Am Hof 2: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Zeile 6: Zeile 6:
 
|Architekt=Franz Anton Hillebrand
 
|Architekt=Franz Anton Hillebrand
 
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien; Paul Harrer: Wien, seine Häuser;
 
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien; Paul Harrer: Wien, seine Häuser;
 +
|Bildname=HMW 034087 00001.jpg
 +
|Bildunterschrift=Seitzergasse 1,  Kriegsministerium,  um 1908
 +
|Bildquelle=HMW 34087/1, Foto: A. Stauda
 +
|Bildrechte=Wien Museum
 
}}
 
}}
 
{{Adresse
 
{{Adresse

Version vom 25. Februar 2015, 16:17 Uhr

Seitzergasse 1, Kriegsministerium, um 1908
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Kriegsministerium, Armeeoberkommando, Reichskriegsministerium
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Franz Anton Hillebrand
Prominente Bewohner
PageID 25579
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 25.02.2015 durch DYN.lanmushot
Bildname HMW 034087 00001.jpg
Bildunterschrift Seitzergasse 1, Kriegsministerium, um 1908
  • 1., Am Hof 2
  • 1., Bognergasse 4
  • 1., Seitzergasse 1-3

Frühere Adressierung
  • Nr.: 234 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 421 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 454 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)

Die Karte wird geladen …

48° 12' 38.33" N, 16° 22' 4.81" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kartenausschnitt aus Wien Kulturgut

Hofkriegsratsgebäude (1, Am Hof 2 [früher 17], Bognergasse 4, Seitzergasse 1-3; Konskriptionsnummer 421).

Eine am heutigen Haus angebrachte Gedenktafel verdeutlicht die Nutzung dieses Grundstücks: "An dieser Stelle stand ein Hof der Babenberger Markgrafen und Herzoge, später für die herzogliche Münze verwendet. Das Haus wurde 1386 den Karmelitern übergeben, kam 1554 in den Besitz des Jesuitenordens und ward zum Kriegsgebäude umgebaut, 1775-1913 Sitz der obersten Kriegsbehörde, zuletzt das Kriegsministerium."

Vorgängergebäude

Herzogshof und Münzstätte

Wie bereits in der Gedenktafel erwähnt, stand hier der alte Herzogshof. Seine erste urkundliche Nennung stammt aus dem Jahr 1156. Nachdem dieser seine Funktion verloren hatte, wurde er als landesfürstliches Münzhaus genutzt. Der genaue Zeitpunkt ist jedoch nicht bekannt, es dürfte aber um 1280 geschehen sein. Bereits 1294 ist auch die Schlagstube in der Landskrongasse belegt, doch blieb der hier gelegene Münzhof noch fast ein Jahrhundert lang in Verwendung.

Karmeliten

1386 schenkte Herzog Albrecht III. das Areal den Karmeliten. Bereits davor muss die Verlegung der Münzstätte in die Wollzeile (Wollzeile 6-8, Schulerstraße 1-3) stattgefunden haben, denn schon am 26. März 1375, also elf Jahre vor der Schenkung, wird in einer Urkunde von einem Prior des Kloster im Münzhof gesprochen. Auch am 14. März 1384 wird bei einem Am Hof gelegenen Haus in einer Verkaufsurkunde erwähnt, dass es sich neben dem Kloster der Karmeliten befand. Die Schenkung erfolgte aber erst am 4. Februar 1386, nachdem das Karmelitenkloster Im Werd abgebrannt war.

1386-1418 wurde anstelle des landesfürstlichen Münzhauses und neun angrenzender Bürgerhäuser das Karmelitenkloster errichtet. Im Jahr 1421 wurde ein weiteres, angrenzendes Haus erworben und 1435 wurde dem Kloster ein zusätzliches Gebäude für Vigil und Seelenamt (Beten für die Spender) überlassen (Haus Stadt 316, Wipplingerstraße 14). Durch weitere Schenkungen und Erwerbungen erweiterten die Karmeliten ihren Besitz immer mehr, bis das Kloster im Zuge der Reformation in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verödete und schließlich keine neuen Mönche mehr fand. Eine Vistitation im Jahr 1550, als hier nur mehr ein Pater lebte, ergab, dass in den Klosterräumen ganze Familien wohnten, ohne dafür eine Erlaubnis zu besitzen oder Miete zu bezahlen.

