Oskar Kokoschka

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Oskar Kokoschka (1926)
Daten zur Person
Personenname Kokoschka, Oskar
Abweichende Namensform
Titel Prof.
Geschlecht männlich
PageID 13280
GND 118564722
Wikidata Q154260
Geburtsdatum 1. März 1886
Geburtsort Pöchlarn, Niederöstererich 4115820-9
Sterbedatum 22. Februar 1980
Sterbeort Villeneuve, Schweiz 4114631-1
Beruf Maler, Graphiker, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Zwischenkriegszeit, Karl Kraus (Portal), Adolf Loos (Portal), Wiener Werkstätte
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 24.04.2024 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum 27. Februar 1980
Friedhof Friedhof Clarens bei Montreux
Grabstelle
Bildname Oskarkokoschka.jpg
Bildunterschrift Oskar Kokoschka (1926)
  • 19., Hardtgasse 27 (Wohnadresse)
  • 16., Friedmanngasse 6 (Wohnadresse)
  • 8., Breitenfelder Gasse 18 (Wohnadresse)
  • 8., Hernalser Gürtel 20 (Wohnadresse)
  • 16., Liebhartstalstraße 29 (Wohnadresse)
  • 1., Stubenring 16 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Ehrenmitglied der Akademie der bildendene Künste (Verleihung: 1946)
  • Österreichischer Staatspreis für Kunst (Verleihung: 1956)
  • Ehrenplakette Land Niederösterreich (Verleihung: 1958)
  • Ehrenbürger der Stadt Wien (Verleihung: 10. Februar 1961)
  • Goldenes Ehrenzeichen Secession (Verleihung: 1966)
  • Ehrenring der Stadt Wien (Verleihung: 9. März 1951)
  • Erasmus-Preis (Verleihung: 1960)

Oskar Kokoschka, * 1. März 1886 Pöchlarn (Niederösterreich), † 22. Februar 1980 Villeneuve (Schweiz), Maler, Graphiker, Schriftsteller.

Biografie

Herkunft und Ausbildung

Oskar Kokoschka wurde als zweites von vier Kindern in einfache Verhältnisse hineingeboren. Seine Mutter Romana Kokoschka, geborene Loidl (1861-1934), war die Tochter eines Försters. Sein Vater Gustav Kokoschka (1840–1923), ein aus Prag stammender Goldschmied, arbeitete als Handelsreisender. Nach dem frühen Tod des erstgeborenen Sohns des Ehepaars nahm Oskar Kokoschka die Rolle des ältesten unter den Geschwistern ein: Schwester Berta kam 1889 zur Welt († 1960), Bruder Bohuslav folgte 1892 (–1976) – ihnen blieb er zeitlebens eng verbunden. Kokoschka wuchs in Wien auf und besuchte ab 1895 die Staatsrealschule in der Schopenhauerstraße 49. Nach der Matura 1904 studierte er bis 1909 an der Kunstgewerbeschule. Zu seinen Lehrern zählten Anton von Kenner, Carl Otto Czeschka und Bertold Löffler.

Bereits während des Studiums nahm Kokoschka an der Ausstellung des Kabaretts "Fledermaus" teil, dessen Programmheft für die Eröffnungsvorstellung er konzipierte und für das er das Lustspiel "Das getupfte Ei" schrieb [Uraufführung 28. Oktober 1907]. In den Jahren 1907 und 1908 schuf er 17 Postkartenentwürfe für die Wiener Werkstätte und er widmete 1908 Gustav Klimt – der Zeichnungen von ihm erwarb – die mit Farblithographien versehene Dichtung "Die träumenden Knaben". Ebenfalls 1908 stellte er Arbeiten auf der "Kunstschau" in Wien aus und lernte bei dieser Gelegenheit Adolf Loos kennen, der sein wichtigster Mentor werden sollte.

