Franz-Josefs-Kai
48° 12' 49.69" N, 16° 22' 27.89" E zur Karte im Wien Kulturgut
Franz-Josefs-Kai (1), südliche Donaukanalbegleitstraße als Verbindung zwischen dem (späteren) Schottenring (beziehungsweise weiter bis zur Maria-Theresien-Straße) und Stubenring (beziehungsweise Julius-Raab-Platz; 1,2 Kilometer Länge), Niederösterreich-Grenze des Gonzagaviertels.
Der heutige Kai bildete zur Zeit der babenbergerschen Ringmauer beziehungsweise der Renaissancebefestigung lediglich einen Uferstreifen zwischen dieser und dem Donauarm beziehungsweise -kanal; nur das nordwestliche (ab dem Morzinplatz) beziehungsweise südöstliche Teilstück (ab der Dominikanerbastei) waren Bestandteile der Vorstädte vor dem Werdertor beziehungsweise vor dem Stubentor. Am 1. Mai 1858 wurde der Franz-Josefs-Kai eröffnet, bevor noch die am 29. Mai 1858 begonnene Demolierung der Rotenturmbastei vollendet war (abgeschlossen 12. Juni). Die Verbauung des Kais wies einen repräsentativen Charakter auf (beispielsweise Herminen-Hof). Der 1860 angelegte Kaipark wurde durch den Bau der Stadtbahn teilweise zerstört, jedoch 1903/1904 wiederhergestellt und gegen die Brigittabrücke verlängert; er erhielt bald nach seiner Anlage infolge der Dürftigkeit der angepflanzten Bäume im Volksmund den Namen "Beserlpark" (der allerdings in Wien allgemein gebräuchlich ist).
Während des Kampfs um Wien im April 1945 wurden die Häuserzeilen beiderseits des Donaukanals (1, 2) und die Donaukanalbrücken weitgehend zerstört, weil die zurückweichenden deutschen Truppen am Kanal eine letzte Widerstandslinie gegen die aus dem Wien vordringenden sowjetrussischen Truppen aufgebaut hatten. Die Häuserblocks am Kai zwischen Morzinplatz (hier stand das Hotel Métropole) und Laurenzerberg wurden nicht wieder aufgebaut, sondern zu Verkehrs- und Grünflächen umgestaltet (auch Bau der Tiefgarage Franz-Josefs-Kai). Dadurch verschwanden die nördlichen Häuserzeilen der ehemaligen Adler- und der Kohlmessergasse, die aus dem Straßenverzeichnis gestrichen wurden (1954); die südlichen Häuserzeilen dieser beiden Gassen bilden nunmehr einen Bestandteil des (hier stark verbreiterten) Franz-Josefs-Kais beziehungsweise Schwedenplatzes; durch diese topographische Veränderung wurde der Blick auf die Ruprechtskirche frei.
Gebäude
Vor der Jahrhundertwende entstand entlang des Franz-Josefs-Kais kein einziger Monumentalbau (vom weitläufigen Herminen-Hof abgesehen); erst Max Fabiani mit der Urania (1905) und Erich Boltenstern mit dem Ringturm haben den Kai an beiden Enden architektonisch aufgewertet.
- Nummer 3: Wohn- und Geschäftshaus der Architekten-Brüder Schwadron, erbaut 1904. Um 1929 Wohnung des Komponisten Erich Wolfgang Korngold.
- Nummer 5 (Biberstraße 28): Wohn- und Geschäftshaus des Architekten Hermann Stierlin, erbaut 1904.
- Nummer 9: Bundesministerium für Landesverteidigung, erbaut 1906/1907 von Friedrich Schön als Bürohaus "Industriepalast", nach 1938 "Reichsführung Heer", 1945 teilweise beschädigt; 1955 Umbau (Architektur Hirschmann) zum Bundesministerium für Landesverteidigung.
- Nummer 11-15 (alte Numeration; heute öffentlicher Grund): Herminen-Hof.
- Nummer 19 (ursprünglich Adlergasse 4): Wohnhaus mit "Theater der Courage"; Altbau (1880) von Fellner und Helmer, Neubau nach 1945 (Relief und Inschrift "Küß den Pfennig").
- Nummer 23 (Rotenturmstraße 24, Griechengasse 1; ursprünglich Adlergasse 2): ursprünglich "Hotel Habsburg", später "Excelsior"; erbaut 1889 von Wilhelm Fraenkel. Wohnhaus von Stella Kadmon (1974-1989; Gedankentafel). Vor dem Haus Trinkbrunnen von Hans Muhr (1992).
- Nummer 29 (ursprünglich Kohlmessergasse 5): Kleiner Seitenstettenhof (Neubau 1951-1956); an der Seitenfassade Relief von Kunibert Zinner nach der Vogelschau der Innenstadt von Joseph Daniel Huber (1785!); Intime Bühne.
- Nummer 31-33: Leopold-Figl-Hof; Altbau (Hotel Métropole) von Carl Schumann und Ludwig Tischler, erbaut 1871-1873 (1945 zerstört); davor Denkmal zur Erinnerung an die Opfer der Gestapo (die ihren Sitz im Hotel Métropole hatte). Treumanntheater (eröffnet 1. November 1860, abgebrannt 8./9. Juni 1863).
- Nummer 37 (Gölsdorfgasse 4): "Gotisches Haus", erbaut 1860-1862 in neugotischen Formen (Ziegelrohbau mit steinernem Eckerker) von Heinrich Ferstel; Geburtshaus von Hermann Broch.
- Gegenüber Nummer 49: Friauldenkmal.
- Nummer 55-57 (Eßlinggasse 17, Zelinkagasse 14): Doppelhaus Carl Förster, Österreichische Baugesellschaft (erbaut 1869/1870); in den Höfen kleine Brunnen (in der Eßlinggasse nur Rest erhalten).
- Nummer 59-61 (Schottenring 28-30, Gonzagagasse 22, Zelinkagasse 9-11): Ringturm; ursprünglich Bürgerspitalfondshaus (erbaut 1869/1870 von Carl Tietz, 1945 weitgehend zerstört).
Siehe auch: Donaukanal, Donaukanalbrücken, Morzinplatz, Schwedenplatz.
Literatur
- Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 45 f.
- Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 57 f.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 454
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 4. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, S. 506 ff.
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 7. Wiesbaden: Steiner 1969-19817, Register (Nummer 11-15, 37, 43, 49)
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 11. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, S. 230 ff.