Melchior Khlesl

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Melchior Khlesl, Portraitbild, Erzdiözese Wien.
Daten zur Person
Personenname Khlesl, Melchior
Abweichende Namensform Klesl, Melchior
Titel Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 4228
GND 119120712
Wikidata Q78801
Geburtsdatum 19. Februar 1552 JL
Geburtsort Wien
Sterbedatum 18. September 1630
Sterbeort Wiener Neustadt, Niederösterreich
Beruf Bischof, Priester, Politiker
Parteizugehörigkeit
Ereignis Verhaftung von Kardinal Melchior Khlesl
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Frühe Neuzeit, Erzdiözese Wien, Katholische Kirche, Katholiken, Erzdiözese, Bischof, Bistum, Erzbischof, Erzbistum
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 3.04.2024 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Stephansdom
Grabstelle Nordchor
Bildname Klesl eb Sek AS bearb.jpg
Bildunterschrift Melchior Khlesl, Portraitbild, Erzdiözese Wien.
  • 1., Kärntner Straße 21 (Geburtsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

KhlesI (Klesl) Melchior, * 19. Februar 1553 Wien 1, Kärntner Straße 21 (Allwo der Esel in der Wiege liegt), † 18. September 1630 Wiener Neustadt, Niederösterreich (Nordchor von St. Stephan; Leergrab in der Pfarrkirche von Wiener Neustadt mit Marmorbüste aus der Schule Berninis, um 1630), 1598-1630 Bischof von Wien, Staatsmann, Sohn eines Wiener bürgerlichen Bäckermeisters.

Biografie

Werdegang

Als Sohn eines Bäckermeisters wuchs Melchior Khlesl in Wien im protestantischen Glauben auf. Während des Philosophiestudiums an der Universität Wien, 1570-1574, kam er in Kontakt mit dem Jesuiten P. Georg Scherer, einem katholischen Prediger. Diese Begegnungen ließen in ihm den Entschluss reifen, zum katholischen Glauben zu konvertieren und Priester zu werden. 1574 trat er schließlich ins päpstliche Alumnat bei den Jesuiten in Wien (Jesuitenkonvikt St. Barbara) ein. Schon als Alumne war er als Prediger in verschiedenen Pfarren tätig.

1576 empfing Khlesl die niederen Weihen und erhielt ein Kanonikat in Brünn (Brno, Tschechische Republik). Aufgrund der Empfehlungen Kaiser Maximilians II. verlieh ihm Papst Gregor XIII. ein Kanonikat in Breslau, auf das er am 5. Februar 1578 investiert wurde.

1579 promovierte er in Ingolstadt zum Doktor der Philosophie und erwarb ein theologisches Lizenziat. Im selben Jahr empfing er das Subdiakonat von Bischof Johann Caspar Neubeck in der Andreaskapelle des Wiener Bischofshofs.

Zwei Wochen nach der Priesterweihe, die er am 30. Juni 1579 durch Bischof Neubeck empfangen hatte, ernannte ihn der Kaiser zum Dompfarrer von St. Stephan und damit zum Kanzler der Universität Wien. In dieser Funktion sorgte Khlesl dafür, dass das Professorenkollegium nur aus Katholiken bestand, und verlangte von jedem Promotionskandidaten die Ablegung der Professio fidei (des katholischen Glaubensbekenntnisses, das den Richtlinien des Konzils von Trient entsprach; kaiserliches Dekret vom 2. Jänner 1581), um den Zulauf zum protestantischen Glauben zu unterbinden. Khlesl legte die Grundlagen für eine erste Vereinigung der Universität mit den jesuitischen Lehr- und Studienanstalten in Wien. Seine Universitätskarriere führt ihn bis zur Position des Dekans der theologischen Fakultät (zwischen 1590 und 1593) und eines Rektors (1551-1592).

Passauer Offizial

Schon 1580 zum Passauer Offizial für Österreich unter der Enns mit Sitz in Wien bestellt, konnte er die Primiz erst am 1. Jänner 1581 nachfeiern. Im Jahr 1581 erreichte Khlesl die Aufhebung der Unterordnung des Offizialamts unter den Generalvikar der Passauer Diözese. Damit besaß er praktisch die Vollmacht eines Generalvikars für dieses Gebiet. Khlesl erwarb sich bald den Ruf eines gefürchteten Gegners der protestantischen Prädikanten und des Luthertums. Die Rekatholisierung suchte er unter anderem dadurch voranzutreiben, dass er Missstände im Klerus bekämpfen und nicht eindeutig der katholischen Konfession zugehörige Geistliche absetzen ließ, wobei die vakanten Pfarrstellen ehebaldigst nachbesetzt werden sollten. Als weitere Maßnahmen zur Kontrolle über den Diözesanklerus sprach er sich nachdrücklich für ein Verbot der Priesterehe aus und erließ Ordnungen für die Feier des Gottesdienstes (1590), die Spendung der Sakramente sowie für Predigten und Andachten.

