Gründerzeit: Unterschied zwischen den Versionen

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Gründerzeit, Ökonomische Bezeichnung für das Vierteljahrhundert zwischen der [[Revolution 1848|Revolution 1848]] und dem [[Börsenkrach]] 1873, durch den (wenige Tage nach der Eröffnung der Wiener [[Weltausstellung]]) die (zuletzt stark überhitzte) Konjunkturperiode ein jähes Ende fand. Politisch und wirtschaftlich war diese Zeit im Bereich des Staats (bis 1878) und der Gemeinde Wien (bis 1895) durch die Dominanz des [[Liberalismus]] und seiner Träger geprägt; der Freihandel, die liberale Verwaltung und Gesetzgebung ([[Gewerbe|Gewerbeordnung 1859]], „Wucherfreiheit" 1868 und so weiter) führten zu zahlreichen Industrie-, Bank- und AG-Gründungen, die von unkontrollierten Spekulationen in Börse- und Bankgeschäften sowie schwindelhaften Neugründungen begleitet waren.  
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Gründerzeit ist die ökonomische Bezeichnung für das Vierteljahrhundert zwischen der [[Revolution 1848]] und dem [[Börsenkrach]] 1873, durch den (wenige Tage nach der Eröffnung der Wiener [[Weltausstellung]]) die (zuletzt stark überhitzte) Konjunkturperiode ein jähes Ende fand. Politisch und wirtschaftlich war diese Zeit im Bereich des Staats (bis 1878) und der Gemeinde Wien (bis 1895) durch die Dominanz des [[Liberalismus]] und seiner Träger geprägt; der Freihandel, die liberale Verwaltung und Gesetzgebung ([[Gewerbe|Gewerbeordnung 1859]], „Wucherfreiheit" 1868 und so weiter) führten zu zahlreichen Industrie-, [[Banken|Bank]]- und AG-Gründungen, die von unkontrollierten Spekulationen in Börse- und Bankgeschäften sowie schwindelhaften Neugründungen begleitet waren.  
  
In die Gründerzeit fallen seitens des Hofs und des Staats die Demolierung der [[Stadtbefestigung]]en (Beschluss 1857; [[Bastei|Basteien]]), die Verbauung der Ringstraßenzone (Anlage der [[Ringstraße]] und Errichtung der wichtigsten Monumentalbauten des Hofs und des Staats), der Bau wichtiger [[Eisenbahn]]en sowie des [[Arsenal]]s und verschiedener [[Kasernen]], seitens der Stadt (unter den Bürgermeistern [[Johann Kaspar Seiller|Johann Kaspar von Seiller]], [[Andreas Zelinka]] und [[Cajetan Felder]]) neben der Stadterweiterung (Eingliederung der [[Vorstädte]]) die erste [[Hochquellenwasserleitung]], die [[Donauregulierung]], der [[Stadtpark]], das [[Rathaus]] und der [[Zentralfriedhof]].  
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In die Gründerzeit fallen seitens des [[Hof (Begriff)|Hofs]] und des Staats die Demolierung der [[Stadtbefestigung]]en (Beschluss 1857; [[Bastei]]), die Verbauung der [[Ringstraßenzone]] (Anlage der [[Ringstraße]] und Errichtung der wichtigsten Monumentalbauten des Hofs und des Staats), der Bau wichtiger [[Eisenbahn]]en sowie des [[Arsenal]]s und verschiedener [[Kasernen]], seitens der Stadt (unter den [[Bürgermeister]]n [[Johann Kaspar Seiller|Johann Kaspar von Seiller]], [[Andreas Zelinka]] und [[Cajetan Felder]]) neben der [[Stadterweiterung]] (Eingliederung der [[Vorstädte]]) die [[Erste Hochquellenleitung]], die [[Donauregulierung]], der [[Stadtpark]], das [[Rathaus]] und der [[Zentralfriedhof]].  
  
