Freyung

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Die Freyung im Jahr 1720.
Daten zum Objekt
Art des Objekts Verkehrsfläche
Datum von
Datum bis
Name seit 1710
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Schottenplatz
Benannt nach Befreiung von der städtischen Gerichtsbarkeit
Bezirk 1
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 26700
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 8.04.2022 durch WIEN1.lanm09mur
Bildname Freyung 1720.jpg
Bildunterschrift Die Freyung im Jahr 1720.
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48° 12' 41.70" N, 16° 21' 53.27" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Freyung auf Höhe des Palais Kinsky (rechts), um 1905. In der linken Bildhälfte ist das zum Palais Harrach gehörige das Gartenpalais zu sehen, das 1944 zerbombt wurde.

Der Platz vor der Schottenkirche (im 12. Jahrhundert noch außerhalb der Stadtmauer, die dem Verlauf der römischen Lagermauer entsprach) gehört zu jenen Grundstücken, die Heinrich II. Jasomirgott 1155 dem von ihm (im Zuge der Residenzverlegung von Regensburg nach Wien) begründeten Schottenkloster geschenkt hatte.

Ansicht der Schottenkirche aus dem 17. Jahrhundert.
1., Freyung: Schottenkirche, um 1940.

Der Name erklärt sich aus der 1181 verfügten Befreiung des Klosterbezirks von der städtischen Gerichtsbarkeit. Auf dem heutigen Platz erstreckte sich der bereits 1209 erwähnte Klosterfriedhof mit der 1304 erbauten Friedhofskapelle St. Philipp und Jakob (Karner, vor der linken Seitenfassade der Kirche gelegen; 1648 abgebrochen); 1209 wird ein Brunnen erwähnt, außerdem ein Haus "in area Scotorum". Ende 12. Jahrhundert wurde das Gebiet im Zuge der babenbergerischen Stadterweiterung in die Stadt einbezogen (Bau der babenbergerischen Ringmauer). Um 1300/1326 sind Häuser "ante Scotos" und "apud Scotos" nachzuweisen. 1276 zerstörte eine Feuersbrunst, die außerhalb des Schottentors ihren Ausgang genommen hatte, auch diesen Teil der Stadt. Ebenso litt das Gebiet während des Stadtbrands von 1327.

Bezeichnungen verschiedener Teile der Freyung

Teile der Freyung hatten eigene Bezeichnungen. Die Gegend der Philipp- und Jakob-Kapelle hieß nach deren Abbruch "Bergl"; der Teil gegen die Strauchgasse zu (vor den Häuserfronten Nummer 1-3) trug im 15./16. Jahrhundert die Bezeichnung "Auf dem Mist (gegenüber beziehungsweise bei den Schotten)" und gegen die Renngasse zu "Aufm Bühel"; Nummer 4-5 wurden anfangs zur Hochstraße (Herrengasse) gerechnet.

1488 ergriff ein von experimentierenden italienischen Alchimisten ausgelöster Brand auch die Schottenkirche. Bis 1547 (noch auf dem Wolmuet-Plan) ist die Benennung "Aufm Steinfeld" belegt (entweder als unwirtliche Stelle oder als Fundort römischer Altertümer zu deuten).

Der Name "Freyung", der sich im Mittelalter noch nicht nachweisen läßt, dürfte mit der 1181 dem Schottenstift verliehenen Immunität (das heißt der Befreiung von der landesfürstlichen Gerichtsbarkeit) zusammenhängen (das Asylrecht wurde von Maria Theresia aufgehoben). 1547 (und noch 1701) hieß die Freyung Schottenplatz, obwohl Wolfgang Laz 1564 "vriunge" erwähnt. Die Bevölkerung verwendete am Anfang des 18. Jahrhunderts den Namen "Bei den Schotten am Stein".

Lange Zeit war sie der Tummelplatz von Gauklern und Marktschreiern, allerdings stand hier einst auch ein Pranger. Durch das Erdbeben von 1590 erlitt auch die Freyung (Schottenkirche) beträchtliche Schäden. 1683 wurde auf diesem Platz der Unrat in einer großen Grube gesammelt. Am 14. Juli 1683 (dem Beginn der Türkenbelagerung) wurde die Freyung von einer schrecklichen Feuersbrunst heimgesucht, am 16. Juli hier der Galgen für die durch ein Schnellgericht verurteilten Verräter und Unzuverlässigen aufgerichtet.

