Wiener Kongress (1814/1815): Unterschied zwischen den Versionen

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Wiener Kongreß (1814/1815).
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Wiener Kongress (1814/1815), 18. September 1814 bis 11. Juni 1815 (offizielles Ende).
  
== Teilnehmer ==
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Nach dem Sieg bei Paris am 30. März 1814, der Abdankung und Verbannung [[Napoleon I.|Napoleons]]  auf die Insel Elba wurde die Abhaltung eines Kongresses in Wien beschlossen, auf dem die Rücknahme jenes Machtgefüges verhandelt werden sollte, das die Eroberungszüge Napoleons in den vorangegangenen Jahren bewirkt hatte. Ganz im Sinne des Legitimitätsprinzips sollten vorrevolutionäre politische und gesellschaftliche Verhältnisse wiederhergestellt werden.
Auf dem nach Wien einberufenen europopäischen Kongreß (18. September 1814 bis 9. Juni 1815) wurden nach dem Sieg der alliierten Armeen über den danach auf die Insel Elba verbannten [[Napoleon I.|Napoleon]] (der allerdings während des Kongresses ein spektakuläres Comeback versuchte) dauerhafte Friedensbedingungen ausgehandelt.  
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[[Datei:Wiener Kongress Isabey.jpg|390px|thumb|right|Sitzung des Kongresses in der [[Bundeskanzleramt|Geheimen Hof- und Staatskanzlei]] am [[Ballhausplatz]]. In der Mitte stehend der österreichische Staatskanzler [[Clemens Wenzel Lothar Metternich|Clemens Wenzel Lothar Metternich]]. Nach einem Gemälde von Jean Baptiste Isabey, nach 1819]]
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Das Großereignis war wie geschaffen für die Belebung der Wirtschaft. Bereits im Vorfeld stiegen die Preise für Lebensmittel und Unterkünfte. Die Anwesenheit von rund 100.000 Gästen in einer Stadt von rund 233.000 Menschen bot der Wiener Bevölkerung in einer Zeit der Wirtschaftskrise die Gelegenheit zu Einkommen zu gelangen. Die Stadt wurde innerhalb weniger Monate für das Ereignis vorbereitet; öffentliche Gebäude wurden neu gestrichen, die Hof- und Staatsbeamten uniformiert. Für Empfänge und Wachdienste wurde die [[Bürgerwehr]] mobilisiert. Jeder Anschein des Elends sollte vermieden werden. So war es etwa Kriegsinvaliden ausdrücklich verboten, in Soldatenuniformen zu betteln.
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Im September 1814 trafen die Vertreter rund 200 europäischer Staaten, Herrschaften, Körperschaften und Städte in Wien ein, um ihre Interessen vertreten zu sehen. Unter der Leitung der Großmächte Russland, Großbritannien, Österreich, Preußen, das nun bourbonische Frankreich und der Vatikan setzten in einer Vielzahl von Verhandlungen unter der Leitung  [[Clemens Wenzel Lothar Metternich|Metternichs]] neue Grenzen fest und besetzten Territorien mit neuen Herrschern. Die gemeinsam verabschiedete Schluss-Akte wurde am 9. Juni 1815 unterzeichnet. Die Flucht Napoleons aus Elba und die ungehinderte Rückkehr nach Frankreich führten zu neuen Kampfhandlungen. Erst die Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815 und die Abdankung Napoleons vier Tage später schufen endgültige Fakten. 
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[[Datei:Winterreitschule_Redoute.jpg|390px|thumb|right|Redoute paré am 9. Oktober 1814 in der [[Winterreitschule]] der [[Hofburg]], 1814]]
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Wien zeigte sich modern: Neben kulturellen Sehenswürdigkeiten bot besonders das in Europa vorbildhafte Anstaltenwesen eine besondere Attraktion und nicht nur Monarchen und ihr Gefolge besuchten Einrichtungen wie das [[Altes Allgemeines Krankenhaus|Allgemeine Krankenhaus]], das [[Barmherzige Brüder|Spital der Barmherzigen Brüder]], das [[Bürgerspital]], die [[Taubstummeninstitut|Taubstummen-]], die [[Blindeninstitut|Blinden-]] oder die Schutzpockenanstalt, private Wohltätigkeits- und Versorgungsanstalten, das [[Invalidenhaus (3)|Invalidenhaus]], das [[Bürgerliches Zeughaus|bürgerliche Zeughaus]], das [[Hauptmünzamt]] oder das "[[Technisches Museum|Fabriksproducten-Cabinet]]", eine Sammlung sämtlicher in Österreich produzierter "Fabriks- und Manufacturproducte".
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Großzügige Kontigente an Freikarten ermöglichten auch Teilen der Bevölkerung die Teilnahme an den prunkvollen Festen mit bis zu 12.000 Besucherinnen und Besuchern. Glanzvolle Bälle boten die [[Mehlgrube]], das [[Zum Sperl|Sperl]] oder der [[Apollosaal (7)|Apollosaal]]. In den Salons trafen sich Künstler und Gelehrte aus ganz Europa zum Gedankenaustausch. Erfinder präsentierten ihre technischen Novitäten. Händler boten ihre Waren aus aller Welt an. Wien wurde zum Umschlagplatz neuer Ideen und Produkte.
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Wien wurde seinem Ruf als Welthauptstadt der Musik gerecht: [[Antonio Salieri]] leitete die musikalischen Veranstaltungen. Am 16. Oktober 1814 fand etwa eine Aufführung von Händels Oratorium "Samson" durch 700 Mitglieder der [[Gesellschaft der Musikfreunde]] statt. Unbestrittene Größe der Musikszene aber war [[Ludwig van Beethoven]], von dem vier Kompositionen in besonderem Maß mit dem Wiener Kongress verbunden sind: Die überarbeitete Fassung der Oper "Fidelio" (aufgeführt am 26. September 1814 im Kärntnertortheater), die 7. Symphonie (op. 92), "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" (op. 91) und die Kantate "Der glorreiche Augenblick" (op. 136).
  