Im Jahr 1583 wollte Khlesl zur besseren Bildung des Klerus auf der Grundlage der Richtlinien des Konzils von Trient ein Priesterseminar errichten, doch konnte er sich beim Kaiser nicht durchsetzen.

Nichtsdestotrotz versuchte Melchior Khlesl im Bereich der Bildung im Sinn der Rekatholisierung weiterzuwirken. In den Schulen bei St. Stephan, St. Michael und bei den Jesuiten wurden "unkatholische" Bücher verboten, stattdessen Petrus Canisius’ Katechimsus Pflichtlektüre, ebenso wurden ausschließlich katholische Lehrer angestellt. Gottesdienstbesuch und empfang der Sakramente wurden für Schüler und Lehrer obligatorisch.

Am 16. Februar 1585 wurde Khlesl zum kaiserlichen Rat ernannt, 1586 erhielt er die Pfarre Niederhollabrunn, die dem Passauer Domkapitel inkorporiert war, am 5. April 1588 nahm er die Stelle als kaiserlicher Hofprediger an.

Sein Amt als Passauer Offizial hatte Khlesl bis zum Jahr 1600 inne.

Administrator von Wiener Neustadt

Im September 1588 wurde Khlesl zum Administrator des Bistums Wiener Neustadt bestellt, einen Monat später wurde er installiert. Er begann sofort mit Rekatholisierungsmaßnahmen. Schon zu Weihnachten desselben Jahres empfingen mehr als 400 Bürger die Kommunion, Protestanten wurden ausgewiesen. Auch die materielle Lage des Bistums Wiener Neustadt stabilisierte sich in der Folge.

Im Jahr 1590 ernannte ihn Rudolf II. zum Direktor der Religionskommission und somit zum Generalreformator für Niederösterreich. Als solcher bereiste er das gesamte Gebiet und hielt viele Visitationen ab. Die Bürgermeister und Stadträte wurden einer Befragung in Bezug auf ihre religiöse Einstellung unterzogen und hatten die Wahl zwischen dem Bekenntnis zur katholischen Kirche oder dem Amtsverzicht. Es war in dieser Funktion auch seine Aufgabe, Buchläden zu kontrollieren und die Schulaufsicht über die Partikularschulen wahrzunehmen.

Am 5. November 1592 erreichte Khlesl in seiner Funktion als Offizial die Bestätigung der von ihm geforderten Stärkung der bischöflichen Jurisdiktionsrechte gegenüber dem weltlichen Herrscher und gegenüber dem Wiener Domkapitel. Zu diesem Zweck wurde ein Vertrag zwischen Rudolf II. und Bischof Urban Trennbach von Passau abgeschlossen.

Bischof von Wien

Trotz langjährigen Widerstands gegen seine Nominierung zum Bischof von Wien übernahm Melchior Khlesl schließlich doch das schwer verschuldete Bistum. Am 20. Februar 1598 erfolgte die Nominierung, die Installation in Wien fand erst am 29. Jänner 1602 statt. Khlesl dürften vor allem materielle Erwägungen, vielleicht auch ein befürchteter verkleinerter Wirkungskreis gegenüber dem Passauer Offizialat veranlasst haben, vier Jahre mit der Annahme der Wiener Bischofswürde zu zögern. Inzwischen legte er am 2. Februar 1600 das Amt des Passauer Offizials nieder. Die päpstliche Bestätigung zur Bischofsernennung für Wien kam sogar erst am 13. Juli 1613. Am Ostersonntag (30. März) des Jahres 1614 empfing Melchior Khlesl in Kremsmünster die Bischofsweihe, gespendet durch Nuntius Placido de Marra. Im Jahr 1616 wurde er Kardinal.

