Karner: Unterschied zwischen den Versionen

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Karner ([[latein]]isch carnarius). Im [[Mittelalter]] war der Karner ein auf [[Friedhöfe]]n errichtetes Gebäude, in welchem exhumierte Gebeine aus Gräbern, die man für neue Bestattungen benötigte, verwahrt wurden. Meist wurde über diesem Beinhaus eine Kapelle errichtet. In der Regel standen die Karner südöstlich der vom Friedhof umgebenen [[Pfarre|Pfarrkirche]].
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Karner ([[latein]]isch carnarius). Im [[Mittelalter]] war der Karner ein auf [[Friedhöfe]]n errichtetes Gebäude, in welchem exhumierte Gebeine aus Gräbern, die man für neue Bestattungen benötigte, verwahrt wurden. Meist wurde über diesem Beinhaus eine [[Kapelle]] errichtet. In der Regel standen die Karner südöstlich der vom Friedhof umgebenen [[Pfarre|Pfarrkirche]].
  
 
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#St. Stephan: Der bereits 1227 erwähnte Karner von St. Stephan, der dem Chorbau (1304-1340) hatte weichen müssen, wurde um 1304/1307 durch ein südwestlich der Kirche errichtetes dreigeschoßiges Gebäude ersetzt, dessen tiefes Untergeschoß von Wernhard Chrannest (erwähnt 1295-1313) als Kapelle der Heiligen Virgilius, Erasmus und Helena ausgestaltet wurde und als Gruft (Begräbnisstätte) diente; das ebenerdige Geschoß diente als Karner, das Obergeschoß bildete die [[Maria-Magdalena-Kapelle]]. Nach einem Brand 1781 wurde das Gebäude abgetragen und das Untergeschoß zugeschüttet (Freilegung im Zuge des U-Bahn-Baus 1972/1973; [[Virgilkapelle]]).</br>
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#[[Stephansdom|St. Stephan]]: Der bereits 1227 erwähnte Karner von St. Stephan, der dem [[Albertinischer Chor (St. Stephan)|Chorbau]] (1304-1340) hatte weichen müssen, wurde um 1304/1307 durch ein südwestlich der Kirche errichtetes dreigeschossiges Gebäude ersetzt, dessen tiefes Untergeschoss von Wernhard Chrannest (erwähnt 1295-1313) als Kapelle der [[Heilige]]n Virgilius, Erasmus und Helena ausgestaltet wurde und als Gruft (Begräbnisstätte) diente; das ebenerdige Geschoss diente als Karner, das Obergeschoss bildete die [[Maria-Magdalena-Kapelle]]. Nach einem [[Brand]] 1781 wurde das Gebäude abgetragen und das Untergeschoss zugeschüttet (Freilegung im Zuge des [[U-Bahn]]-Baus 1972/1973; [[Virgilkapelle]]). Siehe auch: [[Stephansfreithof]]</br>
#St. Michael: Ein Karner (ohne Kapelle) wird erst 1428 erwähnt, bestand aber sicherlich wesentlich früher; Neubauten sind für 1473 und 1511 überliefert. Nach der Auflassung des Friedhofs (1530) ist nur mehr von einer „Totenkammer" die Rede.</br>
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#[[Michaelerkirche|St. Michael]]: Ein Karner (ohne Kapelle) wird erst 1428 erwähnt, bestand aber sicherlich wesentlich früher; Neubauten sind für 1473 und 1511 überliefert. Nach der Auflassung des [[Michaelerfreithof|Friedhofs]] (1530) ist nur mehr von einer „Totenkammer" die Rede.</br>
#Schotten: Auf dem Friedhof bei der Schottenkirche (Freyung) gab es einen Karner mit einer den Heiligen Philipp und Jakob geweihten Kapelle, die nach 1529 entweiht und bis zu ihrem Abbruch (1648) als Pulvermagazin verwendet wurde.</br>
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#Schotten: Auf dem [[Schottenfreithof|Friedhof]] bei der [[Schottenkirche]] ([[Freyung]]) gab es einen Karner mit einer den Heiligen Philipp und Jakob geweihten [[Philipp- und Jakob-Kapelle (1, Freyung)|Kapelle]], die nach 1529 entweiht und bis zu ihrem Abbruch (1648) als [[Pulvermagazin#Vorgänger|Pulvermagazin]] verwendet wurde.</br>
# Heiligenstadt: Von den auf Dorffriedhöfen der Umgebung Wiens gestandenen Karnern hat sich als einziger jener in Heiligenstadt erhalten. Er steht am Rand des einstigen Heiligenstädter Friedhofs neben der Michaelskirche in der Grinzinger Straße. Da zur Pfarre Heiligenstadt auch Sievering, Grinzing und Nußdorf gehörten, war der kleine Friedhof der Zahl der Beerdigungen nicht gewachsen, weshalb laufend Exhumierungen vorgenommen werden mussten. Im 18. und 19. Jahrhundert fanden am Allerseelentag von Nachbargemeinden Prozessionen zum Karner statt.</br>
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# [[Heiligenstadt (Vorort)|Heiligenstadt]]: Von den auf Dorffriedhöfen der Umgebung Wiens gestandenen Karnern hat sich als einziger jener in Heiligenstadt erhalten. Er steht am Rand des einstigen [[Heiligenstädter Friedhof]]s neben der [[Michaelskirche (19)|Michaelskirche]] in der [[Grinzinger Straße]]. Da zur [[Pfarre Heiligenstadt]] auch [[Sievering (Vorort)|Sievering]], [[Grinzing (Vorort)|Grinzing]] und [[Nußdorf (Vorort)|Nußdorf]] gehörten, war der kleine Friedhof der Zahl der Beerdigungen nicht gewachsen, weshalb laufend Exhumierungen vorgenommen werden mussten. Im 18. und [[Langes 19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] fanden am [[Allerseelen]]tag von Nachbargemeinden Prozessionen zum Karner statt.</br>
#Berühmte Karner im Süden Wiens (1938-1946/1954 eingemeindet) haben sich in Perchtoldsdorf und Mödling erhalten.
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#Berühmte Karner im Süden Wiens (1938-1946/1954 [[Eingemeindung|eingemeindet]]) haben sich in [[Perchtoldsdorf]] und [[Mödling]] erhalten.
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==

