Zum goldenen Löwen (1, Apotheke)

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zur Organisation
Art der Organisation Apotheke
Datum von 1594
Datum bis 23. August 1782
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 19148
GND
WikidataID
Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 8.07.2021 durch WIEN1.lanm08pil
  • 1., Goldschmiedgasse 2

Frühere Adressierung
  • Löwenapotheke (1409 JL)
  • "Ad leonem aureum" (Zum goldenen Löwen) (1595, bis: 1602)
  • "Ad lepores" (1602)
  • Zum goldenen Löwen (1604, bis: 1782)
  • Beym gulden Löwen (1616)

Es wurden noch keine Personen erfasst.

Die Karte wird geladen …

48° 12' 30.99" N, 16° 22' 17.96" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Gründung: vor dem 9. Mai 1594

Schließung: 23. August 1782 auf Anordnung Kaiser Josephs II.

Auf dem Stephansfreithof stand ein Eckhaus gegen den Roßmarkt (heute Stock-im-Eisen-Platz), in dem schon Anfang des 15. Jahrhunderts eine Apotheke untergebracht war (1409, "Löwenapotheke" des Meisters Lukas von Venedig). Das Haus, an der Ecke des Raubergassels gelegen, wurde zwar im Lauf der Jahre wiederholt umgebaut, beherbergte aber fast immer eine Apotheke.

Im Jahr 1594 eröffnete Andreas Starck eine Apotheke "in aula episcopali" (demnach im Bischofshof), vermutlich in jenem Geschäftslokal, das bis zum Ende des 15. Jahrhunderts die Apotheke "Zum schwarzen Bären" beherbergt hatte.

Da Starck es allerdings verabsäumt hatte, die Genehmigung der medizinischen Fakultät der Universität Wien einzuholen, protestierten acht etablierte bürgerliche Stadtapotheker – einig wie selten zuvor oder danach – gegen die Neugründung der Apotheke und forderten in einer Petition an die Fakultät deren Schließung. Trotz des Protestes wurde Starck zur Prüfung zugelassen und gab "glänzende Antworten" in lateinischer Sprache. Ebenso bereitete er Konfekt und bezahlte die Prüfungstaxe von fünf Gulden und erhielt nach der Eidesleistung das Zeugnis. 1595 ist erstmals das Schild "Ad leonem aureum" ("Zum goldenen Löwen") nachweisbar. Starck verstarb in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1601.

Starcks Nachfolge trat Bernhard Binelli (Bernardinus Binellus) an, der am 25. Februar 1602 von den Apothekern Johannes Klele und Boppo Müller geprüft wurde. Er übernahm anscheinend nicht das Apothekenschild seines Vorgängers, sondern ersetzte es durch "Ad lepores", worunter man Hasen, aber auch ein Sternbild verstehen kann. Binelli übersiedelte die Apotheke auf den Hohen Markt (beim Fischmarkt).

Schon 1604 wird Bartholomäus Waldtmann Besitzer der Apotheke. Eine genaue Lokalisierung der Löwen-Apotheke zu jener Zeit ist selbst über das Grundbuch nicht möglich. Es findet sich kein Haus in der Gegend, in dem die Apotheke nach der Lagebeschreibung untergebracht gewesen sein musste, im Besitz Binellis, Waldtmanns oder eines ihm nachfolgenden Apothekers.

Waldtmann benannte die Apotheke wieder "Zum goldenen Löwen" (die in den Quellen fortan wechselnde lateinische und deutsche Benennung sowie verschiedene Schreibweisen bleiben im Folgenden unberücksichtigt).

Eine Visitation der Apotheke führte in dem am 6. September 1606 ausgefertigten Bericht zu massiven Beanstandungen: Es wäre kaum das eine oder andere Medikament selektiert vorgefunden worden, ja, der meiste Vorrat sei schlecht gewesen. Außerdem habe Waldtmann, allerdings nicht als einziger der damaligen Apotheker, ohne Wissen der Fakultät opiumhältige "Theriaca Andromachi" (ein Schlangengegengift) und "Mithridatum Damocratis" hergestellt. Waldtmann musste am 7. September 1606 in der Fakultätsversammlung erscheinen und wurde streng ermahnt, seine Apotheke in Hinkunft besser zu führen und ausgewähltere Medikamente vorrätig zu halten, sofern er darauf Wert lege, seine Apotheke zu behalten.

Da das "Theriaca Andromachi" von Waldtmann nicht, wie vorgeschrieben, in Anwesenheit der Doktoren der Fakultät hergestellt worden war, entschied der Dekan der medizinischen Fakultät, Rechperger, der Apotheker dürfe das Medikament lediglich an das gemeine Volk und an Arme abgeben, und auch an diese nur auf deren ausdrückliches Verlangen. 1613 zog sich Waldtmann aus dem Apothekengeschäft zurück.

