Maria am Gestade

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Ansicht der Maria am Gestade
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Katholische Kirche
Datum von 1862
Datum bis
Andere Bezeichnung Redemptoristenkirche, tschechische Nationalkirche
Frühere Bezeichnung "Unsere (liebe) Frau auf der Gstetten", Maria Stiegen
Benannt nach Maria
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 24946
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter, Kirchen, Sakralbauten, Erzdiözese Wien, Katholische Kirche, Kirchenmappe, Tschechen
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 6.12.2022 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Maria am Gestade Kisch.jpg
Bildunterschrift Ansicht der Maria am Gestade
  • 1., Salvatorgasse 12

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48° 12' 46.25" N, 16° 22' 14.70" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Maria am Gestade (1., Salvatorgasse bei 12; Redemptoristenkirche, tschechische Nationalkirche), ursprünglich "Unsere (liebe) Frau auf der Gstetten" (so viel wie Böschung, Halde), lateinisch Beata virgo ad litorum (oder in litus), ab dem 18. Jahrhundert Maria Stiegen (nach der abwärts führenden Stiegenanlage), seit 1862 heutiger Name (zur Erinnerung daran, dass die Kirche früher am Steilufer des am heutigen Salzgries fließenden Donauarms stand). Seit ältesten Zeiten war sie, aufgrund ihres Standortes, die Kirche für Fischer und Schiffer.

Maria am Gestade am Hoefnagel-Plan (1609).

Pfarre

Siehe: Maria am Gestade (Pfarre)

Entstehungsgeschichte

Die Anfänge des Gotteshauses liegen im Dunkeln; erstmals indirekt erwähnt wird die Kirche 1137 (unter den in der Wiener Pfarre gelegenen Gotteshäusern, die damals dem bischöflich-passauischen Wiener Pfarrer unterstellt wurden), ausdrücklich 1200 (Bestätigung, dass die Kapelle von den Vorgängern Herzog Leopolds VI. dem 1155 gegründeten Schottenstift geschenkt wurde [wohl noch von Heinrich II. Jasomirgott, † 1177]). Der Stiftsbrief des Schottenklosters (1158), in dem die Kirche erwähnt wird, ist eine um 1260 entstandene Fälschung (Nachweis durch Mitis). Das romanische Kirchlein (der Legende nach von Donauschiffern errichtet) brannte während des Stadtbrands am 28. April 1262 aus, wurde jedoch bald darauf wiederhergestellt. 1276 widmeten die Brüder Otto und Heimo ein von ihnen gekauftes Haus als Wohnung für den Kaplan (Teil von 1, Salvatorgasse 12). Am 20. August 1302 gelangte die Kapelle im Tauschweg vom Schottenstift an den ritterlichen Bürger Greif, der nebenan einen Palast (Passauer Hof) besaß. Seine Nachkommen veranlassten den Anbau eines gotischen Chors (1332-circa 1350), dessen Achse geländebedingt von jener des Altbaus leicht abwich; Glasgemälde werden 1349, ein Marienaltar 1357 erwähnt. 1357 verkaufte Jans Greif die Kapelle, das Kaplanhaus und den benachbarten Palast an den Bischof von Passau. Im Palast (unterer Passauer Hof 1, Passauer Platz 6, Salzgries 21) residierte fortan der bischöfliche Offizial (Vertreter des Bischofs für Österreich unter der Enns), die Kapelle war nun bischöfliche Hofkirche, das einstige Kaplanhaus (1, Salvatorgasse 12, Teil) wurde meist als Pfarrhof bezeichnet. 1391 kamen Kapelle und Pfarrhof (nicht aber der große Passauer Hof) im Tauschweg an den Hofmeister Herzog Albrechts III., Hans Freiherr von Liechtenstein-Nikolsburg, der hier ein Kollegiatstift gründen wollte. Er ließ den Pfarrhof vergrößern und den romanischen Altbau nach den Plänen des herzoglichen Baumeisters Michael Knab durch ein hohes, schmales gotisches Langhaus ersetzen; es kam zunächst nur zur Grundsteinlegung (2. Juni 1394), denn schon 1395 wurde in einem Geheimprozess das gesamte Vermögen des Liechtensteiners von Albrecht III. konfisziert. Unter landesfürstlichem Patronat begann 1398 der Langhausbau. 1409 wurden Kirche und Pfarrhof wieder dem Bischof von Passau überlassen; die Verwaltung des Baubudgets übernahm ein von der Stadt Wien bestellter Kirchmeister. 1414 war das Langhaus vollendet; der Turm mit seinem qualitätvollen steinernen Helm (am Schnittpunkt zum Chor gelegen) entstand 1419-1428; auch ein Lettner und eine Empore (bereits 1369 im Altbau vorhanden, um 1515 neu geschaffen) sind nachweisbar. Neben dem Hochaltar (erneuert um 1460) gab es im 15. Jahrhundert noch neun Altäre. Der 1529 beschädigte Turm wurde 1534-1537 durch Benedikt Kölbl wiederhergestellt.