Es nahmen rund 200 Vertreter von Staaten (darunter für Österrerreich [[Franz I.|Kaiser Franz I.]] und als Vorsitzenden [[Clemens Wenzel Lothar Metternich|Metternich]], für Rußland Zar Alexander I. und Karl Wassiljewitsch Graf Nesselrode, für Preußen König Friedrich Wilhelm III. und Kanzler Karl August Fürst Hardenberg, für England Robert Stewart Viscount Castlereagh und Arthur Wellesley Duke of Wellington sowie für Frankreich Charles-Maurice de Talleyrand), Städten und Gemeinschaften teil.
 
  
Es handelte sich um keine Vollversammlung, sondern um eine Vielzahl politischer Treffen mit gemeinsam verabschiedetem Schlußprotokoll; außerdem wurden 13 Sonderkommissionen eingesetzt. Österreich erhielt einen Teil seiner verlorenen Territorien zurück; an die Stelle des 1806 aufgelösten Heiligen Römischen Reichs trat (unter Österreichs Vorsitz) der Deutsche Bund.
 
  
 
== Verlauf ==
 
== Verlauf ==
* 18. September 1814: Eröffnung der Verhandlungen der bevollmächtigten Minister Österrsichs, Preußens, Rußlands und Englands; diese Staaten nahmen das alleinige Entscheidungsrecht in Territorialfragen für sich in Anspruch (der Kreis wurde im Jänner 1815 um Frankreich erweitert).  
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* 18. September 1814: Eröffnung der Verhandlungen der bevollmächtigten Minister Österreichs, Preußens, Russlands und Englands; diese Staaten nahmen das alleinige Entscheidungsrecht in Territorialfragen für sich in Anspruch (der Kreis wurde im Jänner 1815 um Frankreich erweitert);
* 1. März 1815: Napoleon verläßt Elba und landet im Golf von Saint Juan an der französischen Riviera.
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* 25. September 1814: Feierlicher Einzug von Zar Alexander von Russland, König Wilhelm von Preußen und [[Franz II. (I.)|Kaiser Franz I.]];
* 13. März 1815: Verhängung der Acht über Napoleon ("Wiener Deklaration").  
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* 1. November 1814: formelle Eröffnung des Kongresses;
* 9. Juni 1815: Einziges Zusammentreten im Plenum zwecks Unterzeichnung der Schlußakte und feierlicher Abschluß des Kongresses.
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* 26. Februar 1815: Napoleon verlässt Elba und trifft am 1. März in Antibes ein;
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* 13. März 1815: Verhängung der Acht über Napoleon ("Wiener Deklaration");
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* 25. März 1815: Erneuerung des Koalitionsvertrags zwischen Großbritannien, Russland, Preußen und Österreich;
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* 9. Juni 1815: Einziges Zusammentreten im Plenum zur Unterzeichnung der Schlussakte;
 
