Vinzenz Eduard Milde

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Vinzenz Eduard Milde, Portraitgemälde, Erzdiözese Wien.
Daten zur Person
Personenname Milde, Vinzenz Eduard
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 5419
GND 118733923
Wikidata Q688653
Geburtsdatum 11. Mai 1777
Geburtsort Brünn, Mähren
Sterbedatum 14. März 1853
Sterbeort Wien
Beruf Bischof, Priester, Pädagoge
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Erzdiözese Wien, Erzdiözese, katholische Kirche, Katholiken, Bistum, Erzbistum, Johann Michael Häusle, Johann Emanuel Veith, Revolution 1848
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 31.03.2023 durch WIEN1.lanm08trj
Begräbnisdatum
Friedhof Stephansdom
Grabstelle
Bildname Milde eb Sek AS bearb.jpg
Bildunterschrift Vinzenz Eduard Milde, Portraitgemälde, Erzdiözese Wien.
  • 1., Rotenturmstraße 2 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Bischof von Leitmeritz (1823 bis 28.12.1831)
  • Fürsterzbischof von Wien (28.12.1831 bis 14.03.1853) Namensgeber des Mildeplatzes

Vinzenz Eduard Milde, * 11. Mai 1777 Brünn, Mähren (Brno, Tschechische Republik), † 14. März 1853 Stadt 869 (1., Rotenturmstraße 2, Erzbischöfliches Palais; Stephansdom, Grabdenkmal nach Entwurf von Franz Sitte [1853] links vom Eingang der Katharinenkapelle), von 1832 bis 1853 Fürsterzbischof von Wien, Pädagoge.

Biografie

Werdegang

Vinzenz Eduard Milde wurde am 11. Mai 1777 in Brünn in Mähren (heute Brno, Tschechische Republik) als Sohn eines Buchbinders geboren. Von 1788 bis 1792 besuchte er das Gymnasium in Brünn. Nach einem Studium der Philosophie, Mathematik und Physik in Wien und Olmütz (heute Olomouc, Tschechische Republik) trat er 1794 ins Wiener Priesterseminar ein.

Nach dem Abschluss des Theologiestudiums (1798) arbeitete er als Korepetitor für orientalische Sprachen, als Studienpräfekt am Wiener Priesterseminar und als Katechet in Alt-Lerchenfeld. Nach der Priesterweihe am 9. März 1800 wurde er Kooperator an der Wiener Pfarre "Zu den Neun Chören der Engel" Am Hof. Ab 1802 erfolgte die Berufung zum Katecheten an der Haupt- und Normalschule (Lehrerseminar) zu St. Anna und zum Religionsprofessor am Zivil-Mädchenpensionat. Im Jahr 1805 wurde Milde zum Hofkaplan und Hofburgpfarrvikar nominiert.

Universitätslehre und Pädagogik

1806 wurde er auf den Lehrstuhl für “Unterweisung und Erziehung der Jugend” an der philosophischen Fakultät der Universität Wien berufen. Bis 1810 war er Professor für Religionspädagogik und Katechetik (erste Lehrkanzel für Erziehungskunde).

Milde war der bedeutendste Pädagoge des vormärzlichen Österreich, behielt als gemäßigt aufklärerisch eingestellter Mann Distanz zu den Übertreibungen und Einseitigkeiten des extremen Rationalismus, schenkte auch der körperlichen Erziehung und der Selbstverwirklichung des jungen Menschen Beachtung und war in der Behandlung straffälliger Jugendlicher seiner Zeit weit voraus. Einen bedeutenden Schritt auf dem Gebiet moderner Pädagogik ging Milde auch durch die Errichtung von Hilfsschulen für weniger begabte Kinder. Ferner stand er der Regierung als Gutachter für pädagogische und sozialpädagogische Fragen zur Verfügung.