Neuer Besitzer wird 1613 der Apotheker Julius Peter Schürer (auch Petrus beziehungsweise Schierer). Bereits Ende Februar 1614 wurde die Apotheke visitiert und in erträglichem Zustand befunden. Bei der Apothekenvisitation des Jahres 1622 gab es keine, im Jahr 1624 nur geringfügige Beanstandungen. 1626 wurde alles in Ordnung befunden. 1623 kaufte Schürer zusammen mit seiner Gattin Maria das Haus Konskriptionsnummer 595 in der Goldschmiedgasse. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er die Apotheke in dieses Haus übersiedelte.

Nach Schürers Tod 1625 führte seine Witwe Maria Schürer die Apotheke bis 1626 mit Hilfe eines Provisors weiter. 1616 kaufte Johann Fetzer die Apotheke. Als Apothekenschild erscheint "Beym gulden Löwen". Wie schon anderen Apothekern auch, warf man am 24. September 1637 Fetzer vor, er übe gesetzeswidrig eine ärztliche Praxis aus. Dies wurde ihm unter Androhung der Schließung der Apotheke untersagt.

Fetzer übergab 1657 noch zu Lebzeiten die Leitung der Apotheke an seinen Sohn Johann Ferdinand, nachdem dieser am 12. Dezember 1657 geprüft worden war, dürfte allerdings die Konzession behalten haben. Persönlich zog er sich in eine unselbständige pharmazeutische Tätigkeit zurück: Er wird noch im selben Jahr als Provisor der Bürgerspitalapotheke genannt. Erst als sein Vater 1671 starb, wurde Johann Ferdinand Besitzer der Apotheke.

Bei den Apothekenvisitationen der Jahre 1667, 1668, 1670, 1671, 1672, 1673, 1675 und 1677 wurde die Apotheke stets in Ordnung befunden und es gab keinerlei Beanstandungen. Johann Ferdinand engagierte sich schon in jungen Jahren in öffentlichen Ämtern: Von 1669 bis 1671 und von 1676 bis 1677 war er Mitglied des Inneren Rats sowie von 1672 bis 1675 und nochmals 1678 Beisitzer im Stadtgericht.

Im Jahr 1671 kaufte Fetzer das Haus Konskriptionsnummer 595 (Teil B, Goldschmiedgasse 2), das 1665 einen Steuerwert von 950 Gulden hatte. Fetzer verstarb am 13. August 1678 im Alter von 45 Jahren. Er wird bei dieser Gelegenheit als Hofapotheker bezeichnet.

Seine hinterbliebene Witwe Apollonia Maria heiratete 1679 den am 13. Oktober 1678 geprüften Johann Ferdinand Mony (auch Moni, Monisch, Monus), der bereits bei ihrem verstorbenen Gatten als Provisor angestellt gewesen war. Da Mony jahrzehntelang, von 1683 bis zu seinem Tod, Mitglied des [Äußerer Rat| Äußeren Rats]] war und in den 1690er Jahren auch mehrfach in gremialen Funktionen aufscheint, erfreute er sich offensichtlich stets großer Anerkennung seitens seiner Mitbürger.

Um 1710 dürfte es dennoch, ohne dass man dies quellenmäßig belegen oder begründen könnte, bei der Führung der Apotheke zu wirtschaftlichen Turbulenzen gekommen sein. Am 3. Mai 1710 wurde jedenfalls beim Magistrat dazu ein umfangreicher Akt angelegt.

Fest steht, dass parallel zur Causa Mony auch eine Untersuchung gegen den Besitzer der Mohren- Apotheke (damals "Zum Äthyopen"), Johann Josef Fetzer, eingeleitet wurde. Gremium, Fakultät und Regierung mussten sich mit dem Fall beschäftigen, was schließlich dazu führte, dass Mony ins Schuldgefängnis eingeliefert wurde, wogegen Fetzer über ein Jahr lang untertauchte (er hatte sich in dieser Zeit, wie es heißt, "unsichtbar gemacht").

Die Gläubiger, die fürchteten, der bereits entstandene Schaden könne sich noch vergrößern, bedrängten die Fakultät, sie möge Mony und Fetzer wieder als Leiter der Apotheken einsetzen, was dann auch geschah. Aber selbst das Engagement der Gläubiger vermochte die Apotheke "Zum goldenen Löwen" nicht aus der Krise herauszuführen. Mony verstarb am 21. September 1720.

Als nachfolgender Besitzer wird Franz Augustin Cunz genannt, der Provisor in der Apotheke gewesen war, ohne dass ein genaues Jahr eruierbar wäre. Cunz wurde bereits am 20. März 1718 mit seiner Gattin Katharina ins Grundbuch eingetragen, musste das Haus aber bereits ein Jahr darauf seinem Hypothekargläubiger Johann Jakob Maltheser Edler von Lehenshofen überlassen. Von 1719 bis 1735 war Cunz Mitglied des Äußeren Rats.