* 18. Juni 1815: Schlacht bei Waterloo (endgültiger Sieg über Napoleon).  
 
* 18. Juni 1815: Schlacht bei Waterloo (endgültiger Sieg über Napoleon).  
  
 
== Rahmenprogramm (Auswahl) ==
 
== Rahmenprogramm (Auswahl) ==
* 5. Oktober 1814: Jagd im [[Lainzer Tiergarten]].
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* 29. September 1814: Feuerwerk im [[Prater]];
* 6. Oktober 1814: Großes Volksfest beim Praterstern.
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* 6. Oktober 1814: Völkerfest im [[Augarten]];
* 11. Oktober 1814: Fest in Schönbrunn, Opernaufführung im Schloßtheater, Diner in der Orangerie.
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* 16. Oktober 1814: Aufführung von Händels Oratorium „Samson“ in der [[Winterreitschule]];
* 18. Oktober 1814: Gedenkfeier der Sieger in der Schlacht bei Leipzig (1813) auf der (damaligen) Simmeringer Haide (beim Lusthaus im Prater).
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* 18. Oktober 1814: Gedenkfeier des ersten Jahrestags der Völkerschlag bei Leipzig im [[Prater]];
* 29. November und 2. Dezember 1814: Beethovenkonzerte.
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* 23. November, 1. und 5. Dezember 1814: „Carroussel“ in der [[Winterreitschule]];
* 25. Dezember 1814: Beethoven dirigierte im Redoutensaal ein Konzert zugunsten des Bürgerspitals zu Sankt Marx.  
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* 29. November, 2. und 25. Dezember 1814: Konzerte mit Werken Beethovens; die Einnahmen vom 25. Dezember spendete der Komponist dem [[Bürgerspital]];
* 31. Dezember 1814: Brand des Rasumofskypalais während der Vorbereitung für eine Silvesterballveranstaltung.
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* 31. Dezember 1814: Brand des Gartentrakts des [[Rasumofskypalais|Palais Rasumofsky]] während der Vorbereitungen für einen Sylvesterball;
* 22. Jänner 1815: Prunkvolle "Schlittage" ([[Schlittenfahrten|Schlittenfahrt]]) von der Hofburg nach Schönbrunn.  
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* 21. Jänner 1815: Seelenamt für Ludwig XVI. im [[Stephansdom]];
* 5. März 1815: Aufführung des Oratoriums "Christus am Ölberg" im Saal "Zum römischen Kaiser".
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* 22. Jänner 1815: Benefiz-Gala zum Freikauf christlicher Sklaven im Augarten;
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* 5. März 1815: Aufführung des Oratoriums „Christus am Ölberg“ im Saal [[Zu den drei Hacken (Renngasse)|„Zum römischen Kaiser“]] in der [[Renngasse]].
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==Quellen==
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*[http://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/titleinfo/345518 Wienbiblitohek Digital: Verzeichnis der Kongressteilnehmer]
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== Literatur ==
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== Literatur (Auswahl) ==
