daneben gab es weitere elf Altäre und zwei Kapellen. Der Bau wurde von Wiener Bürgern stark gefördert.

Weltliche Nutzung

Im Zuge der Reformation schrumpfte der Orden immer mehr, bis nur mehr aus einem einzigen Mönch bestand. Dieser war angeblich vorher ein Weltpriester gewesen und nur in den Orden eingetreten, um das Kloster und dessen Besitz zu retten. Trotzdem wurde bald darauf das Kloster in ein Mietshaus und die Kirche in ein Magazin umgestaltet. Dabei verschwanden alle Kirchengeräte, darunter viele goldene und silberne Gefäße, reich gestickte Ornate und andere Kleinodien sowie auch der Großteil der Klostereinrichtung.

Obere Jesuitenkirche

Im Jahr 1554 übergab Kaiser Ferdinand I. das Kloster den Jesuiten, welche die Kirche, die bereits stark gelitten hatte, wiederherstellten. Dabei wurde sie stark verändert. Nur der Grundriss und die Außenseite des Chores blieben unverändert. Bereits am 22. April 1607 wurde diese Kirche durch eine Feuersbrunst zerstört. Daraufhin wurde das Kircheninnere behutsam barockisiert und der Fußboden auf ein höheres Niveau gebracht. Außerdem entstanden je vier Seitenkapellen. Zwei davon befanden sich links und rechts des Haupteingangs und verdrängten zwei kleine Wohnhäuser. Von der links gelegenen Kapelle (spätere Leopoldskapelle) ist bekannt, dass das Vorgängergebäude 1628 in den Beitz der Jesuiten kam, die Kapelle aber erst 1662 geweiht wurde. Der bereits erwähnte Turm wurde nicht mehr erneuert, sondern durch ein Türmchen auf dem Dach des Chores ersetzt. Der Chor selbst erhielt Kunstmarmorwände. Auf die Pfeiler, die in sechseckige Säulen umgewandelt wurden, setzte man römische Kapitäle. Die Wände des Presbyteriums wurden mit reichlich Stuck verziert. Da es zu hoch erschien, wurde unter das alte Gewölbe ein niedrigeres, hölzernes eingebaut, das eine tonnenartige Form besitzt. Die Fenster im Chorabschluss und der Nordseite wurden zur Hälfte vermauert, sodass das Licht nur mehr durch das große, modernisierte Fenster an der Fassade ins Langhaus fällt. Die Vorhalle stammt aus dem Jahr 1625. Darüber befindet sich der Balkon, von dem aus Papst Pius VI. am Ostersonntag des Jahres 1782 den Ostersegen spendete. Außerdem erklärte Kaiser Franz II. hier am 6. August 1896 den Versicht auf die römisch-deutsche Kaiserkrone. Als Stiftung der Kaiserin-Witwe Eleonore entstand 1662 die prachtvolle, eine Altane einschließende Fassade, ein Werk von Carlo Antonio Carlone (laut Harrer [ Paul Harrer: Wien, seine Häuser ] stammt die Fassade von Silvestro Carlone). Durch deren Gestaltung verschmolz die Kirche mit dem angrenzenden Klostergebäude. In den folgenden Jahrzehnten erneuerte man sämtliche Altäre, zuletzt (1709) den Hochaltar, ein Werk des Andrea Pozzo. Spätestens damals wurde der Albrechtsaltar aus der Kirche entfernt (seine Flügel bewahrte man im angrenzenden Kollegsgebäude auf, von wo sie 1774 durch Kauf ins Stift Klostemeuburg kamen). Bis 1773 führte die Kirche den Namen "Obere Jesuitenkirche" (im Gegensatz zur "Unteren Jesuitenkirche" [ Universitätskirche ]).

Garnisionskirche

1773 wurde der Jesuitenorden aufgehoben und die Kirche als Garnisionskirche für Militärgottesdienste genutzt. Das Professhaus wurde 1774 bis 1776 gründlich umgestaltet und am 23. November 1776 zum Hofkriegsratsgebäude deklariert. In dieses wurde auch die frühere kleine Sakristei und die Silberkammer der Kirche einbezogen. 1777 wurde die Kirche abermals verkleinert, als man die sogenannte Herren- und Junggesellenkapelle von der Kirche abtrennte und die Leopoldskapelle um ein Stockwerk niedriger machte. Am Karfreitag des Jahres 1782 (29. März) besuchte Papst Pius VI. auch hier das Heilige Grab (An diesem Tag besuchte er zwischen zwei und fünf Uhr nachmittags im mehreren Wiener Kirchen das Heilige Grab, wobei er von der päpstlichen und kaiserlichen Dienerschaft, den k.k. Kämmerern und Truchseßen sowie sämtlichen Leibgarden begleitet wurde. Während des Zuges stand das Militär Spalier.). Da sich der Platz Am Hof am Besten dafür eignete, kam der Papst am Ostersonntag (31. März) nach dem Gottesdienst im Stephansdom nochmals in die Garnisionskirche, um vom Balkon aus (siehe Obere Jesuitenkirche) den apostolischen Segen zu spenden. Dabei wurde der Papst von mehreren kirchlichen Würdenträgern begleitet, darunter die Kardinäle Christoph Anton Migazzi (Erzbischof von Wien) und József Batthyány (Erzbischof von Gran und Primas von Ungarn). Da der Platz die Menschenmassen nicht fassen konnte, kletterten Menschen sogar auf die Säule auf der Mitte des Platzes und auf die Dächer der angrenzenden Häuser.

