Sicherheitswache

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 30.12.2019 durch WIEN1.lanm08wei

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K. k. Sicherheitswache

K. k. Sicherheitswache: Uniformierter, bewaffneter, nach militärischem Muster organisierter Zivilwachkörper, der mit kaiserlicher Entschließung vom 2. Februar 1869 im Zuge der Vorbereitung der Weltausstellung (1873) anstelle der k. k. Militär-Polizeiwache errichtet wurde.

Nach unterschiedlichen Auffassungen zwischen Regierung und Gemeinderat bezüglich Organisationsstatut und Instruktion der Sicherheitswache erteilte der Gemeinderat am 12. März 1869 die Zustimmung zum Statut unter Vorbehalt einer Instruktionsänderung. Aus Angst vor der Militarisierung der neuen Sicherheitswache wurde unter anderem eine Änderung des § 4 des Statuts (Aufnahmebedingungen für Bewerber) beantragt, wonach der abgeleistete Militärdienst nicht, wie von der Regierung vorgesehen, Voraussetzung für die Aufnahme sein sollte. Am 31. März 1869 gab der Gemeinderat seine Zustimmung zum Instruktionsentwurf, am 1. Mai 1869 fand die erste Einberufung der zum Dienst in der Sicherheitswache aufgenommenen Bewerber statt. (Jubiläen der Sicherheitswache bezogen sich später auf dieses Jahr.)

Da die Militär-Polizeiwache schrittweise aufgelöst wurde, erfolgte auch die Aufnahme in die Sicherheitswache nur schrittweise. Die ehemalige k. k. Porzellanfabrik (9., Porzellangasse 51) wurde als Schulkaserne eingerichtet, in der eine vier bis sechswöchige Grundausbildung erfolgte. Am 15. Juni 1869 übernahm die erste Abteilung der Sicherheitswache (122 Mann), die in der Kaserne der Sicherheitsabteilung Leopoldstadt (2., Körnergasse 2) untergebracht war, den Dienst in der Leopoldstadt (Wachstuben Große Sperlgasse 11, Im Schiffamt, Am Tabor, an der Franzenskettenbrücke und am Nordbahnhof). Bald danach löste die Sicherheitswache die Militär-Polizeiwache auch in den anderen Teilen der Stadt ab. Am 15. Dezember 1869 wurde der letzte Militärpolizist abgezogen.

Das zum Wiener Polizeirayon gehörende Gebiet umfasste ursprünglich 14 Kommissariate, denen je eine Sicherheitsabteilung beigegeben war. Am 16. Februar 1870 ging die Zuständigkeit für die Sicherheitswache vom k.k. Ministerium für Landesverteidigung an das k.k. Ministerium des Inneren über. 1871 wurde für das Weltausstellungsgelände eine eigene Polizeidirektionsabteilung errichtet, die 1874 die Stellung eines Bezirkskommissariats für den Bereich Prater erlangte. Mit der zunehmenden Ausdehnung Wiens nahm auch der Wiener Polizeibezirk an Umfang zu. Die Zahl der Bezirkskommissariate stieg von 14 (1869) auf 22 (1891), die Sicherheitswache selbst vergrößerte ihren Personalstand von 1.277 (1869) auf 2.708 (1875) Mann. Zu den Aufgaben der Sicherheitswache gehörte bis 1883 auch der Rettungsdienst (Rettungswesen). Ende 1873 waren 74 Wachstuben als "Rettungsanstalten" ausgestattet.

Die den Sicherheitswachmännern eingeräumte dienstliche Selbstständigkeit und Eigenverantwortung setzte gründliche Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften voraus. Das Schwergewicht des Unterrichts lag in den Abteilungsschulen. Am 1. November 1902 entstand eine eigene Schulabteilung, die Ausbildungszeit wurde auf ein Jahr ausgedehnt. Die Wacheschüler waren in Schulkasernen zusammengefasst: 1., Postgasse 7 [Teil der alten Universität]; 1., Sonnenfelsgasse; 3., Landstraßer Hauptstraße 97 ([Drehers Etablissement]). Erst 1921 konnte die Schulabteilung in die ehemalige Infanteriekaserne 3., Marokkanergasse 4, einziehen (Marokkanerkaserne).

Neben den Sicherheitswachmännern zu Fuß entstand ein anfangs noch kleines Aufgebot berittener Wachmänner (25 Mann). Die Stallposten im Haus 1., Salzgries 5, und 2., Schiffamtsgasse 1, bildeten die ersten Stützpunkte (für die Bezirke Innere Stadt und Leopoldstadt und für Floridsdorf). In den inneren Bezirken hatten sie ihr Augenmerk hauptsächlich auf die Einhaltung der Fahrordnung zu lenken. Bis 1872 wuchs der Stand auf 66 Mann an. Ab 1890 ging man daran, den Stand der Berittenen nach und nach zu erhöhen (1913 betrug der Stand 318 Pferde). Das Anwachsen der Reiterabteilung machte die Errichtung weiterer Stallposten notwendig, für die man vornehmlich die früheren Linienamtsgebäude am Stadtrand (Schwechat, Triester Straße, Hütteldorf, Neuwaldegg) heranzog. 1914 kam der Stallposten 9., Pramergasse 10, hinzu.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs fand diese Entwicklung ein Ende. Durch die Einberufung von Sicherheitsorganen zum Kriegsdienst sank der Stand der Sicherheitswache stark ab. Am 25. Juni 1918 wurde Johannes Schober von Kaiser Karl I. mit der Leitung der Polizeidirektion Wien betraut, die er bis zu seinem Tod innehatte. Schober gelang es, das kaiserliche Korps bruchlos in die Exekutive der Republik überzuleiten.

