Annenhof

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1., Annagasse 3-3a, um 1940
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1893
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Annakloster
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Ferdinand Fellner, Hermann Helmer
Prominente Bewohner
PageID 24765
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser, Wolfgang Wirsig: Wiener Hofnamen
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Letzte Änderung am 5.12.2023 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Annagasse3-3a.jpg
Bildunterschrift 1., Annagasse 3-3a, um 1940
  • 1., Annagasse 3-3A
  • Nr.: 1011 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 1039 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)
  • Nr.: 980 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)


Annenhof (1., Annagasse 3-3A; Konskriptionsnummer 980, Teil).

Vorgängerbauten

Annagasse 3

Die erste urkundliche Nennung dieses Hauses stammt vom 24. Februar 1354. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um ein größeres Gebäude, das auch die Grundfläche des späteren Hauses Stadt 983 (Annagasse 1) miteinschloss. Aus einer Urkunde vom 18. März 1437 geht hervor, dass sich damals hier mehrere kleinere Häuser befanden. Danach gibt es bis zu den Hofquartierbüchern (ab 1563; siehe Hofquartierwesen) keine Daten zu diesem Grundstück. Später wird es als "Kollonitschhaus" bezeichnet. Diese Bezeichnung lässt auf den damaligen Besitzer schließen, der aber nirgends namentlich genannt wird. 1618 kaufte es der Erzbischof von Gran, Péter Pázmány, zur Unterbringung der von ihm gegründeten höheren Bildungsschule für den ungarischen Klerus. Sieben Jahre später kaufte Pázmány von den Jesuiten die Lilienburse und vermietete das nun nicht mehr benötigte Kollonitschhaus, um den Konvent durch den Zins zu finanzieren. Nur wenig später wollten die Jesuiten ein Noviziatshaus bei St. Anna errichten. Da dafür der Platz dafür jedoch nicht ausreichte, kaufte Ferdinand II. neben einem anderen Gebäude (Johannesgasse 4B [siehe Johannesgasse 4A] auch das Kollonitschhaus.

Annagasse 3A (und B)

Um 1320 hatte hier eine fromme Frau unbekannten Namens eine kleine Kapelle (Annagasse 3B) und ein Spital (Annagasse 3A) für arme Pilger gestiftet. 1415 ließ die Wiener Bürgersfrau Elisabeth Wartenauer die Kapelle durch eine größere Kirche ersetzen und das Spital durch den Ankauf des Hauses Johannesgasse 4 bis in die Johannesgasse erweitern. Das Pilgramhaus behielt seine Widmung bis zur ersten Belagerung Wiens durch die Osmanen im Jahr 1529 (sogenannte Erste Türkenbelagerung (1529)) und wurde danach den Clarissen zugewiesen, deren ehemaliges Kloster (Klarakloster) dem Bürgerspital überlassen worden war. Nachdem 1570 die einzige noch im Haus lebende Nonne in das Kloster St. Jakob auf der Hülben übersiedelt war, wurde das Gebäude den Jesuiten überlassen, die es vorerst vermieteten (siehe Annakloster).

Noviziatshaus der Jesuiten und Schulgebäude

1627 konnte das neue Noviziatshaus, in dem die Häuser Annagasse 3 und 3A aufgegangen waren, eröffnet werden, wodurch das Annakloster seine größte Ausdehnung erreichte. Nach Auflösung des Ordens im Jahr 1773 wurden durch ein Dekret vom 23. Dezember 1774 verschiedene Schulen im weitläufigen ehemaligen Klostergebäude untergebracht, wobei die Normal Hauptschule und die Realschule im Nordtrakt an der Johannesgasse einquartiert wurden. An der Annagasse befanden sich sechs Lateinschulen, die später zu einem Gymnasium zusammengefasst wurden, und die Maler-, Bildhauer- und Zeichenakademie bei St. Anna. Schon ein Monat später, am 24. Jänner 1775, befahl ein weiteres Dekret die Aufnahme der Bossier-, Zeichnungs- und Graveurschule. Am 25. März 1775 wurde der Kostenvoranschlag für die Adaptierungsarbeiten (11.263 Gulden 55 Kreuzer) genehmigt, jedoch die zusätzliche Unterbringung der orientalischen Akademie befohlen. Im Jahr 1785 wurde diese in das aufgehobene Kloster St. Jakob auf der Hülben verlegt und im ehemaligen Annakloster die Akademie der bildenden Künste einquartiert, die schon 1775 um die Aufnahme in diesem Gebäude angesucht hatte und den Unterricht hier am 24. April 1786 aufnahm. 1813 fand in diesem Haus die erste Kunstausstellung statt, die später jährlich abgehalten wurde. Da es nach den Franzosenkriegen zu starker Inflation kam, wurde die Miete für die Akademie im Jahr 1813 von 600 auf 8.016 Gulden Wiener Währung erhöht.