Jesuiten

Ferdinand I. schenkte das Gebäude 1554 den Jesuiten zur Einrichtung ihres Kollegiums, da diese die Auswirkungen der Reformation bekämpfen sollten (zu dieser Zeit war bereits die Hälfte der Wiener Bevölkerung protestantisch). Durch den Reichtum dieses Ordens, der durch viele Schenkungen, Vermächtnisse und Handelsunternehmen gefördert wurde, war es den Jesuiten möglich, große Kollegien zu errichten und junge Menschen unentgeltlich zu unterrichten. Bereits am 11. Dezember 1550 richtete Kaiser Ferdinand einen Brief an den Ordensgründer Ignatius von Loyola, in dem er diesen bat, in Wien eine Niederlassung zu errichten. Diesem Wunsch wurde schnell nachgekommen und bereits Ende 1551 zählte das Kloster 22 Mitglieder, von denen allerdings nur zwei deutschsprachig waren. Auf die Bitte Ferdinands, mehr deutschsprachige Mitglieder nach Wien zu entsenden, schickte Ignatius von Loyola die beiden Ingolstädter Professoren Petrus Canisius und Nikolaus Goudanus nach Wien. Gegen Ende des Jahres 1553 bestand die Schule bereits aus drei Klassen und zählte hundert Schüler, wodurch die Eröffnung einer vierten Klasse notwendig wurde. Nachdem es zu Konflikten zwischen Jesuiten und Dominikanern gekommen war (diese fürchteten, von den Jesuiten verdrängt zu weren, da die Jesuiten kein Schulgeld nahmen), schenkte Ferdinand I. den Jesuiten das ehemalige Karmelitenkloster. Der letzte verbliebene Karmelitenmönch wurde mit einer Pfarre bei Korneuburg entschädigt.

In der Folge wurde das Gebäude adaptiert. Da die Anzahl der Schüler auf 180 angewachsen war, wurde eine fünfte Klasse und im darauffolgenden Jahr auch eine sechste Klasse geschaffen. Am Unterricht der Jesuiten nahmen vereinzelt sogar Erwachsene teil. Offensichtlich nahmen die Umbauarbeiten längere Zeit in Anspruch, da die Stadt 1556 den Jesuiten 6.000 Ziegel für den Umbau schenkte. Der geistliche Leiter der Jesuiten in Wien, Petrus Canisius, gab sich mit dem Erfolg der Schule nicht zufrieden und forderte einen weiterführenden geistlichen Unterricht, da Eltern und Freunde den guten Einfluss der Schule wieder vernichten würden. 1558 gründete er daher ein Armenseminar, das dem großen Priestermangel entgegenwirken sollte. Im September 1555 fand in Wien die erste Aufführung eines Jesuitendramas (Tragödie "Euripides") statt, welcher der Hof, die Universität und die Bürgerschaft beiwohnten.

Durch den großen Erfolg der Jesuiten reichte der zur Verfügung stehende Platz bald nicht mehr aus. Pater Grimm berichtet: "Für unsere mehr als 40 Mitbrüder haben wir nur 25 Zimmer, so daß in vielen Zimmern gegen die Gewohnheit und nicht ohne Unbequemlichkeit zwei zusammen wohnen müssen. Auch die Schulen reichen nicht aus, da wir für die acht Klassen nur fünf Schulzimmer haben, so daß zwei Lehrer in einem Schulzimmer unterrichten müssen und der eine den anderen nicht selten stört. Die Bibliothek ist viel zu klein, es können dort kaum vier Scholastiker studieren und für die Aufstellung unserer nicht zahlreichen Bücher ist nicht genug Platz." Kurz darauf wurde in unmittelbarer Nähe ein Neubau errichtet, zu dem der Kaiser 1.000 Taler beisteuerte. Auch dieser Bau reichte bald nicht mehr aus, wodurch die Jesuiten gezwungen waren, auch fremde Häuser in Anspruch zu nehmen.

