Franziskanerkirche

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Franziskanerkirche und Kloster aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Katholische Kirche
Datum von 1603
Datum bis
Andere Bezeichnung heiliger Hieronymus, Franziskanerkloster
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Franziskaner
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 23768
GND
WikidataID
Objektbezug Kirchen, Sakralbauten, Erzdiözese Wien, Kirchenmappe
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 6.12.2022 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Franziskanerkirche.jpg
Bildunterschrift Franziskanerkirche und Kloster aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
  • 1., Franziskanerplatz

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48° 12' 22.22" N, 16° 22' 28.70" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Franziskanerkirche (1., Franziskanerplatz; heiliger Hieronymus; Franziskanerkloster).

Der Orden der Franziskaner kam 1451 nach Wien und richtete den ersten Konvent in St. Theobald auf der Laimgrube ein (Theobaldkirche). Am 10. Mai 1589 wurde den Franziskanermönchen, die während der ersten Belagerung Wiens durch die Osmanen im Jahr 1529 (sogenannte Erste Türkenbelagerung) dieses Stammhaus verloren hatten, das Büßerinnenkloster zu St. Hieronymus übergeben. Sie ließen es größtenteils niederreißen und einige ihnen geschenkte kleine Nachbarhäuser ebenfalls demolieren. Am 14. August 1603 wurde der Grundstein zur neuen, in Formen süddeutscher Renaissance mit starken gotischen Nachklängen erbauten Kirche gelegt, die mit der alten kleinen Hieronymuskapelle im Büßerinnenkloster vereinigt, jedoch an die Ecke zur Weihburggasse hin situiert wurde (Franziskanerplatz). Die Pläne stammten möglicherweise von Pater Bonaventura Daum(ius), der zu dieser Zeit mehrfach zum Ordensprovinzial und Guardian gewählt wurde, aber schon 1619 starb. Die Kirche wurde am 11. Dezember 1611 geweiht. Obwohl sich damals bereits der Einfluss der römischen Barockarchitektur durchsetzte, ist die Franziskanerkirche noch ein Werk spätmittelalterlicher Baugesinnung.

Der Bau der Franziskanerkirche bildete in Wien den Auftakt der "Klosteroffensive" Kardinal Melchior Khlesls zur Wiederbelebung des katholischen Glaubens. Da das Gotteshaus bald großen Zulauf hatte, musste das Problem der Zufahrt gelöst werden. Ordensgeneral Sebastian Didaker richtete am 12. Jänner 1621 an Ferdinand II. einen Bericht, in dem er als Geschenk ein Haus erbat, das man gegen das dicht gegenüber der Franziskanerkirche liegende Oellerische Stiftungshaus eintauschen könne. Tatsächlich wurde dieses 1624 abgerissen (Franziskanerplatz mit Mosesbrunnen [1798]). Wie beliebt die Franziskanerkirche war, lässt sich an der für das Jahr 1714 erhaltenen Zahlen der gelesenen Messen erkennen. Übertroffen wurde die Franziskanerkirche (22.250) dabei nur vom Stephansdom (44.296), der oberen Jesuitenkirche (23.800) sowie der unteren Jesuitenkirche (Universitätskirche; 23.344). Nach der Franziskanerkirche folgte erst mit großem Abstand die Annakirche (1) mit 9.900 Messen.

Zwischen 1783 und 1792 war die Franziskanerkirche vorübergehend eine eigene Pfarre. Besonderen Zulauf hatte sie zur Zeit des Wiener Kongresses (1814/1815), als hier Zacharias Werner predigte. Ein Zeitgenosse erwähnt, dass er zuvor wegen der Derbheit seiner Predigten von den Augustinern (Augustinerkirche) und Michaelern (Michaelerkirche) abgewiesen worden war. Weiters schreibt er: "Eines Tages gewahre ich in der Kärntnerstraße eine auffallend hagere Gestalt im Kostüm eines Weltgeistlichen [...]. Das lederen Antlitz mit den tiefliegenden Augen und ordnungslos wehenden Haar ließ mich den famosen Bußprediger erkennen, und ihm auf dem Fuße folgend, gelangte ich in die Franziskanerkirche, wo mich das aus den besten Ständen zahlreich versammelte, großenteils weibliche Publikum über das, was bevorstand, nicht im Zweifel ließ. Nach etwa einer halben Stunde erschien Werner wirklich auf der Kanzel, um sie, wie jedesmal, mit seinem derben, zuweilen gemeinen Eifer, seinen Komödiantengriffen und ärgerlichen Witzspielen zu entweihen."