Bundessicherheitswache

Erste Republik, Bundessicherheitswache: 1918 verfügte die Sicherheitswache über 63 leitende Beamte und 4.326 Mann. Durch die Auflösung aller Militärwachen fielen der Sicherheitswache die sonst vom Militär wahrgenommenen Sicherungsaufgaben (Überwachung öffentlicher Gebäude, Verkehrsanlagen und so weiter) zu. Um den Fehlstand der Sicherheitswache möglichst rasch auszugleichen und einen verstärkten öffentlichen Sicherheitsdienst zu gewährleisten, wurde im November 1918 über Antrag Schobers die "Stadtschutzabteilung für die Stadt Wien" aufgestellt (Organisationsstatut vom 12. Jänner 1919), deren Aufgabe in der Überwachungstätigkeit lag, die ursprünglich die als Militärwache gegründete Gewölbewache besorgt hatte (Überwachung der Geschäftslokale der Innenstadt sowie des Anlegeplatzes der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft im Prater; sie wurde 1870 dem Zentralinspektorat unterstellt und in einen Zivilwachekörper umgewandelt). 1932 erfolgte die Auflösung der Stadtschutzwache und ihre Überleitung in die Sicherheitswache.

Bereits im April 1919 wurde für die Sicherheitswache ein systemisierter Stand von 7.801 Mann bewilligt. Am 31. Dezember 1924 wies die Sicherheitswache einen Stand von 80 leitenden und 6.535 Sicherheitsbeamten auf, 1929 von 113 leitenden und 6.938 Sicherheitswachebeamten. Das innere Gefüge der Sicherheitswache blieb in der Ersten Republik unverändert. Die gesetzliche Grundlage bildete das Organisationsstatut der k. k. Sicherheitswache vom 26. Februar 1914 (Zahl 2026/MI), die Benennung wurde jedoch gemäß § 8 des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 auf Bundessicherheitswache geändert. Wie bei den Kriminalbeamten wurden die Dienstverhältnisse der Sicherheitswachebeamten durch das Polizeidienstgesetz vom 30. Oktober 1919 (Bundesgesetzblatt Nummer 517) neu geregelt. Ihre besoldungsrechtliche Einstufung erfolgte durch das Besoldungsgesetz vom 13. Juli 1921 (Bundesgesetzblatt Nummer 376). Gehörten sie ursprünglich der Gruppe der Diener und Unterbeamten an, so hatten sie nunmehr die Stellung von Beamten. Alle bisher als Beamte (Offiziere) eingestuften Organe kamen in den Stand der leitenden Beamten.

Mit dem Gehaltsgesetz 1924 wurden die Sicherheitswachebeamten in ein eigenes Dienstpostenschema eingereiht; ab 1929 erhielten sie eine Mietzinsbeihilfe und ab 1936 die Wachdienstzulage, mit deren Einführung man der Gefährlichkeit des Sicherheitswachdienstes Rechnung trug. Kommandant der Wache war der dem Polizeipräsidenten unterstehende Zentralinspektor, dessen Titel 1934 auf Generalinspektor geändert wurde. Als Führungseinrichtung unterstand ihm das Zentral(General)inspektorat der Sicherheitswache, das nach Sachgebieten in Referate gegliedert ist und die für die zentrale Leitung erforderliche vorbereitende und ausführende Arbeit zu besorgen hat (zuständig für alle Belange der Dienstausübung sowie für Personalangelegenheiten, Besoldungsfragen, Bekleidung und Bewaffnung). Entsprechend der Gliederung der Polizeidirektion bestand bei jedem der damals 22 Polizeikommissariate eine eigene Sicherheitswacheabteilung (Bezirksabteilung). Die Kommissariatsgebiete waren mit den damals 21 Bezirksgebieten identisch. Nur im 2. Bezirk war das Gebiet des Praters seit dem Jahrzehnt der Weltausstellung unter dem Namen Kommissariat Prater ein eigener Polizeibezirk.

Außer den Bezirksabteilungen verfügte die Sicherheitswache über Sonderabteilungen: Technische Abteilung für den Fernmeldeverkehr, Schul-, Kraftfahr-, Reiter-, Diensthunde-, Verkehrs- und Polizeigefangenenabteilung; seit 1927 Alarmabteilung; seit 1935 überwacht die Strompolizei mit eigenen Motorbooten den Verkehr auf der Donau.