Im Privatwirtschaftlichen Bereich kam es neben den Gründungen von [[Gaswerke]]n und dem Bau von [[Pferdetramway|Pferdestraßenbahnlinien]] zur architektonischen Umwandlung der Altstadt (Abbruch [[Gotik|gotischer]] und [[Barock|barocker]] Gebäude und deren Ersatz durch [[Historismus|historistische]] Bauten), verbunden mit sozialen Verschiebungen in der Wohnbevölkerung (Abwanderung des Großbürgertums in die Ringstraßenzone, Einbruch von Handelsbetrieben), zur baulichen Verdichtung der Vorstädte bei gleichzeitigem Aufbau einer Hinterhofindustrie sowie zur radikalen (meist rasterförmiger) Verbauung der Vororte mit stillosen Mietkasernen, in denen Substandardwohnungen („[[Bassena]]-Wohnungen") für die unteren Schichten der Bevölkerung (insbesondere der bodenständigen und [vor allem aus dem niederösterreichischen Umland und dem böhmisch-mährisch-schlesischen und ungarischen Raum] zuwandernden Arbeiterschaft sowie der minderbemittelten Kleingewerbetreibenden) dominierten, sodass es zu deren sozialer Ab- beziehungsweise Ausgrenzung in Verbindung mit stärkeren sozialen Konflikten kam, die überwiegend durch die oft skandalösen Arbeits- und Lohnbedingungen ausgelöst wurden. Architektonisch ist die Gründerzeit durch den Stil des strengen Historismus gekennzeichnet.
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Im privatwirtschaftlichen Bereich kam es neben den Gründungen von [[Gasversorgung|Gaswerken]] und dem Bau von [[Pferdetramway|Pferdestraßenbahnlinien]] zur architektonischen Umwandlung der Altstadt (Abbruch [[Gotik|gotischer]] und [[Barock|barocker]] Gebäude und deren Ersatz durch [[Historismus|historistische]] Bauten), verbunden mit sozialen Verschiebungen in der Wohnbevölkerung (Abwanderung des Großbürgertums in die Ringstraßenzone, Einbruch von Handelsbetrieben), zur baulichen Verdichtung der [[Vorstädte]] bei gleichzeitigem Aufbau einer Hinterhofindustrie sowie zur radikalen (meist rasterförmiger) Verbauung der [[Vororte]] mit stillosen Mietkasernen, in denen Substandardwohnungen („[[Bassena]]-Wohnungen") für die unteren Schichten der Bevölkerung (insbesondere der bodenständigen und [vor allem aus dem [[niederösterreich]]ischen Umland und dem böhmisch-mährisch-schlesischen und ungarischen Raum] zuwandernden Arbeiterschaft sowie der minderbemittelten Kleingewerbetreibenden) dominierten, sodass es zu deren sozialer Ab- beziehungsweise Ausgrenzung in Verbindung mit stärkeren sozialen Konflikten kam, die überwiegend durch die oft skandalösen Arbeits- und Lohnbedingungen ausgelöst wurden. [[Architektur|Architektonisch]] ist die Gründerzeit durch den Stil des strengen [[Historismus]] gekennzeichnet.

Aktuelle Version vom 16. April 2024, 10:35 Uhr

Gründerzeitliche Bebauung: Wohnhäuser in Ottakring
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Epoche
Datum von 1848
Datum bis 1873
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 28632
GND
WikidataID
Objektbezug Rathaus, Langes 19. Jahrhundert, Donauregulierung, Erste Hochquellenleitung, Stadterweiterung, Ringstraße
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Recherche
Letzte Änderung am 16.04.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Grunderzeitliche-bebauung.jpg
Bildunterschrift Gründerzeitliche Bebauung: Wohnhäuser in Ottakring

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Es gibt keine Adressen zu diesem Ereignis.

Es wurden keine Bezeichnungen erfasst!

Gründerzeit ist die ökonomische Bezeichnung für das Vierteljahrhundert zwischen der Revolution 1848 und dem Börsenkrach 1873, durch den (wenige Tage nach der Eröffnung der Wiener Weltausstellung) die (zuletzt stark überhitzte) Konjunkturperiode ein jähes Ende fand. Politisch und wirtschaftlich war diese Zeit im Bereich des Staats (bis 1878) und der Gemeinde Wien (bis 1895) durch die Dominanz des Liberalismus und seiner Träger geprägt; der Freihandel, die liberale Verwaltung und Gesetzgebung (Gewerbeordnung 1859, „Wucherfreiheit" 1868 und so weiter) führten zu zahlreichen Industrie-, Bank- und AG-Gründungen, die von unkontrollierten Spekulationen in Börse- und Bankgeschäften sowie schwindelhaften Neugründungen begleitet waren.

In die Gründerzeit fallen seitens des Hofs und des Staats die Demolierung der Stadtbefestigungen (Beschluss 1857; Bastei), die Verbauung der Ringstraßenzone (Anlage der Ringstraße und Errichtung der wichtigsten Monumentalbauten des Hofs und des Staats), der Bau wichtiger Eisenbahnen sowie des Arsenals und verschiedener Kasernen, seitens der Stadt (unter den Bürgermeistern Johann Kaspar von Seiller, Andreas Zelinka und Cajetan Felder) neben der Stadterweiterung (Eingliederung der Vorstädte) die Erste Hochquellenleitung, die Donauregulierung, der Stadtpark, das Rathaus und der Zentralfriedhof.

Im privatwirtschaftlichen Bereich kam es neben den Gründungen von Gaswerken und dem Bau von Pferdestraßenbahnlinien zur architektonischen Umwandlung der Altstadt (Abbruch gotischer und barocker Gebäude und deren Ersatz durch historistische Bauten), verbunden mit sozialen Verschiebungen in der Wohnbevölkerung (Abwanderung des Großbürgertums in die Ringstraßenzone, Einbruch von Handelsbetrieben), zur baulichen Verdichtung der Vorstädte bei gleichzeitigem Aufbau einer Hinterhofindustrie sowie zur radikalen (meist rasterförmiger) Verbauung der Vororte mit stillosen Mietkasernen, in denen Substandardwohnungen („Bassena-Wohnungen") für die unteren Schichten der Bevölkerung (insbesondere der bodenständigen und [vor allem aus dem niederösterreichischen Umland und dem böhmisch-mährisch-schlesischen und ungarischen Raum] zuwandernden Arbeiterschaft sowie der minderbemittelten Kleingewerbetreibenden) dominierten, sodass es zu deren sozialer Ab- beziehungsweise Ausgrenzung in Verbindung mit stärkeren sozialen Konflikten kam, die überwiegend durch die oft skandalösen Arbeits- und Lohnbedingungen ausgelöst wurden. Architektonisch ist die Gründerzeit durch den Stil des strengen Historismus gekennzeichnet.