Im 16. Jahrhundert predigte hier Petrus Canisius. Wegen des Priestermangels in der Zeit der Reformation wurden die Predigten in der Kirche 1632-1634 von Dominikanern und 1634-1664 von Kapuzinern gehalten. 1676 etablierte sich in der Kirche eine Leopoldsbruderschaft, 1750 entstand ein neuer Hochaltar. Obwohl die Kirche durch die Zweite Türkenbelagerung nur wenig gelitten hatte, verfiel sie immer mehr. Im Zuge der Kirchenreformen Josephs II. wurde die Kirche 1783 in den Sprengel der neugeschaffenen Pfarre Am Hof einbezogen; der Bischof von Passau besaß sie nur als Privatmann und hatte keine geistlichen Rechte mehr. Nach der Säkularisierung des Bistums Passau 1803 kam Maria am Gestade an den österreichischen Staat, wurde profaniert und zahlreiche Einrichtungsgegenstände beraubt. Bereits 1786 entweiht und gesperrt, überlegte man sogar eine Demolierung; die Kirche wurde dem Magistrat zum Kauf angeboten, der jedoch angesichts der zu erwartenden Abbruchkosten ablehnte; diese Entscheidung rettete das Bauwerk vor der Vernichtung, allerdings diente das Gotteshaus 1809 der französischen Besatzung als Pferdestall, dann dem Freiherr von Fellner als Magazin. Die Altäre waren verwüstet, viele Gruftsteine zerbrochen; die prachtvollen Glasfenster hatte man (glücklicherweise) schon zur Zeit der Erbauung der Franzensburg in Laxenburg zu deren Ausschmückung dorthin gebracht. 1812 wurde das Gebäude auf Veranlassung Franz' I. wieder geweiht und 1820 auf Betreiben von P. Clemens Maria Hofbauer (die Gebeine des im selben Jahr Verstorbenen wurden 1862 aus Maria Enzersdorf hierher überführt) dem Orden der Redemptoristen (auch Liguorianer, eigentlich "Kongregation des allerheiligsten Erlösers") übergeben, der die Erneuerung der Einrichtung mit dem Verkauf der noch vorhandenen alten Grabsteine finanzierte. 1848 wurde die Kirche den (damals als besonders reaktionär angesehenen) Redemptoristen entzogen; den Gottesdienst versahen zunächst Weltgeistliche, dann Priester des Schottenstifts; erst 1854 kam die Kirche wieder an die Redemptoristen.