Deutsche Polizei, SS

Nationalsozialismus: Am 12. März 1938 übernahmen die deutsche Polizei und die SS die Polizeidienststellen in Wien, und am 15. Oktober 1938 wurde der örtliche Wirkungsbereich der Polizeidirektion Wien auf das erweiterte Stadtgebiet ausgedehnt (Groß-Wien). Gleichzeitig erfolgte auch der organisatorische Umbau der Sicherheitswache in die deutsche Schutzpolizei ("Schupo"), der 1939 abgeschlossen war. Bis zur Beschaffung der neuen Uniformen hatten die Sicherheitswachebeamten Hakenkreuzarmbinden zu tragen. Die Übernahme in die Schutzpolizei war für die Sicherheitswachebeamten mit einschneidenden Änderungen im Innen- und Außendienst verbunden. Die Umschulung aller Sicherheitswachebeamten erfolgte innerhalb kurzer Zeit. Während ursprünglich die Ausbildung, Bewaffnung und Ausrüstung zum kriegsmäßigen Polizeieinsatz auf die Kompanien der Alarmabteilung beschränkt gewesen war, wurde nunmehr die Waffen- und Schießausbildung ausgedehnt. Daneben bildeten militärische Übungen auf dem Exerzierplatz einen wichtigen Teil des Umschulungsprogramms.

Sicherheitswache, Bundespolizeidirektion Wien

Zweite Republik: Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs wurde im Sommer 1945 die Bundespolizeidirektion Wien neu geschaffen. Bei der Sicherheitswache, die nunmehr 24 Bezirkskommissariate (der Sonderbereich Prater wurde bis um 1960 beibehalten) hatte und deren Organisation sich an jene vor 1938 anlehnte, kam es infolge der Abgänge bis Ende 1945 zu einer fast gänzlichen Erneuerung des Personalstands (5.126 Ab- und 5.982 Zugänge).

Die Wiener Sicherheitswache hatte in den Jahrzehnten seit 1945 vorerst die Probleme der Besetzung Wiens durch die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs und in der Folge die Auswirkungen der starken Ausbreitung des Individualverkehrs ["Autolawine") zu bewältigen. Dazu wurde die "Funkstreife" ins Leben gerufen, bestehend aus Einsatzfahrzeugen, die untereinander und mit der Einsatzzentrale per Funk verbunden waren. Einzelne Polizisten, die in auffälligen Uniformen auf Motorrädern patrouillierten, wurden als "Weiße Maus" bezeichnet. Nach der Jahrtausendwende waren sind verstärkt Probleme im Zusammenhang mit der internationale Kriminalität zu bewältigen.

Im Zuge der Zusammenlegung der Polizei mit der Gendarmerie im Jahr 2005 wurde das Sicherheitswachekorps als eigene Organisation aufgelöst. Die einstige Bundespolizeidirektion Wien firmiert nun als Landespolizeidirektion (nicht, weil die Direktion in die Landesverwaltung übergegangen wäre, sondern weil die Polizeidirektion Wien nun eine von neun Landespolizeidirektionen Österreichs ist).

Literatur

  • Hermann Oberhummer: Die Wiener Polizei. 200 Jahre Sicherheit in Österreich. Neue Beiträge zur Geschichte des Sicherheitswesens in den Ländern der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. 2 Bände. Wien: Gerold 1937
  • Engelbert Steinwender: Von der Stadtguardia zur Sicherheitswache. Von der Frühzeit bis 1932. Diplomarb. Univ. Wien. Wien 1992
  • Engelbert Steinwender: Von der Stadtguardia zur Sicherheitswache. Wiener Polizeiwachen und ihre Zeit. 2 Bände. Graz: Weishaupt 1992
  • Günther Bögl / Harald Seyrl: Die Wiener Polizei im Spiegel der Zeiten. Eine Chronik in Bildern 1547-1992. 1992
  • Grete Schrott: Der Wiederaufbau der Wiener Polizei. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 30 (1975), S. 255 ff., S. VIII
  • Polizeikommissariate in den Vororten seit 1849 und deren örtliche Aurgliederung. In: Unser Währing. Vierteljahresschrift des Museumsvereins Währing. Wien: Museumsverein 1965/66 - lfd. Sonderheft 1974
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 453 ff.
  • Zentralinspektorat der Wiener Bundessicherheitswache: Sechzig Jahre Wiener Sicherheitswache; mit Geleitwort von Polizeipräsident Johannes Schober; Selbstverlag der Bundespolizeidirektion Wien, Wien 1929
  • Bundespolizeidirektion Wien (Hrsg.): 80 Jahre Wiener Sicherheitswache; mit Vorwort von Polizeipräsident Josef Holaubek; Verlag für Jugend und Volk, Wien 1949
  • Bundespolizeidirektion Wien (Hrsg.): 100 Jahre Wiener Sicherheitswache 1869-1969; mit Nachwort von Polizeipräsident Josef Holaubek; Eigenverlag, Wien 1969