Im Umfeld von Adolf Loos, Karl Kraus und dem Ehepaar Schwarzwald

Unter Loos' Einfluss und auf Anraten Alfred Rollers verließ Kokoschka die Kunstgewerbeschule. Loos verschaffte ihm Porträtaufträge und machte ihn mit Karl Kraus und Peter Altenberg bekannt. Um 1908 wurde Kokoschka fixer Bestandteil der Kreise um Loos und Kraus. Mit seinen 22 Jahren zählte Kokoschka – mit Berthold Viertel – zu den jüngeren in diesem Umfeld und die Bekannt- und Freundschaften mit diesen (vorwiegend) Männern, die sich aufgrund von Herkunft und Lebenserfahrung ganz anderes in der Gesellschaft positionieren konnten, prägten den jungen Mann nachhaltig und beförderten sein berufliches Fortkommen enorm. In diesem für die Wiener Moderne zentralen Netzwerk und an seinen Rändern wurden Ideen um Sexualität und Geschlecht auf vielfältige Weise theoretisiert und fallweise auch erprobt. Vor diesem Hintergrund entstand etwa Kokoschkas expressionistisches Drama "Mörder, Hoffnung der Frauen", in dem er die Geschlechterverhältnisse verhandelte und dessen Uraufführung 1909 im Rahmen der Internationalen Kunstschau von Tumulten begleitet wurde.

1910 reiste Kokoschka mit Loos in die Schweiz, danach ging er für längere Zeit nach Berlin, um dort für die expressionistische Kunst- und Literaturzeitschrift Der Sturm, die von Herwarth Walden, einem engen Freund von Karl Kraus und Adolf Loos herausgegeben wurde, zu arbeiten. Er prägte das Erscheinungsbild der avantgardistischen Wochenzeitschrift nachhaltig. In Berlin wurde auch seine erste Einzelausstellung – von Adolf Loos zusammengestellt – in der Galerie Cassirer gezeigt.

1911 aus Berlin zurückgekehrt, lernte Kokoschka über Adolf Loos die Schulgründerin, Schriftstellerin und Salonnière Eugenie Schwarzwald und ihren Ehemann Hermann kennen. Von 1911 bis 1912 war er an der privaten Mädchenschule Schwarzwalds als Zeichenlehrer angestellt, ehe die Schulbehörde seine Entlassung erzwang. Über das Ehepaar Schwarzwald kam er wiederum mit Berg, Schönberg, Webern und anderen in Kontakt. Im Kabarett "Fledermaus" wurde ein Teil von Kokoschkas Dramen aufgeführt, seine expressionistischen Dramen von Max Reinhardt in Berlin.

Beziehung mit Alma Mahler und Ausbruch des Ersten Weltkriegs

Die Jahre 1912 bis ins Frühjahr 1915 waren von seiner Verbindung mit Alma Mahler-Werfel (deren Appartement sich 1, Elisabethstraße 22 befand) dominiert. Während dieser Zeit distanzierte sich Kokoschka zumindest zeitweise von seinen Freunden Kraus und Loos und die intensive Beziehung zu Alma Mahler fand auch in seinem künstlerischen Schaffen Niederschlag. Von 1913 bis 1916 arbeitete er in seinem Atelier (mit Wohnung, gestaltet von Adolf Loos) in der Hardtgasse 27, wo 1913/1914 eines seiner berühmtesten Gemälde, "Die Windsbraut", entstand. Oftmals war dort auch Georg Trakl zu Gast. Ebenfalls 1914 erschien Kraus' Essay "Die chinesische Mauer" mit Lithografien von Kokoschka in Buchform.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Oskar Kokoschka freiwillig zum Kriegsdienst. Als Mitglied im Dragonerregiment Nummer 15 war er ab Juni 1915 im Einsatz an der galizischen Ostfront. Nur wenige Wochen später, Ende August, erlitt er durch einen Nackenschuss und Lungenstich schwere Verletzungen. Nach seiner Genesung wurde er im Juli 1916 als Kriegsmaler an die Isonzofront entsandt, neuerlich verwundet und schließlich für "kriegsuntauglich" erklärt.

