Johannesgasse 4A

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1885
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Mailberger Hof, Maroltingerhaus
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 46536
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 5.10.2022 durch WIEN1.lanm08jan
  • 1., Johannesgasse 4A

Frühere Adressierung
  • Nr.: 1011 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 1039 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)
  • Nr.: 980 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)


1, Johannesgasse 4A (bis 1940 4A und B; Konskriptionsnummer 980, Teil).

Vorgängergebäude

Johannesgasse 4A "Mailberger Hof"

Am 20. Jänner 1375 wird erstmals ein Gebäude auf diesem Grundstück urkundlich genannt. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts gibt es kaum Daten zu diesem Haus. Fest steht, dass sich hier im 16. Jahrhundert der Mailberger Hof befand. Realis behauptet, dass das Gebäude ein Teil des benachbarten Pilgramhauses wurde, was jedoch durch das Hofquartierbuch von 1587 widerlegt wird, das den Mailberger Hof noch als selbständiges Objekt führt, während das Pilgramhaus schon 1531 den Clarissen überlassen und zum Annakloster umgebaut wurde. Zwischen 1587 und 1627 muss das hier besprochene Haus jedoch in den Besitz der Jesuiten gekommen sein, denen das Annakloster seit 1581 gehörte. Spätestens beim Bau des Noviziatshauses im Jahr 1627 ging es im Klosterkomplex auf.

Johannesgasse 4B "Maroltingerhof"

Ab 1429 wird auf diesem Grundstück ein Haus samt Garten genannt. Später wurde es "Maroltingerhof" genannt, was darauf hindeutet, dass es um 1500 im Besitz dieses Bürgergeschlechts gestanden sein muss. 1563 stand es im Eigentum von Christoph Entzianer, einem Enkel des ehemaligen Rectors der Universität Dr.med. Johann Entzianer, und war ein Freihaus. Später kaufte es Michael Adolf Graf Althan, von dem es die Jesuiten 1627 zum Bau ihres Noviziatshauses erwarben.


Neubau 1885

Nach Aufhebung des Jesuitenordens im Jahr 1773 wurden die beiden Gebäude zusammen mit dem Nachbarhaus (Johannesgasse 4; siehe Kaufmännisches Vereinshaus) als Schule verwendet. 1884 kamen sie durch Tausch in den Besitz der Gemeinde Wien und wurden abgebrochen. An ihre Stelle trat ein Doppelhaus, das die Nummern Johannesgasse 4A und B trug und eine Volksschule für Knaben und Mädchen beherbergte. Nach deren Auflassung im Jahr 1925 wurden die Räume von der "Radio Verkehrs AG" (RAVAG) bezogen, die im Oktober 1925 den Sendebetrieb aufnahm. 1927 ließ diese eine Gedenktafel für Robert von Lieben, den Erfinder der Verstärkerröhre, anbringen. Am 13. Oktober 1926 wurde das Eigentumsrecht am Haus durch einen Gerichtsbeschluss der Gemeinde Wien einverleibt.

Juliputsch

Beim nationalsozialistischen Umsturzversuch vom 25. Juli 1934, dem Bundeskanzler Engelbert Dollfuß zum Opfer fiel, war auch dieses Gebäude Schauplatz blutiger Kämpfe. Eine Gruppe von 14 Mann fuhr gegen 13:00 mit einem Lastwagen vor, schlug den Türposten nieder und drang in den Senderaum ein, wo die Nachricht gesendet wurde, dass der Kanzler zurückgetreten sei. Inzwischen war die Polizei mit Panzerwägen vorgefahren, hatte die umliegenden Gebäude besetzt und im gegenüberliegenden Bankhaus "Kux, Bloch & Co." zwei Maschinengewehre in Stellung gebracht. Mit diesen sowie vom Dach aus wurde das Feuer auf die Putschisten eröffnet, wobei Hof- und Straßenseite des RAVAG-Gebäudes beschossen wurden. Als die Angreifer in den Keller flohen, kam Tränengas zum Einsatz, das sie zum Verlassen dieser Räume zwang. Danach drang eine Sturmkolonne der Polizei durch das Tor in das Gebäude ein, überwältigte die Nationalsozialisten und nahm sie fest. Dabei wurde neben einem weiteren Putschisten der 32jährige Rädelsführer Erich Schredt getötet. Auf Seite der Polizei kam ein Bezirksinspektor ums Leben. Weitere Opfer waren der Chauffeur des Generaldirektors und der Schauspieler Rudolf Ferstel, der sich den Angreifern in den Weg gestellt hatte. Ein weiterer Schauspieler musste durch die Ereignisse in eine psychiatrische Klinik gebracht werden. Um 15:45 kehrte wieder Ruhe in das Gebäude ein, doch war dem Inventar schwerer Schaden zugefügt worden: Mikrophone und andere Apparate waren beschädigt und die Vorhänge, die zur Verbesserung der Tonqualität aufgehängt waren, in Brand gesteckt worden, sodass die Feuerwehr gerufen werden musste. Um das Gebäude von der Außenwelt abzuschirmen, waren die Telephonleitungen aus den Wänden gerissen beziehungsweise durchgeschnitten worden. Darüberhinaus wies das Haus durch die Kämpfe viele Einschüsse auf.

Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien

Nachdem die RAVAG im Jahr 1938 in die Argentinierstraße übersiedelt war, wurde die Gedenktafel für Robert von Lieben entfernt und das Konservatorium der Stadt Wien (heute "Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien") im adaptierten Gebäude untergebracht.


Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre

  • Radio Verkehrs AG (RAVAG)


Literatur

  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 2. Teil. Wien ²1956 (Manuskript im WStLA), S. 283-286