Das Klostergebäude (Franziskanerplatz 4) hat eine markante Fassade mit vertieften Kreisfeldern. An der Ecke zur Singerstraße befindet sich die Statue "Christus an der Geißelsäule". Das sogenannte Kapitelhaus wurde im 17. Jahrhundert zu einer zweischiffigen Kapelle umgestaltet (siehe unten). In der Kirche, die zwischen 1893 und 1895 grundlegend restauriert wurde, werden verschiedene Kultgegenstände verwahrt (neben "Maria mit der Axt" Reliquien der heiligen Filomene und ein Muttergottesbild des heiligen Aloysius).


Äußeres

Die schlichte schmale Westfassade besitzt einen hohen Giebel (der die Vertikale weiter betont) sowie Rund- und Spitzbogenfenster, die Südfassade ein strenges Portal aus dem beginnenden 17. Jahrhundert (um 1750 durch einen Vorbau [mit Statue des heiligen Hieronymus] verdeckt) sowie einen kleineren Turm. Am Renaissancegiebel befinden sich Statuen und Obelisken. Ganz oben wird die Heilige Dreifaltigkeit mit drei gleichen Köpfen dargestellt (1604), der Giebelgrund wird von Statuen der heiligen Clara und des heiligen Ludwig von Frankreich geziert. Der östliche hinter dem Chor situierte Turm wurde erst 1614 vollendet, ein ursprünglich vorhandenes Querschiff wieder abgetragen. Das Klostergebäude errichtete zwischen 1616 und 1621 Abraham Mall (zu abweichenden Angaben siehe Artikel Franziskanerkloster).

Inneres

Einschiffiger langgestreckter Raum mit polygonalem Chorschluss und hochbarocker Ausgestaltung. Die zwischen den Kapellen eingezogenen Strebepfeiler und die Stuckrippen der Gewölbe vermitteln einen gotischen Eindruck, die übrige Stuckierung ist barock. Die Wiederverwendung spätmittelalterlicher Formen steht im Zusammenhang mit der Absicht, die Kraft mittelalterlichen Predigertums neu zu erwecken. Damit wird erstmals den Bestrebungen der Khleslschen Klosterreform Rechnung getragen. Der hinter dem Hochaltar liegende Mönchschor ist über die Sakristei zugänglich. In der Kirche befinden sich außerdem die älteste Kirchenorgel Wiens (eine Barockorgel aus dem Jahr 1643 von Johann Wöckherl mit teils gemalten, teils geschnitzten Flügeltüren) und ein bemerkenswertes Lesepult aus dem 17. Jahrhundert.

Altäre

Hochaltar

Hochaltar in Baldachinform von Andrea Pozzo (1707): die vorderen Säulen sind plastisch, der hintere Teil wurde illusionistisch gemalt. Er besitzt eine qualitätvolle gotische Holzskulptur (Gnadenstatue "Madonna mit Kind"), die um 1500 geschaffen wurde (die Hacke in der Schulter erinnert an den Versuch, sie während der Reformationszeit zu vernichten; siehe Maria mit der Axt). An der linken Seite befindet sich eine Statue des heiligen Franziskus mit einem Lamm, an der rechten eine Figur des heiligen Hieronymus mit einem Löwen zu seinen Füßen. Das Hintergrundbild von Andrea Pozzo zeigt die Stigmatisierung des heiligen Franziskus.

Die Errichtung des Hochaltars war erst durch großzügige Spenden möglich. Er ersetzte den ursprünglichen, 1611 geweihten Hochaltar. 1722 wurden davor zwei silberen Lampen angebracht, die von der Fürstin Maria Antonia von Liechtenstein zum Dank für die wiedererlangte Gesundheit gespendet wurden. Weiters wurden eine von Kaiser Leopold I. sowie zwei von Eleonore, der Gemahlin Ferdinands II. gestiftete Statuen zur Schmückung des Hochaltars verwendet. Die Reliquien des heiligen Märtyrers Benignus waren ein Geschenk des Papstes Innocenz XI.