* K. Griewank: Der Wiener Kongreß und die europäische Restauration. Leipzig ²1954
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* Klaralinda Ma-Kircher: Wien 1814/1815. Die Stadt und der Kongress. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, 91. Wien 2014;
* H. Nicolson: Der Wiener Kongreß oder Über die Einigkeit unter den Verbündeten. Zürich 1946
+
* Anna Ehrlich: Der Wiener Kongress. Diplomaten, Intrigen und Skandale. Wien 2014;
* Jean de Bourgoing: Vom Wiener Kongreß. ²1964
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* Reinhard A. Stauber: Der Wiener Kongress. Köln-Weimar-Wien 2014;
* P. Burg: Der Wiener Kongreß. 1984
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* David King: Wien 1814: Von Kaiser, Königen und dem Kongress, der Europa neu erfand. München 2014;
* A. G. Haas: Metternich, Reorganization and Nationality 1813-1818. Wiesbaden 1963
+
* Doris Derday (Hg.): Henrich zu Stolberg-Wernigerode: Tagebuch über meinen Aufenthalt in Wien zur Zeit des Congresses vom 9. September 1814 bis zum April 1815. Veröffentlichungen der Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt, 3. Halle an der Saale 2004;
* J. K. Mayr: Die Arbeitsweise des Wiener Kongresses. In: Archivalische Zeitschrift 45 (1939), S. 64 ff.
+
* Jean de Bourgoing: Vom Wiener Kongress. Wien ²1964;
* K. Müller [Hg.]: Quellen zur Geschichte des Wiener Kongresses. 1986
+
* August Fournier: Die Geheimpolizei auf dem Wiener Kongress. Eine Auswahl aus ihren Papieren. Wien-Leipzig 1813;
* Epi Schlüsselberger: 150 Jahre Wiener Kongreß: Ausstellung in den Schauräumen der Wiener Hofburg (Kaiserappartements) ; 1. Juni bis 15. Oktober 1965. Wien: Rosenbaum 1965
+
* Hermann von Egloffstein (Hg.): Carl Bertuchs Tagebuch vom Wiener Kongress. Berlin 1916;
* Peter Csendes [Hg.]: Österreich 1790-1848. Kriege gegen Frankreich, Wiener Kongreß, Ära Metternich, Zeit des Biedermeier, Revolution von 1848. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1987, S. 127 ff. * Franz Patzer: Wiener Kongreßtagebuch 1814/1815. In: Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Band 50, Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981
+
* Franz Patzer (Hg.): Wiener Kongreßtagebuch 1814/1815. Wie der Rechnungsbeamte Matthias Franz Perth den Wiener Kongreß erlebte. Wiener Schriften, 50. Wien-München 1981;
* Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 1: Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Festungswerke und Kriegswesen, Rechtswesen, Kulturgeschichte, Sittengeschichte. Wien: Touristik-Verlag 1947, S. 80 ff.
+
* Hilde Spiel (Hg.): Der Wiener Kongress in Augenzeugenberichten. München 1975;
 +
* Friedrich Freksa, Der Wiener Kongreß nach Aufzeichnungen von Teilnehmern und Mitarbeitern. Stuttgart 1914;
 +
* Eduard Leisching (Hg.): Der Wiener Congress. Culturgeschichte. Die bildenden Künste und das Kunstgewerbe, Theater, Musik in der Zeit von 1800 bis 1825. Wien 1898.