Er verfasste ein Lehrbuch der Erziehungskunde ("Lehrbuch der allgemeinen Erziehungskunde" in 2 Bänden, 1811-1813), in dem er (unter Heranziehung pädagogischer, psychologischer und medizinischer Literatur) eine eigenständige Erziehungslehre entwickelte, das über den zeitgenössischen Methodikbüchern stand und ab 1821 offiziell für den Unterricht vorgeschrieben wurde.

Pfarrer

Ab 1810 wirkte Milde als Pfarrer in Wolfpassing an der Hochleithen (Niederösterreich), wo er Urkunden und Notizen zur Pfarrgeschichte sammelte, ab 1814 in der Pfarre Krems, wo er auch zunehmend Verantwortung für die Schulaufsicht des Dekanates übernahm. In Krems verfasste er auch eine Instruktion für Strafanstaltsseelsorger. Zudem entwarf Milde Gutachten für die Regierung in Erziehungsfragen und arbeitete insgesamt, vom Geist der katholischen Aufklärung geprägt, in gutem Einvernehmen mit den staatlichen und städtischen Behörden zusammen. Ab 1818 richtete er eine Dekanatsbibliothek für den Pfarrklerus ein.

Bischof von Leitmeritz

Am 16. Jänner 1823 nominierte ihn Kaiser Franz I. zum Bischof der nordböhmischen Stadt Leitmeritz (heute Litoměřice, Tschechische Republik), die Bischofsweihe erfolgte am 13. Juli 1823 in Krems durch den Wiener Weihbischof Steindl.

In seinem Bischofsamt in Leitmeritz widmete sich Milde insbesondere der Klerikeraus- und Fortbildung sowie der wirtschaftlichen Absicherung der Priester und Lehrer. Im Jahr 1831 ordnete er dem Klerus seiner Diözese an, trotz einer Choleraepidemie weiterhin Seelsorge in ihren Pfarren zu verrichten.

Fürsterzbischof von Wien

Vinzenz Eduard Milde wurde am 28. Dezember 1831 als erster Bürgerlicher seit Jahrhunderten zum Fürsterzbischof von Wien nominiert und am 31. Mai 1832 in sein Amt eingeführt.

In seinem Bischofsamt in Wien widmete sich Milde insbesondere der Visitation der Pfarren der Diözese, wobei er auf die systematische Führung der Pfarrchroniken und Matriken (Instruktion 1832) ebenso Wert legte wie auf das obligatorische Verfassen von Predigten durch seine Pfarrer. Zudem formulierte er 1832 ein neues Statut für das Wiener Priesterseminar und setzte sich für die Priesterausbildung und -weiterbildung ein.

Milde schuf verschiedene karitative Einrichtungen (beispielsweise Waisenhäuser), berief 1832 den Orden der Barmherzigen Schwestern nach Wien (dem er das Spital in der Gumpendorfer Straße übergab) und stiftete die Kapelle zum Allerheiligsten Erlöser am Kreuz im Priesterkranken- und Defizientenhaus (3., Ungargasse 38).

Revolution 1848 und erste Bischofskonferenz

Während der Revolution 1848 zog sich Milde auf das Schloss Kranichberg (Niederösterreich) zurück, das Fürsterzbischof Christoph Anton Migazzi 1768 erworben hatte, und nahm eine abwartende Haltung ein, die man ihm verübelte.

Im Zuge der Revolution von 1848 entwickelten Teile des (vor allem niederen) Klerus und der katholischen Laien starke Wünsche und Vorstellungen in Richtung “Kirchenunabhängigkeit” und forderten die Beseitigung der josephinischen Gesetzgebung. Einige Geistliche wollten sich auch publizistisch oder politisch stärker betätigen oder Vereine gründen. Milde lehnte jedoch alle Reformwünsche ab und gab am 19. März 1848 einen Erlass heraus, in dem er vom Klerus ausdrücklich politische und publizistische Zurückhaltung einforderte.