Ebenfalls im Altarraum befinden sich zwei Grabdenkmälder:

  • Das jüngere stammt aus dem Jahr 1595 und hat die Form eines Altars. Es besitzt drei Hochreliefs aus einem gelblichen Stein. Die Stelle des Altarbilds nimmt ein beidseitig von zwei Säulen eingerahmtes großes Relief ein, das das Jüngste Gericht darstellt. Christus sitzt dabei nackt auf dem als vergoldeter Streif dargestellten Regenbogen, umgeben vom himmlischen Hofstaat mit den Hauptheiligen (zum Teil mit vergoldeten Attributen). In der Mitte befindet sich eine Gruppe fünf Personen, die vielleicht die Familie des Stifters abbildet.
  • Das gegenüberliegende Grabdenkmal wurde 1590 errichtet und war wohl das Vorbild des anderen, da es in Stil, Komposition, Aufbau und Materialauswahl mit diesem übereinstimmt. Im Mittelstück wird hier die Geisselung (nach italienischem Vorbild) dargestellt. Links steht in einer Nische ein Standbild des heiligen Stephanus in der Kleidung eines Diakons und rechts eine Statue des heiligen Petrus. Die lateinische Inschrift weist auf den kaiserliche Rat Stephan Engelmayr und seine Familie hin.

Rechte Seitenaltäre

  • Altar mit Bild "Heiliger Petrus von Alcantara, verehrt von Kaiser Leopold I. und seiner Familie" (mit Wiendarstellung): Dieser Altar fällt durch seine frühbarocke Architektur auf. Gestiftet wurde er von Kaiser Leopold I. und dessen erster Gemahlin Margarita Theresia von Spanien († 1673). Das Altarbild stammt von Matthias Zacharias Mannagetta und datiert aus dem Jahr 1672. Gleichzeitig ist das darüberliegende Oratorium entstanden. Dieses wird vom kaiserlichen Adler geziert, der die Initialen L und M (Leopold und Margarita) trägt.
  • Altar der heiligen Maria Magdalena mit Bild "Kreuzigung": 1614 stiftete Helfried Graf von Meggau (siehe Meggaugasse) hier einen Altar, der am 8. Mai 1647 durch Bischof Philipp Friedrich Graf Breuner geweiht wurde. Darunter befindet sich die Gruft der Grafen von Meggau. 1722 wurde der Altar durch eine neuen ersetzt. Das neue Altarbild, das den Gekreuzigten und darunter Maria Magdalena zeigt, wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Carlo Carlone geschaffen (andere Quellen nennen Ignaz Heinitz von Heinzenthal oder Martin Johann Schmidt).
  • Altar mit Bild "Christus als guter Hirte": Dieser Altar wurde vom Freiherrn von Oppl gestiftet und ebenfalls am 8. Mai 1647 von Bischof Breuner geweiht. Als im Zweiten Weltkrieg (8. April 1945) Bomben die Franziskanerkirche trafen, wurde dieser Altar fast vollständig zerstört und später durch einen neuen ersetzt. Das Altarbild ist nach der Weihe entstanden und wird Ignaz Heinitz von Heinzenthal zugeschrieben.
  • Altar mit Bild "Heiliger Antonius von Padua" (zweite Hälfte 18. Jahrhundert): Der Altar wurde von der Familie Trauttmansdorff gestiftet. Das Ölgemälde, das den heiligen Antonius zeigt, ist in der Art von Martin Johann Schmidt gemalt.