Aktuelle Version vom 13. Juli 2022, 19:40 Uhr

Sitzung des Wiener Kongresses 1814/15
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Veranstaltung
Datum von 18. September 1814
Datum bis 9. Juni 1815
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 9824
GND
WikidataID
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Recherche
Letzte Änderung am 13.07.2022 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname WienerKongress.jpg
Bildunterschrift Sitzung des Wiener Kongresses 1814/15

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Wiener Kongress (1814/1815), 18. September 1814 bis 11. Juni 1815 (offizielles Ende).

Nach dem Sieg bei Paris am 30. März 1814, der Abdankung und Verbannung Napoleons auf die Insel Elba wurde die Abhaltung eines Kongresses in Wien beschlossen, auf dem die Rücknahme jenes Machtgefüges verhandelt werden sollte, das die Eroberungszüge Napoleons in den vorangegangenen Jahren bewirkt hatte. Ganz im Sinne des Legitimitätsprinzips sollten vorrevolutionäre politische und gesellschaftliche Verhältnisse wiederhergestellt werden.

Sitzung des Kongresses in der Geheimen Hof- und Staatskanzlei am Ballhausplatz. In der Mitte stehend der österreichische Staatskanzler Clemens Wenzel Lothar Metternich. Nach einem Gemälde von Jean Baptiste Isabey, nach 1819

Das Großereignis war wie geschaffen für die Belebung der Wirtschaft. Bereits im Vorfeld stiegen die Preise für Lebensmittel und Unterkünfte. Die Anwesenheit von rund 100.000 Gästen in einer Stadt von rund 233.000 Menschen bot der Wiener Bevölkerung in einer Zeit der Wirtschaftskrise die Gelegenheit zu Einkommen zu gelangen. Die Stadt wurde innerhalb weniger Monate für das Ereignis vorbereitet; öffentliche Gebäude wurden neu gestrichen, die Hof- und Staatsbeamten uniformiert. Für Empfänge und Wachdienste wurde die Bürgerwehr mobilisiert. Jeder Anschein des Elends sollte vermieden werden. So war es etwa Kriegsinvaliden ausdrücklich verboten, in Soldatenuniformen zu betteln.

Im September 1814 trafen die Vertreter rund 200 europäischer Staaten, Herrschaften, Körperschaften und Städte in Wien ein, um ihre Interessen vertreten zu sehen. Unter der Leitung der Großmächte Russland, Großbritannien, Österreich, Preußen, das nun bourbonische Frankreich und der Vatikan setzten in einer Vielzahl von Verhandlungen unter der Leitung Metternichs neue Grenzen fest und besetzten Territorien mit neuen Herrschern. Die gemeinsam verabschiedete Schluss-Akte wurde am 9. Juni 1815 unterzeichnet. Die Flucht Napoleons aus Elba und die ungehinderte Rückkehr nach Frankreich führten zu neuen Kampfhandlungen. Erst die Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815 und die Abdankung Napoleons vier Tage später schufen endgültige Fakten.

Redoute paré am 9. Oktober 1814 in der Winterreitschule der Hofburg, 1814

Wien zeigte sich modern: Neben kulturellen Sehenswürdigkeiten bot besonders das in Europa vorbildhafte Anstaltenwesen eine besondere Attraktion und nicht nur Monarchen und ihr Gefolge besuchten Einrichtungen wie das Allgemeine Krankenhaus, das Spital der Barmherzigen Brüder, das Bürgerspital, die Taubstummen-, die Blinden- oder die Schutzpockenanstalt, private Wohltätigkeits- und Versorgungsanstalten, das Invalidenhaus, das bürgerliche Zeughaus, das Hauptmünzamt oder das "Fabriksproducten-Cabinet", eine Sammlung sämtlicher in Österreich produzierter "Fabriks- und Manufacturproducte".

Großzügige Kontigente an Freikarten ermöglichten auch Teilen der Bevölkerung die Teilnahme an den prunkvollen Festen mit bis zu 12.000 Besucherinnen und Besuchern. Glanzvolle Bälle boten die Mehlgrube, das Sperl oder der Apollosaal. In den Salons trafen sich Künstler und Gelehrte aus ganz Europa zum Gedankenaustausch. Erfinder präsentierten ihre technischen Novitäten. Händler boten ihre Waren aus aller Welt an. Wien wurde zum Umschlagplatz neuer Ideen und Produkte.

Wien wurde seinem Ruf als Welthauptstadt der Musik gerecht: Antonio Salieri leitete die musikalischen Veranstaltungen. Am 16. Oktober 1814 fand etwa eine Aufführung von Händels Oratorium "Samson" durch 700 Mitglieder der Gesellschaft der Musikfreunde statt. Unbestrittene Größe der Musikszene aber war Ludwig van Beethoven, von dem vier Kompositionen in besonderem Maß mit dem Wiener Kongress verbunden sind: Die überarbeitete Fassung der Oper "Fidelio" (aufgeführt am 26. September 1814 im Kärntnertortheater), die 7. Symphonie (op. 92), "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" (op. 91) und die Kantate "Der glorreiche Augenblick" (op. 136).


Verlauf

  • 18. September 1814: Eröffnung der Verhandlungen der bevollmächtigten Minister Österreichs, Preußens, Russlands und Englands; diese Staaten nahmen das alleinige Entscheidungsrecht in Territorialfragen für sich in Anspruch (der Kreis wurde im Jänner 1815 um Frankreich erweitert);
  • 25. September 1814: Feierlicher Einzug von Zar Alexander von Russland, König Wilhelm von Preußen und Kaiser Franz I.;
  • 1. November 1814: formelle Eröffnung des Kongresses;
  • 26. Februar 1815: Napoleon verlässt Elba und trifft am 1. März in Antibes ein;
  • 13. März 1815: Verhängung der Acht über Napoleon ("Wiener Deklaration");
  • 25. März 1815: Erneuerung des Koalitionsvertrags zwischen Großbritannien, Russland, Preußen und Österreich;
  • 9. Juni 1815: Einziges Zusammentreten im Plenum zur Unterzeichnung der Schlussakte;
  • 18. Juni 1815: Schlacht bei Waterloo (endgültiger Sieg über Napoleon).

Rahmenprogramm (Auswahl)

  • 29. September 1814: Feuerwerk im Prater;
  • 6. Oktober 1814: Völkerfest im Augarten;
  • 16. Oktober 1814: Aufführung von Händels Oratorium „Samson“ in der Winterreitschule;
  • 18. Oktober 1814: Gedenkfeier des ersten Jahrestags der Völkerschlag bei Leipzig im Prater;
  • 23. November, 1. und 5. Dezember 1814: „Carroussel“ in der Winterreitschule;
  • 29. November, 2. und 25. Dezember 1814: Konzerte mit Werken Beethovens; die Einnahmen vom 25. Dezember spendete der Komponist dem Bürgerspital;
  • 31. Dezember 1814: Brand des Gartentrakts des Palais Rasumofsky während der Vorbereitungen für einen Sylvesterball;
  • 21. Jänner 1815: Seelenamt für Ludwig XVI. im Stephansdom;
  • 22. Jänner 1815: Benefiz-Gala zum Freikauf christlicher Sklaven im Augarten;
  • 5. März 1815: Aufführung des Oratoriums „Christus am Ölberg“ im Saal „Zum römischen Kaiser“ in der Renngasse.


Quellen


Literatur (Auswahl)

  • Klaralinda Ma-Kircher: Wien 1814/1815. Die Stadt und der Kongress. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, 91. Wien 2014;
  • Anna Ehrlich: Der Wiener Kongress. Diplomaten, Intrigen und Skandale. Wien 2014;
  • Reinhard A. Stauber: Der Wiener Kongress. Köln-Weimar-Wien 2014;
  • David King: Wien 1814: Von Kaiser, Königen und dem Kongress, der Europa neu erfand. München 2014;
  • Doris Derday (Hg.): Henrich zu Stolberg-Wernigerode: Tagebuch über meinen Aufenthalt in Wien zur Zeit des Congresses vom 9. September 1814 bis zum April 1815. Veröffentlichungen der Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt, 3. Halle an der Saale 2004;
  • Jean de Bourgoing: Vom Wiener Kongress. Wien ²1964;
  • August Fournier: Die Geheimpolizei auf dem Wiener Kongress. Eine Auswahl aus ihren Papieren. Wien-Leipzig 1813;
  • Hermann von Egloffstein (Hg.): Carl Bertuchs Tagebuch vom Wiener Kongress. Berlin 1916;
  • Franz Patzer (Hg.): Wiener Kongreßtagebuch 1814/1815. Wie der Rechnungsbeamte Matthias Franz Perth den Wiener Kongreß erlebte. Wiener Schriften, 50. Wien-München 1981;
  • Hilde Spiel (Hg.): Der Wiener Kongress in Augenzeugenberichten. München 1975;
  • Friedrich Freksa, Der Wiener Kongreß nach Aufzeichnungen von Teilnehmern und Mitarbeitern. Stuttgart 1914;
  • Eduard Leisching (Hg.): Der Wiener Congress. Culturgeschichte. Die bildenden Künste und das Kunstgewerbe, Theater, Musik in der Zeit von 1800 bis 1825. Wien 1898.