Am 22. April 1607 brannten neben der Kirche auch die Schule und das Kolleg ab. Noch in den Ruinen wurde der Unterricht wieder aufgenommen. Der 1625 vollendete Neubau diente fortan als Professhaus des Ordens (Unterkunft für Priester und Missionare), wogegen das Kollegium in den 1623 bis 1625 entstandenen Neubau der Universität (Alte Universität) übersiedelte. Das Professhaus war gegen den Platz Am Hof zu dreistöckig, ansonsten zweistöckig. Der Eingang befand sich in der Seitzergasse, die Fassaden waren einfach gestaltet. Der an die Kirche (Alte Jesuitenkirche) grenzende größere Hof war vom Kreuzgang umschlossen, ein kleinerer Hof lag gegen die Bognergasse zu. An der Ecke Bognergasse-Seitzergasse befand sich eine Maria Schnee und dem heiligen Rochus geweihte (1635 vollendete) Kapelle, die für die italienische Landsmannschaft in Wien bestimmt war und deshalb "Welsche Kapelle" genannt wurde. An der Ecke Bognergasse/Am Hof stand außerdem ein aus der Babenbergerzeit stammender Turm, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts abgerissen wurde. Die Jesuiten erwarben noch mehrere Häuser und "Häuseln", bei denen unklar ist, ob sie mit dem Kloster verbaut wurden.

Der Einfluss der Jesuiten auf das Schulwesen stieg immer mehr. Ab 1623 wurde ihnen sogar die Leitung der Universität und die Bücherzensur übertragen. Nur der Elementarunterricht wurde anderen überlassen, aber vom Orden überwacht. Canisius verfasste auch einen leicht verständlichen Katechismus. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts fanden "katechetische Prozessionen" vom Professhaus zum Stephansdom statt. Dabei wurden Fahnen und Symbole, welche die Sakramente, die neun Chöre der Engel oder Ähnliches darstellten, den Schülern vorangetragen. Die Prozessionen wurden von kostümierten Fackelträgern begleitet. Unterwegs wurden geistliche Lieder gesungen. An solchen Veranstaltungen nahmen etwa 2.000 Kinder teil. Da Theateraufführungen ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung waren, wurde im Hof des Kollegiums eine Bühne errichtet, die jedoch bald in einen Saal, der mit allen erdenklichen technischen Mitteln ausgestattet war. Hier gab es unter anderem Flugmaschinen, Versenkungen, bewegliche Wolken und eine Hinterbühne für Schlachtenszenen, auf der sogar Seekämpfe dargestellt werden konnten. Selbst Pferde wurden auf die Bühne geholt. Aufführungen, die im Zusammenhang mit religiösen Erinnerungstagen standen, fanden in der Kirche statt. Erst durch die italienische Oper verloren die Jesuitendramen an Reiz und wurden ab 1754 nicht mehr aufgeführt. Die Requisiten kamen in den Besitz des Hofes, der damit ein neues Theater in der Favorita austatten wollte, welches aber nie errichtet wurde.


Hofkriegsratsgebäude

Nach der Aufhebung des Jesuitenordens (1773) durch den Papst fiel das Gebäude mit dem benachbarten Schulhaus an den Staat und wurde zum Sitz des Hofkriegsrats bestimmt. Der Umbau (1774/1775 nach Entwürfen von Franz Anton Hillebrand) behielt die Substanz des einstigen Professhauses bei (wichtigste Änderungen: Erhöhung auf vier Stockwerke [nur der Trakt gegen die Kirche blieb dreistöckig], neue Dächer, je zwei Portale Am Hof und in der Seitzergasse, zusätzlicher Portikus auf fünf Pfeilern Am Hof, mächtiger Giebel mit Doppeladler, Hauptstiege im Inneren). An der Fassade wurden militärische Embleme abgebracht. 1857 wurde auch der kirchenseitige Trakt auf vier Stockwerke erhöht, 1892 wurde das von Caspar Zumbusch geschaffene Radetzkydenkmal vor dem Hofkriegsratsgebäude aufgestellt. 1912/1913 wurde das Gebäude abgebrochen. Drei Portale wurden 1913 vom Möbelhändler Max Schmidt erworben und in sein Kiscelli kastely (Schloß Kleinzell; Budapest 3, Kiscelli utca 108; heute Neuzeitliche Abteilung des Historischen Museums der Stadt Budapest) eingebaut.