Nach etwa achtjährigem Wirken ging die Apotheke am 30. Juli 1728 von Cunz, der sich von da an offenbar ausschließlich auf seine öffentlichen Aufgaben konzentrierte, an den damals 42-jährigen Franz Anton Mafficioli über. Dieser starb im April 1741 im Alter von 55 Jahren.

Anna Theresia Mafficioli führte die Apotheke mit Hilfe eines Provisors bis 1759 als Witwenbetrieb weiter. Von 1759 bis 1782 war ihr Sohn Franz Anton Mafficioli der Jüngere (zuvor Besitzer des Hauses "Zum goldenen Männlein") Besitzer der Apotheke. Mafficioli spielte im Apothekerkollegium eine bedeutende Rolle. Er war von 1769 bis 1774 Subsenior und Administrator der Filialapotheken des Gremiums, wurde am 31. Oktober 1778 neuerlich auf ein Jahr zum Subsenior des Kollegiums gewählt und fungierte in dieser Eigenschaft auch als Aufsichtsperson im Zusammenhang mit den Medikamentenlieferungen an die Armee, die während des Bayrischen Erbfolgekriegs erfolgten. Als bei diesen Lieferungen Medikamentenverfälschungen aufgedeckt wurden, führte dies zu rigorosen Maßnahmen Josephs II., die nicht nur Mafficiolis beruflicher Laufbahn ein jähes Ende setzten, sondern auch den gesamten Apothekerstand schwer beschädigten.

Mit dem 23. August 1782 ließ der Kaiser das Gremium aufheben und seine sämtlichen Privilegien außer Kraft setzen. Die Filialapotheken des Gremiums wurden geschlossen. Es folgte die Freigabe von Apothekengründungen für geprüfte Provisoren. Am gravierendsten für die Löwen-Apotheke war allerdings deren strafweise Schließung, zusammen mit drei anderen Apotheken, deren Besitzer die manipulierten Medikamente hergestellt hatten. Obwohl man Mafficioli, der als Aufsichtsperson für die Lieferungen an die Armee fungiert hatte, persönlich weder Verschulden noch böse Absicht oder grobe Fahrlässigkeit nachweisen konnte, wurde seine Apotheke ebenfalls geschlossen. Mafficioli starb kurze Zeit später im Jahr 1782. Mit seinem Tod endet die Geschichte der Apotheke "Zum goldenen Löwen". Seine acht unmündigen Kinder versuchten mit Hilfe ihres Vormunds vergeblich, die Genehmigung zur Fortführung der Apotheke zu erhalten. Es wurde ihnen lediglich gestattet, die Einrichtung der Apotheke zu verkaufen. Wem die Kinder die Einrichtung verkauften, lässt sich aufgrund der Quellenlage nicht mehr eruieren.

Die Apotheke wird häufig mit der Apotheke "Zum goldenen Greif" verwechselt. 1800 kam das Haus in den Besitz des Josef Arthaber, der Schildname erlosch; es hieß später Arthaberhaus. 1893 wurde es durch einen in seiner Baulinie zurückgeschobenen Neubau von Ferdinand Fellner und Hermann Gottlieb Helmer ersetzt.


Besitzerliste

  • 1594–1602 Andreas Starck
  • 1602–1604 Bernhard Binelli
  • 1604–1613 Bartholomäus Waldtmann
  • 1613–1625 Julius Peter (Petrus) Schürer, † vor 23. März 1626
  • 1625–1626 Maria Schürer (Witwenbetrieb)
  • 1626–1657/1662 Johann Fetzer (Kauf), † 23. November 1662
  • 1657/1662–1678 Johann Ferdinand Fetzer (Erbe), * 1633, † 13. August 1678
  • 1678–1720 Johann Ferdinand Mony, † 21. September 1720
  • 1720–1728 Franz Augustin Cunz, † nach 1735
  • 1728–1741 Franz Anton Mafficioli senior, * 1686, † 20. April 1741
  • 1741–1759 Anna Theresia Mafficioli (Witwenbetrieb), † 1760
  • 1759–1782 Franz Anton Mafficioli junior (Sohn)

Standorte

Apothekenschild

  • … 1595 … "Ad leonem aureum"
  • … 1602 … "Ad lepores"
  • circa 1623(?)–1782 "Zum goldenen Löwen"

Literatur

  • Felix Czeike: Geschichte der Wiener Apotheken, Die Apotheken im heutigen ersten Wiener Gemeindebezirk. Innsbruck: Studienverlag. Band 50, 2010, S. 567-583
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]).
  • Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 90
  • Leopold Hochberger / Joseph Noggler: Geschichte der Wiener Apotheken. Wien: Verlag des Wiener Apotheker-Hauptgremiums 1917-1919, S. 287 f.