Marktleben auf der Freyung

Im Spätmittelalter wurde auf der Freyung in der Nähe des Schottenklosters einmal wöchentlich ein Pferdemarkt abgehalten. Erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts entstand hier ein Viktualienmarkt für Obst, Gemüse und Kräuter.

Seit 1710 gilt der Name Freyung für den gesamten heutigen Platz. 1721 schlug inmitten des Jahrmarkts Josef Stranitzky, der "Wiener Hanswurst", erstmals seine Bude auf. Im selben Jahr nahm die Revolte der unterdrückten Schuhknechte von der Freyung ihren Ausgang. Das Ölbild von Canaletto (1759?) zeigt auf der Freyung reges Marktleben. 1772-1841 wurde auch der Christkindlmarkt auf der Freyung abgehalten. 1846 wurde der Austriabrunnen errichtet.

Bis Ende 18. Jahrhundert hatten hier die "Küchelbäcker" ihre Verkaufsbuden aufgestellt.

Die Benediktiner des Schottenstiftes empfanden das schrille Markttreiben vor ihrem Haus als störend und setzten sich für ein Entfernen der Marktstände ein. Um 1780 wurden schließlich die Obst- und Gemüseverkäuferinnen und -verkäufer auf den Platz beim Freihaus auf der Wieden (heutiger Bereich Wiedner Hauptstraße - Resselgasse - Operngasse) übersiedelt. Dort begann sich der Vorläufer des Naschmarktes zu etablieren. Eine Renovierung der Fassade der Schottenkirche im Jahr 1822 wurde zum Anlass genommen, die verbliebenen Stände der "Dürrkräutlerinnen" sowie der Korbflechterinnen und Korbflechter von der Freyung abzusiedeln.

1848 hieß der Platz vorübergehend Einheitsplatz 1856 wurden die Häuser, die zwischen der Freyung und dem Platz Am Hof nur eine schmale Gasse freiließen, demoliert (Heidenschuß).

Später etablierte sich hier ein Markt für hochwertige Grünprodukte. In einem Bericht aus dem Jahr 1871 finden dutzende Verkäuferinnen und Verkäufer Erwähnung, die köstliche Gemüsesorten, Spargel, schöne Trauben, schmackhafte Pfirsiche und anderes Obst um teures Geld anboten.

Bis circa 1900 brachten ungarische, slowakische, böhmische, mährische und deutsche Bauern die Produkte ihres Gartens und der Landwirtschaft nach Mitternacht zur Freyung, damit der Markt um sieben Uhr aufgehoben werden konnte. Nach der Reinigung des Platzes wurde die Freyung untertags als Verkehrsweg verwendet.

In den letzten Friedensjahren der Monarchie wurde ein täglicher Viktualienmarkt im Bereich zwischen Tiefer Graben und Renngasse sowie um den Austriabrunnen abgehalten. In der Ersten Republik wurde der Markt an die andere Platzseite vor das ehemalige Gebäude der Ungarischen Nationalbank (Palais Ferstel) und das Palais Harrach verlegt. Im Sinne einer Stadtbildverschönerung wurde er 1925 mit neuen einheitlichen Marktständen ausgestattet.

Bis 1989 wurde die Freyung (im Zuge des Baus einer Tiefgarage unter dem Platz, deren Einfahrt sich vor dem Kinskypalais befindet) zu einer verkehrsberuhigten Zone umgestaltet und ist seither weitgehend dem Fußgeher und kulturellen Aktivitäten vorbehalten. Seit 1989 wird vor Weihnachten ein "Alt-Wiener Weihnachtsmarkt" abgehalten (zuvor ab 1987 auf dem Michaelerplatz), seit dem Jahr 1990 dient die Freyung wieder mehrmals wöchentlich als Marktplatz für Lebensmittel. Seit 1991 werden vor den Gebäuden Nummer 2 und 3 in Wechselausstellungen moderne Kunstwerke präsentiert (Kunstforum der Bank Austria).