Linke Seitenaltäre

  • Altar mit Statue des heiligen Sebastian (Entwurf vielleicht von Matthias Steinl, 1696) und Aufsatzbild "Maria Immaculata" (Art des Johann Michael Rottmayr): Dieser Altar zählt zu den wertvollsten der Kirche. Er wurde 1696 von Gräfin Maria Susanna Colloredo gestiftet und enthält Reliquien der heiligen Rosalia. Unter dem Altar befindet sich die Gruft der Familie Colloredo.
  • Altar von Matthias Steinl (1723) mit Bild "Marter des heiligen Johannes Capistran" und Statuen des heiligen Georg und des heiligen Florian: Der ursprünglich hier stehende Altar war dem heiligen Johannes dem Täufer geweiht und wurde 1624 vom Grafen Johann Balthasar von Hoyos gestiftet. Unter diesem Altar befindet sich der Gruft der Familie Hoyos. Nachdem der Altar bereits schadhaft geworden war, ließ ihn die Familie Hoyos durch den heutigen, dem heiligen Johannes Capistran geweihten, ersetzen. Das neue Altarbild wurde von Franz Xaver Wagenschön geschaffen. Im Altar befinden sich Reliquien der heiligen Hilaria. Am 8. April 1945 wurde der Altar durch die Bombe, die den gegenüberliegenden Altar zerstörte, leicht beschädigt. Das von Splittern durchsiebte Altarblatt konnte von Professor Wolf wiederhergestellt werden.
  • Altar mit Bild "Unbefleckte Empfängnis" und Aufsatzbild "Engelsturz": Hier stand ursprünglich ein dem heiligen Michael geweihter Altar, der 1641 erbaut wurde. 1721 wurde er durch einen neuen ersetzt, der von einem Wiener Jungfrauenverein gestiftet worden war. Der Schöpfer des Altarbildes ist nicht bekannt, es könnte von Johann Michael Rottmayr stammen. Das um 1725 geschaffene Aufsatzbild "Engelsturz" stammt von Johann Georg Schmidt.
  • Altar mit Bild "Heiliger Franziskus": Das Altarbild stammt ebenfalls von Johann Georg Schmidt und wurde am 3. Oktober 1722 aufgestellt.

Kanzel, Statuen, "Kapitelhaus"

Links befindet sich die 1726 geschaffene die Kanzel, die mit den Bildnissen von Heiligen aus dem Franziskanerorden geschmückt ist (Franz von Assisi, Antonius von Padua, Bonaventura, Bernhardin von Siena, Johannes Capistran). Gegenüber stellt eine Skulpturengruppe das "Martyrium des heiligen Johannes Nepomuk" dar (1735). Neben der Kanzel befindet sich die "Pforte", die in das sogenannte "Kapitelhaus" führt. Diese dunkle Kapelle, die zwischen Kirche und Kreuzgang liegt, wird von Säulen in zwei Schiffe geteilt. Der darin befindliche Altar wurde am 25. August 1731 dem heiligen Franz von Assisi geweiht. Im 18. Jahrhundert wurden hier während der Fastenzeit Predigten in spanischer Sprache für die in Wien ansässigen spanischen Adeligen gehalten. In der Karwoche wird hier das heilige Grab aufgestellt.

Video

Die Franziskanerkirche beheimatet Wiens älteste Orgel die 2011 restauriert wurde.

Quellen

Literatur

  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 66 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 68 f.
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 44 f.
  • Edmund Frieß, Gustav Gugitz: Zum gegenreformatorischen Bilderkult in Wien. Das Standbild Maria Grünberg oder Maria mit der Axt. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Nummer 3/4. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1939-1989. 1942, S. 73 ff.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matriken-Führer und Familienforscher. Wien: Verlag d. Österr. Inst. für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde [1929], S. 229
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 141 ff.
  • Gustav Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 1: Wien. Wien: Hollinek 1955, S. 6 ff. (Literatur S. 10 f.)
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 1. Teil. Wien ²1955 (Manuskript im WStLA), S. 78-89
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 92. Wien 1959-2003, S. 59 f.
  • Josef Kopallik, Heinrich Holzeland: Geschichte des Franziskanerkonventes in Wien. 1894
  • M. Kupf: Die Franziskanerkirche in Wien. Methoden und Erkenntnisse der Restaurierung 1974. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hg. vom Österreichischen Bundesdenkmalamt. Nummer 29. Horn/Wien: Berger / Wien/München: Schroll 1975, S. 140
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 70 ff.
  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 230 ff.