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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 9.11.2017 durch DYN.michael hoefel

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(Weinbau, Weinlese, Weinwirtschaft).

Der wirtschaftliche Wohlstand Wiens beruhte bis ins 16. Jahrhundert auf dem Weinbau und dem Transithandel. Bereits in der Antike wurde seit den Römern Wein angebaut (siehe: Marcus Aurelius Probus). Kaiser Rudolf von Habsburg, der Wien 1276 belagerte, drohte, die Wiener Weingärten zu verwüsten. Die ältesten Weingärten gehen urkundlich auf das 12. Jahrhundert zurück. Die Gärten lagen auf der Landstraße, Wieden, Matzleinsdorf, Gumpendorf, Lerchenfeld und in Hernals, Währing und Döbling. Auch in der inneren Stadt sollte es welche gegeben haben.

Bereits für das 13. Jahrhundert sind Berichte, die über schlechte Weinernten im Zusammenhang mit schlechter Witterung (wie beispielsweise frühem Frost, Hagel oder starkem Reif) klagen, so beispielsweise für die Jahre 1253, 1322, 1347, 1405, 1433, 1443, 1457, 1458 und 1484. Aber auch eine gute Weinernte ist beispielsweise für das Jahr 1313 überliefert. Wichtig waren vor allem die wirtschaftlichen - und die damit verbundenen sozialen - Auswirkungen von schwachen Ernten, die für Teile der Bevölkerung existenzbedrohende Auswirkungen annehmen konnten. Dementsprechend ist auch die Einfuhr der Weinsteuer im Jahr 1383 und damit verbundene Regulierungen des Weinmarkts 1386 überliefert. Während der Belagerung durch Matthias Corvinus 1484 wurde sogar ein mehrwöchiger Waffenstillstand allein zum Einbringen der Weinernte ausgehandelt.

1464 war eine der meistgenannten Weinsorten der Gumpendorfer: dessen Riede waren die größten. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts musste Herzog Albrecht V. die Anlage neuer Weingärten verbieten, "damit der Wein nicht zu billig und das Getreide nicht zu teuer wurde". Die Weingartenbesitzer durften ihren eigenen Wein ausschenken. Der Wein bildete zwar eine sehr wichtige Einnahmequelle, sorgte aber laut Antonio Bonfini auch für negatives Ausschreiten: Schlägereien seien keine Ausnahme gewesen.

Während letzterer nach 1515 (teilweise Preisgabe des Stapelrechts) zunehmend von den Niederlegern beherrscht wurde und überdies wegen Verlagerung der Haupthandelswege zurückging, blühte die Weinwirtschaft bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Das Anbaugebiet reichte von den Wienerwaldhängen bis weit in die Vorstadtzone (beispielsweise Landstraße und Laimgrube). Fast jeder Bürger, aber auch viele Klöster und der Landesfürst selbst besaßen Weingärten, entweder als Bergherren (Obereigentümer mit Zinsanspruch) oder als unmittelbare Inhaber. Für die Bewirtschaftung galt ein Sonderrecht, über dessen Einhaltung ein vom jeweils vorherrschenden Bergherrn bestellter Bergmeister wachte, die Hauer waren gewerbsmäßig organisiert. Die vier bis sieben Wochen dauernde Weinlese musste vor dem 11. November abgeschlossen sein. Die Trauben wurden an Ort und Stelle zerstampft, die Maische kam in Bottichen in die Weinkeller, in denen der Wein dann auch in Fässern gelagert wurde.

Der Wein wurde teilweise exportiert (meist auf der Donau bis Bayern); die Fässer wurden von Fassziehern auf Fuhrwerken zur Donau transportiert und verladen. Der entgeltliche Ausschank in Wien war den bürgerlichen Weingartenbesitzern ohne Einschränkung erlaubt, den nichtbürgerlichen (insbesondere Klöstern) nur in begrenzten Kontingenten. Streng verboten war die Einfuhr landfremder, vor allem ungarischer und südländischer Weine (letztere durften ab 1370 nur zwecks Ausschanks in der städtischen Taverne und ab 1481 nur mit teuren Lizenzen importiert werden).

Abgaben, die mit dem Wein zusammenhingen, waren der Weinzehent (Quote der geernteten Menge, ursprünglich an den Landesfürsten und den Bischof zu entrichten), die Weinsteuer (von der Stadt Wien bei der Lese an der Burgfriedensgrenze eingehoben), das Ungeld und die Wassermaut (auch als Weinmaut bezeichnet; bei Ausfuhr am Donauufer vor dem Roten Turm zugunsten des Landesfürsten und der Stadt Wien eingehoben).

Der Rückgang des Wiener Weinbaus im 17. Jahrhundert war vor allem durch das Wachstum der Stadt (Umwandlung von Weingärten in Bau- oder Gartenparzellen) nach der Türkenbelagerung 1683 bedingt und hatte Liberalisierungsmaßnahmen beim Import zur Folge.


Quellen

Literatur

  • Friedrich Arnold: Wiener Weinwanderwege. Wien: Deuticke 1996
  • Bezirksheimatbücher
  • Otto Brunner: Die Finanzen der Stadt Wien. Von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1929 (Studien aus dem Archiv der Stadt Wien, 1/2), S. 10, 57 f., 97, 120, 214 ff.
  • Albert Elmar: Ottakring und der Wein. In: Geschichte der Stadt Wien 4, S. 104 ff.
  • Helmuth Feigl: Die niederösterreichische Grundherrschaft. In: Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich 16 (1964), S. 155 ff., 229 ff., 243 ff.
  • Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918, Bände 2/2 und 4
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 307 f.
  • Karl Holubar, Wolfgang Christian Huber: Von Rebstock und Riesenfaß. Katalog, Klosterneuburg 1994
  • Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitgenossen berichten. 1995
  • Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens. Festgabe zum 80. Geburtstag. Hg. von Hubert Kaut. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1969 (Wiener Schriften, 29), S. 103 f. (Weinverfälschung)
  • Richard Perger, Weinbau und Weinhandel in Wien im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. In: Stadt und Wein. In: Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas (Hg. Ferdinand Opll) 14 (Linz 1996), S. 207 ff.
  • Leopold Schmidt: Wiener Volkskunde. 1940, S. 56 f. (Weinlese)
  • Herbert Tschulk: Wein und Weinhandel im Wiener Raum im Hoch- und Spätmittelalter (Prüfungsarbeit IföG, 1983)
  • Herbert Tschulk: Weinbau im alten Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 37 (1982), Beiheft 7
  • Herbert Tschulk: Weinverfälschung in alter Zeit. In: Wiener Geschichtsblätter 40 (1985), S. 119 ff.