Das Gymnasium übersiedelte schon im Jahr 1807 in das Schottenstift, da dieses die Errichtung eines vierten Gymnasiums (neben dem Annagymnasium [Annäum] gab es noch das akademische Gymnasium und das Piaristengymnasium) in Erwägung zog und man mit dem Annäum schon seit längerer Zeit unzufrieden war. Im Juli 1808 wurde der Prüfungssaal der Normalschule samt einem Nebenraum der Börse überlassen, die jedoch im nächsten Jahr wieder ausziehen musste, da man den Saal für den Zeichenunterricht benötigte.

Nachdem die 1815 mit dem Polytechnikum vereinigte Realschule 1818 in einen Neubau in Wieden übersiedelt war, befanden sich nur mehr die Normalschule und die Akademie der bildenden Künste im ehemaligen Annakloster. Da letztere immer größer wurde und Verhandlungen über die Übernahme des ganzen Hauses scheiterten (1843-1845), mussten einige Abteilungen in Privathäusern untergebracht werden. 1877 übersiedelte die Akademie in den von Theophil Hansen geschaffenen Prachtbau am Schillerplatz (siehe Akademie der bildenden Künste [Gebäude]). 1886/1887 wurde das ehemalige Annakloster niedergerissen.

Annenhof

Auf dem an der Annagasse liegenden Areal wurde zwischen 1893 und 1895 ein großes Restaurationsgebäude, der Annenhof, nach Plänen der Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer für den Aeronauten und Faiseur Victor Silberer errichtet. Hier hatte sich seinerzeit Daums Neues Elysium befunden (Harrer [ Paul Harrer: Wien, seine Häuser ] gibt hingegen an, dass sich dieses an der Johannesgasse befunden hätte).

Das Gebäude steht auf einer Grundfläche von 1629 Quadratmetern. An der Fassade war es mit Fresken geschmückt (heitere Szenen aus den dem Schankgewerbe nahestehenden Betrieben). Einschließlich der Galerie fanden im großen Saal (590 Quadratmeter) rund 1000 Personen Platz. Der Saal lag im Niveau des Souterrains unter dem Hofraum und war mit einem Glasdach überspannt. Die Innenräume zierten barocke Dekorationsmotive. In den oberen Stockwerken befanden sich Mietwohnungen. Das Haus wurde typischen Gastwirtschaften in München und anderen deutschen Städten nachempfunden.

Der Annenhof war stets eine Stätte des Vergnügens und der leiblichen Genüsse. Ein halbes Jahrhundert war das Gebäude Heimstätte des Wiener Nachtlebens (Chapeau rouge, Tabarin, Robert-Stolz-Bühne, Rudolf Beers Kleines Theater, Grünbaum und Wiesners Boulevard-Theater u.a.). Am 1. Oktober 1910 wurde als Konkurrenz zu der Budapester Orpheumgesellschaft die "Possenbühne Max und Moritz" eröffnet (Direktor Ferdinand Grünecker, Dramaturg, und Autor Ludwig Hirschfeld), die aber im Frühjahr 1914 wieder sperren musste, weil das Publikum dem höheren Niveau nicht folgte. Im Oktober 1915 wurde das Theater durch die "Budapester Orpheumgesellschaft" wiedereröffnet (Direktor Adolf Glinger und Otto Taussig). Als die "Budapester" in der Taborstraße 1919 zugrunde gegangen waren, kamen die verbliebenen Mitwirkenden in die Annagasse, unter ihnen auch Hans Moser. Der "Dienstmann-Sketch" in der Farkas-Revue "Wien gib' acht" (November 1923) machte ihn schlagartig berühmt. 1923 wurden Armin Berg und Armin Springer verpflichtet, Anton Kuh schrieb zahlreiche Kritiken. Nach der Frühjahrssaison 1924 musste das Lokal (nach verlorenem Prozess gegen die Ballhaus-Gesellschaft) geräumt werden. Im Herbst trat die einstige Possenbühne "Max und Moritz" als "Theater der Komiker" in der Roland-Bühne auf. In die Annagasse zog 1924/25 die Revue ein: Robert Stolz ließ das kleine Theater neu adaptieren und führte eigene Revuen auf, scheiterte jedoch mit seinem Vorhaben schon sehr bald.

1925 kam das Haus in den Besitz der "Bellevue-Kapital-Verwaltungs-Arbeitsgemeinschaft". Um 1927 übernahmen Fritz Grünbaum und Julius Wiesner die Bühne mit dem von ihnen neugegründeten Boulevard-Theater (nachdem dazwischen Rudolf Beer vom Deutschen Volkstheater den vergeblichen Versuch gemacht hatte, das Lokal mit leichten Stücken französischer Genres zu füllen).

Am 23. Jänner 1939 starb hier der prominente Fußballer Matthias Sindelar. Von den nationalsozialistischen Medien wurde von einem Gasunfall gesprochen. Friedrich Torberg mußmaßte in einem nach 1945 publizierten Gedicht, Sindelar habe nicht unter dem NS-Regime leben wollen und sich daher selbst getötet. Seine bewusstlos mit ihm aufgefundene Gefährtin starb zwei Tage später.

Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre

  • mehrere Gastwirtschaften
  • verschiedene Theater

Literatur

  • Hans Veigl: Lachen im Keller. 1986, S. 93 ff
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 312
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 2. Teil. Wien ²1956 (Manuskript im WStLA), S. 307-311