Schwechat (Ort)
Schwechat, Stadtgemeinde in Niederösterreich (Bezirk Bruck an der Leitha).
Ein kleiner Teil des damaligen Markts Schwechat wurde 1892 in den 11. Bezirke (Simmering) eingemeindet. Am 24. August 1922 wurde Schwechat zur Stadt erhoben. 1938-1946/1954 war Schwechat namengebender Bestandteil des damaligen 23. Bezirks (Groß-Wien). Zum Bezirk Schwechat zählten 1938-1946/54 die Gemeinden Albern, Alt-Kettenhof, Ebergassing, Fischamend Dorf, Fischamend Markt, Gramatneusiedl, Gutenhof, Himberg, Kledering, Klein-Neusiedl, Leopoldsdorf, Mannswörth, Maria Lanzendorf, Moosbrunn, Neu-Kettenhof, Oberlaa, Oberlanzendorf, Pellendorf, Rannersdorf, Rauchenwarth, Rothneusiedl, Schwadorf, Schwechat, Unterlaa, Unterlanzendorf, Velm, Wienerherberg und Zwölfaxing.
1946 entschieden der Nationalrat und die Landtage von Wien und Niederösterreich, Schwechat großteils wieder in das Land Niederösterreich einzugliedern. Aufgrund eines Vetos der sowjetischen Besatzungsmacht konnten diese Beschlüsse erst 1954 umgesetzt werden. 1954 verblieben Albern (heute im 11. Bezirk) sowie Oberlaa, Unterlaa und Rothneusiedl (heute im 10. Bezirk) in Wien.
Mittelalterliche Siedlungsentwicklung
Die Lage des Orts an der alten Heerstraße (Limesstraße) war für die Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Im Bereich von Altkettenhof erstreckte sich bis gegen 400 nach Christus das römische Reiterkastell Ala nova. Namengebend für die mittelalterliche Siedlung war der Fluss Schwechat (um 1034/1041 "Svechant" = der Stinkende [Bezugnahme auf die in Baden eingeleiteten schwefelhältigen Thermen]).
Die Siedlung Schwechat ist ab 1108 nachweisbar (die heutige Schreibweise ab 1548 belegt). Die Ortsherrschaft wurde im 11. Jahrhundert vom Bistum Passau an das Stift Göttweig übertragen; 1264 wurde Schwechat landesfürstlich (Markt ab 1531, Stadterhebung 1922). Ab dem 12. Jahrhundert war Schwechat Sitz eines Landgerichts, zu dessen Sprengel auch Schwadorf (abgetrennt 1531), Mannswörth, Simmering, Kledering, Pellendorf, Velm und Zwölfaxing gehörten (1556 Wiedereingliederung des Sprengels Kaiser-Ebersdorf, wohin vor 1624 der Sitz des Landgerichts verlegt wurde).
Kirchen und Klöster in Schwechat
Im kirchlichen Bereich gehörte Schwechat ursprünglich zu der im 11. Jahrhundert entstandenen Pfarre Mannswörth (deren Patronat vor 1147 an das Bistum Passau und 1729 an das Erzbistum Wien überging).
In Schwechat gab es zwei Kirchen (die ab 1556 einen gemeinsamen Pfarrer hatten [ab 1614 formelle Personalunion]); am rechten Flussufer St. Jakobus der Ältere (um 1300 Vikariat von Mannswörth, ab 1360 selbständige Pfarre; nach wiederholten Zerstörungen 1764 Neubau; Fresken von Franz Anton Maulbertsch; 1945 schwer beschädigt, bis 1962 wiederhergestellt), am linken Flussufer Maria am Anger (1267 Filiale der Wiener Pfarre St. Stephan, um 1400 Neubau, 1480 bischöfliches Vikariat, 1815 großteils abgebrochen, der Rest seither Friedhofskapelle).
Das ebenfalls am linken Ufer 1694-1697 errichtete Kapuzinerkloster wurde 1813 aufgelassen (Neubau der Kirche 1815 als Ersatz für Maria am Anger, Turm 1885).
Kriegerische Auseinandersetzungen
Bei Schwechat fand am 15. September 1683 die erste Begegnung zwischen Kaiser Leopold I. und dem polnischen König Jan III. Sobieski statt. Ebenfalls bei Schwechat (Front zwischen Kaiser-Ebersdorf und Maria Lanzendorf) schlugen kaiserliche und kroatische Truppen am 30. Oktober 1848 ein ungarisches Heer zurück, das den von Alfred I. zu Windisch-Graetz belagerten revolutionären Wienern zu Hilfe kommen wollte.
