Trude Waehner

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Daten zur Person
Personenname Waehner, Trude
Abweichende Namensform Wähner, Gertrude; Schmidl-Wähner, Trude; Székely-Wähner, Trude; Szekely-Wähner, Trude
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 63006
GND 12161977X
Wikidata Q2456134
Geburtsdatum 11. August 1900
Geburtsort Wien
Sterbedatum 18. Mai 1979
Sterbeort Wien
Beruf Malerin, Grafikerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Österreichische Nationalbibliothek
Objektbezug
Quelle Gedenktage, Gedenktage-GW
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Recherche
Letzte Änderung am 30.11.2023 durch WIEN1.lanm09krs
Begräbnisdatum 1. Juni 1979
Friedhof Feuerhalle Simmering
Grabstelle Abteilung 1, Ring 3, Gruppe 2, Nummer 46
  • 8., Zeltgasse 12 (Geburtsadresse)
  • 8., Buchfeldgasse 6 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Trude Waehner, * 11. August 1900 Wien, † 18. Mai 1979 Wien, Malerin, Grafikerin.

Biografie

Trude Waehner wurde am 11. August 1900 als Gertrude Wähner in Wien geboren. Sie wuchs in einem großbürgerlichen, kunstsinnigen Umfeld auf. Ihre Eltern waren die ausgebildete Pianistin Gisela Wähner, geborene Reimer, und Theodor Wähner, christlich-sozialer Gemeinderat, amtsführender Stadtrat und zeitweiliger Herausgeber der national-konservativen, antisemitischen "Deutschen Zeitung". Er starb, als seine Tochter noch keine eineinhalb Jahre alt war. Noch kurz vor seinem Tod war das vom Architekten Joseph Urban errichtete Verlags- und Wohnhaus für die Familie in der Buchfeldgasse 6 im 8. Bezirk fertig gestellt worden.

Trude Waehner absolvierte ab 1910 das Gymnasium in der Rahlgasse; parallel dazu besuchte sie Kurse an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt. Nach der Matura 1918 studierte sie an der Kunstgewerbeschule bei Oskar Strnad und Josef Frank. Zudem erhielt sie eine umfassende musikalische Ausbildung. Ab 1920 war sie mit dem Offizier und Bankbeamten Nikolaus Székely de Doba verheiratet; der gemeinsame Sohn Gustav kam 1922 auf die Welt. Nach der Scheidung 1925 ging sie noch im selben Jahr eine Ehe mit dem Juristen Friedrich (Fritz) Schmidl ein.

Ab den frühen 1920er Jahren war Trude Waehner als Grafikerin und Malerin tätig. Im Dachgeschoss ihres Elternhauses richtete sie ein Atelier ein, das sich rasch zum Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen entwickelte. Hier verkehrten unter anderen die Kunsthistoriker Ernst Kris und Ludwig Münz, der Mathematiker Karl Menger, der Nationalökonom Otto Neurath, die Philosophen Karl Popper und Felix Kaufmann, der Psychologe Bruno Bettelheim sowie die Psychoanalytikerin Edith Buxbaum. Über gemeinsame Bekannte fand Waehner auch Anschluss an den Wiener Kreis.

Mitte der 1920er Jahre entschloss sich Trude Waehner dazu, neuerlich zu studieren. Vermutlich durch Vermittlung Josef Franks erhielt sie ein Empfehlungsschreiben von Walter Gropius und kam 1928 ans Bauhaus in Dessau. Dort trat sie in die Malklasse von Paul Klee ein und besuchte Kurse bei Wassily Kandinsky. Ebenfalls am Bauhaus lernte sie den deutschen Galeristen Bruno Cassirer kennen, der ihr eine Schau ihrer Bilder in Aussicht stellte. Ende 1931 übersiedelte Trude Waehner nach Berlin, wo sie beispielsweise Otto Dix, Bert Brecht sowie Klaus und Erika Mann kennenlernte und an der für 1933 avisierten Ausstellung arbeitete. Malaufenthalte in den Alpen oder im ehemaligen Jugoslawien – teilweise begleitet von Josef Frank und Oskar Strnad – unterbrachen den Aufenthalt in der Großstadt.

In Berlin erlebte die Künstlerin Anfang der 1930er Jahre den Aufstieg Adolf Hitlers und die zunehmenden Repressionen gegenüber antifaschistischen und jüdischen Freundinnen und Freunden. Nachdem auch ihr Studio von Nationalsozialisten verwüstet worden war, kehrte sie 1933 nach Wien zurück, ohne die geplante Ausstellung verwirklichen zu können. In Wien knüpfte sie – wohl über Frank und Strnad – an den Österreichischen Werkbund an und stellte in den von Adolf Loos, Oskar Strnad und Josef Frank geplanten Häusern in der Werkbundsiedlung ihre Bilder aus. Nach der Spaltung des Österreichischen Werkbunds 1934 war Trude Waehner im Vorstand des "alten" Werkbunds tätig und organisierte Veranstaltungen, darunter ein Konzert der isländischen Sängerin Engel Lund, von der sie auch ein Porträt anfertigte. Bis zum sogenannten "Anschluss" 1938 half Waehner Verfolgten aus Hitlerdeutschland, indem sie sich bei Freunden dafür einsetzte, für diese "Garantien" abzugeben. Zudem besorgte sie – unter dem Vorwand ihrer künstlerischen Tätigkeit – Materialien zur Herstellung und Fälschung von Ausweispapieren.