In den folgenden Jahren reiste er viel, hielt sich unter anderem in Berlin, Dresden und Stockholm auf – darunter waren auch Aufenthalte in Sanatorien, um seine angeschlagene physische und psychische Gesundheit zu verbessern. Im Wintersemester 1919/20 erhielt Kokoschka eine Professur für Malerei an der Dresdner Akademie für Bildende Künste. 1922 nahm er an der Biennale in Venedig teil. Ab 1923 ließ er sich von seiner Lehrtätigkeit freistellen und unternahm erneut ausgedehnte Reisen. Ermöglicht wurde dies durch einen Vertrag mit dem Berliner Galleristen Paul Cassirer, der ihm den Lebensunterhalt sicherte. Bereits 1920 hatte Kokoschka für sich und seine Familie ein Haus im Liebhartstal (16, Liebhartstalstraße 29) gekauft, hielt sich hier in den 1920er Jahren aufgrund seiner Verpflichtungen in Dresden und zahlreicher Reisen, die ihn quer durch Europa, aber auch nach Nordafrika und in den Nahen Osten führten, nur selten auf. Landschaftsdarstellungen dominierten seine Malerei, daneben fertigte er aber auch Porträts an. Im Februar 1925 schuf Kokoschka das bekannte Kraus-Porträt mit dem fliegenden Schmetterling. Kraus, der Kokoschka als bildenden Künstler und Freund schätzte, wurde von Kokoschka mehrmals gezeichnet und gemalt.

Im Exil

Kokoschka, der 1933/1934 mit seiner Mutter im Liebhartstal lebte, ging nach den Ereignissen im Februar 1934 und dem Tod der Mutter im Juli desselben Jahres nach Prag, wo seine Schwester Berta seit vielen Jahren lebte. In Prag entstand ein Porträt des Staatspräsidenten Thomas Mararyk, zahlreiche Ansichten Prags und Kokoschka lernte Oldriska "Olda" Palkovská (1915–2004) kennen. Die beiden sollten 1941 im britischen Exil heiraten. 1938 nahm er die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft an, doch noch im Oktober desselben Jahres musste er gemeinsam mit Olda nach London flüchten.

Werke von Kokoschka wurden 1937 in München in der NS-Propagandaschau "Entartete Kunst" gezeigt und mehr als 600 seiner Arbeiten wurden in Folge in Deutschland aus den Museen entfernt und beschlagnahmt. Nach der geglückten Flucht nach London engagierte sich Kokoschka im 1939 gegründeten "Freien Deutschen Kulturbund", der sich zu einem Zentrum emigrierter Künstlerinnen und Künstler entwickelte. 1947 nahm das Ehepaar Kokoschka die britische Staatsbürgerschaft an und lebte bis 1953 in England, anschließend in Villeneuve am Genfer See. 1947 besuchte Kokoschka – empfangen von Bürgermeister Theodor Körner und Stadtrat Viktor Matejka – erstmals nach dem Krieg wieder Wien, um sein enteignetes Haus im Liebhartstal zurückzuerlangen. Ihn zu einer dauerhaften Rückkehr nach Österreich zu bewegen, gelangt nicht, doch folgten regelmäßige Besuche und Aufträge.

Späte Jahre und Nachwirken

Ab 1947 wurden Kokoschkas Arbeiten im Rahmen von Ausstellungen in ganz Europa wieder gezeigt. 1958 fand eine Großausstellung seiner Werke im Künstlerhaus statt, in den Jahren 1960 bis 1962 malte er Bühnenbilder für Raimundstücke am Burgtheater und entwarf Opernkostüme, 1971 wurde eine Retrospektive in der Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere gezeigt. 1974 nahm er über Initiative Bruno Kreiskys zusätzlich wieder die österreichische Staatsbürgerschaft an. 1971 erschien seine Autobiografie "Mein Leben". Der Künstler verstarb am 22. Februar 1980 in einem Krankenhaus in Montreux.

Bereits zu Lebzeiten mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, wurde 1990 eine 500-Schilling-Münze mit seinem Konterfei herausgebracht. Nach seinem Tod stiftete die österreichische Bundesregierung den Oskar-Kokoschka-Preis für bildende Kunst, der 1981 erstmals vergeben wurde. 1996 wurde an der Universität für angewandte Kunst Wien ein Oskar-Kokoschka-Zentrum eingerichtet.


