Franzisko-Josephinische Ära

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 13.12.2022 durch WIEN1.lanm08uns

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Franzisko-Josephinische Ära, Bezeichnung für die Regierungszeit Franz Josephs I. (1848-1916).

Sie umfaßt politisch die Zeit des Neoabsolutismus (1850-1861), des (föderalistisch orientierten) Oktoberdiploms (1860) und des (zentralistisch orientierten) Februarpatents (1861) mit nachfolgendem Parlamentarismus (Kurienparlament, bis 1878 liberal dominiert; Verbreiterung des Wahlrechts bis zum 1907 dekretierten allgemeinen Wahlrecht), des Konkordats (1855) und des österreichisch-ungarischen Ausgleichs (1867), war militärisch gekennzeichnet durch die Niederlagen bei Solferino (1859; Verlust der Lombardei) und bei Königgrätz (1866; preußisch-österreichischer Krieg), die Teilnahme am Deutsch-Dänischen Krieg (1864) sowie die Besetzung (1878) beziehungsweise Annexion von Bosnien-Herzegowina (1908), ist wirtschaftlich im wesentlichen ident mit der Gründerzeit (Ringstraßenära) und wird künstlerisch zunächst durch den strengen und späten Historismus, dann durch den Jugendstil und den Secessionismus dominiert.

Politisch etablierten sich die Massenparteien der Sozialdemokraten (Sozialdemokratische Partei) sowie der Christlichsozialen (Christlichsoziale Partei), die in Wien 1895 die Dominanz der Liberalen beendeten, ihre eigene Mehrheit allerdings nur mit Hilfe des Kurienwahlrechts halten konnten; sozial kam es zu immer stärkeren Spannungen, wobei die Arbeiterschaft durch die politischen Parteien und die sich bildenden Gewerkschaften in ihrem Kampf um bessere Arbeits- und Lohnbedingungen unterstützt wurden (Acht-Stunden-Tag, Erster Mai).

In der Franzisko-Josephinische Ära amtierten in Wien als Bürgermeister die Liberalen Johann Kaspar von Seiller, Andreas Zelinka, Cajetan Felder, Julius Newald, Eduard Uhl, Johann Prix und Raimund Grübl sowie die Christlichsozialen Josef Strobach, Karl Lueger, Josef Neumayer und Richard Weiskirchner. Das Wahlrecht (beschränkt auf Männer) wurde zwar 1885 („Fünf-Gulden-Männer", das heißt Wahlberechtigung für Bürger, die mindestens fünf Gulden an direkten Steuern pro Jahr entrichteten, somit Einbeziehung zahlreicher Handwerker und Gewerbetreibender) und 1900 (Schaffung einer vierten allgemeinen Kurie) erweitert, doch hielten die Christlichsozialen in Wien bis zum Ende des Ersten Weltkriegs am Kurienwahlrecht fest (allgemeines Wahlrecht erst seit 1919).

Zu den bedeutendsten Ereignissen der Franzisko-Josephinische Ära in Wien gehören die Stadterweiterungen (1850 Vorstädte, 1874 Favoriten, 1890 Vororte, 1904 Floridsdorf), die Demolierung der Basteibefestigungen (Beschluß 1857), die Anlage der Ringstraßenzone mit ihren öffentlichen Monumentalbauten und repräsentativen großbürgerlichen Wohn- und Geschäftsvierteln, die Verbesserung der technischen und sozialen Infrastruktur (in der liberalen Ära unter anderem Donauregulierung, Bau der Ersten Hochquellenwasserleitung, Bau des Rathauses, Bau von Straßen, Schulen und Markthallen, in der christlichsozialen Ära unter anderem Bau der Zweiten Hochquellenwasserleitung, Kommunalisierung der Energieversorgung [ Städtische Elektrizitätswerke; Städtische Gaswerke ] und der Bestattung, Kommunalisierung und Elektrifizierung der Straßenbahn, Anlage des Wald- und Wiesengürtels, Bau von Schulen und Bädern sowie des Lainzer Krankenhauses und des Lainzer Versorgungshauses, Regulierung der Wien) und die Abhaltung der Weltausstellung (1873).

Literatur

  • Österreichische Akademie der Wissenschaften [Hg.]: Die Habsburgermonarchie 1848-1918. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1973 ff.
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, 1969 ff.
  • Erich Zöllner: Geschichte Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien / München: Österreichischer Bundesverlag [u.a.] 8 1990, S. 398 ff.
  • Franz Herre: Kaiser Franz Joseph von Österreich. Sein Leben - seine Zeit. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1978
  • William M. Johnston: Österreichische Kultur- und Geistesgeschichte. Gesellschaft und Ideen im Donauraum 1848 bis 1938. Wien [u.a.]: Böhlau 1972 (Forschungen zur Geschichte des Donauraumes, 1)
  • Friedrich Engel-Janosi / Helmut Rumpier [Hg.]: Probleme der Franzisko-Josephinischen Zeit 1848 - 1916. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1967 (Schriftenreihe des Österreichischen Ost- und Südosteuropa-Instituts, 1)
  • Niederösterreichische Landesausstellung Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs. Schloß Grafenegg. 2 Bände. Wien: Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abt. III/2 - Kulturabteilung 1984-1987 (Katalog des NÖ Landesmuseums, 147)
  • Felix Czeike: Wien in der liberalen Ära. In: Felix Czeike [Hg.]: Wien 1938. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 2)
  • Felix Czeike: Wien und seine Bürgermeister. Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1974, S. 301 ff.
  • Felix Czeike: Geschichte der Stadt Wien. Wien: Molden 1981, S. 187 ff.
  • Peter Csendes: Geschichte Wiens. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1981, S. 112 ff.
  • Hellmut Andics: Gründerzeit. Das schwarzgelbe Wien bis 1867. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1981
  • Hellmut Andics: Ringstraßenwelt. Wien 1867-1887. Luegers Aufstieg. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1983
  • Peter Feldbauer: Die Wohnverhältnisse der Unterschichten im Franzisko-Josephinischen Wien. Thesen und Probleme. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1939-1989. Band 34,1978, S. 258 ff.
  • Peter Csendes [Hg.]: Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs I. Österreich 1848-1918. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1989
  • Christian Brandstätter: Stadtchronik Wien. 200 Jahre in Daten, Dokumenten und Bildern. Wien [u.a.]: Brandstätter 1986, S. 288 ff.