Liberalismus

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Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 18.12.2019 durch WIEN1.lanm09lue

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Liberalismus, eine nach der Revolution 1848 entstandene Richtung. Geistig wollte der Liberalismus jedem Menschen eine möglichst umfassende Bewegungsfreiheit in seinem Denken und Handeln sowie die Freiheit in der Erreichung seiner individuellen Ziele sichern; politisch forderte er in Österreich die Durchsetzung eines konstitutionellen Regimes, die Beschränkung der Allmacht des Herrschers durch eine Volksvertretung (im Sinne damaliger elitärer Grundsätze); wirtschaftlich betonte er das Interesse des einzelnen Menschen, selbst seine Lage zu verbessern (wobei er sich aus der Lösung der wirtschaftlichen Probleme vom einzelnen her einen Nutzen für die Allgemeinheit erwartete). Mit den Liberalen verschaffte sich die bisher im Hintergrund stehende Schicht des Bürgertums (das in den Jahrzehnten des Vormärz zur Untätigkeit verurteilt gewesen war) Geltung; die (Groß)bürger waren gewillt, sich neben Adel und Klerus als gleichwertiges (nicht lediglich geduldetes) Mitglied in der öffentlichen Gesellschaft einen ihrer (wirtschaftlichen) Bedeutung entsprechenden Platz zu sichern. Diesem Bestreben kam es entgegen, dass gerade zu dieser Zeit durch die Aufhebung des Festungscharakters Wiens (1857), die Schleifung der Befestigungsanlagen (ab 1858) und die Anlage der Ringstraßenzone das Großbürgertum die Chance erhielt, sich in diesem Bereich (neben dem Adel) zu etablieren, womit es zu seiner bewussten Selbstdarstellung kam. Die liberal orientierte Gemeindeverwaltung vertraute auf das den liberalen wirtschaftlichen Anschauungen zugrundeliegende „freie Spiel der Kräfte" und stellte das Individuum gegenüber dem Gemeinwesen in den Vordergrund; letztere Überlegung führte konsequenterweise dazu, dass man keine auf breiter Basis stehende Sozialpolitik erwarten durfte (ausgenommen für jene hilfsbedürftige Kinder, Alten und aus Gesundheitsrücksichten Erwerbsunfähigen, für die eine „Selbsthilfe" nicht in Frage kam); Fürsorge blieb (ausgenommen gesetzliche Verpflichtungen, die sich etwa aus dem Heimatrechtsgesetz ergaben) eine Angelegenheit privater und kirchlicher Institutionen. Die Konzentration der Liberalen auf die oberen Gesellschaftsschichten führte allmählich zur Entwicklung von zwei starken Gegenkräften, die sich auf verschiedene, vom Liberalismus nicht beachtete, sondern eher bedrückte Bevölkerungskreise stützten: den Christlichsozialen, die überwiegend das Kleinbürgertum (insbesondere die Gewerbetreibenden), und den Sozialdemokraten, die die Arbeiterschaft erfassten (wobei es in den Randzonen durchaus zu Überschneidungen kam, wie etwa durch die christliche Arbeiterbewegung). Sosehr diese beiden Gruppen in ihren Ursprüngen auch auf gemeinsame antiliberale und in gewissem Maß auch soziale Wurzeln zurückgehen, standen sie sich später doch als erbitterte Gegner gegenüber, die unter anderem durch die von Lueger vertretenen Grundsätze des Antisemitismus und der Ablehnung des allgemeinen Wahlrechts verstärkt wurden. Die Liberalen, die (staatlich wie kommunal) nur wenige sozialpolitische Maßnahmen setzten, konnten weder zur kleinbürgerlichen noch zur proletarischen Sammelbewegung einen engeren Kontakt finden und suchten ihn in Verkennung der Sachlage auch nicht. Gegenüber den Gewerbetreibenden war ihnen vor allem ihre industriell dominierte Politik und die Frage der Gewerbereform hinderlich, gegenüber der Arbeiterschaft das bei den meisten liberalen Mandataren fehlende soziale Interesse. Liberale (im Gemeinderat).