Entscheidende Initiativen als Bischof in Wien unternahm Khlesl in Richtung einer Verbesserung der finanziellen Lage des Bistums. Er war bestrebt, bei Todesfällen von Priestern, kirchliche Güter vorübergehend zu sperren, um diese weiterhin für die offizielle katholische Seite zugänglich zu halten. Leerstehende Pfarren sollten ehebaldigst wieder mit im Sinn der katholischen Reform agierenden Priestern besetzt werden. Für die Dompropstei St. Stephan erreichte er eine Aufstockung der Pfründe durch die Inkorporation der Dechantei Kirnberg bei Mank in Niederösterreich.

Bischof Khlesl verteidigte das Domkapitel auch gegen die Einmischung des Klosterrats und verbesserte die Einkünfte der Domkapitulare. Als Domprediger wurden die Jesuiten hinzugezogen. Er reformierte auch die Curatgeistlichkeit von St. Stephan.

Zur Bildung des Klerus im Sinn der katholischen Konfessionalisierung wurde von Khlesl eine umfassende Bibliothek mit Kontroversliteratur begründet. Für unbotmäßig handelnde Priester waren Maßnahmen vorgesehen, die bis zur Arreststrafe und Absetzung reichen konnten.

Der Bischof war auch sehr danach bestrebt, die Umsetzung der Liturgievorschriften des Trienter Konzils voranzutreiben und zu überprüfen.

In seiner Amtszeit wurden zudem verfallene oder profanierte Kapellen renoviert und neue errichtet, so etwa die Kapelle der Gottesmutter im Niederösterreichischen Landhaus, dem Sitz der bislang vorwiegend protestantischen Stände. Bildstöcke und Kreuze wurden als bewusstes Zeichen der Gegenreformation wieder instandgesetzt. Unter Anleitung Khlesls wurde ab 1617 auch mit dem Umbau des Bischofshofs (heute erzbischöfliches Palais) in der Rotenturmstraße / Ecke Wollzeile nach den Plänen von Giovanni Coccapani begonnen.

Die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts waren unter dem maßgeblichen Einfluss Khlesls (der unter Kaiser Matthias praktisch die Regierungsgeschäfte führte) von einer gesteuerten „Klosteroffensive" charakterisiert. Teilweise neu berufen, kamen zwischen 1603 und 1638 Franziskaner, Barmherzige Brüder, Dominikaner, Kapuziner, Karmeliten, Paulaner auf der Wieden, Barnabiten, Unbeschuhte Karmeliter, Unbeschuhte Augustiner, Schwarzspanier und Serviten nach Wien.

Durch die enge Verzahnung seines geistigen und politischen Wirkens wurde er in den Bruderzwist zwischen Rudolf II. und Matthias hineingezogen. Schon von 1590 bis 1601 hielt sich Melchior Khlesl meist am Hof von Kaiser Rudolf II. in Prag auf und kam seiner bischöflichen Residenzpflicht nicht nach. Khlesl übernahm verschiedene diplomatische Missionen, so zum Reichstag in Regensburg im Jahr 1594. Sodann wechselte er die Seiten, schloss sich Erzherzog Matthias an, und war Urheber des Habsburger Familienvertrages vom 25. April 1606, mit dem Matthias als Haupt der Familie anerkannt wurde. Um die Wahl von Matthias als Kaiser zu erreichen, versuchte er die protestantischen Fürsten durch Zugeständnisse an ihre religionspolitische Linie für Matthias zu gewinnen. Im Juni 1612 hatte er schließlich sein Ziel erreicht.

Direktor des Geheimrats und Kardinal

Nach dem Tod Rudolfs II. im Jahr 1612 wurde Khlesl zum entscheidenden Ratgeber von Kaiser Matthias und erreichte mit der Nominierung zum Direktor des Geheimen Rates den Höhepunkt seiner politischen Macht. Am 2. Dezember 1615 wurde Khlesl auf Initiative von Kaiser Matthias zum Kardinal ernannt. 1616 nahm ihn Papst Paul V. als ersten Wiener Bischof in das Kardinalskollegium auf. Seine Titelkirche wurde S. Silvester in Capite, ab 1624 S. Maria de Pace.

Im Umgang mit den Protestanten in Böhmen strebte Khlesl eine Ausgleichspolitik an, um die lutherischen Glaubensbrüder durch Entgegenkommen in religiösen Fragen zur Unterstützung gegen die Abwehr der Osmanen zu gewinnen.

