Mariahilf

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Bezirkswappen Mariahilf
Daten zum Objekt
Art des Objekts Bezirk
Datum von
Datum bis
Name seit 1850
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Mariahilf (Vorstadt)
Bezirk 6
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 25215
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 7.12.2018 durch DYN.ktv tkiebl
Bildname Wappen06.jpg
Bildunterschrift Bezirkswappen Mariahilf
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48° 11' 39.28" N, 16° 20' 51.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kartenausschnitt aus Wien Kulturgut

Mariahilf, (6. Bezirk), südwestlich vom Stadtkern auf dem Hang zwischen Wienfluss und Mariahilfer Straße gelegen.

Frühgeschichte, Römerzeit und Völkerwanderung

Ende des dritten Jahrtausends vor Christus wurde unter anderem das Wiental von den Indogermanen besiedelt. Im Bereich der heutigen U-Bahnstation Gumpendorfer Straße wurden jungsteinzeitliche Besiedlungsreste festgestellt. Bei Grabungsarbeiten in den 1920er-Jahren wurden im Bereich der Stationsgebäude Steinwerkzeuge geborgen, die nicht nur Merkmale der donauländischen Kultur, sondern auch der indogermanischen aufweisen. Weitere Fundstücke aus dieser neolithischen Siedlung waren Werkzeuge, Knochen und tierische Relikte.

Für die Römerzeit belegen römische Funde (wie bei der Gumpendorfer Kirche) und zahlreiche Münzfunde an verschiedenen Stellen des Bezirks eine Siedlungstätigkeit in dieser Zeit. Eine römische Ausfallstraße verlief teilweise an der Stelle der heutigen Gumpendorfer Straße. Im Jahr 1886 grub man in der Gumpendorfer Straße 39 einen nicht mehr vollständig erhaltenen römischen Meilenstein aus, dessen Inschrift auf das Jahr 242 nach Christus sowie auf eine mögliche Instandsetzung der Straße in dieser Zeit schließen lässt. Ein weiterer Anhaltspunkt für den Verlauf dieser Straße ist ein bis 1765 bei der alten Gumpendorfer Kirche bestehender – wahrscheinlich römischer – Wachtturm. Beim Bau des Wohnhauses Grabnergasse 6 wurden Skelette gefunden, römische Münzen fand man in der Höhe Gumpendorfer Straße 108 und Mollardgasse 87. Dies lässt auf eine römische Siedlung in diesem Bereich schließen.

Auch auf die Völkerwanderungszeit gibt es einige archäologische Hinweise. Im Bereich der Kurz- und Mittelgasse wurden 1897 rund 20 Skelettgräber entdeckt, bei denen, wie bei fast allen Langobardengräbern im Wiener Raum, Keramikbeigaben fehlten; ein Indiz für das Zusammenleben von Langobarden und romanischer Restbevölkerung. Dieses Indiz wird zudem durch ein awarisches Gräberfeld in Gumpendorf gestützt, das auf das siebente und achte Jahrhundert datiert wird. Zudem lassen Beigaben, die in der Stumpergasse 7 gefunden wurden, mit großer Wahrscheinlichkeit auf awarisches Kulturgut schließen.

Von den Vorstädten zum Bezirk

Als 1850 die Vorstädte Gumpendorf, Magdalenagrund und Windmühle zur Gänze beziehungsweise Laimgrube und Mariahilf mit ihren südlichen Teilen zu einem Bezirk zusammengeschlossen wurden, erhielt dieser die Ordnungsnummer 5; erst nach der Abtrennung Margaretens von der Wieden verschob sich 1861 die Nummerierung. Die alten Vorstädte hatten damals durch ihr immer stärkeres Zusammenwachsen bereits ihren ländlichen Charakter verloren. Aus mehreren voneinander getrennten Dörfern war ein geschlossenes städtisches Viertel entstanden. Die nördlich der Mariahilfer Straße gelegenen Teile der Vorstädte Laimgrube und Mariahilf kamen schon 1850 zum ab 1861 7. Bezirk (Neubau), da die Mariahilfer Straße zur Bezirksgrenze erklärt worden war.

Zu dieser Zeit entwickelte sich Mariahilf zum wichtigsten Gewerbe- und Fabriksbezirk Wiens. Fast 30 Prozent aller Wiener Maschinenfabriken und Werkzeugmacher befanden sich damals im 6. und 7. Bezirk. Die soziale Kluft vergrößerte sich durch die industrielle Entwicklung sprunghaft. Während Fabriksherren immer reicher wurden und sich prachtvolle Häuser erbauen ließen, verfügte nicht einmal die Hälfte der unselbstständigen Arbeiterinnen und Arbeiter über eine eigene Wohnung. Die weniger Glücklichen fristeten ihr ärmliches Dasein als Untermieterinnen oder Untermieter oder gar als Bettgeherin oder Bettgeher, die ihr Lager schichtweise mit anderen Arbeiterinnen und Arbeitern teilten. Es wundert also nicht, dass gerade in jenem Bezirk, in dem die Metall- und Textilindustrie am stärksten vertreten war, auch die Arbeiterbewegung ihren Ausgang nahm.