Archäologie

Ausgrabungen vor dem Bau der Tiefgarage erbrachten den Nachweis einer dichten Verbauung mit römischen Objekten (Gruben einer Walkersiedlung?), deren Grundrisse nicht mehr zu erkennen sind, weil der Platz in nachantiker Zeit planiert worden ist. Parallel zur Herrengasse verlief, vom Michaelerplatz kommend, eine geschotterte römische Straße mit Seitengräben, von der unter dem Harrachpalais eine Stichstraße nach Norden abzweigte. Bei Ausgrabungen unter dem Palais wurden die ältesten römischen Bauten der Innenstadt gefunden (wahrscheinlich Kasernen aus Holz aus der Mitte des ersten Jahrhunderts nach Christus). Diese Bauten und eine auffallende Konzentration von Funden dieser Epoche lassen vermuten, dass sich hier vor der Errichtung des Legionslagers ein militärischer Stützpunkt befunden hat, dessen Achse die bereits erwähnte, parallel zur Herrengasse verlaufende Römerstraße gewesen sein dürfte. Nach dem gegenwärtigen Ausgrabungsbefund scheint diese die Altstraße gewesen zu sein, die vor der Entstehung des Limes am Südufer der Donau verlief. Mit dem Ausbau des Limes und der Errichtung des Legionslagers Vindobona wäre im lagernahen Bereich das Straßensystem insoferne neu geordnet worden, als diese "Altstraße" als Umgehungsstraße verwendet wurde, wogegen die neu angelegte Limesstraße auf das linke Lagertor an der Hohen Brücke zuführte und die Achse des Legionslagers bildete. Von der zum ehemaligen Friedhof des Schottenklosters gehörenden Philipp- und Jakob-Kapelle wurde das Untergeschoß gefunden. Wegen der noch vorhanden gewesenen Ansätze von Gewölberippen dürfte es als Karner verwendet worden sein. Die mächtigen und gut erhaltenen Steinmauern des Kapellenuntergeschosses fielen der Tiefgarage zum Opfer. Zum Heidenschuß hin senkte sich die Freyung so stark, dass man über den Ottakringer Bach eine sehr kleine Brücke annehmen kann. Etwa der heutigen Fahrspur folgend verlief eine mittelalterliche Straßenschotterung vom Ausgang der Teinfaltstraße auf den Heidenschuß zu, von der ein kleines Stück (auf dem heute höheren Niveau) vor dem "Palais Ferstel" (Nummer 2) im Originalzustand verlegt worden ist. In unmittelbarer Nähe fand sich in der Platzmitte ein Auslaufbrunnen mit einer relativ breiten Ablaufrinne, die auf eine beträchtliche Schüttung des Brunnens hindeutet. Mit dem Neubau der Barockpalais scheint die Freyung planiert worden zu sein.

Gebäude

Pfarrzugehörigkeit bis 1938

Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.

Siehe auch

Quellen

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 82
  • Gerhard Robert Walter von Coeckelberghe-Dützele: Curiositäten- und Memorabilien-Lexicon von Wien. Ein belehrendes und unterhaltendes Nachschlag- und Lesebuch in anekdotischer, artistischer, biographischer, geschichtlicher, legendarischer, pittoresker, romantischer und topographischer Beziehung. Nummer 1. Wien: [o. V.] 1846, S. 456 f.
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 46 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 69 ff.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
  • Karl Glossy: Theatergeschichtliche Ausstellung der Stadt Wien 1892. Wien: Verlag der Bibliothek und des historischen Museums der Stadt Wien 1892, S. 24 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 454 f.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 1. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 134-138
  • Alexander Hengl: Festschrift 175 Jahre Marktamt. 2014
  • Hubert Kaut: Die Freyung. In: Wien aktuell. Revue einer europäischen Metropole. Nummer 2. Wien: Jugend & Volk 1968, S. 26 ff.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 201 ff.
  • Wolfgang Mayer: Die Neugestaltung der Freyung. In: Wiener Geschichtsblätter. Nummer 46. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1991, S. 77 ff.
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Perspektiven 4/5. 1989
  • Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 52, S. 75
  • Siegfried Weyr: Wien. Magie der Inneren Stadt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1968, S. 23 ff.
  • Hertha Wohlrab: Die Freyung. Wien [u.a.]: Zsolnay 1971 (Wiener Geschichtsbücher, 6)