Das Hofkriegsratsgebäude war 1776-1912 Sitz der obersten Militärbehörde (Hofkriegsrat und anderen Dienstellen als Kriegskanzlei) der Monarchie. Es nahm 1776-1848 den Hofkriegsrat, 1848-1853 das Kriegsministerium, 1853-1860 das Armeeoberkommando, 1860-1867 neuerlich das Kriegsministerium beziehungsweise 1867-1912 das Reichskriegsministerium auf. Am 6. Oktober 1848 war es Schauplatz der Ermordung des Kriegsministers Theodor Graf Baillet de Latour. 1913 übersiedelte das Kriegsministerium in ein neues Gebäude, das Kriegskanzleihaus wurde abgebrochen und durch ein Bankgebäude ersetzt (heute: Wien 1, Am Hof 2, Bognergasse 4, Seitzergasse 1-3, das "Schulhaus" gegenüber Seitzergasse 4). Das Reichskriegsministerium übersiedelte in den Neubau am Stubenring (Regierungsgebäude), vor dem das Radetzkydenkmal seinen neuen Standort fand. Auch die Innenausstattung der Repräsentationsräume wurde dorthin transferiert.


Österreichische Länderbank

Anstelle des Hofkriegsratsgebäudes entstand das Bankgebäude der Österreichischen Länderbank (mit Vertrag vom 4. Oktober 1991 Fusionierung mit der Zentralsparkasse und Kommerzialbank AG zur Bank Austria AG). Die Pläne stammten von Ernst Gotthilf von Miskolczy und Alexander Neumann.

In den Jahren 1944 und 1945 erlitt das Gebäude erhebliche Kriegsschäden. Am 10. September 1944 wurde der an der Bognergasse liegende Trakt von einer 1.000-Kilogramm-Bombe getroffen, die Dach, Speiseraum und Küchenanlagen mit der modernsten maschinellen Einrichtung vollkommen zerstörte. Mauern und Zwischenwände stürzten ein und Betonträger wurden verbogen. Weitere zwei Luftminen trafen den gegenüber liegenden Flügeltakt und zerstörten Wände, Fenster und Türen und bauchten Zwischenböden hoch auf. Alleine für den 10. September 1944 wurden 3.000 Quadratmeter Glasbruch verzeichnet. Darunter befanden sich auch wertvolle Bleigläser und kunstvolle Glasmalereien. Auch das Sanitätszimmer, das über eine hochmoderne Einrichtung verfügte (darunter eine Höhensonne und sonstige Bestrahlungsanlagen), wurde verwüstet. Im Kassenraum wurde die Eisenkonstruktion samt Zierlichte gänzlich zerstört. Auch die angrenzenden Kassenräume blieben nicht verschont. Bei den folgenden Kampfhandlungen ging das aufgestellte Notdach zu Bruch. Vor dem Gebäude war nämlich eine russischen Batterie aufgestellt, die von den deutschen Truppen beschossen wurde, doch verfehlten viele Geschoße ihr Ziel und trafen die umliegenden Gebäude. Nach Kriegsende drang bei schweren Regenfällen das Wasser bis in die Tresorräume ein. Trotz der schweren Schäden konnte das Gebäude wieder repariert werden.


Hyatt Park Hotel

Seit Sommer 2014 befindet sich in diesem Gebäude - nach sorgfältiger und aufwendiger Renovierung - das Hyatt Park Hotel mit 143 Luxuszimmern und -suiten.


Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre


Literatur

  • Ludwig Eberle: Das Kriegsgebäude und der Platz Am Hof. In: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien. Wien: Alterthumsverein zu Wien 1884-1918. Jg. 30,1913, S. 149-151
  • Ludwig Eberle: Die Demolierung des Kriegsgebäudes Am Hof. In: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien. Wien: Alterthumsverein zu Wien 1884-1918. Jg. 31.1914, S. 13-26
  • Richard Perger: Die Portale vom ehemaligen Kriegsministerium Am Hof. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1946 - lfd. Band 29,1974, S. 294-295
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 225-228 (Herzogshof und Münzstätte sowie Schenkung an die Karmeliten) und 239-129
  • Othmar Pickl [Hg.]: Österreichisches Städtebuch. Band 7: Die Stadt Wien. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1999, S. 205


Links