Wappenengel

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Barocker Wappenengel im Hof des Alten Rathauses, 1725
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Wiener Wappen, Mittelalter, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert
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Letzte Änderung am 25.07.2022 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname Altes Rathaus Wappenengel Hof.JPG
Bildunterschrift Barocker Wappenengel im Hof des Alten Rathauses, 1725

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Engel tauchen in Zusammenhang mit den Wiener Stadtwappen besonders im 18. und 19. Jahrhundert als Schildhalter auf. Das Vorbild ist im Wappenengel vom Taschnerhaus zu suchen, der aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt. Heraldisch gesehen handelt es sich um Allianzwappen, also die Vereinigung von zwei Wappen mit einem Engel als Schildhalter.

Wappenengel vom Taschnerhaus

Gotischer Wappenengel vom Taschnerhaus, um 1450

Das früheste Beispiel eines Wappenengels im Bereich der Wiener städtischen Heraldik findet sich im Wappenengel vom Taschnerhaus am Lichtensteg. Mitte des 15. Jahrhunderts als Hausschmuck dort angebracht, vereinte dieses Allianzwappen die Schilde von Österreich (Bindenschild) und Wien (Kreuzschild). Die so symbolisch ausgedrückte, enge Verbindung zwischen Land(esfürst) und Stadt wurde durch die Eisenkette mit dem Vorhängeschloss besonders unterstrichen, welche die Wappen in den Händen des Engels zusammenschloss. 1842, als das Taschnerhaus abgerissen wurde, transferierte man die Skulptur auf die Fassade des Alten Rathauses (Ecke Wipplingerstraße/Stoß im Himmel), wo sie sich noch heute befindet.

Barocke Version des Wappenengels

Zunächst blieb der Wappenengel vom Taschnerhaus ohne direkte Nachfolge. Erst im 18. Jahrhundert griff die Stadt das Motiv wieder auf, und zwar an einer prominenten Stelle: 1725 baute man im (alten) Rathaus in der Wipplingerstraße einen Trakt im Inneren des Gebäudekomplexes. Der Rathaushof erhielt einen prunkvollen, schmiedeeisernen Balkon, über dessen Türe ein Wappenengel seinen Platz fand (siehe Andromedabrunnen). Dieser hält zwei Wappenschilde, nämlich neben dem Wiener Kreuzschild in seiner linken Hand in seiner rechten ein Wappen mit einem einköpfigen Adler. Entweder ist hier die Vereinigung der Wappen Wiens mit jenem der Babenberger Stadtherren gemeint oder die beiden Wiener Stadtwappen, wobei statt dem im Wappenbrief 1461 verliehenen Doppeladler hier ein einköpfiger Adler Verwendung fand. Laut Wappenbrief hätte die Stadt vor 1461 einen solchen als Wappen geführt. Dies ist historisch nicht korrekt; die Stadt zierte aber diesem Motiv ihre Siegel. Insbesondere lassen bestimmte Versionen des Sekretsiegels große Ähnlichkeiten mit dem Wappen des Wappenengels vom Rathaushof erkennen. Man wollte durch den Rückgriff auf den mittelalterlichen Wappenengel vom Taschnerhaus zusammen mit der Verwendung eines altertümlichen, babenbergischens Wappens wohl die Altehrwürdigkeit der Stadt Wien und des Stadtrates unterstreichen. Der Standort hatte insofern eine spezielle Bedeutung, als dass vom Balkon im Rathaushof die Verordnungen des Rates verlesen wurden.

In der direkten Nachfolge des Wappenengels im Rathaushof standen einige weitere Versionen, die diesem Typus folgten. Sie vereinigten – zumeist eindeutig - die beiden Stadtwappen (Kreuzschild und Doppeladlerwappen), also nicht wie beim mittelalterlichen Vorbild das Land und die Stadt, und dienten der Kennzeichnung von Gebäuden der Stadt Wien.

Ein ‚falsches‘ Stadtwappen

Als der mittelalterliche Wappenengel vom Taschnerhaus 1842 auf das (Alte) Rathaus übertragen wurde, zog er rasch große Aufmerksamkeit auf sich. Er galt als herausragendes steinernes Zeugnis der eigenen, städtischen Geschichte. Obwohl es sich bei der Skulptur nicht um ein städtisches Wappen gehandelt hat, wurde er auf Grund seines Alters als authentisches Stadtwappen angesehen und ist bald als solches verwendet worden. Auf Heimatscheinen, Bürgerrechtsverleihungen, als Titelvignette städtischer Publikationen, auf Schulgebäuden oder den städtischen Kutschen war der Wappenengel ebenso zu finden wie etwa auf den ersten Siegeln der neu formierten Bezirke. Ein besonders prunkvolles Beispiel bietet das Ehrenbürgerbuch, auf dessen Einband mit massiven Silberbeschlägen der Wappenengel auf einen Doppeladler gelegt wurde. Der sich im Wappenengel vereinigende Patriotismus, die romantische Geschichtsvorstellung und Nostalgie ließen ihn in einer von Umbrüchen geprägten Zeit wahrscheinlich attraktiv erscheinen. Als 1869 auf Initiative von Karl Weiß, dem städtischen Archivar und Bibliothekar, eine aus damaliger Sicht korrekte Fassung des Stadtwappens nach Vorbild des Wappenbriefs vorgelegt und im Wappengebrauch durchgesetzt wurde, geschah das sicherlich nicht zuletzt durch den Antrieb, der Verwendung des ‚falschen‘ Wappenengels ein Ende zu setzen. In manchen Fällen ist der Kreuzschild mit einem Doppeladler kombiniert, der das kaiserliche Wappen symbolisiert, wie beispielsweise auf der Siegelkapsel des Ehrenbürgerbriefs für Franz Buffa (1846). Das städtische Bürgerspitalfonds adaptierte den Wappenengel, indem dieser neben dem Wiener Kreuzschild das Reichsapfelwappen des Bürgerspitals hielt.

'Genius der Stadt Wien' von Hanns Gasser. Gipsmodell, 1854

Gelegentlich wandelte man den Wappenengel in jener Epoche stärker ab. Zu erwähnen ist der 'Genius der Stadt Wien', den Hanns Gasser 1854 anlässlich des feierlichen Einzugs Elisabeths für die Ehrenpforte schuf. Am 1. Mai 1865 kam die Genuisfigur, die nur eines der beiden Wiener Wappen trug, nämlich den Kreuzschild, bei der Eröffnung der Ringstraße erneut zum Einsatz. Im Festsaal des 1883 eröffneten Rathauses am Ring wird der städtische Kreuzschild an der Stirnseite von gleich zwei Engeln gehalten.


Literatur

  • Manuel Swatek: Zeichen der Stadt. Beiträge zur Geschichte der Wiener Wappen und Symbole. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 76 (2020), S. 233-268
  • Josef Buchowiecki, Die Wappenengel Wiens. In: WGBl 26 (1971), 214
  • Hanns Jäger-Sunstenau, Nochmals: Die Wappenengel Wiens. In: WGBl 28 (1973), S. 86-88
  • Andreas Nierhaus (Hg.): Der Ring. Pionierjahre einer Prachtstraße (Ausstellungskatalog Wien Museum), St. Pölten 2015, Der Ring Pionierjahre einer Prachtstraße, 2015, S. 247, Abb. S. 247