Äußeres

Überschlanke, hohe Westfassade (9,7 Meter breit, jedoch 33 Meter hoch). Über dem bemerkenswerten Hauptportal (A) (Westportal, mit kuppelartigem Baldachin) großes Fenster und figurengeschmückter Giebel (flankiert von zwei Fialentürmen). Das Relief über dem Eingang (um 1410) stellt die beiden Johannes dar; alle übrigen Relief-, Portal- und Giebelplastiken sind neugotisch (1897-1903). Das Seitenportal (B) stammt aus der Zeit um 1500 (Reliefs jedoch neugotisch), das Chorportal (C) trägt die Tympanonreliefs "Schutzmantelmadonna" und "Marienkrönung". Der siebeneckige Turm (Höhe 56 Meter) wird durch einen zierlichen steinernen Helm bekrönt (eines der schönsten in Wien erhaltenen Kunstwerke der Gotik). Die Kirche wurde 1890-1894 durch Viktor Luntz außen restauriert, ebenso 1930/1931 (Freilegung des heiligen Michael); 1897-1903 wurde durch Franz Erler und Josef Beyer ein Großteil des Statuenschmucks außen neu geschaffen. 1945 wurde die Kirche beschädigt.

Inneres

Von der mittelalterlichen Ausstattung der Kirche blieben gotische Glasgemälde (aus der Zeit zwischen 1349 und 1436 erhalten; heute in die Chorfenster eingesetzt), einige gotische Pfeilerstatuen im Chor (circa 1370), zwei beiderseits bemalte Tafeln des um 1460 entstandenen einstigen Hochaltars (heute in der Kapelle unter dem Turm), eine Votivtafel des Offizials Kaspar Hornperger (1462) und ein bemalter, steinerner Renaissancealtar (gestiftet um 1520 von Kaplan Johannes Perger; in einem abgesonderten Raum an der Nordseite) erhalten. In die Franzensburg in Laxenburg verbrachte man 1805 steinerne Fialen und Teile des hölzernen Chorgestühls; ein der Muttergottes gewidmetes Klappaltärchen (gestiftet 1494 von Kaplan Sixtus Scharffenecker) gelangte in die Sammlungen der Fürsten Liechtenstein (heute im vormals Liechtensteinschen Schloss Eisgrub in Mähren [Lednice, Tschechische Republik]); ein um 1430/1440 entstandenes Hieronymus-Relief wird in der Burg Liechtenstein (Maria Enzersdorf) verwahrt. Von den alten Grabsteinen blieb nur einer (1515) in der Kirche; zwei weitere (1439, 1473), die man 1883 als Bodenbelag in der Pottendorfer Brauerei entdeckte, kamen zunächst in die Sammlung des Anton Widter, später in den Besitz der Liechtenstein (die sie 1907 an Maria am Gestade zurückstellten).

Der Raumeindruck wird durch den Kontrast zwischen dem schmalen, dunklen Langhaus (sieben Joche) und dem weiträumigen, hellen Chor bestimmt (drei Joche, 5/8-Schluss; vier Glasfenster wurden 1898 aus alten Scheiben des 14./15. Jahrhunderts zusammengesetzt, 1946/1947 restauriert und neu angeordnet, 1973 durch eine Außenverglasung geschützt); dazwischen liegt eine fensterlose Dämmerzone. Das langgestreckte, ungewöhnlich hohe einschiffige Langhaus besitzt ein Netzrippengewölbe und außerordentlich plastisch profilierte Pfeiler. Von den Figuren stammen einige aus der Zeit der Gotik (c, d, e, j, k, l), andere aus dem Barock (a, b, f, g, h, i). Am Triumphbogen Bauinschrift "1414" (freigelegt 1907; Bezugnahme auf den Neubau des Langhauses). Die Innenausstattung stammt überwiegend aus dem 19. Jahrhundert. Beiderseits an den vorderen Chorwänden befinden sich zwei gotische Chortafeln, die zu den qualitätvollsten ihrer Art zählen (um 1460).