Während seiner Abwesenheit von Wien übernahmen der Salzburger Fürsterzbischof Kardinal Friedrich zu Schwarzenberg und der Seckauer Fürstbischof Joseph Othmar von Rauscher, der Milde als Erzbischof von Wien nachfolgte, die Initiative. Sie leisteten Vorarbeiten für die Einberufung der ersten gesamtösterreichischen Bischofskonferenz, in der das Verhältnis der katholischen Kirche zur neuen Staatsverfassung ausgehandelt werden sollte. Die erste Konferenz fand von 30. April bis 17. Juni 1849 in Wien in insgesamt 60 Sitzungen statt. Die Ergebnisse der Beratungen, bei denen auch Theologieprofessoren und Domkapitulare teilnahmen, legten die Bischöfe der Regierung mithilfe verschiedener Eingaben vor; es ging u. a. um die Themen Ehe, Schule und Religionsunterricht, kirchliches Vermögen und Religionsfonds, Klosterwesen und Ausbildung der Priesterseminaristen.

Trotz dieser Spannungen betrieb Milde als Fürsterzbischof eine ausgleichende kirchliche Politik und wesentlichen Einfluss auf die geistige Haltung Wiens im 19. Jahrhundert aus.

Stiftung

Im Jahr 1852 erwarb Milde das Haus 7, Siebensterngasse 29, Kirchengasse 30, und widmete es testamentarisch einer Stiftung „für arme, ohne ihr Verschulden in Not geratene Priester des weltlichen Klerus und für arme Schullehrer der Erzdiözese Wien" ("Milde-Stiftung", 1857).

Tod

Vinzenz Eduard Milde starb am 14. März 1853 und wurde im Wiener Stephansdom beigesetzt.

Siehe auch

Quellen

Diözesanarchiv Wien, Bischofsakten.

Literatur

  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, Register
  • Maria Bauer: Vincenz Eduard Milde. Gehalt, Quellen und Wirkungen seiner Pädagogik. Langensalza: Beyer 1928 (Philosophische und pädagogische Arbeiten, Reihe 5: Geschichte der Pädagogik, 6), (Pädagogisches Magazin, 1199)
  • Viktor Flieder [Hg.]: Festschrift Franz Loidl zum 65. Geburtstag. 3 Bände. Wien: Brüder Hollinek 1971, S. 83 ff.
  • Erwin Gatz: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder, 1785/1803 bis 1945: Ein biographisches Lexikon. Berlin: Duncker&Humblot, Band 4, S. 508-511
  • Rudolf Gönner: Die österreichische Lehrerbildung von der Normalschule bis zur Pädagogischen Akademie. Wien: Österreichischer Bundesverlag für Unterricht, Wissenschaft und Kunst 1967, S. 100 ff.
  • Sylvia Erna Koukolik: Studien zur Geschichte der Wiener aus den Ländern der böhmischen Krone in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diss., Univ. Wien. Wien 1971, S. 161 ff.
  • Elisabeth Kovács: Die Persönlichkeit des Wiener Fürst-Erzbischofs Vinzenz Eduard Milde im Spiegel der Historiographie. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 34 (1978), S. 218 ff.
  • Franz Loidl / Martin Krexner: Wiens Bischöfe und Erzbischöfe. Vierzig Biographien. Wien: Schendl 1983, S. 72 f.
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 30, S. 124
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag 1918, S. 348
  • Hans Rotter: Neubau. Ein Heimatbuch des 7. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1925, S. 188
  • Ernst Tomek: Das Zeitalter der Aufklärung und des Humanismus. Innsbruck - Wien - München: Tyrolia 1959 (Kirchengeschichte Österreichs 2), S. 686-713
  • Renate Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19. Jahrhundert. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1970, S. 114
  • Wetzer und Welte's Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hülfswissenschaften. Band 8: Literae apostolicae bis Mythologie. Freiburg <Breisgau>: Herder ²1882, Sp. 1513-1514
  • Josef Wodka: Kirche in Österreich: Wegweiser durch ihre Geschichte. Wien: Herder 1959, S. 325-327
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923