Quellen

Literatur

  • Bernadette Reinhold: Oskar Kokoschka und Österreich. Facetten einer politischen Biographie. Wien: Böhlau Verlag 2022
  • Régine Bonnefoit / Bernadette Reinhold: Oskar Kokoschka. Neue Einblicke und Perspektiven / Oskar Kokoschka. New insights and perspectives. Berlin /Boston: De Gryter 2021
  • Edward Timms: Karl Kraus. Die Krise der Nachkriegszeit und der Aufstieg des Hakenkreuzes. Wien: Bibliothek der Provinz 2016, S. 207 f.
  • Peter Rath: ... and no End to be forseen. Bookplates of Oskar kokoschka. In: Ex Libris Chronicle 3 (2003), Nr. 1, S. 6–14
  • Peter Rath: ... und kein Ende abzusehen. Exlibris von Oskar Kokoschka. In: Mitteilungen der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft, Neue Folge 57 (2002), Nr. 1, S. 7–9
  • Alice Strobl / Alfred Weidinger: Oskar Kokoschka. Das Frühwerk (1897/98–1917). Zeichnungen und Aquarelle. [Graphische Sammlung Albertina, Wien, 2. März bis 23. Mai 1994]. Wien: Graph. Sammlung Albertina 1994
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23)
  • Peter Ernst: Wiener Literaturgedenkstätten. Hg. von Felix Czeike. Wien: J & V-Edition Wien-Verlag 1990, S. 73 f.
  • Gabriele Koller / Oswald Oberhuber [Hgg.]: Oskar Kokoschka. Städteportaits. Katalog zur Ausstellung, Österr. Museum für Angewandte Kunst, Wien, 4. März – 6. April 1986. Hochschule für Angewandte Kunst in Wien in Zusammenarbeit mit der Oskar-Kokoschka-Dokumentation, Pöchlarn. Wien [u.a.]: Löcker 1986
  • Norbert Werner: Oskar Kokoschka. Leben und Werk in Daten und Bildern. Frankfurt am Main [u.a.]: Insel-Verl. 1986
  • Werner Hofmann: Der irrende Ritter. Ein Lebenswerk der Wanderbilder – der Direktor der Hamburger Kunsthalle über Oskar Kokoschka, der am 1. März vor 100 Jahren geboren wurde. In: Die Zeit 10 (1986), S. 20 ff.
  • Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 18.02.1986
  • Denkmal für Kokoschka. In: Wiener Zeitung, 02.03.1986, S. 4
  • Milan Dubrovic: Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literatencafés. Wien [u.a.]: Zsolnay 1985, Register
  • Oskar Kokoschka. 1886–1980. [exposition], 6 mai–1 september 1983, Galerie des Beaux-Arts, Bordeaux. [catalogue]. [commissaire: Gilbert Martin-Méry]. Bordeaux: Galerie des Beaux-Arts 1983
  • Friedrich Welz [Kataloggestaltung]: Oskar Kokoschka zum 85. Geburtstag. [Ausstellung veranstaltet vom Kulturamt der Stadt Wien ; Österreichische Galerie im Oberen Belvedere Wien, 27. April bis 16. Juni 1971]. Wien: Österr. Galerie im Oberen Belvedere 1971
  • 0skar Kokoschka: Mein Leben. München: Bruckmann 1971
  • Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. [Zusammenstellung der Ausstellung: Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Katalog: Gabriele Koller ... Für den Inhalt verantwortlich: Oswald Oberhuber]. Wien: Zentralsparkasse 1982, S. 141
  • Schöny, Heinz: Ergänzungen und Berichtigungen zur Ahnenliste Kokoschka. In: Genealogie 12 (1967), S. 996–998
  • Hans Maria Wingler: Oskar Kokoschka. Frankfurt am Main [u.a.]: Ullstein 1966
  • Bernhard Borchert: Kokoschka. Berlin: Safari-Verl. 1959
  • Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907–1950
  • Oskar Kokoschka Zentrum: Biografie [Stand: 23.04.2024]


Oskar Kokoschka im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks