Clemens Wenzel Lothar Metternich

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Porträt von Clemens Wenzel Metternich
Daten zur Person
Personenname Metternich, Clemens Wenzel Lothar
Abweichende Namensform Metternich, Klemens Wenzel Lothar von
Titel Graf, Fürst
Geschlecht männlich
PageID 2746
GND 118581465
Wikidata Q45662
Geburtsdatum 15. Mai 1773
Geburtsort Koblenz 4031410-8
Sterbedatum 11. Juni 1859
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Diplomat, Politiker
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert, Revolution 1848
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 19.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname Clemens Wenzel Metternich.jpg
Bildunterschrift Porträt von Clemens Wenzel Metternich
  • 3., Rennweg 27-29 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Gesandter am französischen Hof (1806, bis: 1809)
  • Gesandter am preussischen Hof (1803, bis: 1806)
  • Haus-Hof- und Staatskanzler (1821, bis: 1848)
  • Minister des Äußeren (8. Oktober 1809)

  • Ehrenbürger der Stadt Wien (Verleihung: 24. Oktober 1813)
  • Ritter vom Goldenen Vlies
  • Militär-Maria-Theresia-Orden
  • Großkreuz des St. Stephan-Ordens

Clemens Wenzel Lothar von Metternich, Graf bzw. ab 20. Oktober 1813 Fürst, * 15. Mai 1773 Koblenz, † 11. Juni 1859 Vorstadt Landstraße, Diplomat, Politiker.

Biografie

Metternich entstammte einer alten rheinländischen Adelsfamilie (ab 1664 bzw. 1670 Freiherrenstand, ab 1679 Grafenstand) und war Sohn des kurtrierischen Ministers und späteren kaiserlichen Diplomaten Franz Georg Metternich und dessen Gattin Maria Beatrix Gräfin Kageneck (1755–1828). Seine erste Gattin (1795) war Maria Eleonore ("Lori") Gräfin Kaunitz (1775–1825; Enkelin des Staatskanzlers Wenzel Fürst Kaunitz. Der Ehe entstammte neben Sohn Viktor, der als junger Diplomat starb, die Tochter Leontine (1811–1861), aus deren Ehe (1835) mit Moritz Graf Sándor die berühmte Pauline Metternich stammte. Seine zweite Gattin (1827) war Antonie (Antoinette) Freiin von Leykam (* 1806, † 17. Jänner 1829; Sohn dieser Ehe war der Diplomat Richard Klemens Metternich, der 1856 seine Nichte Pauline heiratete. Aus der Ehe mit seiner dritten Gattin (1831) Melanie Gräfin Zichy-Ferraris (1805–1854) stammt Paul Clemens Metternich (1834–1906).

Nach Privatunterricht gemeinsam mit seinen Brüdern besuchte Metternich die Universität Straßburg, an der er Staatswissenschaften hörte, später studierte er Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Mainz. 1794 floh die Familie vor den französischen Revolutionstruppen nach Wien und verlor ihren Besitz im Rheinland. Über seine erste Frau kam er dort in Kontakt mit höchsten Adelskreisen und trat in den diplomatischen Dienst der Habsburger. Ab 1801 fungierte er als Gesandter in Dresden, ab 1803 in Berlin. Im Jahr 1806 wurde er als Botschafter nach Paris entsandt, wo er enge Beziehungen zu maßgeblichen französischen Politikern aufbaute. 1809 avancierte er (als Nachfolger Graf Stadions) zum Minister des Äußeren und amtierte bis 1848 als Staatskanzler (1821 Haus-, Hof-, und Staatskanzler). In dieser Funktion trat er zunächst für eine Annäherung an Frankreich ein und arrangierte die Vermählung von Erzherzogin Marie Louise mit Napoleon.

Nach der Niederlage Napoleons in Russland nahm Metternich 1813 die diplomatische Führung in den internationalen Beziehungen an sich und stellte als "Kutscher Europas" auf dem Wiener Kongress (1814/1815) das europäische Kräftegleichgewicht wieder her. Seine Außenpolitik stärkte die Stellung Österreichs im Deutschen Bund und in Italien, wobei er sich auf die von ihm mitbegründete Heilige Allianz zu stützen vermochte.

Sitzung des Wiener Kongresses in der Geheimen Hof- und Staatskanzlei am Ballhausplatz. In der Mitte stehend der österreichische Staatskanzler Clemens Wenzel Lothar Metternich. Nach einem Gemälde von Jean Baptiste Isabey, nach 1819

Innenpolitisch positionierte sich der Politiker als leidenschaftlicher Gegner von Demokratie, Liberalismus und nationalen Strömungen und schuf ein reaktionäres, vornehmlich auf den Polizeiapparat und die Zensur (Sedlnitzkys) gestütztes Regime, als dessen einzige Ziele die Erhaltung der staatlichen Ordnung von 1815 und die Unterdrückung jeder revolutionären Bewegung anzusehen sind. Ab Mitte der 1820er Jahre büßte er an politischem Einfluss zugunsten des Staats- und Konferenzministers Franz Anton Kolowrat-Liebsteinsky ein. Das "Metternich'sche System", dessen Auswirkungen in der historischen Betrachtung (ungeachtet der diplomatischen Leistungen Metternichs) oftmals durch den kulturellen Glanz der Biedermeierepoche und dessen kleinbürgerlicher Atmosphäre verdrängt werden, führte zu sozialen und wirtschaftlichen Missständen, deren Spannungen sich später in der Revolution von 1848 entluden. Die Revolutionäre erzwangen am 13. März 1848 Metternichs Entlassung, der nach London floh.

Nach dem Sieg des Regimes über die Revolution und der Etablierung des Neoabsolutismus kehrte Metternich nach Wien zurück und übte als Berater Franz Josephs I. nochmals für kurze Zeit politischen Einfluss aus. Er besaß ein Palais auf dem Rennweg, das Kunstschätze von erlesener Qualität beherbergte; es wurde während der Revolution 1848 vom Volk geplündert. Metternich war Träger höchster Auszeichnungen, unter anderem Ritter des Goldenen Vlieses und Ehrenbürger der Stadt Wien. Die Metternichgasse in Wien-Landstraße wurde 1871 nach ihm benannt.

Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe rückte seit dem Zweiten Weltkrieg vor allem Metternichs außenpolitisches Wirken in das Zentrum der Betrachtung. Dieser zufolge werde er, so die Kommission, primär als Politiker gesehen, dem das Verdienst zukomme, dem deutschen Nationalismus Einhalt geboten und einen großen Krieg verhindert zu haben. Unbestritten sei jedoch seine maßgebliche Verantwortung für die staatlichen Repressionsmaßnahmen (Zensur, Polizei- und Spitzelwesen) gegen liberale und demokratische Bewegungen.

Quellen

Literatur

  • Wolfram Siemann: Metternich – Stratege und Visionär. Eine Biografie. München: C. H. Beck 2016
  • Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler 2014, 9. Auflage, S. 205
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler 2014, S. 162–164
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Forschungsprojektendbericht "Straßennamen Wiens seit 1860 als 'Politische Erinnerungsorte'". Wien 2013
  • Metternich – "Kutscher Europas". 12. August 2003 bis 23. Jänner 2004. Eine Ausstellung der Münze Österreich [Ausstellungskatalog]. Wien: Münze Österreich 2003
  • Georg Kugler: Metternich und seine Gäste. Graz / Wien: Styria 1991
  • Gerda Mraz / Gottfried Mraz: Österreichische Profile. Maximilian I., Wallenstein, Prinz Eugen, Maria Theresia, Kaunitz, Franz II., Erzherzog Carl, Metternich, Radetzky, Franz Joseph I. Wien [u. a.]: Athenäum 1981, S. 157 ff.
  • Dorothy Gies McGuigan: Metternich, Napoleon und die Herzogin von Sagan. Wien: Molden 1979
  • Egon Cäsar Conte Corti: Metternich und die Frauen 1948. Gekürzte Neuaufl. Wien: Kremayr & Scheriau 1977
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Band 6. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1975, S. 249–250
  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearb. von Karl Bosl [u. a.]. Band 2: I–R. München: A. Francke 1974
  • Richard Blaas: Metternich. in: Der Wiener Kongress, 1. September 1814 bis 9. Juni 1815. [Ausstellung veranstaltet vom Bundesministerium für Unterricht gemeinsam mit dem Verein der Museumsfreunde, 1. Juni bis 15. Oktober 1965, Schauräume der Hofburg, Kaiserappartements, Wien]. Wien 1965, S. 185 ff.
  • Hugo Hantsch: Gestalter der Geschicke Österreichs. Innsbruck / Wien / München: Tyrolia 1962 (Studien der Wiener Katholischen Akademie, 2)
  • Erwin Heinzel: Lexikon historischer Ereignisse und Personen in Kunst, Literatur und Musik. Wien: Hollinek 1956, S. 505
  • Viktor Bibl: Metternich. Der Dämon Österreichs. Leipzig / Wien: Günther 1936
  • Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. Band 23. Leipzig: Duncker & Humblot 1886, S. 777-802

Weblinks