Pfarrkirche

1783 wurde die Kirche infolge der neuen Pfarreinteilung Wiens zur Pfarrkirche erhoben und die Schwarzspanierkirche zur neuen Garnisionskirche bestimmt. Im Jahr 1786 wurde der kleine Friedhof, der bereits seit der ersten Klosteranlage bestand und nach 1422 immer wieder genannt wurde, auf kaiserliche Anordnung hin aufgelassen. Etwa zur gleichen Zeit wurden die außen angebrachten Kreuzwegstationen entfernt. An ihre Stelle traten drei Monate später Verkaufshütten, für welche der Magistrat Zins einhob. 1798 erfolgte die Umgestaltung des Chors (Einziehen eines kassettierten Tonnengewölbes) und die Errichtung eine neuen Hochaltars.

1814-1852 wurde das Gotteshaus wieder von Jesuiten betreut, dann der Erzdiözese Wien übergeben. Die monumentale Westfassade beherrscht den Platz Am Hof; sie ist durch die Pilasterordnung, die verkröpften Gesimse, den gesprengten Segmentgiebel und den Dreieckgiebel geprägt, den Maria als Königin der neun Chöre der Engel ziert. Über der Terrasse vier Statuen (Heilige des Jesuitenordens). Der Chor wurde 1798 von Johann Amann klassizistisch umgestaltet.

Inneres:

Dreischiffige gotische Halle mit drei schlanken Pfeilerpaaren und kassettiertem Tonnengewölbe im einschiffigen langen Chor (von Johann Amann, 1798). In der Vorhalle hölzerne Kreuzigungsgruppe (18. Jahrhundert); links Zugang zur Leopoldskapelle, gestiftet 1662 von Leopold Wilhelm). Die Immaculata-Kapelle ist profaniert. Das Innentor weist hübsche Schneckenornamente auf; in Nischen Holzstatuen der Pestpatrone (heiliger Rochus, heiliger Sebastian). Unter dem Orgelchor an Pfeilern zwei Steinstatuen (Maria Immaculata, heiliger Johannes Nepomuk; 18. Jahrhundert).

In den Seitenkapellen befinden sich bedeutende Kunstwerke.

Linke Seitenkapellen:

  • Judas-Thaddäus-Altar mit drei Engelfiguren (drittes Viertel des 18. Jahrhunderts); hinter Gittertür Gnadenbild der heiligen Anna (bemerkenswerte Wachsarbeit).
  • Franziskus-Regis-Altar mit Deckenfresken "Verherrlichung des heiligen Franz de Regis" von Franz Anton Maulbertsch (1752/1753).
  • Linorius-Kapelle (gestiftet von Kaiserin Eleonore); links "Heiliger Bonifatius" von Johann Georg Schmidt (1719).
  • Altar mit Bild des heiligen Franz Xaver; links bedeutende Darstellung aus der Gründungszeit der Societas Jesu. An der rechten Seitenwand Altar mit Bild "Johannes Nepomuk" von Martin Johann Schmidt (um 1780).
  • Marien-Altar (1764) mit altem Gnadenbild der Kirche (Kopie des römischen Gnadenbilds "Mater pietatis").

Hauptschiff:

  • Hochaltar mit Bild "Maria und die neuen Chöre der Engel" von Johann Georg Däringer (1798); an der rechten Chorseite Fragment des ehemaligen Hochaltarbilds "Himmelfahrt Mariens" von Andrea Pozzo (1709).

Rechte Seitenkapellen:

  • Altar mit Kreuzigungsgruppe von Joseph Käßmann (1816).
  • Ignatius-Kapelle mit Deckenerweiterung 1607/1610 und 1662 Fresken von Andrea Pozzo (Szenen aus dem Leben des Ordensgründers, des heiligen Ignatius von Loyola) und Jesuitenheiligen an den Seitenwänden.
  • Pius-X.-Kapelle, an den Seitenwänden Gemälde von Joachim von Sandrart.
  • Josef-Kapelle; das Altarbild ist eine Kopie des ältesten römischen Herz-Jesu-Bilds (17. Jahrhundert).
  • Petrus-Canisius-Kapelle mit Altarbild "Maria als Beschützerin der Witwen".
  • Die Kanzel trägt klassizistische Reliefs (Anfang 19. Jahrhundert); die bedeutendsten Prediger Wiens (unter ihnen Clemens Maria Hofbauer) haben hier gepredigt.

Von der Altane erteilte Papst Pius VI. (Papstbesuche) am 31. März 1782 den Segen "Urbi et orbi" und einen allgemeinen Ablass. Am 6. August 1806 verkündeten kaiserliche Hofkommissäre von hier die Niederlegung der Reichskrone durch Franz II. und damit das Ende des Heiligen Römischen Reichs.

Bedeutung:

Die Kirche ist die älteste Jesuitenkirche Wiens, die einzige Wiener Kirche im Stil römischer Jesuitenkirchen und der Höhepunkt der kirchlichen Architektur des 17. Jahrhunderts. Im ehemaligen Pfarrhof der Jesuitenkirche (1, Kurrentgasse 2) befindet sich im ersten Stock die Stanislaus-Kostka-Kapelle (Zur goldenen Schlange). Zum angrenzenden ehemaligen Klostergebäude (Jesuitengebäude): Karmelitenkloster, Hofkriegsrat (1, Am Hof 2).


Neue Jesuitenkirche (Untere Jesuitenkirche)

Universitätskirche (1, Dr.-Ignaz-Seipel-Platz)


Literatur

  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 225-239