Nicht nur bei Gewerbe, Industrie und Arbeiterbewegung spielte Mariahilf eine führende Rolle: Ende des 19. Jahrhunderts war es auch der wichtigste Geschäftsbezirk und die Mariahilfer Straße die bedeutendste Geschäftsstraße Wiens, an der sich die größten Konfektions- und Warenhäuser etablierten, allerdings auf der Seite des 7. Bezirkes. Für Mariahilf waren und sind hingegen Klein- und Mittelbetriebe typisch. Die meisten der Betriebe beschäftigen nicht mehr als vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind in den Seitengassen und Hinterhöfen angesiedelt. Außerdem war in Mariahilf sogar eine kleine Automobilfirma beheimatet.

Gegenwart

Mariahilf hat ein dichtbesiedeltes Gewerbe- und Kleinindustrieviertel, besitzt drei Gymnasien, das Institut für Höhere Studien (Ford-Institut, 6, Stumpergasse 56), die erste Zentralberufsschule (Mollardschule) und mehrere Institute der Technischen Universität. Die bedeutendsten Kirchen sind die (katholische) Mariahilfer Kirche und die (evangelische) Gustav-Adolf-Kirche; hervorzuheben sind weiters das Theater an der Wien, das Raimundtheater und das Apollo-Kino, das Haydnhaus und das Raimund-Geburtshaus, das Bezirksmuseum Mariahilf, das im Flakturm Esterházypark untergebrachte „Haus des Meeres" und Otto-Wagner-Häuser.

Häuser (Vorstädte [auf Bezirksboden] beziehungsweise Bezirk)

  • 1857: 899
  • 1864: 1.016
  • 1869: 1.073
  • 1880: 1.109
  • 1890: 1.142
  • 1900: 1.143
  • 1910: 1.166
  • 1923: 1.185
  • 1934: 1.178
  • 1951: 975
  • 1961: 1.111
  • 1971: 1.256
  • 1981: 1.420
  • 1991: 1.504
  • 2001: 1.582


+ Bis 1864 Summe Gumpendorf, Magdalenengrund, Windmühle, Laimgrube (soweit bereits existierend).

Einwohner (heutiges Gebiet)

  • 1777: 15.450
  • 1783: 16.197
  • 1796: 18.719
  • 1830: 29.959
  • 1840: 34.690
  • 1851: 44.913
  • 1857: 51.654
  • 1869 alt: 66.391
  • 1869: 67.642
  • 1880: 64.535
  • 1890: 64.323
  • 1900: 62.212
  • 1910: 64.670
  • 1923: 54.540
  • 1934: 49.785
  • 1939: 44.866
  • 1951: 46.372
  • 1961: 41.216
  • 1971: 33.633
  • 1981: 28.771
  • 1991: 30.298
  • 2001: 27.873
  • 2011: 29.375

+ Bis 1864 Summe Gumpendorf, Magdalenengrund, Windmühle, Mariahilf (Teile), Laimgrube (Teile) (soweit bereits existierend).

Häuserschematismen

Verlinkungen zu Häuserschematismen sind in den jeweiligen Artikeln zu den Vorstädten beziehungsweise Vororten zu finden.

Ortsrichter

  • Heinrich Mazzini (1807-1834)
  • Johann Fritz (1842)
  • Andreas Metz (1844-1851)

Bezirksvorsteher

  • Christian Wackenroder (1862-1871)
  • Adam Köstler (1871-1886)
  • Ferdinand Loquai (1886-1891; Loquaiplatz)
  • Johann Nepomuk Grabner, Oberlehrer (1891-1893; * 1825, † 1893; Grabnergasse)
  • Adalbert Bukl (1894-1897)
  • Franz Josef Schadek, Kaufmann (Christlichsoziale; 1897-1913; Schadekgasse)
  • Wolfgang Dirnbacher (Christlichsoziale; 1913-1919)
  • Alexander Langer (Sozialdemokraten; 1919-1922)
  • Franz Schwarz (1922-1931)
  • Karl Bittner (Christlichsoziale; 1931-1932)
  • Alexander Langer (Sozialdemokraten; 1932-1934)
  • Karl Bittner (1934-1938)
  • Dr. Franz Löwner (SPÖ; April 1945-16. April 1946; *5. August 1882, † 30. Oktober 1965)
  • Karl Bittner (ÖVP; 16. April 1946-1918. Dezember 1954; * 7. Februar 1886, † 9. Oktober 1962)
  • Rudolf Krammer (ÖVP; 18. Dezember 1954-23. Mai 1969; * 6. Februar 1909, † 30. März 1976)
  • Hubert Feilnreiter (SPÖ; 23. Mai 1969-10. Mai 1977; * 26. Oktober 1911)
  • Werner Jank (SPÖ; 10. Mai 1977-6. Dezember 1978; * 25. August 1944)
  • Franz Blauensteiner (ÖVP; 6. Dezember 1978-6. Dezember 1984; * 25. November 1927)
  • Mag. Kurt Pint (ÖVP; 6. Dezember 1984 bis 29. Juli 1997; * 11. Juni 1942, † 29. Juli 1977)
  • Erich Achleitner (ÖVP; 26.08.1997 bis 2.05.2001)
  • Renate Kaufmann (SPÖ; 2.05.2001 bis 30.04.2014)
  • Markus Rumelhart (SPÖ; seit 30.04.2014)