Wirtschaftliche Entwicklung: Brückenmaut, Mühlen und die Schwechater Brauerei
Der wichtigste Wirtschaftsfaktor von Schwechat war die 1325-1891 eingehobene Brückenmaut; dazu kamen mehrere Mühlen (Jesuitenmühle). Die 1632 gegründete Bierbrauerei wurde 1796 von der Familie Dreher erworben, 1913 mit den Wiener Brauereien St. Marx und Simmering fusioniert (Viktor Mautner Markhof; Vereinigte Brauereien) und 1926 durch Mautner Markhof übernommen. Außerdem entstanden zahlreiche Textilfabriken.
Schwechat während des Zweiten Weltkriegs: Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen
Am 15. Oktober 1938 wurde Schwechat von den nationalsozialistischen Reichsregierung als Teil von Groß-Wien eingegliedert und namensgebend für den neu geschaffenen 23. Bezirk.
1943 bis 1945 befand sich in Schwechat ein Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen mit dem Tarnnamen Santa I und Santa II, in dem bis zu 2.600 Zwangsarbeiter der Rüstungsindustrie untergebracht waren. Darüber hinaus bestand am Flughafen Wien-Schwechat das KZ Außenlager Schwechat II.
Zudem waren in diesem Zeitraum auch mehrere Zwangsarbeiterlager über das Stadtgebiet von Schwechat verteilt, so zum Beispiel in der Brauhausstraße 8, der Alfred-Horn-Straße und der Wiener Straße 50. Auch am Flughafen Wien befand sich ein Zwangsarbeiterlager.
Auch in anderen zum 23. Bezirk gehörigen Gemeinden befanden sich Zwangsarbeiterlager wie die jene in Fischamend-Markt und in der Brucker Straße in Fischamend, in denen Zwangsarbeiter der deutschen Luftwaffen und der Wiener Neustädter Flugzeugwerke untergebracht waren. Zwangsarbeiter der Reichsbahn wurden in einem Lager in Kledering festgehalten, während andere in Bereich einer ehemaligen Papierfabrik in Klein-Neusiedl untergebracht waren. Auch in Ebergassing, Himberg und Pellendorf befanden sich Zwangsarbeiterlager.
In der Spätphase des Zweiten Weltkriegs wurden die Schwechater Industriebetriebe oft bombardiert. Der Wiederaufbau begann Anfang 1950.
Schwechat nach dem Zweiten Weltkrieg
Von 1945 bis 1955 war Schwechat Teil der sowjetischen Besatzungszone. 1946 beschlossen der Nationalrat sowie die Landtage von Wien und Niederösterreich die Rückgliederung Schwechats in das Land Niederösterreich, die am 1. September 1954 vollzogen wurde. Zudem wurde es verwaltungstechnisch mit den früheren Gemeinden Alt- und Neukettenhof und den Katastralgemeinden Kledering, Mannswörth und Rannersdorf zur heutigen Stadtgemeinde Schwechat vereinigt. Die erste Gemeinderatssitzung des wieder unabhängigen Schwechat fand am selben Tag statt.
Flughafen Wien
Der Wiener Internationale Flughafen (VIE) liegt auf Schwechater Gemeindegebiet.
Literatur
- Ernö Deák / Hannes Stekl: Schwechat. In: Österreichisches Städtebuch. Band 4: Die Städte Niederösterreichs. Teil 3: R-Z. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1982, S. 97 ff.
- Dreher's Bierbrauerei in Schwechat (Aus dem Vortrag des Herrn V. Prausek am 3. Jänner). In: Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich Neue Folge 2 (1868), S. 15-18
- Adolf Ezsöl: 70 Jahre Stadt Schwechat. Ein Spaziergang durch die Geschichte. Schwechat: Stadtgemeinde Schwechat 1992
- Jaro Franz-Ferron: Neu-Wien. Ein Rückblick auf die Geschichte der am 21. Dezember 1891 zur Commune Wien einverleibten Vororte-Gemeinden. Korneuburg: Julius Kühkopf 1892, S. 22 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 326
- Wolfgang Häusler: Das Gefecht bei Schwechat am 30. Oktober 1848. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1977 (Militärhistorische Schriftenreihe. 34)
- Karl Lechner [Hg.]: Handbuch der historischen Stätten Österreichs. Band 1: Donauländer und Burgenland. Stuttgart: Kröner 1970, S. 543 ff.
- Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 46
- Wien baut in Schwechat. Wien: Stadtbauamt 1953 (Die Stadt Wien gibt Auskunft, 12)