Version vom 23. Juni 2023, 09:48 Uhr

Daten zum Begriff
Art des Begriffs Begriffsklärung
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von 1227
Nachweisbar bis
Objektbezug Mittelalter, Friedhof, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 23.06.2023 durch WIEN1.lanm08uns


Karner (lateinisch carnarius). Im Mittelalter war der Karner ein auf Friedhöfen errichtetes Gebäude, in welchem exhumierte Gebeine aus Gräbern, die man für neue Bestattungen benötigte, verwahrt wurden. Meist wurde über diesem Beinhaus eine Kapelle errichtet. In der Regel standen die Karner südöstlich der vom Friedhof umgebenen Pfarrkirche.

Siehe:

  1. St. Stephan: Der bereits 1227 erwähnte Karner von St. Stephan, der dem Chorbau (1304-1340) hatte weichen müssen, wurde um 1304/1307 durch ein südwestlich der Kirche errichtetes dreigeschossiges Gebäude ersetzt, dessen tiefes Untergeschoss von Wernhard Chrannest (erwähnt 1295-1313) als Kapelle der Heiligen Virgilius, Erasmus und Helena ausgestaltet wurde und als Gruft (Begräbnisstätte) diente; das ebenerdige Geschoss diente als Karner, das Obergeschoss bildete die Maria-Magdalena-Kapelle. Nach einem Brand 1781 wurde das Gebäude abgetragen und das Untergeschoss zugeschüttet (Freilegung im Zuge des U-Bahn-Baus 1972/1973; Virgilkapelle). Siehe auch: Stephansfreithof
  2. St. Michael: Ein Karner (ohne Kapelle) wird erst 1428 erwähnt, bestand aber sicherlich wesentlich früher; Neubauten sind für 1473 und 1511 überliefert. Nach der Auflassung des Friedhofs (1530) ist nur mehr von einer „Totenkammer" die Rede.
  3. Schotten: Auf dem Friedhof bei der Schottenkirche (Freyung) gab es einen Karner mit einer den Heiligen Philipp und Jakob geweihten Kapelle, die nach 1529 entweiht und bis zu ihrem Abbruch (1648) als Pulvermagazin verwendet wurde.
  4. Heiligenstadt: Von den auf Dorffriedhöfen der Umgebung Wiens gestandenen Karnern hat sich als einziger jener in Heiligenstadt erhalten. Er steht am Rand des einstigen Heiligenstädter Friedhofs neben der Michaelskirche in der Grinzinger Straße. Da zur Pfarre Heiligenstadt auch Sievering, Grinzing und Nußdorf gehörten, war der kleine Friedhof der Zahl der Beerdigungen nicht gewachsen, weshalb laufend Exhumierungen vorgenommen werden mussten. Im 18. und 19. Jahrhundert fanden am Allerseelentag von Nachbargemeinden Prozessionen zum Karner statt.
  5. Berühmte Karner im Süden Wiens (1938-1946/1954 eingemeindet) haben sich in Perchtoldsdorf und Mödling erhalten.

Literatur

  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20, S. 69 ff., S. 85, S. 121
  • R. Perger: Zur Geschichte des neuen Karners und der Kapellen St. Virgilius und St. Maria Magdalena auf dem Wiener Stephansfreithof. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 27 (1973), S. 153 ff.
  • Karl Albrecht-Weinberger [Hg.]: St. Michael. Stadtpfarrkirche und Künstlerpfarre von Wien, 1288 - 1988. Historisches Museum der Stadt Wien, 26. Mai - 2. Oktober 1988. Wien: Eigenverl. d. Museen d. Stadt Wien (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 113), S. 94 f.
  • Kurt J. Apfel: Wiens einziger Karner steht in Heiligenstadt. In: Döblinger Heimatmuseum 11 (1967), S. 7 f.