  1. Den romantisch-neugotischen Hochaltar schuf Frater Thomas Marzik (1845/1846); eine Madonnenplastik (17. Jahrhundert) und das Kruzifix wurden vom barocken Hochaltar (um 1730) übernommen.
  2. Perger-Kapelle (mit Renaissancesteinaltar, gestiftet von Johannes Perger, um 1520); Zugang vom Chor. In der Mitte eine Madonna, flankiert vom heiligen Nikolaus und vom heiligen Johannes dem Täufer, die Predella zeigt das Schweißtuch Christi.
  3. Kapellenraum mit neugotischer Einrichtung und moderner Plastik (heiliger Alfons von Liguori) von Jakob Adlhart (1960).
  4. Kapellenraum mit neugotischem Josefs-Altar (1878).
  5. Kapelle mit Altar des heiligen Clemens Maria Hofbauer (Stadtpatron von Wien), Reliquienschrein und vor dem Altar lebensgroße Skulptur von Josef Gasser (ursprünglich Liegefigur für den an der Wand aufgestellten Marmorsarkophag, 1859-1862), daneben gotischer Opferstock; Reste des ehemaligen Hochaltars. Die Orgelempore (1515) besitzt eine durch zartes Maßwerk aufgelöste Brüstungsmauer. Neugotische Kanzel (1818-1820). Im Clemens-Museum befinden sich viele persönliche Erinnerungssstücke an Clemens Maria Hofbauer. Gedenktafel (mit Porträtrelief von Andre Roder) für den Priester und Dichter Heinrich Suso Waldeck (eigentlich Augustin Popp; * 3. Oktober 1873 bei Pilsen, 14. September 1943 St. Veit im Mühlviertel). 1907 wurde der Innenraum durch Josef Schmalhofer restauriert.
Maria am Gestade.
Maria am Gestade, um 1940

Stiege

Die Stiegenanlage zu Maria am Gestade (2018).

Gefördert durch den Wiener Assanierungsfonds des schwarzen Wien enstand von 1935 bis 1937 die von Architekt Hubert Matuschek konzipierte neue Stiegenanlage, die von Maria am Gestade zum Concordiaplatz hinunterführt; hier steht auch der Hannakenbrunnen (von Rudolf Schmidt). Siehe: Am Gestade und Marienstiege.

Quelle

Literatur

  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 42 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, 138f.; Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 148 f.
  • Carl Dilgskron: Geschichte der Kirche unserer lieben Frau am Gestade zu Wien. 1882
  • Dom- und Diözesanmuseum (Katalog 1987), S. 117 ff.
  • Franz Eppel: Die Kirche Maria am Gestade in Wien. Salzburg 1960
  • Gotik in Österreich. Katalog 1967, S. 371 ff.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matriken-Führer und Familienforscher. Wien: Verlag d. Österr. Inst. für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde [1929], 80 (Sprengel), S. 225 f. (Matrikenbestand)
  • Gustav Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 1: Wien. Wien: Hollinek 1955, S. 25 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 163 ff.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 2, 4. Teil. Wien ²1953 (Manuskript im WStLA), S. 775-788
  • Fritz Koreny: Das Altärchen von 1494 und seine künstlerische Herkunft. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hg. vom Österreichischen Bundesdenkmalamt. Horn/Wien: Berger / Wien/München: Schroll 1970, Band 24, S. 29 ff.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 593 ff.
  • Alois Kunzfeld: Die Kirche Maria Stiegen. 1928
  • P. Josef Löw: Maria am Gestade. Ein Führer. 1931
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 40 ff.
  • Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verlag des Vereines 1920 - 1938. Jg. 2. 1921, S. 5 ff.
  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S.34 ff.
  • Richard Perger: Ein Marienaltärchen von 1494 aus der Kirche Maria am Gestade in Wien. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hg. vom Österreichischen Bundesdenkmalamt. Horn/Wien: Berger / Wien/München: Schroll 1970, Band 24, S. 27 ff.
  • Richard Perger: Zur Herkunft des Hieronymus-Reliefs auf Burg Liechtenstein. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hg. vom Österreichischen Bundesdenkmalamt. Horn/Wien: Berger / Wien/München: Schroll 1973, Band 27, S. 82 ff.
  • Alfred Schnerich: Wiens Kirchen und Kapellen in kunst- und kulturgeschichtlicher Darstellung. Zürich / Wien: Amalthea 1921 (Amalthea-Bücherei, 24), S. 114 ff.
  • Andreas Suttner: Das schwarze Wien. Bautätigkeit im Ständestaat. Wien: Böhlau 2017