Brauhaus im Unteren Werd

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Das Brauhaus in der Leopoldstadt (Gebäudeteil mit dem großen Dach) und Meierhof (unten anschließender U-förmiger Gebäudeteil) mit dem Obst- und Küchengarten (rechts) an der heutigen Oberen Augartenstraße. Ausschnitt aus dem Vogelschauplan von Joseph Daniel Huber, erschienen 1778
Daten zur Organisation
Art der Organisation Brauerei
Datum von 1676
Datum bis 1845
Benannt nach Unterer Werd (2, 20)
Prominente Personen Franz Anton Dreher, Alois Miesbach
PageID 5157
GND
WikidataID
Objektbezug Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert, Bier, Brauhäuser, Zweigbrauhäuser des Bürgerspitals
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 26.02.2024 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname Brauhaus Unterer Werd.jpg
Bildunterschrift Das Brauhaus in der Leopoldstadt (Gebäudeteil mit dem großen Dach) und Meierhof (unten anschließender U-förmiger Gebäudeteil) mit dem Obst- und Küchengarten (rechts) an der heutigen Oberen Augartenstraße. Ausschnitt aus dem Vogelschauplan von Joseph Daniel Huber, erschienen 1778
  • 2., Malzgasse 5
  • 2., Leopoldsgasse
  • 2., Miesbachgasse 6
  • 2., Schreygasse

Frühere Adressierung
  • Leopoldstädter Brauhaus
  • Armenfondsbräuhaus im Unteren Werd

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48° 13' 13.41" N, 16° 22' 32.29" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Brauhaus im Unteren Werd (2., Malzgasse, Adambergergasse, Miesbachgasse, Leopoldsgasse; Konskriptionsnummern: 53 [1770-1795], 69 [1795-1819], 83 [1819-1863]), auch Leopoldstädter Brauhaus.

Anfänge

Das Brauhaus im Unteren Werd beziehungsweise in der Leopoldstadt scheint 1676 vom Bürgerspital in Betrieb genommen worden zu sein. Die in der Literatur teilweise kolportierte Gründung bereits 1536 bzw. zwischen 1536 und 1547 dürfte nicht den Tatsachen entsprechen. Neben dem Meierhof des Spitals gelegen, nahm es mit seinen zahlreichen Wirtschaftsgebäuden einen großen Grundkomplex ein. Die Leitung von Seiten des Bürgerspitals hatte ein sogenannter Hauspfleger inne. Das Brauhaus befand sich auf einem langgestreckten, mit der Schmalseite zur Straße zeigenden Areal dem Haupteingang zum Augarten schräg gegenüber, an der anderen Seite der heutigen Oberen Augartenstraße, etwa dort, wo Miesbachgasse und Malzgasse von dieser abzweigen. Zum Meierhof gehörte ein ausgedehnter Küchengarten.

Wiederaufbau nach der Osmanischen Belagerung

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts hatte der Untere Werd eine Menge schwerer Prüfungen zu bestehen. Während der Pestepidemie 1679/80 und auch 1683 während der Zweiten Osmanischen Belagerung war der Bürgerspitalkeller gesperrt. Daraufhin suchte das Bürgerspital um "Remission des Bier Täz Bestandts Wenigst auf zwey Jahr" an und außerdem wurde auch noch "Weillen das Breuhauß in der Leopoldstadt durch den Erzfeindt völlig abgebrändt Worden, der völlige Steyrnachlass gesucht".[1] Nach der Osmanischen Belagerung von 1683 mussten beträchtliche finanzielle Mittel für den Wiederaufbau aufgewandt werden.[2]

In einem Vergleich trat das Bürgerspital 1688 seine Grundherrschaft über die Leopoldstadt an den Wiener Magistrat ab. Dafür verzichtete der Magistrat auf seine Forderungen und sicherte dem Bürgerspital die Befreiung von Taz- und Ungeld zu.[3] Dadurch konnte das Brauhaus wieder aufgebaut werden.

Blütezeit im 18. Jahrhundert

Ab 1733 war das Brauhaus wie die anderen Brauhäuser des Bürgerspitals (Brauhaus im Haupthaus, Brauhaus St. Marx) an minder erfolgreiche Leitgeben verpachtet, da der Eigenbetrieb nicht rentabel war.

Im Jahr 1754 wurden 13.000 Hektoliter Bier gebraut. Als Joseph II. 1775 den Prater für das Publikum öffnete, bekam das Brauhaus neue Klientel, zu der sicher auch die Soldaten aus der nahegelegenen Reiterkaserne zählten. Das Bürgerspital wollte an diesem Aufschwung mitverdienen und schrieb deshalb den Pächtern einen fixen Zins vor, so dass diese versuchten, möglichst viel zu produzieren, ohne die Einrichtungen instand zu halten. Damit ging es auch mit der Qualität des Bieres rapide bergab.