Auf Initiative der Erzherzöge Maximilian und Ferdinand, (die aufgrund der Kinderlosigkeit von Kaiser Matthias seine Nachfolge regeln wollten und dabei auf Widerstand von Khlesl stießen, da dieser seine Machtfülle nicht verlieren wollte), schmiedeten die Gegner Khlesls und seiner Politik ein Komplott und nahmen ihn 1618 in der Burg in Wien gefangen. Nach einer ersten Inhaftierung (Wien, Schloss Ambras in Innsbruck, Hofburg Innsbruck) intrigierte man auch beim Papst gegen ihn, sodass Khlesl erst nach langjähriger Gefangenschaft in Georgenberg und Rom am 5. Juli 1623 rehabilitiert werden konnte, dies vor allem mit Hilfe des vatikanischen Staatssekretärs Ludovico Ludovisi.

Im Jahr 1626 erlangte er von der römischen Kurie die Inkorporation der Güter des ehemaligen Klosters St. Peter in Wiener Neustadt in das bischöfliche Mensalgut.

Ende 1627 durfte er mit Zustimmung Kaiser Ferdinands II. (reg. 1619-1637) in die Heimat zurückkehren. Kurz vor Weihnachten, am 18. Dezember 1627, kam er in Wiener Neustadt an. Am 24. Jänner 1628 hielt er feierlichen Einzug in Wien.

Am 5. November 1629 ernannte ihn Kaiser Ferdinands II. zum Generalreformator. Khlesl ist die hervorstechendste Persönlichkeit der Gegenreformation und zählte (obgleich er dem Orden der Gesellschaft Jesu nicht angehörte) zu dessen entscheidenden Wegbereitern.

Tod

Melchior Khlesl starb am 18. September 1630 in Wiener Neustadt. Sein Leib wurde im Wiener Stephansdom, sein Herz im Dom zu Wiener Neustadt beigesetzt. Testamentarisch bedachte der Bischof vor allem das Bistum Wien, das Wiener Domkapitel, das Bistum Wiener Neustadt und das Augustiner-Chorfrauenkloster zur Himmelpforte, das er selbst neu erbauen ließ und besser dotiert hatte.

Siehe auch: Khleslplatz.

Quellen

Diözesanarchiv Wien, Bischofsakten.

Literatur

  • Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. Band 16: Kircher - v. Kotzebue. Leipzig: Duncker & Humblot 1882
  • Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Begründet und hg. von Friedrich Wilhelm Bautz. Herzberg [u.a.]: Bautz 1975 - lfd. , Spalte 791 ff.
  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearb. von Karl Bosl [u.a.]. Band 2: I-R. München: A. Francke 1974
  • Alois Eder: Kardnal Khlesl und sein Werk. Diss. Univ. Wien. Wien: 1950
  • Hugo Hantsch [Hg.]: Gestalter der Geschicke Österreichs. Innsbruck [u.a.]: Tyrolia 1962, S. 143 ff.
  • Erwin Heinzel: Lexikon historischer Ereignisse und Personen in Kunst, Literatur und Musik. Wien: Hollink 1956, S. 386
  • Karl Hilscher: Meidling. Wiens 12. Gemeindebezirk. Wien: Jugend & Volk 1923, S. 256
  • Anton Kerschbaumer: Kardinal Khlesl. Eine Monographie. Wien: Kirsch 1905
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Joseph Kopallik: Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien. Band 1: Regesten zur Geschichte der aufgehobenen Klöster Wiens. Wien 1890, Nr. 1-587
  • Franz Loidl: Geschichte des Erzbistums Wien. Wien: Herold 1983, S. 68-69
  • Franz Loidl / Martin Krexner: Wiens Bischöfe und Erzbischöfe. Vierzig Biographien. Wien: Schendl 1983, S. 46-47
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag 1970, S. 31, 41
  • Ernst Tomek: Humanismus, Reformation, Gegenreformation. Innsbruck - Wien: Tyrolia 1949 (Kirchengeschichte Österreichs 2), S. 484, 486, 488-490, 493, 508-512, 532
  • Johann Weißensteiner: Melchior Klesl. In: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Ein biographisches Lexikon, Band 2: 1785/1803 bis 1945. Hg. von Erwin Gatz. Berlin: Duncker & Humblot 1983, S. 367-370
  • Josef Wodka: Kirche in Österreich: Wegweiser durch ihre Geschichte. Wien: Herder 1959, S. 215-219