Trude Waehner, eine aufmerksame Beobachterin der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen, entwarf bereits ab den späten 1920er Jahre antifaschistische Grafiken. Ab den 1930er Jahren nahm sie in ihrer künstlerischen Arbeit immer wieder auf die politischen Verhältnisse, von denen sie sich unmissverständlich distanzierte, Bezug. Öffentlich gezeigt wurden ihre kritischen Arbeiten allerdings nicht; bei einer Personale in der Galerie Würthle 1937 waren ausschließlich ihre Landschaftsbilder und Porträts zu sehen. Nach dem sogenannten "Anschluss" 1938 flüchtete sie in die Schweiz, wo sie im Mai und Juni einige ihrer Werke ausstellte. Von dort aus organisierte sie mit Hilfe von Klaus und Erika Mann die Ausreise ihres Sohnes und ihres jüdischen Ehemannes Fritz Schmidl. Die Familie emigrierte schließlich über Paris und London nach New York, wo sie im Dezember 1938 ankam.

Das für die Einreise in die USA notwendige Affidavit hatte Trude Waehner durch die in New York lebende Agnes Piel-Crane erhalten, deren Tochter sie in Wien Malunterricht gegeben hatte. Auch im Exil bot Trude Waehner private Malstunden an und gab Kunstunterricht am Sarah Lawrence College in New York sowie am Moravian College for Women in Pennsylvania. Sie wurde rasch Teil eines Netzwerkes von Exilantinnen und Exilanten, die sich gegenseitig unterstützen. Während ihrer Zeit in den USA schuf sie zahlreiche Bilder, darunter viele Porträts, und wandte sich verstärkt der Kunstpsychologie zu. Mit Hilfe eines Carnegie-Stipendiums für kunstpsychologische Untersuchungen forschte sie auf diesem Gebiet und publizierte ihre wissenschaftlichen Ergebnisse unter anderem im Aufsatz "Formal Criteria for the Analysis of Children's Drawings" (erschienen in The American Journal of Orthopsychiatry, Bd. 12, 1942).

Nach dem Krieg kehrte Trude Waehner 1947 erstmals nach Wien zurück, wo Stadtrat Viktor Matejka in der Galerie Welz (vormals Würthle) eine Schau ihrer Bilder initiierte. Gleichzeitig machte sie ihre Ansprüche auf das Atelier in ihrem Elternhaus geltend. 1938 waren die Räume von Heimito von Doderer und Albert Paris Gütersloh bezogen worden; erst nach einem langwierigen Verfahren und nachdem sie Doderer ein anderes Zimmer im Haus zur Verfügung stellte, konnte sie ihr Atelier wieder in Besitz nehmen. Wenngleich Wien für die Künstlerin erneut zu einem wichtigen Bezugspunkt wurde, ihren permanenten Aufenthalt hatte sie in der Stadt nicht mehr. 1950 kaufte sie ein Haus im französischen Dieulefit, wo sie bis 1963 die Sommer- und Herbstmonate verbrachte. Anschließend lebte sie hauptsächlich in Venedig. Ihre Lehrtätigkeit in Pennsylvania, die sie bis 1953 ausübte, Malaufenthalte und zahlreiche internationale Ausstellungen veranlassten sie zudem zu einer regen Reisetätigkeit.

Trude Waehners Schaffen, das international durchaus Beachtung fand, ist in Österreich nur wenig bekannt. Wenngleich ihr Stil dem Expressionismus zuzurechnen ist, blieb sie dem Gegenständlichen treu. Sie fertigte zahlreiche Ölbilder, Aquarelle, Kohle- und Federzeichnungen sowie Holzschnitte an. Zu ihrem Œuvre zählen unter anderen Landschaftsbilder, Stillleben und Porträts. Bis ins hohe Alter setzte sie sich kritisch mit politischen Vorgängen ihrer Zeit auseinander, die sie künstlerisch verarbeitete. In ihren letzten großen Bilderzyklen porträtierte sie Komponisten und Dirigenten, wie beispielsweise Alban Berg, Bruno Walter oder Otto Klemperer bzw. thematisierte berühmte musikalische Motive wie das Requiem von Franz Schubert. Der künstlerische Nachlass der Malerin befindet sich im Kunsthandel Widder in Wien, der literarische Nachlass wurde 2004 von der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Dieser enthält auch die auf Italienisch verfasste, unveröffentlichte autobiografische Skizze "Una cosa sola". Seit September 2015 erinnert eine Gedenktafel in der Buchfeldgasse 6 an die Künstlerin.

Quellen

Literatur

  • Trude Waehner. Wien 1900–1979 Wien. Begleitbroschüre erschienen anlässlich der Anbringung der Gedenktafel. Hg. von Verein "Steine der Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes in der Josefstadt" / Bezirksmuseum Josefstadt / Kunsthandel Widder GmbH. Wien: Kunsthandel Widder 2015 [1]
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3. Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 3421 f.
  • Trude Waehner. Stationen eines Künstlerlebens. Katalog zur Ausstellung in der Galerie Szaal 28. Mai bis 26. Juni 2004. Wien 2004
  • Gustav Szekely: Aus dem Leben der Malerin Trude Waehner berichtet von ihrem Sohn. Wien: Löcker Verlag 2000

Weblinks