Bezirkswappen

Heiliger Theobald (Laimgrube und Windmühle), segelndes Schiff mit einem Gewappneten (Mariahilf), heilige Magdalena zu Füßen des Gekreuzigten (Magdalenagrund), drei Lilien (Gumpendorf).

Siehe auch

Literatur

  • Ernest Blaschek [Hg.]: Mariahilf einst und jetzt. Wien [u.a.]: Gerlach & Wiedling 1926 (Wiener Heimatbücher)
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963
  • Helmut Kretscher: Mariahilf. Geschichte des 6. Wiener Gemeindebezirks und seiner alten Orte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1992 (Wiener Heimatkunde, 6)
  • Felix Czeike: VI. Mariahilf. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 6)
  • Robert Messner: Mariahilf im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der westlichen Vorstädte Wiens (südliche Hälfte) auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1982 (Topographie von Alt-Wien, 6)
  • Hans Rotter: Aus der Geschichte des Bezirks Mariahilf. In: Mariahilfer Gewerbe-Zeitung 1927
  • Mariahilfer Museumsblätter. Hg. v. Verein zur Erhaltung und Förderung des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Selbstverl. 1966-1970
  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 66 ff.
  • Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 132ff.
  • Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 91 f.
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 124 ff.
  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 236 ff.
  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, Reg.; Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 140 ff.
  • Gustav Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 1: Wien. Wien: Hollinek 1955, S. 63 ff.
  • Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 198 ff.
  • Hans Hautmann / Rudolf Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934. Wien: Schönbrunn-Verlag 1980
  • Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934. Wien: Promedia 1985
  • Andreas Lehne: Jugendstil in Wien. Architekturführer. Wien: J & V Ed. ²1990, S. 69
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 170 ff.
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 109 ff.
  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1. - 12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 183 ff.
  • Leopold Hochberger / Joseph Noggler: Geschichte der Wiener Apotheken. Wien: Verlag des Wiener Apotheker-Hauptgremiums 1917-1919, S. 128 ff.
  • Friedrich Albert Bacciocco: Maria Theresia in Mariahilf. [I.]. In: Alt-Wien. Monatsschrift für Wiener Art und Sprache 5 (1893), S. 73-74
  • Friedrich Albert Bacciocco: Maria Theresia in Mariahilf. II. In: Alt-Wien. Monatsschrift für Wiener Art und Sprache 6 (1893), S. 94-96
  • Mariahilfer Bezirksbote. Organ zur Vertretung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen des Bezirkes 1912-1921
  • Hubert Kaut: Die Mariahilfer Straße. Geschichte einer Straße. Führer durch die Sonderausstellung des Mariahilfer Heimatmuseums. Hg. v. d. A. Gerngroß Kaufhaus-Gesellschaft in Zsarb. mit dem Mariahilfer Heimatmuseum. Wien 1966
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 147 ff.


Bevölkerungsgeschichte

  • Historisches Ortslexikon. Statistische Dokumentation zur Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte. Wien: http://www.oeaw.ac.at/fileadmin/subsites/Institute/VID/PDF/Publications/diverse_Publications/Historisches_Ortslexikon/Ortslexikon_Wien.pdf
  • Andreas Weigl: Eine Neuberechnung der Bevölkerungsentwicklung Wiens nach Bezirken 1777-1869. In: Wiener Geschichtsblätter 50 (1995), S. 219-238.
  • Statistik Austria, Volkszählung 2001. Wohnbevölkerung nach Gemeinden (mit der Bevölkerungsentwicklung seit 1869). Wien 2002, S. 98 f.
  • Statstik Austria: Census 2011 Wien. Ergebnisse zur Bevölkerung aus der Registerzählung. Wien 2013, S. 32.
  • Statstik Austria: Census 2011 Gebäude- und Wohnungszählung. Ergebnisse zu Gebäuden und Wohnungen aus der Registerzählung. Wien 2013, S. 152.
  • Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 2004. Wien 2004, S. 178.


Siehe auch: Bezirksvorstehung Mariahilf