Eine letzte Blütezeit erlebte das Brauhaus unter Franz Anton Dreher, der es am 1. Oktober 1782 in Pacht nahm und damit nicht nur Geld, sondern auch Ansehen erwarb. Er wurde nicht nur Obervorsteher der Wiener Brauerzunft, sondern konnte aus dem Ertrag um 19.000 Gulden (umgerechnet rund 400.000 Euro) das damals eher unbedeutende Brauhaus Klein-Schwechat erwerben. Er blieb allerdings bis 1812 Pächter der Brauerei im Unteren Werd.

Niedergang im 19. Jahrhundert

Vermutlich wegen der wirtschaftlichen Probleme während der Franzosenkriege und des viel zu hohen Pachtzinses in der Höhe von 16.000 Gulden zog sich Anton Dreher dann aber doch nach Klein-Schwechat zurück und seine Nachfolger fielen durch Misswirtschaft und ihr ungenießbares Bier auf. Drehers Nachfolger, sein Adoptivsohn Dominik Hummel, legte 1817 die Pacht zurück, musste aber bis zum Ablauf seines Vertrages 1822 trotzdem die Differenz zwischen dem mit ihm vereinbarten Pachtzins und dem niedrigeren Zins seines Nachfolgers Carl Seiff bezahlen.

1833 war Seiffs Vertrag ausgelaufen, daraufhin nahm er die Brauerei Schellenhof in Bestand und die Verpachtung wurde neu ausgeschrieben. Die letzten Pächter, die Brüder Fischer, konnten nicht einmal mehr die Pacht von 6.416 Gulden verdienen. In den letzten Jahren bekam der Bürgerspitalfonds keine Pacht mehr.[4]

Am 25. September 1839 wurden Brauhausausstattung und andere Requisiten öffentlich versteigert und im Jahre 1844 hatte das Bürgerspital kein Interesse mehr an dem völlig unrentabel gewordenen Besitz und bot es am 18. November mit den umfangreichen Wirtschaftsgebäuden zum Verkauf an. Vorerst gab es jedoch keinen Interessenten.[5]

1845 wurden die letzte 2160 Eimer Bier gebraut. Nach dem Konkurs der damaligen Pächter Jacob und Mathias Fischer wurden am 1. April Betrieb und Liegenschaft an Alois Miesbach, dem Begründer des Wienerberger-Ziegelproduktionskonzerns, verkauft. Dieser ließ die Gebäude abreißen und das Areal parzellieren. Wo einst das „Armenfondsbräuhaus“ stand, stehen heute zwischen Miesbachgasse und Malzgasse (früher Bräuhausgasse) Wohnhäuser (die größtenteils aus der Gründerzeit stammen) sowie der 1956/57 von der Gemeinde Wien errichtete Theodor-Herzl-Hof.

Quellen

Literatur

  • Michael Altmann: Wiener Bürgerspital. Zur Erinnerung an die Eröffnung des neuen Bürger-Versorgungshauses in der Alservorstadt. Wien: Selbstverlage des Bürgerspitalamtes 1860, S. 44
  • Heinrich Berg / Karl Fischer: Vom Bürgerspital zum Stadtbräu. Zur Geschichte des Bieres in Wien. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 1992 (Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 3), S. 14
  • Joseph Holzinger: Hausgeschichte des Bürgerspitals zu Wien. Unveröffentlichtes Manuskript 1857–1860 [WStLA, Handschriften: A 240], Teil 2/1, Bogen 63ff.
  • Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020
  • Leopold Sailer: Das Bierbrau- und Schankmonopol des Wiener Bürgerspitals. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 6 (1926), S. 1–35 (zum Brauhaus im Unteren Werd S. 18)
  • Martin Scheutz / Alfred Stefan Weiß: Spital als Lebensform. Österreichische Spitalordnungen und Spitalsinstruktionen der Neuzeit. Band 2: Editionsteil. Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2015 (Quellenedition des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 15/2), S. 1015 ff. (Instruktion für den Hauspfleger 1709), 1022 ff. (Instruktion Braumeister 1710)
  • Christian M. Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte, Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2016, S. 36–40
  • Christian Springer: Historische Brauerei-Topographie Wien. Die Brauereien auf dem Gebiet des heutigen Stadtgebietes. Wien 2023

Referenzen

  1. Leopold Matthias Weschel: Die Leopoldstadt bey Wien. Wien: Anton Strauß (1824), S. 71.
  2. Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020, S. 219.
  3. Leopold Sailer: Das Bierbrau- und Schankmonopol des Wiener Bürgerspitals. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien Band VI (1926), S. 12. Das Ungeld war der Vorläufer der späteren Verzehr- und der heutigen Getränkesteuer.
  4. Leopold Sailer: Das Bierbrau- und Schankmonopol des Wiener Bürgerspitals. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien Band VI (1926), S. 23.
  5. Christian Springer: Historische Brauerei-Topographie Wien. Die Brauereien auf dem Gebiet des heutigen Stadtgebietes. Wien 2023, S. 13.